Detert Brummer-Bange: „Hemmschwellen abbauen“

Ankum steht vor großen Veränderungen. So gehen die Planungen für das Grundschulgelände in diesen Wochen in die entscheidende Phase. Ankums Bürgermeister Detert Brummer-Bange (UWG) will die Bürger bei allen wichtigen Entscheidungen, ob KiTa-Bau auf dem Grundschulgelände oder Umgestaltung der B 214, mit einbeziehen und lobt das heute ganz andere Klima im Gemeinderat.

 

Welchen Berufswunsch hatten Sie in Ihrer Jugend?
Landwirt.
Welchen Film würden Sie sich immer wieder ansehen?
Erst die Arbeit und dann? von und mit Detlev Buck.
Welches ist Ihre größte Schwäche?
Schlickern.
Welches ist Ihre größte Stärke?
Können andere besser beurteilen.
Welche Charaktereigenschaften verabscheuen Sie am meisten?
Unehrlichkeit.
Welche Gestalt in der Geschichte bewundern Sie am meisten?
Geschwister Scholl.
Ihr Lieblings-Tier?
Hund.
Ihr Lieblings-Buch?
Bücher von Elizabeth George.
Wodurch beeindruckt Sie ein Mitarbeiter/Kollege?
Unkonventionelle Lösungen.
Wo hätten Sie gerne ein Ferienhaus?
Am Dünenberg oder in Brandenburg.

Interview – BÜRGERMEISTER – Detert Brummer-Bange

Bürgermeisteramt und Landwirtschaft: Für Detert Brummer-Bange ist die Verankerung im Beruf ein Garant für Bodenhaftung.

Bürgermeisteramt und Landwirtschaft: Für Detert Brummer-Bange ist die Verankerung im Beruf ein Garant für Bodenhaftung.

klartext: Herr Bürgermeister, in wenigen Monaten zieht die Grundschule zum Kattenboll. Dann könnte es losgehen mit der Neugestaltung des Geländes zwischen Kolping- und Schulstraße. Das Ergebnis der Bürgerbeteiligung war eine Dreiteilung. Ist dieses Konzept nach wie vor die Richtschnur des Handels?

Mit dem Grundschulgelände haben wir die Riesenchance, ein zentrales Gebiet mitten im Ort zu gestalten. Das ist für Ankum von großer Bedeutung, und darum war es für uns wichtig, die Bürger im Rahmen einer Ideenfindung mit einzubeziehen. Die Bürger haben sich dafür ausgesprochen, dass ein Teil des Geländes als öffentliche Grünfläche zur Verfügung steht, und zwar im oberen Schulhofbereich, bei der Kirchburg.
Ein zweiter Teil soll für soziale Belange genutzt werden wie den Bau eines Kindergartens und ein dritter für eine damals nicht weiter spezifizierte Bebauung. Dieses dreiteilige Nutzungskonzept ist im Rat im Wesentlichen unumstritten und nach wie vor die Richtschnur des Handelns.

klartext: Nun musste und muss dieses Konzept konkret gefüllt werden. Wie ist der Stand in Sachen Kindergarten?

Da stehen wir kurz vor weiteren Entscheidungen. Sie können in der nächsten Ratssitzung, die noch in diesem Monat stattfinden wird, getroffen werden. Die beiden bestehenden Ankumer Kindergärten arbeiten am Anschlag und können nicht erweitert werden. Für dritten Ankumer Kindergarten ist das Grundschulgelände ideal, denn es liegt mitten im Zentrum und trotzdem ruhig. Unserer Meinung nach sollte der Kindergarten wegen der guten Straßenanbindung an der Schulstraße gebaut werden.

Ansprechbar sein, dieses Signal auszusenden ist Ankums Bürgermeister wichtig.

Ansprechbar sein, dieses Signal auszusenden ist Ankums Bürgermeister wichtig.

Beschlossen hat der Gemeinderat bereits: Wenn ein Kindergarten gebaut wird, dann wird neu gebaut. Das alte Hauptgebäude der Grundschule ganz oder in Teilen zu sanieren, das haben die Zahlen gezeigt, rechnet sich nicht. Als nächstes muss der Rat beschließen, ob ein Kindergarten gebaut wird. Stimmt er für den Bau, werden wir einen Architektenwettbewerb einleiten.
Beim Architektenwettbewerb ist mir eine breite Jury-Beteiligung sehr wichtig – über die Mitglieder hinaus, die üblicherweise in so einer Jury vertreten sind. Das können z. B. Vertreter der Kirchengemeinde sein und Vertreter der beiden bestehenden Kindergärten. Die favorisierten Entwürfe sollten dann vor einer Beschlussfassung öffentlich präsentiert werden, um die Bürger mit in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.

klartext: Welche Kriterien sind Ihnen beim Architektenwettbewerb wichtig?

