Ein Plädoyer für spannendere Spielplätze

Die Neu-Ankumerin Nina Schulterobben, Mutter zweier Töchter, engagiert sich für attraktivere Spielplätze – und stieß bei Politikern, die sie kontaktierte, auf offene Ohren.

Berlin: Wasser und jede Menge Sand – zur hellen Freude der Kinder. © Nina Schulterobben.

Ihre Begeisterung ist ansteckend: Wenn Nina Schulterobben von dem Spaß berichtet, den sie mit ihren Kindern auf ihrem Berliner „Stammspielplatz“ hatte, sieht man das Vergnügen geradezu vor sich. Nun lebt sie in Ankum – und erlebte Spielplatz-Frust statt Spielplatz-Lust.

Nina kritisiert aber nicht nur. Sie schritt zur Tat, schrieb an Politiker und meldete sich da auch gleich mit einer Reihe von Ideen zu Wort und mit Fotos vom heiß geliebten Spielplatz in Berlin – als Anregung für bessere Spielplätze. Was Nina gegen die hiesigen Spielplätze vorzubringen hat, trifft nicht nur auf die Ankumer Plätze zu. Ihre Ideen könnten eine Inspiration für alle Spielplatzverantwortlichen in der Samtgemeinde sein.

 

Berlin: So geht’s richtig ab bei den Kleinen. © Nina Schulterobben.

„Matschen ist ein Selbstläufer“.

„Auf den coolen Spielplatz“, erzählt sie im Gespräch mit klartext, auf dem sie in Berlin-Neukölln so oft war, „auf den hatten die Kinder richtig Bock“. Und die Mütter oder Väter gleich mit, weil sich die Kleinen dort ausgiebig selbst und miteinander beschäftigen konnten, während die Erwachsenen beim Plausch zusammensaßen.

„Matschen“, so Nina, „ist ein Selbstläufer, gerade im Sommer.“ Bei Wasser und Sand sind die Kinder in ihrem Element und spielen im Handumdrehen miteinander. „Da werden Eimerchen mit Wasser gefüllt, es werden Staudämme und Sandburgen gebaut usw.“. Ausgetobte und glückliche Kinder nahm sie nach einem solchen Spielplatzbesuch mit nach Hause – und richtig von Sand und Matsch eingedreckte Kinder. Aber das, findet Nina, gehört dazu. Kinder sollten sich beim Spielen auch dreckig machen dürfen.

10 Jahre lebten Nina Schulterobben, aufgewachsen in Bersenbrück, und ihr Lebensgefährte, aufgewachsen in Merzen, in Berlin. Dann kamen sie mit ihren beiden Töchtern, 3 Jahre und 9 Monate jung, in ihre Heimatregion zurück. Ein eigenes Haus wünschen sie sich für die Familie, wohnen derzeit aber noch zur Miete in Ankum.

 

„Lieblos, zugig, im Sommer kein Sonnenschutz“.

Nina Schulterobben.

Wer etwas verändern will, muss aktiv werden, sagte sich Nina Schulterobben, und legte im Oktober los: Sie schrieb an Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier, traf sich in der Folge mit Ankums Bürgermeister Detert Brummer-Bange und schrieb an Marion Korte, die Vorsitzende des Jugend-Ausschusses.

An Horst Baier schrieb sie: „Leider bin ich sehr enttäuscht über die Qualität der Spielplätze in der Samtgemeinde. Der Spielplatz in unserem Wohngebiet ist eine Katastrophe. Lieblos stehen dort Rutsche, Schaukel und Karussell ohne Verbindung nebeneinander. Kinder sieht man dort fast nie. Es ist zugig und im Sommer ohne jeglichen Schutz vor der Sonne. Der Spielplatz, der noch am ehesten geht, ist der am Ankumer See. Aber auch der ist nicht besonders toll, lediglich ,in Ordnung‘. Die einzelnen Spielgeräte wirken zusammenhanglos und zusammengewürfelt, Plastik neben Holz neben Metall.“

 

Wenig spannend: Spielplatz am Ankumer See.

„Damit der nächste Sommer etwas aufregender wird“. 

Was in Berlin besser war, beschreibt Nina so: „Es gibt dort richtig tolle Spielplätze mit durchdachten Konzepten dahinter, mit Wasserpumpen, wo altersübergreifend Staudämme gebaut werden, wo geklettert und Abenteuer erlebt werden können! Klettermöglichkeiten und Hängebrücken neben Nestschaukeln – und alle Spielgeräte stehen auf Sand. So ist der Spielplatz quasi ein riesiger Sandkasten. Täglich haben wir dort andere Kinder und Eltern getroffen aus allen Nationen und Schichten, die Tage draußen verbrachten. Es haben sich Freundschaften gebildet – zwischen den Kindern, aber auch zwischen den Eltern. Ich wünsche mir sehr, dass in diesen Bereich investiert wird, damit der nächste Sommer etwas aufregender wird.“

 

Ninas Engagement stieß auf offene Ohren.

