Siedlungen: Sag‘ mir wo die Blumen sind…

Immer mehr steinerne Sterilität in Ankumer Siedlungen. Blühendes gibt es auf vielen Grundstücken gar nicht mehr, dafür umso mehr Pflastersteine & Schotter.

Schotter und Steine verdrängen in zunehmenden Maße auch in Ankum blühende, ökologisch wertvolle Natur.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Sag‘ mir wo die Blumen sind… Marlene Dietrich und viele andere Stars sangen diesen Evergreen. Bei Spaziergängen durch die neueren Ankumer Siedlungen drängt sich diese Liedzeile geradezu auf.

Blühen wird in immer mehr Vorgärten gar nichts mehr. Jeder mit Folie abgedeckte und mit Schotter zugeschüttete Vorgarten ist ein Einzelfall. Aber die große Ausnahme von der Regel sind Schottergärten in Ankum nicht. Sie sind rasant auf dem Vormarsch. Immer mehr Verschotterung  auch auf dem Friedhof.

 

Breitet sich wie ein Virus aus – mit gravierenden Folgen.

Die F.A.Z (Frankfurter Allgemeine Zeitung) zitierte in einem Artikel vom 20. Januar diesen Jahres die Schweizer Geographie-Studentin Evi Rothenbühler, die eine Studie zu Schottergärten verfasste, mit den Worten: „Sobald einer von den Nachbarn so einen Stein- und Schottergarten hat, dann ist das wie ein Virus, das sich ausbreitet.“

Kahlheit, großflächige Bodenversiegelung, Aufheizung. Verdunstungskühle entsteht gar nicht mehr, denn alles Wasser fließt sofort ab und offene Bodenflächen gibt es in den Vorgärten kaum noch.

In Siedlungen grassiert dieses Virus in Ankum vor allem in den neueren Siedlungen. Schotter hat aber auch in ältere Siedlungen Einzug gehalten, findet sich am Rande der Holzbach-Siedlung ebenso wie in Siedlungsbereichen im nördlichen Ankum.

Siedlung in Ankum, das hieß noch bis in die 1970er Jahre: Relativ wenig Haus auf einem Grundstück mit viel Garten und reichlich Naturvielfalt wie Bäume, blühende Sträucher, Gemüse, Blumenbeete. Siedlung heißt heute: Sehr viel Haus auf wenig Grundstück und so gut wie keine Naturvielfalt mehr.

Die meisten Bilder für diesen Beitrag entstanden im Januar 2019 in einer der Ankumer Siedlungen, im Bereich zweier etwa 350 m langer Straßen und den verbindenden Seitenstraßen. Die Siedlung ist größer als dieser Teilbereich. Viel anders sieht es aber auch in den übrigen Siedlungsbereichen nicht aus.

 

Artensterben und Aufheizung.

Der Schwund an vielfältiger Natur hat schwer wiegende Folgen. Dadurch wird z. B. das Insektensterben befördert und das damit einhergehende Aussterben von Vögeln. Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich Steine und Schotter im Sommer kräftig aufheizen. Das Mikroklima in Ankum verändert sich zum Schlechteren, denn mit jedem Quadratmeter, auf dem nichts mehr grünt und blüht, nehmen wir uns die gute Luft zum Atmen. Klingt übertrieben, ist es aber leider nicht.

Vertikal-Ödnis hat ebenfalls mehr und mehr Einzug gehalten.

Hecken als Begrenzung gibt es vielerorts in Ankum noch, aber wo Hecken nicht im Plan vorgeschrieben waren und sind, macht sich inzwischen mehr und mehr steinerne und andere Vertikal-Ödnis breit. Abgesehen vom Umwelt- und Klimaproblem stellt sich bei dieser Entwicklung auch die Frage: Ist das noch der Dorfcharakter, wie wir ihn uns in Ankum wünschen?

 

Landlust mit Vogelgezwitscher, Schmetterlingsflattern, Augenschmaus: Aus dem Dorf verbannt?

„Landlust“ steht als Zeitschrift in Ankum in Geschäften im Regal. Aus der Ankumer Lebenswelt haben wir sie jedoch immer mehr verbannt. Schneeglöckchen, Tulpen, Narzissen, Forsythien und Rhododendron, Pfingstrosen, Hortensien, Margeriten, Astern und und und. Wo kann man Blütenfarben in Ankum, im Erholungsort Ankum, noch erleben? Welche Vögel sehen wir noch in den Siedlungen neueren Typs und welche Schmetterlinge?

