Kassensturz 2016: Wer kann sich was leisten?

Welche Gemeinden können frohes Mutes dem Haushalt 2016 entgegensehen? Wo reicht es nur für das Nötigste? Hier ein Blick auf die Ausgangslage, von Alfhausen bis zur Samtgemeinde.

Kann der Vereinssport auf gutes Geld hoffen? Welche Gemeinde hat große finanzielle Sorgen, welche gar keine? Eggermühlen hat hinter sich, was andere noch vor sich haben: den Haushalt. Hier ein Blick auf die Ausgangslage.

Welche Gemeinden können frohes Mutes dem Haushalt 2016 entgegensehen? Wo reicht es nur für das Nötigste? Hier ein Blick auf die Ausgangslage, von Alfhausen bis zur Samtgemeinde.

Welche Gemeinden können frohes Mutes dem Haushalt 2016 entgegensehen? Wo reicht es nur für das Nötigste? Hier ein Blick auf die Ausgangslage, von Alfhausen bis zur Samtgemeinde.

Haushalt, das klingt nach unverständlich und kompliziert. Im Prinzip unterscheidet sich Haushalt im Großen – bei Gemeinden – aber kaum von Haushalt im Kleinen – beim Bürger. Die entscheidenden Fragen sind: Wie ist es in diesem Jahr um meine Finanzen bestellt? Wie viel Geld steht mir zur Verfügung? Wofür kann und will ich es ausgegeben? Bei einer Gemeinde kommt z. B. Geld durch Steuereinnahmen in die Kasse, beim Bürger durchs Gehalt. In der Regel summieren sich schon die festen Kosten zu einer stattlichen Summe. Das ist bei einer Gemeinde nicht anders als beim Bürger.

Wer über einen Zeitraum von einem Jahr plant, wie es die Gemeinden tun, kann nur bedingt verlässlich planen, denn so manches ist nicht vorhersehbar. Die Einnahmen zum Beispiel. Es könnte etwas etwas wegbrechen – bei einer Gemeinde vor allem die Steuereinnahmen. Dafür ist Kettenkamp ein Beispiel. Dort stürzten die Gewerbesteuereinnahmen 2015 um fast 47% ab.

 

Eine hohe Pro-Kopf-Verschuldung ist ein belastender Faktor.

Der Schuldenstand einer Gemeinde sagt nicht alles, aber zumindest so viel über die finanzielle Lage einer Gemeinde aus: Wer eine niedrige Pro-Kopf-Verschuldung hat, hat in der Regel größere Spielräume als eine Gemeinde, die mit einer bereits hohen Pro-Kopf-Verschuldung in ein neues Haushaltsjahr startet. Einige fachliche Details dazu im Kasten unten. Hier die Ausgangslage für die sieben Gemeinden.


Hier der Ausgangspunkt: Die Pro-Kopf-Verschuldung Ende 2024. In wenigen Wochen wird sich zeigen, wie hoch der Stand Ende 2015 ist. Die Zahl für Eggermühlen liegt bereits vor: hohe 2.283 Euro.

 

ALFHAUSEN

Alfhausen hatte Ende 2014 die dritthöchste Pro-Kopf-Verschuldung der Samtgemeinde. Bürgermeister Klaus Wübbolding (CDU) hätte gerne den Bau einer neuen KiTa vermieden. Da sich jedoch die Pläne für eine günstigere Lösung zerschlagen haben, muss Alfhausen wohl um die zwei Millionen Euro in die Hand nehmen, um eine neue KiTa zu bauen. Eine deutliche Belastung für den Haushalt! Auch vor dem Hintergrund, dass die Gewerbesteuer 2015 nicht sprudelte, sondern mit einem Minus von 2% zu rechnen ist.

An einer Stelle darf kein Minus stehen. Im so genannten Ergebnishaushalts ist alles an Ausgaben erfasst, was nicht unter Investitionen fällt. Eine Investition ist z. B. der Ausbau einer Schule. Für den Ergebnishaushalt gilt: Die Ausgaben sollten nicht höher sein als die Einnahmen der Gemeinde. Unter dem Strich sollte ein Plus stehen, denn sonst kommt die Kommunalaufsicht ins Spiel. Sie kann bei finanziellen Schieflagen Auflagen verhängen oder ein Haushaltskonsolidierungskonzept verlangen.

 

ANKUM

Nach Rieste hatte Ankum Ende 2014 die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung. Auch Ankum wird eine neue KiTa bauen. Sorgen dürfte das den Haushaltsplanern vor dem Hintergrund der soliden Finanzlage nicht bereiten – zumal Ankum 2015 ein Plus von über 20% bei den Gewerbesteuereinnahmen zu verzeichnen hat.
In der letzten Ratssitzung freute sich Bürgermeister Detert Brummer-Bange (UWG) über die sprudelnden Steuereinnahmen, lobte die Unternehmen – und dämpfte Erwartungen. Er wies darauf hin, dass der größte Teil des Geldes in Form von Umlagen „weitergereicht“ werden muss, z. B. an die Samtgemeinde. Ankum blieben im letzten Jahr von 8,3 Millionen Euro nur 1,6 Millionen Euro.