Was die Schnelligkeit und Ausführlichkeit angeht, ist Nina Schulterobben mit der Reaktion der Politiker auf ihren Vorstoß zufrieden. Samtgemeindebürgermeister Horst Baier meldete sich nur 2 Tage nach Eingang der Mail und schrieb eine ausführliche Antwort. „Ihre Einschätzung kann ich teilen“, war darin u.a. zu lesen. Für die Spielplätze, um die es ihr ging, erfuhr Nina zudem, sei jedoch die Gemeinde Ankum zuständig. Und so meldete sich Bürgermeister Detert Brummer-Bange bei ihr, an den Baier die Mail weitergeleitet hatte. Kurz drauf traf man sich.

Offene Ohren auch bei der Ausschussvorsitzenden Marion Korte, die die Sache in den Jugend-Ausschuss mitnahm und am 13. November zum Ende der Sitzung anregte, über eine Verbesserung des Angebots auf dem Spielplatz am See nachzudenken.

 

Berlin: Miteinander spielen. © Nina Schulterobben.

Miteinander auf dem Spielplatz spielen.

Damit’s möglichst anschaulich wird, hat Nina Schulterobben Detert Brummer-Bange gleich mal ein Plakat überreicht. Ihre Grundidee: Ein Spielplatz sollte so angelegt sein, dass die Kinder miteinander spielen. Ein angenehmer Nebeneffekt eines solchen Spielplatzes sei eine Entlastung der Eltern. Die könnten ihren Jüngsten dann entspannt beim Spielen zuschauen.

Bei dem derzeitigen Angebot auf den Spielplätzen ist dem nicht so: Bei Kleinkindern muss der Begleiter der Kinder beim Schaukeln immer anschaukeln, beim Wippen mitwippen usw. Und was das Klettern angeht: Bei den Geräten am Ankumer See klettert ein Kind mal hier rauf und runter, mal da. Besonders spannend ist das nicht. Ninas Idee: Sind Geräte miteinander verbunden, tun sich für die Kinder immer wieder neue Wege auf, z. B. über eine Rutsche, eine Hängebrücke, von der aus es weitergeht, z. B. zu einem Plateau mit Schiffsanmutung, wo Steuerräder angebracht sind usw.

 

Ausschnitt aus Ninas Ideen-Plakat.

Keine Frage des Geldes, sondern der Idee.

Ein „liebevolles, durchdachtes Gesamtkonzept zu entwickeln, in das vorhandene Geräte eingebunden sind“, so Nina Schulterobben, müsse nicht bedeuten, „dass es sehr teuer wird“. Auch neue Geräte müssten nicht „wer weiß wie teuer sein“. Sich Gedanken machen, darauf käme es an, und sich von anderen Plätzen inspirieren zu lassen. Ihre Ideen für interessantere Spielplätze hat Nina in 5 Punkten zusammengefasst:

  1. Ein Motto, das über dem Spielplatz steht wie z.B. „Piraten“ = ein großes Holzschiff, auf das man klettern kann, wo man runterrutschen kann, was im Sand steht, ev. ergänzt um eine Wasserstation. Zu diesem Zweck sollten alle klassischen Spielgeräte durch einen Überbau miteinander kombiniert werden. Statt Piraten könne auch „Märchen“ ein Motto sein oder „Drachen“ oder oder…
  2. Steril: Die Wasserstelle in Ankum.

    Ein Wasserspielplatz mit Sandboden (Staudämme bauen, kreativ matschen, über verschiedene Altersstufen hinweg). Von so einem Platz hätten alle Kinder was. Sie könnten sich „total auspowern“, so Nina, „und man stellt zu Hause sein vermatschtes, glückliches Kind unter die Dusche“.

  3. Sitzmöglichkeiten für die Eltern, die Kommunikation ermöglichen, während man die Kinder im Blick hat (z.B. am Rand des Spielplatzes mit Blick auf die spielenden Kinder). Das bringt, so Nina, „Familien unterschiedlicher soziokultureller Herkunft einander näher“.
  4. Schatten. Dafür bräuchte es Bäume als Schattenspender.
  5. Möglichkeiten zu klettern (Hängebrücken, Netze, Leitern, …) und zu hüpfen (eingelassene Trampoline?) – sowohl für kleinere als auch für größere Kinder.

 

Fast immer leer: Der Boule-Platz.

Am Ankumer See gibt es einiges zu bedenken.

