CDU-Nein zu sozialem Wohnungsbau

Bezahlbaren Wohnraum schaffen mit HaseWohnbau: Dazu sagte die CDU/FDP-Fraktion am 14. März mit 8 Stimmen Nein. 6 aus den CDU-Reihen enthielten sich jedoch. Warum?

So wird er aussehen: Der erste soziale Wohnungsbau von HaseWohnbau, der in Ankum in bester Ortslage an der Aslager Straße entsteht.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

„Sozialer Wohnungsbau wird durch den Markt geregelt“, war der erste Satz von Gerd Steinkamp, des ersten Redners aus den Reihen der CDU zum Thema „HaseWohnbau“ in der Sitzung des Samtgemeinderats am 14. März. Konkret ging es darum, ob HaseWohnbau 450.000 € Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden, um zu tun, was HaseWohnbau derzeit in Ankum tut: Sozialwohnungen mit günstigem Mietpreis zu bauen für Menschen mit schwächerem Einkommen.

Spatenstich zum 1. sozialen Wohnungsbau von HaseWohnbau in Ankum. Von rechts: HaseWohnbau-Geschäftsführer Dr. Horst Baier, Ankum Bürgermeister Detert Brummer-Bange, Katja Schlüwe (HaseWohnbau), Architekt Ulf Leimbrink, Jan Wojtun (HaseEnergie) und Jens Westhof (Sökeland & Leimbrink).

 

Vor Ort Ja zu HaseWohnbau-Projekten, im Samtgemeinderat Nein.

Außer Gerd Steinkamp positionierten sich auch Bersenbrücks Bürgermeister Christian Klütsch und sein Stellvertreter Johannes Koop mit ihren Redebeiträgen gegen HaseWohnbau und deren Ziel, zu bezahlbarem Wohnraum beizutragen. Der Debatte folgte dann eine Abstimmung mit Seltenheitswert: Aus den Reihen der Fraktion CDU/FDP (1 FDP-Ratsherr) kamen weniger Nein-Stimmen, als man nach den Beiträgen der CDU-Redner hätte erwarten können: 8 stimmten mit Nein (das war die Mehrheit), aber 6 aus den CDU-Reihen enthielten sich der Stimme, darunter CDU-Bürgermeister.

Das Projekt HaseWohnbau für Kettenkamp. @ HaseWohnbau.

Warum dieses uneinheitliche Votum? Auf der offenen Bühne im Samtgemeinderat wurden nur CDU-Stimmen gegen den vorliegenden Beschlussvorschlag zu HaseWohnbau laut. Vor Ort sieht das Bild bei so manchem CDU-Mitglied des Samtgemeinderats jedoch anders aus. In Kettenkamp zum Beispiel. Einen Tag nach der Ratssitzung stellte HaseWohnbau dort im Planungsausschuss die Pläne für den Bau von 12 Wohnungen und vier Reihenhäusern an Kettenkamps Hauptstraße vor. Sie stießen auf große Zustimmung, bei Bürgermeister Reinhard Wilke ebenso wie bei allen anderen Teilnehmern der Ausschusssitzung ( (mehr dazu in einem späteren klartext-Bericht). Auch in Gehrde stimmten die CDU-Vertreter im Gemeinderat dem für Gehrde geplanten Projekt von HaseWohnbau zu. In Alfhausen verkaufte die Gemeinde zwei Grundstücke an HaseWohnbau.

HaseWohnbau und HaseEnergie sind Gesellschaften der Samtgemeinde, die nach dem Amtsantritt von Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier gegründet wurden. Die Alfsee GmbH und der Niedersachsenpark fallen in die Zeit, als die Samtgemeinde CDU-geführt war.

 

Viele Millionen für den Niedersachsenpark. Nichts für bezahlbaren Wohnraum?

Johannes Koop (CDU) stellte zwar fest, dass bezahlbarer Wohnraum „sehr knapp“ sei und dass es „Bevölkerungsgruppen“ gebe, „die nur schwer Wohnraum finden“. Dennoch auch von ihm ein Nein zur Vorlage zu HaseWohnbau mit der Begründung, das sei „eine viel zu große Aufgabe für die Samtgemeinde“.

Markus Revermann.

