Neue Rathaus-Pläne – und deren Folgen

Zur räumlichen Situation im Rathaus der Samtgemeinde gab es Ende 2017, in der Amtszeit von Dr. Horst Baier, einen Beschluss des Samtgemeinderats. Der neue Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke (CDU) hat andere Rathaus-Pläne, die auch beinhalten, dass abgeschafft wird, was es bislang gab – den freien Zugang zum Rathaus Lindenstraße 2. Mit seinem ersten Beschlussvorschlag in Sachen Rathaus konnte sich Michael Wernke allerdings nicht durchsetzen. Der wurde abgeändert.

Das Rathaus Lindenstraße und seine repräsentative Architektur: Sollen Bürger aus Sicherheitsgründen draußen bleiben?

Sitzung des Samtgemeinderats am 7. Oktober mit dem Tagesordnungspunkt „Räumliche Situation Rathaus“. Der Hintergrund zu diesem Thema ist vor allem: Im Rathaus der Samtgemeinde in Bersenbrück ist zu wenig Platz und die Büroräume im Dachgeschoss entsprechen nicht den heutigen Arbeitsbedingungen. Darauf basierte bereits die Räumlichkeiten-Planung aus der Baier-Zeit. Zu den Büros unterm Dach wurde damals (Ende 2017) zu Papier gebracht, es sei „nicht zumutbar, die Räume zu benutzen“.

Als Ausdruck von Bürgerstolz kann auch dieses Rathaus gelten. Die Samtgemeinde kaufte das einstige Kreisgebäude im Jahr 1975.

Das sieht auch Michael Wernke so. In der Erläuterung zu seinem Beschlussvorschlag steht zu den Arbeitsplätzen unterm Dach der Satz: „Unter diesen Umständen ist ein vernünftiges Arbeiten der Mitarbeiter*innen nur schwer möglich.“ Da endet die Gemeinsamkeit.

Bei der Planung von Michael Wernke geht es auch nicht nur um Räumlichkeiten. Mit ihr ist auch verbunden, was zuvor nie zur Disposition stand: Der freie Zugang zum Rathaus. Das Rathaus stand bislang allen Bürgerinnen und Bürgern offen. Michael Wernke strebt an, diesen freien Zugang abzuschaffen.

Für Michael Wernke ist die bisherige Offenheit des Rathauses ein Sicherheitsproblem.

 

Markt 7 – Lindenstraße 18.

2017: HaseWohnbau-Planung Lindenstraße.

Zunächst zum Punkt mehr Raum schaffen für die Verwaltung. Nach der Wernke-Planung sollen Räumlichkeiten angemietet werden, und zwar in einem dem Rathaus gegenüber gelegenen Gebäude (Markt 7). Die Baier-Planung setzte auf Eigentum – darauf, dass die Samtgemeinde-Tochtergesellschaft HaseWohnbau ein Verwaltungs- und Wohngebäude baut, in das ein Teil der Verwaltung einzieht.

In dieser Sache beschloss der Samtgemeinderat Ende 2017, dass „die Samtgemeinde Bersenbrück mit der HaseWohnbau einen langfristigen Mietvertrag über 20 Jahre zur Anmietung von Büroräumlichkeiten in einem geplanten Bauprojekt in der Lindenstraße in Bersenbrück abschließt.“ Es war ein Beschluss ohne Gegenstimmen. Die CDU-Fraktion enthielt sich der Stimme.

In der Beschlussvorlage war zu lesen, in den Räumlichkeiten an der Lindenstraße 18 könne „das Familienservicebüro oder die Seniorenbetreuung optimal untergebracht werden und die Samtgemeinde könne ihre Beratungsangebote erheblich kundenfreundlicher gestalten“. Einziehen sollte auch der komplette Fachdienst Bildung und Familie. Da die Lindenstraße 2 (Rathaus) und die Lindenstraße 18 nicht weit voneinander entfernt lägen, stelle die Entfernung „keine Behinderung in den Abläufen“ dar.

