Bersenbrück: Glaube statt Vertrag?

Es hatte sogar groteske Züge, was in der Stadtratssitzung in Bersenbrück am 18. September zum Thema Bauprojekt an der Bramscher Straße zu hören und zu erleben war.

Ein Kommentar von Rita Stiens.

„Zukunftsweisend“, so der CDU-Fraktionschef Gerd Uphoff in der Stadtratssitzung am 18. September in Bersenbrück, sei das Bauprojekt von CS Immo/Seelmeyer für die Bramscher Straße 17-21. Und dann im Rat eine geradezu grotesk anmutende Situation: Da machte sich nicht die CDU-Fraktion dafür stark, dass sichergestellt wird, dass dieses „Zukunftweisende“ auch gebaut wird. Es waren SPD, UWG und Grüne, die sich dafür stark machten – und damit die Fraktionen, die gar nicht für das CS Immo/Seelmeyer-Projekt gestimmt hatten.

Bauprojekt Bramscher Straße: Eine unendlich-unselige Geschichte. Mit welchem Ende? Das ist weiterhin offen.

Es war die CDU-Mehrheit, die im letzten Jahr beschloss, dem Bauprojekt von CS Immo auf der Basis der vorgelegten Pläne und des dahinter stehenden Konzepts den Vorzug zu geben vor dem Bauprojekt, das HaseWohnbau gemeinsam mit der Heilpädagogischen Hilfe für das Grundstück Bramscher Straße 17-21 vorgelegt hatte. Außerdem wurde das Projekt über die Medien der breiten Öffentlichkeit unter der Prämisse präsentiert: Die Stadt verkauft das Grundstück an diesen Investor, weil dessen Projekt das aus CDU-Sicht bessere ist und realisiert werden soll. So weit so gut.

Wird nun gebaut, was CS Immo gezeigt hat und womit der Investor den Rat überzeugte? Normalerweise wird das per Vertrag oder Bebauungsplan sichergestellt. Mit einem Vertrag, war in der jüngsten Stadtratssitzung in Bersenbrück aus den Reihen der CDU zu hören, dürfe man dem Investor aber nicht kommen, denn dann sei damit zu rechnen, dass er abspringt. Man dürfe den Investor nicht „knebeln“, so Bürgermeister Christian Klütsch.

Was ist ein Vertrag? Hier die Duden-Definition.

Ein Investor springt ab, wenn mit ihm rechtssicher vereinbart werden soll, dass er baut, was er selbst vorgestellt hat??? Er wird „geknebelt“, wenn vertraglich vereinbart wird, dass er baut, wofür er eine Mehrheit im Rat bekommen hat??? Man müsse dem Investor glauben und vertrauen, so die Position der CDU. Nein, muss man nicht. Das zeigte sich z. B. in Ankum, wo im etwa selben Zeitraum eine Grundstücksangelegenheit über die Bühne ging – aber ganz anders als in Bersenbrück.

 

In Ankum ging es um ein Bau-Projekt am See. © Dobelmann/Twisselmann & Dehling.

In Ankum geht’s. In Bersenbrück nicht. Warum nicht?

In Ankum ist gleich bei 2 großen Bauprojekten rechtssicher Verlass darauf, dass gebaut wird, was die Investoren an Planung vorgestellt haben. Bei einem dieser Projekte geht es um einen Investor, der im letzten Jahr ein großes Seegrundstück von der Gemeinde kaufen wollte. Er präsentierte dem Gemeinderat seine Pläne für die Bebauung dieses Grundstücks (eine Anlage mit 38 Apartments), konnte den Rat für sein Projekt gewinnen – und die Gemeinde stellte sicher, dass genau das und nichts anderes gebaut werden darf. Sichergestellt hat sie das – und es gab da keine politischen Querelen – durch einen sog. „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“. Der ist noch ein Stück verpflichtender als ein „städtebaulicher Vertrag“, wie ihn Wolfgang Rathmann für die UWG in Bersenbrück forderte, ebenso wie SPD und Grüne.

Bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan wird detailliert festlegt, wie das Bauvorhaben realisiert werden muss. Da darf dann weder größer noch anders gebaut werden. Wenn in Ankum am See mit dem Bau begonnen wird, haben der Rat wie auch die Öffentlichkeit die Gewissheit, dass entsteht, was präsentiert wurde. In Bersenbrück ist das anders: Dort stimmte die CDU-Fraktion für einen Bebauungsplan, der es ermöglicht, anders, größer, anderes zu bauen, als im Rat verabschiedet wurde.

 

Mit Johannes Koop ist in Bersenbrück ein Volljurist Verwaltungsvertreter des Bürgermeisters. Umso erstaunlicher, dass Investoren gegenüber auf Glaube statt auf einen Vertrag gesetzt wird.

 

Vertrauen in die eigene Politik verspielt.

Von den allersten Anfängen im letzten Jahr, als alles nur hinter verschlossenen Türen beschlossen wurde, ist die Angelegenheit Bramscher Straße so, wie sie von der CDU betrieben wurde, eine undurchschaubare und damit eine, die massiv Misstrauen schürt – im Rat und außerhalb des Rats.

Wenn denn die Bersenbrücker CDU-Fraktion glaubwürdig sein will, wenn Vertrauen in ihre Politik erhalten bleiben soll, wäre sie es ihren Wählern und auch der Öffentlichkeit schuldig gewesen, in Sachen Bramscher Straße hieb- und stichfest abzusichern, dass das von ihr als besser erachtete Projekt auch gebaut wird – und das nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass es mit dem Gemeinschaftsprojekt von HaseWohnbau und Heilpädagogischer Hilfe (mehr dazu hier) einen zweiten Bewerber um das Grundstück gab.

 

Entwertung des eigenen Ratsbeschlusses.

Einen Vertrag schließen, forderten die Oppositions-Fraktionen.

Dass ein ordentlicher Vertrag, wie von den Oppositions-Fraktionen gefordert, Investoren verschreckt, ist eine Mär – eine Geschichte, deren Unglaubwürdigkeit Tag für Tag in deutschen Kommunen bewiesen wird. Verhandlungen und die Fixierung von Verhandlungsergebnissen in Form von Verträgen oder, wie in Ankum, über einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, sind schlichtweg Ausdruck eines professionellen Umgangs mit Investoren.

Tag für Tag unterschreiben Tausende von Menschen Mietverträge oder Kaufverträge. Dass ein Investor nicht mit einem Vertrag behelligt werden darf, weil ein Vertrag laut CDU einer „Knebelung“ gleichkommt und „Ausdruck von Misstrauen“ ist – das ist eine Sichtweise, die so wenig nachvollziehbar ist wie vieles andere in Sachen Bramscher Straße. Die Ratssitzung am 18. September war eine Chance für die CDU-Fraktion, ihren eigenen Ratsbeschluss ernst zu nehmen und dafür Sorge zu tragen, dass er umgesetzt wird. Statt dessen hat sie ihr eigenes Ratsvotum entwertet und damit in diesem Punkt auch die Demokratie.

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Ein Kommentar

  1. P.Großmann

    Ja dann soll der Investor halt abspringen, wenn er sich nicht „knebeln“ lassen will. In der Wirtschaft gelten derartige Praktiken als unzuverlässig, wenn man Pläne vorstellt, die je nach gut dünken verändert oder verworfen werden. Wie lange läßt sich die CDU eigentlich noch auf der Nase herumtanzen, es begann doch schon damit, daß der Investor vor dem Ratsbeschluß nicht öffentlich genannt werden wollte. Der berüchtigte „Kölsche Klüngel“ ist ein Kinderspiel gegen das, was sich hier abspielt. Hat Seelmeyer die CDU komplett in der Hand? Was läuft da ab?Und der Bürgermeister scheint nur eine Marionette von Uphoff und Co., zu sein. Welche Rolle spielt Herr Koop? Weshalb ruht die Baustelle eigentlich? Ankum kann sich glücklich schätzen, daß der CDU Kandiadat Hettwer nicht zum Bürgermeister gewählt wurde, welche Rolle spielt er in dieser Posse?

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