Forciert Bersenbrück die Zentralisierung?

Bersenbrück schaffte den Stadtdirektor ab. Eine der möglichen Folgen könnte sein: mehr Zentralisierung – weniger Eigenständigkeit anderer Gemeinden wie Ankum, Alfhausen, Gehrde oder Rieste.

Der Anfang der Geschichte: Die Wahl von Christian Klütsch (CDU) zu einem Bürgermeister nach § 105.. Als Chef der Samtgemeindeverwaltung hat Samtgemeindebürgermeister Horst Baier das entscheidende letzte Wort.

Der Anfang der Geschichte: Die Wahl von Christian Klütsch (CDU) zu einem Bürgermeister nach § 105. Als Chef der Samtgemeindeverwaltung hat Samtgemeindebürgermeister Horst Baier das entscheidende letzte Wort. Copyright Foto: Samtgemeinde Bersenbrück; Ausschnitte.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Seit einigen Wochen ist Bersenbrücks Bürgermeister Christian Klütsch (CDU) ein Bürgermeister nach § 105 und damit auch der Verwaltungschef der Stadt   – wie seine Kollegen in Ankum und den anderen 6 Orten der Samtgemeinde (mehr dazu hier). Dieses „Modell hat sich in den anderen Mitgliedsgemeinden bewährt“, sagte CDU-Fraktionschef Gerd Uphoff in der Ratssitzung am 14. November laut Sitzungsprotokoll. Will Bersenbrück dem bewährten Modell anderer Gemeinden folgen? Der Weg, den Bersenbrück mit der Bürgermeisterwahl im November beschritten hat, hat zwangsläufig Veränderungen zur Folge. Aber welche?

Bislang eine Sonderrolle. Solange der Samtgemeindebürgermeister auch Bersenbrücks Stadtdirektor war, hatte Bersenbrück eine Sonderrolle, denn alle Verwaltungsarbeit der Stadt Bersenbrück wurde von den im Samtgemeinde-Rathaus sitzenden Mitarbeitern erledigt.

Als Verwaltungsvertreter von Bürgermeister Detert Brummer-Bange spielt in der Ankumer Verwaltung Michael Wübben eine wichtige Rolle.

Als Verwaltungsvertreter von Bürgermeister Detert Brummer-Bange spielt in der Ankumer Verwaltung Michael Wübben (links) eine wichtige Rolle.

Das bisherige Modell: 1 bis 3 Verwaltungskräfte vor Ort.

Nach dem bisherigen Verwaltungsmodell haben die Gemeinden Ankum, Alfhausen, Rieste und Gehrde Verwaltungkräfte vor Ort. Sie sitzen in Ankum (3 Kräfte), in Alfhausen (1), in Gehrde (1) und in Rieste (1) in den jeweiligen Rathäusern der Gemeinden. Sie erledigen in und für ihren Ort viel und wichtige Verwaltungsarbeit und sind zudem, neben dem Bürgermeister, Ansprechpartner für Bürger. Für Bauwillige z. B. oder für Bürger, die vor Ort eine Immobilie suchen, um ein Geschäft zu eröffnen.

Wichtig für die Verwaltung in Gehrde: Yamela Spinter als Verwaltungsvertrterin von Bürgermeister Günther Vorlamp- Hier bei einer nach der Wahl notwendig gewordenen Auslosung.

Wichtig für die Verwaltung in Gehrde: Yamela Spinter als Verwaltungsvertreterin von Bürgermeister Günther Voskamp. Hier bei einer nach der Wahl notwendig gewordenen Auslosung.

Weniger Eigenständigkeit, mehr Zentralisierung für alle?

Werden Ankum, Alfhausen, Gehrde und Rieste behalten, was sie bislang haben? Zweifel drängen sich auf, denn Gerd Uphoff sagte für die CDU-Fraktion in der Ratssitzung am 14. November zur zukünftigen Verwaltungsstruktur der Stadt, es müssten keine 3 Mitarbeiter (so viele sind es in Ankum) für die Verwaltungsarbeit der Stadt abgestellt werden. Es soll nur 1 „verantwortlichen Mitarbeiter und Ansprechpartner für die Stadt geben“. Und der soll nicht beim Bürgermeister im Rathaus sitzen, sondern in der Samtgemeindeverwaltung an der Lindenstraße. Es soll, ist aus diesen Worten zu schließen, im Prinzip alles bleiben, wie es zu den Stadtdirektor-Zeiten war: Keine eigene Stadtverwaltung Bersenbrück; die Stadt lässt weiterhin ihre Aufgaben von der Samtgemeindeverwaltung – im Samtgemeinde-Rathaus an der Lindenstraße – erledigen.

Das Rathaus der Stadt bersenbrück in der Hasestraße. Im Parterre vorne: das Büro des Bürgermeisters.

Das Rathaus der Stadt Bersenbrück in der Hasestraße. Im Parterre vorne: das Büro des Bürgermeisters.

