Haushalt: Probleme ins nächste Jahr verlagert

Bürgermeister Reinhard Wilke (CDU) gab sich, was Kettenkamps Zukunft angeht, sehr optimistisch. Werner Lager (SPD) sagte zum Haushalt, die Gemeinde komme an ihre Grenzen. Optimist contra Pessimist? Die Zahlen und Fakten zeigen: Probleme sind absehbar.

Ratssitzung-Kettenkamp-titel

 

Über 700.000 Euro Investitionen: Das Tafelsilber ist mit dem Jahr 2016 weg.

Der 2. stellv. Bürgermeister Michael Johanning (CDU) sagte in der Kettenkamper Ratssitzung am 1. Februar zum Haushaltsplan 2016, dass ihn drei Zahlen interessieren: über 700.000 Euro für Investitionen, 125.000 Euro Neuverschuldung und die Pro-Kopf-Verschuldung (die weiter gestiegen ist). Dass Kettenkamp in diesem Jahr über 700.000 Euro für Investitionen ausgibt und „nur“ 125.000 Euro über einen Kredit finanziert, klingt gut. Der Blick in den Haushaltsplan zeigt jedoch: Finanzieren kann Kettenkamp die hohen Investitionen nur, weil das Tafelsilber verkauft wird.

Kettenkamps Haushalt hat 2016 ein Volumen von 1.757.800 Euro (Ergebnishaushalt). Unter dem Strich steht ein Minus von 45.000 Euro. Das kann durch außerordentliche Einnahmen neutralisiert werden. Und so schreibt Kettenkamp eine schwarze Null. Ein Überschuss wird also nicht erzielt.

 

Bürgermeister Reinhard Wilke (CDU).

Bürgermeister Reinhard Wilke (CDU).

Auch der Rücklagenbestand ist aufgezehrt.

Das Tafelsilber sind in diesem Fall die vorhandenen Grundstücke. Verkaufen will Kettenkamp die letzten beiden Grundstücke im Baugebiet „Im Kamp“ sowie sieben Grundstücke im neuen Baugebiet „Fliederweg“. Außerdem geplant: der Verkauf des Grundstücks der ehemaligen Gaststätte Stegemann und der Verkauf eines Grundstücks im Mischgebiet „Im Hagen“.
Damit macht Kettenkamp allen verfügbaren Grundstücksbesitz in 2016 zu Geld. Weg ist auch der in den Jahren 2010 bis 2013 gebildete Rücklagenbestand von 152.000 Euro. Damit wird vor allem der für 2014 ausgewiesene Fehlbetrag ausgeglichen.

Als Ersatz für Spielgeräte sind 4.000 Euro der gut 700.000 Euro Investitionen vorgesehen und für den Ersatz veralteter Straßenlampen 3.000 Euro. Der Löwenanteil geht weg für Erschließungskosten und für einen Restbetrag, der noch für den Kauf des Hauses  Stegemann zu bezahlen ist.

 

Laut Haushaltsplan verkauft Kettenkamp 2016 sein Tafelsilber sprich sämtliche verfügbaren Baugrundstücke.

Laut Haushaltsplan verkauft Kettenkamp 2016 sein Tafelsilber sprich sämtliche verfügbaren Baugrundstücke.

Keine guten Aussichten für 2017.

Wenn Kettenkamp in diesem Jahr die Investitionen vor allem aus dem Verkauf der Flächen finanziert – was kann sich Kettenkamp dann im nächsten Jahr noch leisten? Nach dem Haushaltsplan wird im Mischgebiet „Im Hagen“ erst in den Jahren 2018 und 2019 mit dem Verkauf weiterer Grundstücke gerechnet. Dieses Mischgebiet an der Hauptstraße, bestehend aus vier großen Grundstücken, wird vorrangig der Ansiedlung von kleineren Gewerbebetrieben dienen. Und das lässt – gemessen an den Erschließungskosten – nicht auf hohe Einnahmen hoffen.
Kettenkamp veranschlagt für 2016 Erschließungskosten von annähernd 420.000 Euro. Ein Gutteil dieser Kosten wird Wirtschaftsförderung sein. Der Preis für solche Gewerbeflächen liegt unter dem Preis für Bauplätze für den privaten Wohnungsbau. Durch den Verkauf der Gewerbeflächen wird deutlich weniger Geld in die Kasse kommen als Geld für die Erschließung ausgegeben wird.

Die Erschließungskosten sind hoch, weil auch eine Linksabbiegerspur für dieses Gebiet auf der Kreisstraße gebaut werden muss. Es kann versucht werden, den Landkreis bei der Finanzierung mit ins Boot zu holen. Zur Linksabbiegerspur kommt eine Verlängerung des Fuß- und Radwegs bis zur Erschließungsstraße aus Richtung Dorfmitte.