Bei den Gemeinden bleiben nur geringe Anteile der Steuer, weil viele Aufgaben wie z. B. Schulen und Kindergärten von der Samtgemeinde oder z. B. Sozialhilfe und Jugendhilfe durch den Landkreis wahrgenommen werden. Daher gibt es eine Samtgemeindeumlage und eine Kreisumlage.

 

BERSENBRÜCK
Bersenbrück wächst: Dafür steht auch das Baugebiet Woltruper Wiesen. Gerechnet wird mit einem Einwohneranstieg bis 2030 von gut 8%.

Bersenbrück wächst: Dafür steht auch das Baugebiet Woltruper Wiesen. Gerechnet wird mit einem Einwohneranstieg bis 2030 von gut 8%.

Bersenbrück hatte Ende 2014 die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung der Samtgemeinde. Die Gewerbesteuereinnahmen stiegen in 2015, aber das Plus von 13% fällt im Vergleich zu Ankum (über 22%) und Rieste (gut 34%) bescheidener aus. Die Stadt kann sich Investitionen leisten, aber: Damit der Ergebnishaushalt keine Schlagseite bekommt, will gut überlegt sein, in welchem Umfang Mittel im Haushalt 2016 berücksichtigt werden können.
Auch in Bersenbrück muss eine KiTa gebaut werden. Das große Thema sind aber Verkehrsprojekte. Welche Investitionen welche Priorität genießen sollen, wird derzeit beraten. Einer der Knackpunkte ist, dass der Bauausschuss einen Investitionsplan vorlegte, nach dem für den Bau der Verbindungsstraße „Südspange“ in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 3,6 Millionen € ausgegeben werden sollen (Quelle: Antrag Bauausschuss der SPD Bersenbrück).

Wofür wird das Geld ausgegeben? Unabhängig davon, ob eine Gemeinde über viel oder wenig Geld verfügt: Wofür dieses Geld ausgegeben wird, darüber herrscht nicht immer Einigkeit zwischen Regierenden und Opposition. Über die unterschiedlichen Auffassungen wird in Ausschusssitzungen debattiert und sie kommen auch bei den Ratssitzungen, in denen die Haushalte verabschiedet werden, zur Sprache.

 

EGGERMÜHLEN
Ausdruck großen Bürger-Engagements: Das neue Kinder- und Jugendhaus

Ausdruck großen Bürger-Engagements: Das neue Kinder- und Jugendhaus

Eggermühlens Haushaltsplan 2016 wurde bereits im Gemeinderat verabschiedet. Die Pro-Kopf-Verschuldung stieg durch den Bau der neuen KiTa auf hohe 2.283 Euro. Der KiTa-Neubau hat zur Folge, dass die Gemeinde für den Zeitraum von etwa drei Jahren mit sehr spitzem Griffel rechnen und die Finanzen aufmerksam im Blick haben muss. Eggermühlen erhöhte bereits die Grundsteuer und hatte 2015 ein Plus beim Gewerbesteueraufkommen von über 20%.
Eggermühlen steht bei den Ausgaben auf der Bremse. Die Vereinsförderung wurde für 2016, so Bürgermeister Markus Frerker (CDU), auf ein Minimum reduziert und Gemeinde hat auch kein Geld, um sich – sollte daraus etwas werden – finanziell am Bau einer Sporthalle in Kettenkamp zu beteiligen. Außergewöhnlich groß ist in Eggermühlen das Engagement der Bürger. Das macht so manches wett. So hat dieses Engagement dazu geführt, dass die Gemeinde trotz klammer Kasse das abgebrannte Kinder- und Jugendhaus durch ein neues ersetzen konnte.

 

GEHRDE

Mit spitzem Griffel rechnen, das kennt man in Gehrde. Und auch für 2016 wird und muss, so Bürgermeister Günther Voskamp (Bündnis 90/Die Grünen) „der Ball flach gehalten werden“, auch wenn die Gewerbesteuereinnahmen um gut 14% stiegen. Angepackt werden kann nur das Nötigste. Dazu gehören Spielplätze.
Strukturschwache Gemeinden wie Gehrde tun sich schwer. Ohne eine entsprechende Anzahl florierender Unternehmen, die Geld in die Steuerkasse bringen, kann eine Gemeinde keine großen Sprünge machen. Der Arbeitsplatz vieler Gehrder liegt außerhalb ihres Heimatorts. 40 pendeln Tag für Tag zum Niedersachsenpark, andere nach Bramsche, Osnabrück oder Bersenbrück.