Ein Modell Klütsch?

Wer zwei und zwei zusammenzählt, stellt fest: Das entspricht nicht dem bisherigen Modell der Gemeinden Ankum, Alfhausen, Rieste und Gehrde. Misst man die Bersenbrücker Vorstellung an der Messlatte „Gleichbehandlung“, schlägt Bersenbrück ein neues Modell vor. Festgemacht am Namen des Bürgermeisters könnte man es „Modell Klütsch“ nennen. Würde dieses Modell das bisherige ersetzen, hätte das weit reichende Folgen für Ankum und andere Gemeinden.

Alle Beschäftigten in den lokalen Gemeindeverwaltungen sind bei der Samtgemeinde angestellt. Wieviel Personal ein Ort zugeteilt bekommt, wird nach einem bestimmten Schlüssel ermittelt.

Modell Klütsch = mehr Zentralisierung für alle?

Sitz des Bersenbrücker Bürgermeisters.

Sitz des Bersenbrücker Bürgermeisters.

Nach dem „Model Klütsch“ säßen, würde es samtgemeindeweit umgesetzt, in Ankum nicht länger 3 Verwaltungsfachkräfte, sondern nur noch 1. Diese eine Person wäre dann im Wesentlichen nur noch eine Art Verbindungsstelle zur Samtgemeindeverwaltung in Bersenbrück. Auch Alfhausen, Gehrde und Rieste hätten weniger Verwaltungskraft vor Ort. Was vor Ort reduziert wird, würde in die Verwaltungszentrale der Samtgemeinde nach Bersenbrück verlagert. Kurz gesagt: Es würde zentralisiert. Folgt man der Bersenbrücker Vorstellung in allerletzter Konsequenz, würde auch keine Verwaltungs-Verbindungsstelle mehr vor Ort sitzen. Sie säße dann ebenfalls in Bersenbrück in der Samtgemeindeverwaltung. Dass auch ein anderer Weg beschritten werden könnte, zeigt ein Interview des Samtgemeindebürgermeisters Dr. Horst Baier.

Dezentral: Das Baier-Modell für Besenbrück.

Am 11. September wird ein neuer Riester Gemeinderat gewählt. Dann wird sich zeigen, wer in den kommenden 5 Jahren daran mitwirken wird, die Gegenwart und die Zukunft der Gemeinde Rieste zu gestalten.

Gemeindeverwaltung Rieste.

Baier äußerte sich im Oktober in einem Interview zu den Folgen, die eine Abschaffung des Stadtdirektor-Amtes haben würde. Er werde, so Baier, dann einen „Vorschlag zur Personalbemessung für die Stadt Bersenbrück machen, der sich an Ankum orientieren wird“.* Das würde bedeuten: Es werden etwa 3 Mitarbeiter der Samtgemeinde für die Stadt Bersenbrück arbeiten – mit Sitz im Rathaus der Stadt an der Hasestraße, denn dort, so Baier, „stehen Räume zur Verfügung“. Diese Vorgehensweise entspräche einer Gleichbehandlung Bersenbrücks mit Ankum, Alfhausen, Rieste, Gehrde nach dem derzeit praktizierten Verwaltungsmodell: Man bekommt eine bestimmte Anzahl Mitarbeiter und die sitzen in den jeweiligen Rathäusern bzw. Gemeindeverwaltungen der Orte und nicht im Rathaus der Samtgemeinde.

Die anstehende Frage: Soll die "Verwaltungspower" im Rathaus der Samtgemeinde in Bersenbrück konzentriert sein oder sollen die Gemeinden, wie bislang, ihre verwaltungskräfte vor Ort behalten?

Die anstehende Frage: Soll die „Verwaltungspower“ im Rathaus der Samtgemeinde in Bersenbrück konzentriert sein oder sollen die Gemeinden, wie bislang, ihre Verwaltungskräfte vor Ort behalten?

Zentral oder dezentral?

Da Bersenbrück mit der Abschaffung des Stadtdirektors neue Fakten geschaffen hat, muss in absehbarer Zeit über die Folgen entschieden werden. Dem „Modell Klütsch“ zu folgen und die bisherige Verwaltungsstruktur generell auslaufen zu lassen, käme einer weit reichenden Veränderung gleich. Mehr Zentralisierung ist für viele ein rotes Tuch und könnte schon ausreichen für ein Wiedererscheinen des Gespensts Einheitsgemeinde. Festzuhalten ist jedoch: Auch bei einer stärkeren Zentralisierung würden die Gemeinden und Räte ihre Eigenständigkeit behalten. Dennoch würde eine Zentralisierung der Verwaltung bei der Samtgemeinde in Bersenbrück die Arbeitsweise und nicht zuletzt das Selbstverständnis der davon betroffenen Gemeinden und ihrer Bürger in erheblichem Maße berühren.

*noz, 17. Oktober 2016.

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