Für die UWG Samtgemeinde Bersenbrück verwies Markus Revermann auf eine andere große Aufgabe, der man sich in der damals CDU-geführten Samtgemeinde angenommen habe: auf den Niedersachsenpark. Mit einer Gesamtfläche von 412 ha, ist der Niedersachsenpark das größte interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet Niedersachsens. Im Laufe der letzten 20 Jahre seien, so Revermann, viele Millionen öffentlicher Gelder in den Niedersachsenpark geflossen, so aus der Kasse der Samtgemeinde und auch aus der Kasse der Gemeinde Rieste. Auch in die Alfsee GmbH zur Entwicklung des Tourismus seien viele Millionen geflossen. Viel Geld für den Niedersachsenpark und die Alfsee GmbH, aber kein Geld für die Aufgabe, erschwinglichen Wohnraum zu schaffen – für Markus Revermann ein Widerspruch.

 

Unseriöses Zahlenspiel.

„Ratsherr Klütsch begrüsst, dass die HaseWohnbau GmbH & Co. KG das Objekt ,Hengeholt-Heuer‘ in der Lindenstraße kauft und bedankt sich dafür“, heißt es im Protokoll zur Ratssitzung der Samtgemeinde 14. Dezember. Wer in dieser Sitzung anwesend war, erlebte das Lob von Christian Klütsch in aller Ausführlichkeit. Eine Sitzung weiter, an diesem 14. März, andere Töne: ein scharfer Angriff von Christian Klütsch in der Sache Hengeholt-Heuer. Er nannte eine Zahl und machte daran fest, dass der Kauf von Hengeholt-Heuer ein Akt der „Markverzerrung“ gewesen sei.

Christian Klütsch.

Über 300 € stellte Bersenbrücks Bürgermeister als Grundstückskaufpreis in den Raum, die er kurz danach auf gut 200 € reduzierte. Wie Christian Klütsch auf seine Zahlen kam, war für keinen Zuhörer nachvollziehbar, zumal HaseWohnbau kein Grundstück kaufte, sondern ein Grundstück mitsamt aller Gebäude.

Den Kaufpreis für ein Grundstück oder eine Immobilie kennen normalerweise nur die Beteiligten. Bürgermeister bekommen teils aber auch Verträge zu Gesicht, wenn es gar nicht die Gemeinde ist, die ein Grundstück verkauft. Solches Wissen unterliegt – aus gutem Grund – der Vertraulichkeit. Was würden Bürger von einem Bürgermeister halten, der öffentlich herausposaunt, welcher private Verkäufer wie viel Geld für sein Grundstück bekommen hat bzw. welcher private Käufer wie viel Geld bezahlt hat?

Horst Baier könne seine Zahlen ja korrigieren, so Christian Klütsch, und unternahm damit den Versuch, bei Baier einen Verstoß gegen die gebotene Vertraulichkeit zu provozieren. Es war nicht der einzige unseriöse Akt. Er habe, so Klütsch, auch die Abrisskosten in seine Zahlen mit einberechnet. Die Abrisskosten kennt aber noch nicht einmal HaseWohnbau. HaseWohnbau habe, so Horst Baier nach der Ratssitzung, noch keine Angebote zu den Abrisskosten eingeholt.

 

In Bersenbrück konnte sich der Bürgermeister entspannt zurücklehnen.

Was kommt, wenn es die Bersenbrücker Gastronomie-Institution Hengeholt-Heuer (Lindenstraße 18) nicht mehr gibt? Würde sich jemand finden, der den großen Komplex mit nicht leicht zu nutzenden und teils schon sehr in die Jahre gekommenen Gebäuden kauft?

Hengeholt-Heuer in Bersenbrück: von HaseWohnbau gekauft.

Gehen wir 4 Monate zurück, in den November 2017. Dass HaseWohnbau Hengeholt-Heuer kauft und dort Rathaus-Abteilungen mit erhöhtem Publikumsverkehr und auch Wohnungen errichtet, wurde am 14. November im zuständigen Bauausschuss einhellig begrüßt. Für die CDU sprach Gerd Steinkamp davon, er sehe „sehr viele Vorteile“. Dem schloss sich auch sein CDU-Kollege Michael Strehl an. Der Beschlussvorschlag, in dem von einer „Aufwertung des Stadtbildes von Bersenbrück“ die Rede war, wurde ohne Gegenstimmen angenommen. Mehr dazu hier.