Ein wichtiges historisches Zeugnis: der Vogelboll mit der Gerichtslinde.

Ein wichtiges historisches Zeugnis: der Vogelboll mit der Gerichtslinde.

Vor allem die Besonderheit der Lage. Da ist zum einen die Nähe zur Kirche zu berücksichtigen, zur Kirchmauer und natürlich zu unserem Vogelboll. Der braucht Raum und darum darf ein Gebäude nicht bis an den Fuß des Hügels heranrücken.
Bei der Planung ist auch schon eine mögliche Erweiterung der KiTa zu berücksichtigen, damit später kein Flickwerk entsteht. Es muss also sichtbar werden, wie ein erweiterter, fünfgruppiger Kindergarten aussehen wird, auch wenn zunächst kleiner gebaut wird. Die Bebauung muss sich insgesamt und in ganzer Größe harmonisch in die besondere Umgebung einfügen.

 klartext: Wie ist der Stand der Dinge zum Gelände an der Kolpingstraße?

Was den öffentlichen Grünbereich angeht, liegt schon eine Beschlussempfehlung des Ausschusses vor. Darüber muss der Rat befinden. Eine weitere Beschlussempfehlung gibt es zum unteren Teil des Geländes an der Kolpingstraße zum Zweck der Bebauung. Da kann nach dem Ratsbeschluss das Bieterverfahren eingeleitet werden.

klartext: Was verbirgt sich hinter dem Begriff Bieterverfahren?

Bei einem Bieterverfahren können Bürger wie Investoren Vorschläge dafür unterbreiten, was ihrer Meinung nach an dieser Stelle entstehen könnte. Dann ist es am Gemeinderat zu entscheiden, welcher Vorschlag als sinnvoll erachtet wird. Es geht uns nicht darum, wer das meiste Geld für das Grundstück bietet. Wichtig ist vor allem, dass an der Stelle ein Projekt verwirklicht wird, das ein Gewinn für Ankum ist.

klartext: Aus alledem ergibt sich, dass nach dem Umzug der Grundschule im Februar der große Abriss beginnt.

Ja. Nach dem Umzug der Schule kann mit dem Abriss begonnen werden. Für den Abriss ist, wie auch für die Kosten des Abrisses, die Samtgemeinde zuständig. Sie wird das Gelände quasi besenrein übergeben.

Sich informieren: Ankums Bürgermeister mit UWG-Mitgliedern bei der Besichtigung eines Waldkindergartens.

Sich informieren: Ankums Bürgermeister mit UWG-Mitgliedern bei der Besichtigung eines Waldkindergartens.

klartext: Die UWG Ankum, Herr Brummer-Bange, ist mit dem Anspruch angetreten, den Schulstandort Ankum zu stärken. Die Grundschule zieht um. Was erwartet die Schulkinder und Lehrkräfte am Kattenboll?

Die bekommen in dem umgebauten Gebäude eine hervorragende Schule. Sie bekommen sogar eine bessere Schule als sie bei einem Neubau bekommen hätten. Ein Neubau hätte allein aus Kostengründen nicht die Möglichkeiten bieten können, die jetzt geboten werden.
Die Räume sind zum Beispiel relativ groß und für jede Klasse gibt es einen Gruppenraum. Es stehen zwar keine 20 qm pro Schüler zur Verfügung wie in der Kettenkamper Grundschule, aber knapp 15 qm. Die Ankumer Schule hat ja auch sehr viel mehr Schüler.
Nach ausführlichen Gesprächen haben wir auch gute Lösungen für die Wege der Kinder zur Schule erreicht. Zum einen mit dem Schulwegplan. In einem guten Dialog wurden auch gute Verkehrslösungen für das direkte Schulumfeld erarbeitet. Danken möchte ich an dieser Stelle der Samtgemeinde, die bereit war, nicht nach Schema F zu verfahren, sondern Ideen und Anregungen von Seiten der Schule und der Eltern aufzunehmen und umzusetzen.

klartext: Zur Schullandschaft gehört auch die Oberschule. Worauf führen Sie deren gute Entwicklung zurück?

