Baier-Rede zu Flucht und Flüchtlingen: „Es sind Menschen und Schicksale“

Heute kommen Zehntausende Flüchtlinge übers Meer aus dem Süden, vor Jahrzehnten mussten Millionen Menschen aus dem Osten fliehen. Dr. Horst Baier, Samtgemeinde-Bürgermeister, nahm die Zuhörer in einer am Pfingstsonntag gehaltenen Rede mit auf „eine Reise in die Zeit“: Von der ersten Flüchtlingswelle, die das Bersenbrücker Land nach 1945 erlebte, über die Russlanddeutschen bis zu den Flüchtlingen, die derzeit hier ankommen.

Dr. Baiers Rede rückt nachdrücklich ins Bewusstsein, was Flucht und Vertreibung, was der Verlust von Heimat für die betroffenen Menschen bedeutet, und wie schwer es für sie ist – wie schwer es ihnen häufig auch gemacht wird – in der neuen Heimat Fuß zu fassen.

Der Samtgemeinde-Bürgermeister hielt seine Rede anlässlich des 30. Heimat- und Patenschaftstreffens 2015 des Heimatkreises Greifenhagen/Pommern am 24. Mai 2015. Heimat- und Patenschaftstreffen geben auch 70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs immer wieder Anlass zu Kritik. So fällt es manchem immer noch schwer, die Nachkriegsrealitäten zu akzeptieren und sich darauf einzulassen, was Flucht und Vertreibung vorausgingen: der Hitler-Faschismus und Hitlers Angriffskrieg, der zu einem Weltenbrand führte.

Der Landkreis Greifenhagen, einst Teil der preußischen Provinz Pommern, südlich der Hauptstadt Stettin gelegen, gehört heute überwiegend zum polnischen Powiat Gryfiński. Zu diesem Landkreis gehörte zum Ende des Zweiten Weltkriegs auch die Stadt Greifenhagen (Gryfino). Die polnische Stadt Gryfino ist heute eine Stadt mit etwa 20.000 Einwohnern.

Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Horst Baier.

Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Horst Baier.

Das Heimat- und Patenschaftstreffen war der Anlass für die Rede des Samtgemeinde-Bürgermeister Horst Baier. Die Rede selbst ist ein grundsätzliches Statement zu Flucht und Vertreibung. Sie knüpft an eigene Familienerfahrungen an, ruft dazu auf, Ressentiments zu überwinden und Zuwanderung als Bereicherung zu verstehen: „Ohne die Zuwanderung hätten die Gemeinden in der Samtgemeinde Bersenbrück nicht so eine dynamische Entwicklung genommen.“ Auch heute zwingen wieder Not und Krieg Menschen „ihren gewohnten Standort, ihre geliebte Heimat zu verlassen und an einem bis dahin unbekannten und fremden Ort sesshaft zu werden“.

Nach den Zahlen der UNO-Flüchtlingshilfe befanden sich Ende 2013 weltweit fast 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht. 16,7 Millionen von ihnen gelten nach völkerrechtlicher Definition als Flüchtlinge. Neun von zehn Flüchtlingen (86 Prozent) leben in Entwicklungsländern. Inzwischen sind die Zahlen wohl noch deutlich gestiegen. In der Samtgemeinde leben derzeit etwa 90 Flüchtlinge.

Dr. Baier: „Die derzeitige Diskussion um die Flüchtlinge im Mittelmeer, die vielen ertrunkenen Menschen und der Streit in Europa um die Aufteilung der Flüchtlinge kann im Vergleich zu den Erfahrungen in Deutschland nach dem Krieg aus meiner Sicht nur als unwürdig und einem reichen Europa nicht angemessen bewertet werden.

Wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen: Es sind Menschen und Schicksale, die hier angekommen sind und die aufgenommen und integriert werden wollen und sollen. Die Erfahrung – gerade in Bersenbrück – hat gezeigt, dass eine stabile Bevölkerungsbasis diese Wogen und Wellen gut verkraften und auffangen kann.“

Und hier geht’s zur Rede von Dr. Horst Baier.

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