Gesprochen wurde im Ausschuss auch darüber, ob der Hengeholt-Heuer-Komplex in Gänze abgerissen werden soll oder in Teilen umgebaut und umgenutzt werden kann. Die Ausschussmitglieder tendierten quer durch die Fraktionen – inklusive der CDU-Vertreter – in Richtung komplett neu bauen. Neubau bedeutet Abriss und damit Abrisskosten. Die führte nun Bersenbrück Bürgermeister Klütsch gegen HaseWohnbau ins Feld.

Bersenbrück hatte Glück, zeigt der Blick über den Tellerrand – weil sich mit HaseWohnbau ein Käufer für Hengeholt-Heuer fand, der dort ein attraktives Projekt realisieren wird. Und so konnte sich Bersenbrücks Bürgermeister entspannt zurücklehnen. Andernorts war dem nicht so.

 

Schlachtarbeiter oder Saisonarbeiter?

In Kettenkamp kaufte die Gemeinde die Immobilie Hauptstraße 16 und ließ sie abreißen. Auf dem von HaseWohnbau gekauften Grundstück entstehen nun (siehe rote Flächen): 1 Haus mit 4 Wohnungen, 1 Haus mit 8 Wohnungen sowie 4 Reihenhäuser.

Was wird aus einer Immobilie in einer prominenten Lage, die zum Verkauf steht? Etwas Gutes oder eine Belastung für den Ort? So hatte die Gemeinde Kettenkamp z. B. die Befürchtung, dass eine Immobilie, die in der Hauptstraße zum Verkauf stand, möglicherweise von jemandem gekauft wird, der dort – mitten im Ort – Wohnraum an osteuropäische Schlachtarbeiter vermietet. Was ein lukratives Geschäft ist bei so mancher heruntergekommenen Immobilie, die normal nicht mehr vermietbar ist. Kettenkamp wollte kein Risiko eingehen, und so kaufte die Gemeinde das Grundstück samt Haus und ließ das Gebäude auf Kosten der Gemeinde Kettenkamp abreißen. Damit war die Gefahr einer unerwünschten Nutzung gebannt.

Dass eine Gemeinde kauft und die Abrisskosten finanziert, gab es auch schon in Rieste. Auch zu Hengeholt-Heuer in Bersenbrück gab es Gerüchte, dass jemand kaufen will, um dort saisonal arbeitende Arbeitskräfte unterzubringen. Es kam anders und es kam besser – durch den Kauf von HaseWohnbau. Und so blieben den Stadtverantwortlichen in Bersenbrück mögliche Sorgen erspart. Vermieden wurde durch den Kauf durch HaseWohnbau auch ein möglicherweise langer Leerstand und ein damit einhergehender Verfall eines Anwesens in der für Bersenbrücks Stadtbild so wichtigen Lindenallee.

 

Es war ein CDU-Nein zu sozialem Wohnungsbau.

Christian Klütsch lieferte in der Ratssitzung am 14. März nicht nur ein unseriöses Zahlenspiel, sondern auch Stoff für die Frage „was will eigentlich die CDU?“. Er sei „grundsätzlich nicht gegen HaseWohnbau“, so Klütsch. Wozu genau sagte dann die CDU/FDP-Fraktion mehrheitlich Nein?

Das Nein zum Beschluss, HaseWohnbau 450.000 € zur „Stärkung des Eigenkapitals sowie zur Sicherstellung der Finanzkraft“ zur Verfügung zu stellen, war ein CDU-Nein zum sozialen Wohnungsbau.

Um Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau nutzen zu können, braucht HaseWohnbau 15 % Eigenkapital. Bei einer Summe von 3 Mio. € wären das dann 2.550.000 € Darlehen plus 450.000 € Eigenkapital. Gerd Steinkamp hatte zu Beginn der Sitzung gesagt, sozialer Wohnungsbau solle nicht durch Steuergelder subventioniert werden. Wird überhaupt subventioniert?

Kurz vor der Ratssitzung am 14. März: rechts Klaus Menke. Im grauen Shirt: Markus Revermann (UWG SG) und neben ihm Manfred Krusche, der sich für die SPD dafür aussprach, der Verantwortung sozialer Wohnungbau gerecht zu werden.