Ganz so schnell, wie Nina Schulterobben sich das wünscht, werden Veränderungen nicht kommen können, dämpft Bürgermeister Brummer-Bange die Erwartungen. Und das aus mehreren Gründen. Zum einen stehe noch das Projekt Jugendzeltplatz auf der Agenda der Gemeinde. Das müsse weiter vorbereitet und dann im Ausschuss abschließend beraten werden. Fast noch wichtiger: Es sei im letzten Jahr beschlossen worden, dass sich ein Planer mit dem See beschäftigt und so etwas wie einen Masterplan vorlegt zu den Flächen rund um den See.

Wohin steuert die Entwicklung am Ankumer See? Diese Frage stellten 2016 die Grünen – wegen der regen (vollzogenen und geplanten) Bautätigkeit. Mehr dazu hier. Eine Folge dieser Initiative ist, dass sich ein Planer mit dem See-Areal beschäftigen soll.

Kaum genutzt: Die Fitness-Geräte.

Was die bisherige Nutzung der Flächen (Spielplatz plus Umgebung) angeht, gibt es einiges zu bedenken, so der Bürgermeister. So liegt neben dem einen Teil des Spielplatzes ein Boule-Platz – der kaum genutzt wird. Nina Schulterobben findet Boule prima. Sie habe, erzählt sie, ihrem Mann zu Weihnachten Boule-Kugeln geschenkt. Vielleicht kommen ja auch andere in Ankum noch auf den Boule-Geschmack.

Bislang fanden auch die neben dem Boule-Platz stehenden (teuren) Fitnessgeräte nur wenig Anklang. Solche Geräte, gedacht vor allem für ältere Menschen, will man z. B. auch in Rieste aufstellen (bei der Neugestaltung des Ehrenmalplatzes). Die Ankumer Erfahrungen zeigen: Was gut gemeint war, erwies sich als ein Angebot, das kaum genutzt wird. Weil es mehrere Knackpunkte am See gibt, plädiert Ankums Bürgermeister dafür, nichts übers Knie zu brechen, sondern umfassend und sorgfältig zu beraten.

Ankums Bürgermeister Detert Brummer-Bange bekam von Nina Schulterobben ein Plakat, auf dem sie ihre Ideen für den Spielplatz am See skizziert hatte.

„Ich bin von den Ideen von Frau Schulterobben sehr angetan“, so Brummer-Bange. „Sie zeigen vor allem, dass von den Kindern her gedacht werden muss, dass es nicht auf einzelne teure Geräte ankommt, sondern auf die Idee, auf den kindgerechten Erlebniswert eines Spielplatzes.“ Weil dem so ist, so der Bürgermeister, „müssen wir schauen, wie wir das hinbekommen und wo wir am See anders gestalten sollten und können.“ „Ich wünsche mir“, so der Bürgermeister, „dass wir uns der Sache in diesem Jahr so zügig wie gründlich annehmen“.

 

Öffentlicher Spielplatz oder Rückzug ins Private?

Hier in der Region, so Nina Schulterobben in ihrer Mail, „hat nahezu jede Familie einen eigenen Spielplatz im Garten, der besser ausgestattet ist als die öffentlichen Alternativen. Auf den Spielplätzen – gähnende Leere.“ Liegt das an der Qualität des Spielplätze oder ziehen die Ankumer den Rückzug ins Private vor? Auch das eine Frage. Allerdings werden auch in Ankum nicht nur Eigenheime, sondern auch immer mehr Mietwohnungen gebaut.

Berlin: Die Kinder toben sich aus. Die Eltern, ob deutsch, türkisch, arabisch usw., steuern mitgebrachtes Essen bei. © Nina Schulterobben.

Nina plädiert, ihret- und der Kinder wegen, für den öffentlichen Spielplatz. „Im eigenen Garten“, sagt sie, „ist man alleine, es sei denn, man verabredet sich mit Freunden und Bekannten. Was heißt: Man bleibt unter sich und kommt kaum in Kontakt mit Menschen, die nicht zum eigenen engeren Lebensumfeld gehören.“

Nina und ihre Kinder fanden gerade den schichten- und länderübergreifenden Kontakt besonders spannend. „Da gab es dann z. B. für meine Tochter Chips von der arabischen Familie nebenan und deren Kinder waren neugierig auf das, was ich zum Essen mitgebracht hatte.“ Was die Kontaktfreude und Unvoreingenommenheit von Kindern angeht, ist Nina ein Erlebnis in besonderer Erinnerung: Da waren zwei Kinder ganz eng miteinander und strahlten „wir sind Zwillinge“. Dass ein Kind schwarz war und das andere weiß – für die Kinder kein Thema.

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