Kulturgut Hecker-Saal im Rathaus. Dort tagte am 23. Sep. der Samtgemeindeausschuss. Hier ein Bild von 2018, als eine Delegation aus Serbien im repräsentativen Rahmen des Hecker-Saals empfangen wurde.

 

UWGs, SPD, Grüne: Ablehnung des ersten Beschlussvorschlags.

Zu seiner Rathaus-Planung brachte Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke am 23. September eine Vorlage in den Samtgemeindeausschuss ein – die am 7. Oktober im Samtgemeinderat allerdings in deutlich veränderter Form auf die Tagesordnung kam (siehe Bildbeleg am Schluss dieses Artikels).

Warten hieß es bei der Ratssitzung am 7. Oktober. Sie fing deutlich später an als geplant.

Nach klartext-Informationen waren UWGs, SPD und Grüne nicht bereit, dem 1. Vorschlag zuzustimmen, und das aus zwei Gründen:

Es solle eine ergebnisoffene Prüfung beider Optionen sichergestellt werden (Lindenstraße 18 im Vergleich zu einer Anmietung Markt 7), und sie lehnten es ab, einer abschließenden Entscheidung in dieser Sache im nicht-öffentlich tagenden Samtgemeindeausschuss zuzustimmen.

 

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Wo die CDU eine Mehrheit hat.

Nach dem ursprünglichen Vorschlag sollte der Samtgemeindebürgermeister nicht nur beauftragt werden, zu Räumlichkeiten im Gebäude Markt 7 „Verhandlungen mit dem Makler aufzunehmen“. Es sollte zugleich beschlossen werden, nicht weiter zu verfolgen, was im Rat am 14. Dezember 2017 beschlossen wurde. Damit wäre die Option Lindenstraße 18 vom Tisch gewesen.

Dort hat die CDU eine eigene Mehrheit, anders als im Rat.

Teil der ursprünglichen Vorlage war auch der Satz, dass der Samtgemeindeausschuss „abschließend“ entscheidet. Was nichts anderes heißt, als: Entscheidung in die Sache nicht im Samtgemeinderat mit seinen 36 Mitgliedern (plus Samtgemeindebürgermeister), sondern in einem Ausschuss mit nur 9 Mitgliedern, der zudem grundsätzlich nicht-öffentlich tagt.

Als Fakt ist zum Samtgemeindeausschuss festzuhalten: Dort haben die 4 Mitglieder aus der CDU-Fraktion mit der Stimme des Samtgemeindebürgermeisters die Mehrheit – anders als im Samtgemeinderat. Dort kommen CDU-Fraktion und Samtgemeindebürgermeister auf 18 Stimmen, die anderen Gruppen und Fraktionen auf 19.

Kurz vor Beginn der Sitzung am 7. Oktober. Bei einem Tagesordnungspunkt ging es um die Planung von Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke zum Rathaus.

 

Beschluss: Verhandlungen aufnehmen.

Der veränderte Beschlussvorschlag wurde in der Ratssitzung am 7. Oktober einstimmig und ohne Diskussion verabschiedet. Der Beschluss lautet: „Der Samtgemeindebürgermeister wird beauftragt, Verhandlungen mit dem Makler aufzunehmen. Ziel dieser Verhandlung soll sein, die wirtschaftlichen Rahmendaten für die Anmietung von Räumlichkeiten Markt 7 für die Unterbringung des Bürgerservices sowie eines Fachdienstes zu klären. Nach Vorlage der wirtschaftlichen Rahmendaten wird untersucht, welche der beiden Varianten (Lindenstraße 18 oder Markt 7) die wirtschaftlichere Alternative ist.“

Michael Wernke hat sich allerdings schon festgelegt. Für ihn kommt die Lindenstraße 18 nicht in Betracht, weil „zu weit vom Haupthaus entfernt“ (siehe (1) unten). Warum zu weit entfernt? Ein Grund dafür: Michael Wernke strebt eine „Abgeschlossenheit“ (1) des Rathauses Lindenstraße an.