Für die UWG Ankum widersprach Klaus Menke und rechnete vor, dass der soziale Wohnungsbau auch ein wirtschaftlich sinnvoller Wohnungsbau ist. Die Fördergelder der Nbank für den sozialen Wohnungbau gibt es zu einem Zinssatz von 0 %. Außerdem werden nach 20 Jahren 15 % der Darlehenssumme erlassen. Bei einem Darlehen von gut 2,5 Mio. € bezifferte Klaus Menke diesen Vorteil auf erlassene 382.000 €.

Ganz anders die Rechnung, so Klaus Menke, bei dem von der CDU favorisierten freien Wohnungsbau. Da müssten bei normalen Darlehen von der Bank ca. 2 % Zinsen gezahlt werden. Entsprechend hoch müssen dann die Mieten sein. Beim sozialen Wohnungsbau liegen die Mieten mit 5,60 € dagegen deutlich unter dem marktüblichen Mietniveau.

 

Zinsvorteil von über 1 Mio. €.

Mit NBank-Darlehen zu bauen, bringt einen enormen Zinsvorteil. Auf Nachfrage beziffert ihn Horst Baier auf über 1 Mio. € – auf der Basis von 3 Mio. €. „Bei einer Tilgung von 2 % und einem Zinsunterschied von 2 % für den günstigen NBankkredit“, so Baier, „spart die HaseWohnbau über 20 Jahre einen Zinsaufwand von 1.047.300 €“.

„Was wollen wir? Wir müssen uns schon entscheiden“, so Klaus Menke, denn ohne die 450.000 € kann der soziale Wohnungsbau nicht auf den Weg gebracht werden. Es wurde entschieden. Mit 19 Ja-Stimmen aus den Reihen von UWGs, SPD und Grünen wurde der Weg freigemacht für sozialen Wohnungsbau in der Samtgemeinde. Die ersten 8 Sozialwohnungen von HaseWohnbau werden in Ankum entstehen. Weiteren sozialen Wohnungsbau plant HaseWohnbau in Gehrde und in Bersenbrück. Damit die Rechnung unter dem Strich aufgeht und HaseWohnbau auch Geld zur Kostendeckung verdient und auch für weiteren sozialen Wohnungsbau, werden auch frei finanzierte Wohnungen gebaut, bei denen es marktübliche Mieteinnahmen geben soll.

Zahlen, wie sie Christian Klütsch in der jüngsten Samtgemeinderatssitzung in die Welt setzte, brandmarken HaseWohnbau als Geldverschwender bzw. Marktverzerrer und mobilisieren dadurch öffentliche Ablehnung. So eine Zahl verbreitet sich schnell, was gewollt sein dürfte. Wie verträgt sich das mit einem ganz anderen Handeln von Teilen der CDU? So mit der intensive Kooperation mit HaseWohnbau in einzelnen Orten und auch mit der Tatsache, dass CDU-Räte in Gremien vielfach nicht mit Nein stimmen, sondern sich der Stimme enthalten.

 

 

 

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Ein Kommentar

  1. P.Großmann

    Daß die Herren Steinkamp und Strehl von der CDU Ihre Fraktion zu einem NEIN zur Anschubfinanzierung raten
    ist nicht verwunderlich, sind doch beide Herren selbst in der Immobilienbranche tätig, ein eigenes berufliches
    Interesse zu diesem Thema ist wohl nicht zu bestreiten. Wenn die Hase Wohnbau wie geplant, Wohnungen im
    Sozialen Wohnungsbau errichtet, ist absehbar nicht zu erwarten, daß sie daran mitverdienen können. Auch
    sollte man einmal an die CDU Unterstützer aus der Immobranche denken, (Seelmeyer, Hettwer, usw.) wenn man
    die Interessenslage der CDU Fraktion in der Samtgemeinde ergründen will, und wenn Herr Koop die Aufgabe der
    Hase Wohnbau als zu groß für die Samtgemeinde bezeichnet, spricht das doch gerade für die Hase Wohnbau,
    wer soll denn sonst für bezahlbaren Wohnraum sorgen, etwa die privaten profitorientierten Investoren, die
    dann auch noch steuerlich profitieren?
    Die Interessenslage der CDU Fraktion ist aus meiner Sicht leicht zu durchschauen , die vorgebrachte Schein-
    argumentation der CDU kann diesen Eindruck nicht verhindern.
    P.Großmann

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