Maßgeblich daran beteiligt ist vor allem die Schule selbst. Im letzten Jahr wurde erstmals die Vierzügigkeit erreicht, und in diesem Jahr – bei einem in der ganzen Samtgemeinde schwachen Jahrgang – wurde sie nur knapp verfehlt.
Es war nötig und richtig, die Schule zu modernisieren und entsprechend zu bauen. Das schließt auch die Mensa ein. Ich würde sagen, die Mensa ist diejenige im Nordkreis, die bereits seit Jahren am besten angenommen wird. Das liegt auch daran, dass es dort sehr engagierte Hauswirtschaftsmeisterinnen gibt, die das sehr gut machen, mit viel Liebe, und die ein sehr gutes Essen bieten.
Die Oberschule leistet auf vielen Gebieten eine im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichnete Arbeit. Sie hat ja schon so einige Auszeichnungen bekommen. Von besonderer Qualität ist zum Beispiel das Konzept Lehrerraum statt eines normalen Klassenzimmers. Das heißt: Die Schülerinnen und Schüler kommen zur Unterrichtsstunde in den Raum der jeweiligen Lehrkraft. Durch dieses Konzept bekommen Schüler wie Lehrer eine ganz andere Beziehung zu ihrer Schule, und das zeigt entsprechende Erfolge.

klartext: Nun wird aber immer wieder kritisiert, dass 760.000 Euro für ein Stockwerk ausgegeben wurden, das verzichtbar gewesen wäre.

Für das Konzept Lehrerraum wurde die Ankumer OBS bundesweit gelobt. Durch den Umzug der Grundschule an den Kattenboll hat die Schule trotz des Anbaus weiterhin weniger Möglichkeiten, als sie vorher hatte, aber sie kann das spezielle Raum-Konzept umsetzen.
Es wird doch immer gesagt, dass sich eine Schule profilieren soll und muss. Wenn ich will, dass sich eine Schule profiliert – und die Ankumer Schule hat sich über das Raum-Konzept und ihre gesamte Arbeit profiliert –, dann kann ich nicht hingehen und sagen, wir nehmen dir das alles weg. Wir berauben dich deiner Profilierungsmöglichkeiten – weil wir als Politik nicht bereit sind, das Geld für den Bau, der dafür erforderlich ist, auszugeben – und machen dich dadurch letzten Endes kaputt. Es war richtig, so zu bauen, dass die Schule ihren erfolgreichen Weg weitergehen kann.

Detert Brummer-Bange (rechts) und Samtgemeindebürgermeister Dr. Baier bei einer Veranstaltung in Ankum zum Thema Bürgerhaushalt.

Detert Brummer-Bange (rechts) und Samtgemeindebürgermeister Dr. Baier bei einer Veranstaltung in Ankum zum Thema Bürgerhaushalt.

klartext: Ankum hat die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung in der Samtgemeinde. Geht’s jetzt, beginnend mit einer KiTa, ans große Geldausgeben?

Wir wollen das Geld natürlich nicht mit vollen Händen ausgeben und schon gar keine Wahlgeschenke verteilen. Wir haben Projekte, die wir machen wollen, müssen, dürfen. Da ist einmal der Kindergarten, der Ankum wohl zwei Millionen Euro kosten wird. Auch die Umgestaltung der B 214 wird uns mindestens 500.000 Euro kosten. Da wird aber wohl noch so einiges obendrauf kommen.
Uns ist wichtig, für die Zukunft gerüstet zu sein und zu bleiben. Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, den Schuldenstand um etwa eine Million Euro zu senken. Wir haben zwar schon seit einer ganzen Reihe von Jahren ein gutes wirtschaftliches Umfeld, aber die Zeiten werden nicht für immer rosig bleiben. Wenn ich als Kommune in guten Zeiten stark verschuldet bin, laufe ich in schlechteren Zeiten Gefahr, gar nicht mehr handlungsfähig zu sein. Das heißt für mich: Wichtige Investitionen zu tätigen ist wichtig, aber immer mit Augenmaß.

klartext: In der Samtgemeinde wird bald über eine Buslinie zum Niedersachsenpark entschieden. Begrüßen Sie diese Pläne?

Ich verspreche mir viel davon. Der Plan sieht vor, dass der Bus in Ankum startet und über Bersenbrück fährt. Dort wird es wohl mehrere Haltestellen geben. Ich schätze bei Grote & Hartmann, auf jeden Fall auch am Bahnhof. Dann geht es über Alfhausen und Rieste zum Niedersachsenpark.
Dieser Bus kann also auch von Ankumern genutzt werden, die in Bersenbrück arbeiten. Er wird an mindestens sechs Tagen die Woche fahren. Und zwar morgens, vor den normalen Bussen, und auch spät am Abend. Ein solches Abend-Angebot gibt es bislang nicht. Die Buslinie erweitert für Ankumer auch die Möglichkeiten, einen Arbeitsplatz außerhalb des Ortes anzunehmen, ohne auf ein Auto oder einen Zweitwagen in der Familie angewiesen zu sein.
Die Erweiterung des öffentlichen Nahverkehrs insgesamt ist der entscheidende Punkt. Nicht in Frage käme für mich, dass wir als Gemeinde in eine Buslinie investieren, die nur Menschen zu ihrem Arbeitsplatz im Niedersachsenpark bringt, und dass wir dadurch bestimmte Unternehmen subventionieren. Das kann es nicht sein.

klartext: Bürger stärker einbeziehen, das hat sich die UWG auf die Fahnen geschrieben. Was sind Ihre Vorstellungen von Bürgerbeteiligung?