Baugebiete für den privaten Wohnungsbau hat Kettenkamp keine mehr, und es wurden bislang auch keine Weichen in Richtung Ausweisung neuer Baugebiete gestellt. Für den Wohnungsbau nutzen könnte man in naher Zukunft nur Baulücken und das Grundstück Stegemann – wenn sich ein Investor findet.

 

Bescheidenes Bevölkerungswachstum.

Bürgermeister Reinhard Wilke begründete seinen Optimismus auch mit der Bevölkerungszahl. Er sprach von einer wachsenden Bevölkerung sowie von daraus resultierenden Chancen auch für die Gewerbeentwicklung. Wird Kettenkamp in nennenswerter Weise wachsen?
Reinhard Wilke nannte die Zahl 1.709 Einwohner (Stand 30.6.2015). Für Wachstum steht diese Zahl nicht, denn zwei Jahre zuvor (Stand 30.6.2013) hatte Kettenkamp vier Einwohner mehr (1.713). Die Zahl ist also nicht gestiegen, sondern leicht gesunken. Wodurch könnte sie steigen? Die Zahl der Bauplätze ist nicht so groß, dass sich daraus ein stärkerer Zuzug ableiten ließe.

Nach den neusten Zahlen der Samtgemeinde ( mehr dazu hier) hat Kettenkamp 2015 nicht zugelegt, sondern steht bei +/- Null. Auch bei der Zahl Geburten zu Sterbefälle steht bei Kettenkamp in 2015 nur ein +2 mehr Geburten als Sterbefälle. Was nicht zu einer guten Auslastung von KiTa und Schule beiträgt.

Im Haushaltsplan 2016 ist zu Kettenkamp zu lesen, die Einwohnerzahl werde „leicht wachsen“. Zu mehr Optimismus berechtigen die Zahlen auch nicht. Mit nennenswerten positiven Effekten durch ein stärkeres Bevölkerungswachstum ist realistischerweise nicht zu rechnen. Und damit auch nicht mit deutlich höheren Zuwendungen – die von der Einwohnerzahl abhängen – an die Gemeinde.

 

Steuerkraft ging 2014 wie auch im Jahr 2015 zurück.

Der erneute Rückgang der Steuerkraft in 2015 ist auf die gesunkene Gewerbesteuer (bedingt durch Steuererstattungen) zurückzuführen. Die Gewerbesteuer könnte wieder steigen. Allerdings ist nicht absehbar, inwieweit es „angeschlagenen“ Unternehmen gelingt, sich zu erholen. Laut Haushaltsplan wird in 2017 mit einem Anstieg der Gewerbesteuer in Höhe von 42.000 Euro gerechnet. Von 2017 auf 2018 mit einem weiteren Anstieg von 16.000 Euro. Davon muss allerdings der größte Teil als Umlage abgeführt werden.
Bei einem Haushaltsvolumen von 1.575 Millionen Euro sind einige Tausend Euro mehr aus der Gewerbesteuer zwar eine wichtige Einnahme, aber keine, die einen größeren Optimismus rechtfertigt bzw. einen Beitrag dazu leistet, dass sich Kettenkamp aus eigener Kraft, was eigentlich geplant ist, weiterhin etwas leisten kann.

 

Werner Lager (SPD) ist der stellv. Bürgermeister.

Werner Lager (SPD) ist der stellv. Bürgermeister.

Der Ausverkauf 2016 stellt Kettenkamp 2017 vor Probleme.

Bis 2019, so steht es mit Haushaltsplan, „sind keine weiteren Kreditaufnahmen veranschlagt“. Dadurch soll die Verschuldung ab 2017 zurückgeführt werden. Dass Kettenkamp ab 2017 tatsächlich ohne weitere Kredite lebt, ist aber kaum zu erwarten. Verpflichtend ist der Kredit-Stopp nicht. Weitere Kredite muss sich eine Gemeinde aber auch leisten können, denn durch weitere Kredite steigt auch die Zinsbelastung.
In Verbindung mit Realismus ist Optimismus eine gute Triebfeder. Realistisch betrachtet hat Kettenkamp mit dem Aufzehren des Rücklagenbestands und dem Verkauf der verfügbaren Flächen Probleme ins nächste Jahr verschoben.
2017 kann weder auf einen Rücklagenbestand noch auf Flächen, die verkauft werden können, zurückgegriffen werden. Es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür, dass die Steuerkraft deutlich steigt. Was dann? Wie könnte zum Beispiel ein neues Baugebiet finanziert werden? „Kettenkamp über 2016 hinaus weiterzuentwickeln, kostet Geld“, sagte der stellv. Bürgermeister Werner Lager (SPD). Seine Prognose: „Wir kommen an Grenzen.“

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