 

KETTENKAMP

Kettenkamp lag Ende 2014 bei einer Pro-Kopf-Verschuldung von 634 Euro. Dass in 2015 die Gewerbesteuereinnahmen um über 47% abstürzten, ist ein schwerer Schlag für die Gemeindefinanzen und macht deutlich, dass eine Kommune in hohem Maße mit dem Wohl und Wehe der dort ansässigen Unternehmen verbunden ist. Geht es nur einem wichtigen Steuerzahler schlecht, kann das weit reichende Auswirkungen haben. Kettenkamp spürt das gerade. Die weggebrochenen Einnahmen machen es nicht leichter, die Gemeindefinanzen in den Griff zu bekommen. Allerdings hat Kettenkamp noch so einige Bauplätze, deren Verkauf Geld in die Kasse bringt. Und die Gewerbesteuer könnte auch wieder steigen.

 

RIESTE

Rieste dürfte keine finanziellen Sorgen haben. Die Pro-Kopf-Verschuldung war Ende 2014 äußerst gering und die Gewerbesteuereinnahmen sprudeln. Sie stiegen in 2015 um satte 34%. Der Geldausgabe für die neue KiTa kann die Gemeinde also wohl gelassen entgegensehen.
Der Niedersachsenpark, zeigt das Plus bei der Gewerbesteuer, spült Rieste Geld in die Kasse. Trotzdem konnte sich die Gemeinde bislang nicht dazu durchringen, einen finanziellen Beitrag zur Einrichtung einer Buslinie zum Niedersachsenpark zu leisten. Die Buslinie soll dem Zweck dienen, die gute Entwicklung des Parks durch eine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu fördern. Rieste würde von einer weiterhin guten Entwicklung in besonderer Weise profitieren.

 

SAMTGEMEINDE BERSENBRÜCK
Investition in die Zukunft: Für den Bau der Von-Ravensberg-Schule bersenbrück wurde zwischen 2006 und 2008 ein steiler Anstieg der pro-Kof-Verschuldung der Samtgemeinde in Kauf genommen.

Auch früher schon: Hohe Verschuldung für Investitionen. Für den Bau der Von-Ravensberg-Schule Bersenbrück wurde zwischen 2006 und 2008 ein steiler Anstieg der Pro-Kopf-Verschuldung der Samtgemeinde in Kauf genommen.

Die Samtgemeinde profitiert von sprudelnden Gewerbesteuern. 54% der Steuereinnahmen muss jede Gemeinde bei der Samtgemeinde abliefern. Das sind allerdings 2% weniger als ab 2012 geplant war. Der Grund: Nach den Wahlen 2011 wurde eine von der CDU geplante 2-prozentige Erhöhung der Samtgemeindeumlage nicht umgesetzt. Dadurch blieb mehr Geld in den Mitgliedsgemeinden. Mehr dazu hier.

Verglichen mit allen sieben Gemeinden lag die Samtgemeinde Ende 2014 mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 897 Euro auf Platz drei. Allerdings sind die Zahlen aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben schwer zu vergleichen. Durch die hohen Investitionen in den Ausbau der Grundschulen zu Ganztagsschulen mit Mensen und den Ausbau des Betreuungsangebots für KiTas stieg die Verschuldung der Samtgemeinde nach Aussage von Bürgermeister Dr. Horst Baier zwischen 2012 und 2015 von 23 auf 33 Millionen Euro. Die Samtgemeinde, so Baier, konnte sich diese „Investitionen in die Zukunft“ leisten.
Bislang gelang der Spagat zwischen einem positiven Ergebnishaushalt und Verschuldung. Das Jahr 2015 war ein gutes Jahr für die Samtgemeinde, denn die Einnahmen liegen über den Erwartungen. Dem stehen aber auch höhere Belastungen entgegen. Dazu gehört z. B., dass mit jedem KiTa-Neubau Dauerbelastungen – erhöhte Ausgaben für Betrieb und Personal – auf die Samtgemeinde zukommen.

 

Verschuldung: Über Kassenkredite, langfristige Kredite und Abschreibungen.

Bei der Verschuldung muss zwischen den Kassenkrediten und den langfristigen Schulden unterschieden werden. Die Kassenkredite werden in der Regel für nicht ausgeglichene Haushalte benötigt. Die langfristigen Schulden entstehen, wenn der Investitionsbedarf höher ist als die Überschüsse aus dem laufenden Verwaltungsgeschäft. Eine wichtige Haushaltsposition sind dabei die sogenannten Abschreibungen.
Die Abschreibungen sind ein Ausdruck für den jährlichen Wertverlust des Vermögens. Dies ist wie bei einem privaten Auto, das jedes Jahr durch die Nutzung an Wert verliert. Wenn in der Vergangenheit wenig investiert wurde, sind die Abschreibungen gering. Dann muss eine Gemeinde oft in eine Netto-Neuverschuldung gehen. Das bedeutet, dass der Finanzierungsbedarf für Investitionen höher ist als man aus dem laufenden Verwaltungsgeschäft an Überschuss erwirtschaftet. Einen wichtigen Einfluss auf den zusätzlichen Finanzbedarf hat auch die Höhe der Tilgungen für alte Schulden. Wenn die alten Kredite sehr schnell abbezahlt werden, ist der Finanzbedarf natürlich etwas höher.

Autor
Schlagwörter

Verwandte Beiträge

*

Top