Ob Sitzungssaal, Kneipe oder Festzelt: Detert Brummer-Bange setzt auf jeder Bühne auf Kommunikation und Kooperation.

Ob Sitzungssaal, Kneipe oder Festzelt: Detert Brummer-Bange setzt auf jeder Bühne auf Kommunikation und Kooperation.

Eine nicht zu unterschätzende Form der Bürgerbeteiligung ist, dass die Ratsmitglieder immer ansprechbar sind. Viele Ratsmitglieder sind in Verbänden und Vereinen verankert und allein darüber fließt schon viel mit ein, zum Beispiel in die Arbeit der Ausschüsse. Wir sitzen nicht abgehoben im Elfenbeinturm. Die Nähe zu den Menschen ist wichtig, um Hürden abzubauen. Was das angeht, meine ich, haben wir schon viel erreicht.
Auch meine Sprechstunde, in die jeder ohne Anmeldung kommen kann, dient dem Ziel, Hemmschwellen abzubauen. Das gelingt auch. Ich bin selber überrascht darüber, wie gut die Sprechstunde angenommen wird.
Für mich ist ein weiterer zentraler Punkt, die Bürger bei allen Entscheidungen, die für Ankum von großer Bedeutung sind, einzubinden, bevor Entscheidungen getroffen werden. Demnächst stehen Entscheidungen über die Aus- und Umgestaltung der B 214 an. Auch das ist ein großes Thema, bei dem die Bürger mitreden sollten. Die Pläne, die die Landesbehörde vorlegen wird, sind zwar, was die grobe Richtung angeht, mit der Gemeinde abgestimmt, aber es ist noch nichts in Stein gemeißelt.

klartext: Wie groß ist die Bereitschaft der Ankumer sich einzubringen?

Die Bereitschaft ist groß, denn die Ankumer fühlen sich stark mit dem Ort verbunden. An mehr Einbindung müssen sich alle Seiten aber auch erst noch gewöhnen. Wenn ich als Bürgermeister eine Idee in den Raum stelle oder ein Ratsmitglied das tut, heißt es schnell: Die haben das und das entschieden. Dabei haben wir zu dem Zeitpunkt noch gar nicht entschieden. Ich erkläre mir das damit, dass in der Vergangenheit immer nur dann etwas publik wurde, wenn die Entscheidungen schon getroffen waren.
Bürgerbeteiligung bedeutet jedoch, vor einer Entscheidung etwas zur Diskussion zu stellen, damit die anderen mitreden können. Das müssen wir in den jeweiligen Fällen wohl noch besser kommunizieren.

Bürgermeister zu sein macht sicher nicht immer nur Spaß. Welche Seiten dieser Aufgabe machen Ihnen viel Spaß, welche weniger?

Es macht Spaß, mit den Bürgern zusammen für die Gemeinde zu arbeiten. Erfreulich ist auch die konstruktive Zusammenarbeit im Rat. Wir haben heute im Rat ein ganz anderes Klima als vor einigen Jahren. Der Umgang miteinander ist kollegialer und darauf ausgerichtet, die Anliegen des anderen ernst zu nehmen. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber immer einer Meinung zu sein, wäre auch gar nicht förderlich. Wir brauchen unterschiedliche Sichtweisen.
Weniger Spaß macht, nicht immer die Zeit zu haben, die man eigentlich haben möchte und müsste. Das ist aber kein Plädoyer für die Abschaffung des ehrenamtlichen Bürgermeisters. Ich finde die Verankerung im Beruf und damit den Bezug zum realen Leben außerordentlich wichtig. Wünschen würde ich mir aber, dass wir in der Gemeindeverwaltung mehr Personal hätten, um mehr Service zu bieten und um noch intensiver arbeiten und gestalten zu können.

 

08-Detert-kleinKurz-Portrait Detert Brummer-Bange

Geboren: 1960

Ausbildung/Beruf: Realschulabschluss 1979. Berufsausbildung zum Landwirt. Praktische Arbeit. Zweijährige Fachschule. Studium der Agrarwissenschaften 1983-1986. Seit 1986 praktische Landwirtschaft (Bioland) in Ankum.

Seit 2011 Bürgermeister in Ankum.

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