 

Kein Zugang mehr zum Rathaus? Amok-Gefahr?

Warum „Abgeschlossenheit“? Zur Begründung der Wernke-Planung gehört, dass der bislang freie Zugang zum Rathaus als Sicherheitsrisiko erachtet wird. „Im Alarmfall (z.B. Amoklauf) sind die Mitarbeiter*innen des Rathauses nicht ausreichend geschützt“, ist da zu lesen. Darum sollen die Bürgerinnen und Bürger keinen Zugang mehr zum eigentlichen Rathaus haben, sondern nur noch zu einem „Frontoffice-Bereich“ (mit Wartebereich und Infomaterialien) auf der gegenüberliegenden Straßenseite (Markt 7). Dort sollen sie „all‘ ihre Anliegen schildern können“. Eine solche Zugangsregelung entspräche der des Finanzamts Quakenbrück.

Vor der Virus-Pandemie tagten die Ausschüsse des Samtgemeinderats im Rothert-Saal des Rathauses, fast immer in Anwesenheit von Bürgerinnen und Bürgern.

 

Erster Widerspruch gegen „Abgeschlossenheit“.

Das eigentliche Rathaus für Bürgerinnen und Bürger schließen? Dagegen wurde bereits Widerspruch laut, so z. B. aus den Reihen der UWG Ankum und der Grünen und mit dem Argument, ein Rathaus sei keine Behörde wie ein Finanzamt, sondern das Haus der Bürgerinnen und Bürger. Ein detailliertes Konzept zu allen Aspekten der Wernke-Planung zum Rathaus – zu neuen Räumlichkeiten wie zum eigentlichen Rathaus – wurde noch nicht öffentlich-wahrnehmbar vorgestellt.

Ausstellungen & Sitzungen. Ein offenes Haus war das Rathaus mit seinen historischen Schätzen wie dem Franz-Hecker-Saal bislang z. B. auch durch die regelmäßigen Ausstellungen „Kunst im Ruhestand“ und dadurch, dass dort die Ausschüsse tagten mitsamt Bürgern, die an den Sitzungen teilnahmen.

Offen für Kreativität: „Kunst im Ruhestand“ gab es immer wieder im Rathaus im Rahmen öffentlich zugänglicher Ausstellungen zu sehen. Hier die Künstlerin Ute Sagel. © Foto: Samtgemeinde Bersenbrück.

 

Offene Frage Lindenstraße.

Zu den noch offenen Fragen gehört auch die Zukunft des HaseWohnbau-Projekts Lindenstraße 18. Dazu ist an Fakten festzuhalten: Das Projekt war bereits im Frühjahr baureif. Michael Wernke legte es nach seinem Wahlsieg auf Eis. Der Kauf des Hotels Hengeholt-Heuer, dessen Abriss und die gesamte Planung des Neubaus haben bereits viel Geld verschlungen. Angesichts der Lage des Grundstücks, das kein leeres, sondern ein bebautes war, angesichts heutiger Abrisskosten sowie der Planungskosten für ein Neubauprojekt in der Größenordnung Lindenstraße dürften bereits mehr als 1 Mio. € ausgegeben worden sein. Dass das baureife Projekt nun auf Eis liegt, dürfte ebenfalls Monat für Monat Geld verschlingen.

Laut dem Ratsbeschluss vom 7. Oktober soll „nach Vorlage der wirtschaftlichen Rahmendaten untersucht werden, welche der beiden Varianten (Lindenstraße 18 oder Markt 7) die wirtschaftlichere Alternative ist“. Die weitere Entwicklung der Dinge dürfte so einigen Diskussionsstoff bieten. Das folgende Bild zeigt oben den Beschluss, der einstimmig gefasst wurde. Darunter der Beschlussvorschlag in seiner ursprünglichen Form.

(1) Quelle: „Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke informiert zu Grundstück Lindenstraße“, 27. August 2020 (www.bersenbrueck.de).

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