Im Vergleich zu manchen Ankumer Siedlungsbereichen ein Lichtblick: Blühende Natur in den Kreisverkehren.

Aufblühen, das sagen wir mit Blick auf Mensch und Natur. Menschen blühen auf, wenn ihnen Schönes und Gutes widerfährt. Ich blühe z.B. auf, wenn ich beim Gang ins Dorf die jahreszeitlich wechselnde Blütenpracht in den Kreisverkehren erlebe. Ich freue mich da schon jetzt auf die ersten Frühlingsblüher.

Warum keine solchen Freuden mehr in meiner Siedlung, bei den vielen Eigenheimen, wo es an allen Ecken und Enden schön blühen und grünen könnte – im Interesse der Lebensqualität wie auch der Sinnenfreude, farbenfrohe Natur zu erleben?

Versteinerung & Verschotterung: Keine Frage des Geschmacks, sondern ein Beitrag zur Verschärfung der Umwelt- und Klimakrise.

 

Ankum blüht auf – ein Thema für Bürger und die Gemeinde.

Ein Beet zu pflegen, kostet nur wenig Zeit.

Die Verpflasterung und Verschotterung unseres Lebensraums und der Mangel an Naturvielfalt sind eine Entwicklung, die uns meines Erachtens alle miteinander nicht nur nachdenklich stimmen, sondern zum Handeln, zum Gegensteuern animieren sollte – Bürger wie Gemeinde. Getan werden könnte so einiges. Wo heute noch Schotter in Vorgärten liegt, könnte morgen zum Beispiel auch Blühendes stehen. Die Hausbesitzer haben es in der Hand.

„Unsere Siedlung blüht auf“ könnte ein Motto sein, das verbindet. Viel braucht es dazu nicht. Nur wenige Quadratmeter bei und vor einem Haus, bestückt mit farbenfroh blühenden Stauden, würden schon einen großen Unterschied machen. Die Freude an farbenfroher Naturvielfalt wieder zu entdecken, darauf kommt es wohl vor allem an.

Null Beitrag zur Naturvielfalt: Eine Gemeinde-Fläche in einer Siedlung in Ankum. Es gibt eine ganze Reihe gemeindeeigener Flächen, die unter ökologischen Gesichtspunkten ebenso steril sind wie diese.

 

Geht die Gemeinde mit gutem Beispiel voran?

Die Gemeinde Ankum hat so einige Gestaltungsmöglichkeiten. So gibt es zum Beispiel im Süden eine Reihe von gemeindeeigenen Flächen, die bislang zumeist nur aus Rasen und dem einen oder anderen Baum bestehen. Sie durch Sträucher und anderes ökologisch Wertvolles aufzuwerten, dazu hier und da noch eine Bank, wäre ein Gewinn für die Bürger und die Natur.

Im letzten Jahr stimmte der Gemeinderat einem Antrag der Grünen mit der Zielsetzung zu, in bestehenden und bei neu geplanten Baugebieten für mehr und eine größere Naturvielfalt zu sorgen. Es könnte mit der Umsetzung begonnen werden. Wird da was draus? klartext wird nachfragen und berichten.

Schottergärten: Gerade erst, am 15. Januar, auch im WDR ein Thema (www1.wdr.de).

 

Schottergärten: Mancherorts schon verboten.

Das westfälische Steinhagen und auch Rastatt gehören z. B. zu den Orten, in denen es Anträge gab, dass Gärten nicht mehr versiegelt und zugeschüttet werden dürfen. Über den richtigen Weg zum Erhalt von Naturvielfalt in Neubaugebieten wird vielerorts gerungen, so auch in Xanthen, Herford und Paderborn.

Gartenzukunft in Ankum?

Darf Bauherren nicht reingeredet werden in die Gartengestaltung? Zum „steinernen Elend“ aus Folie plus Kleingestein schreibt die FAZ: „Das Ergebnis ist ökologisch so tot wie ein Stück Autobahn und heizt sich ähnlich schnell auf – und spätestens dann geht es einen doch etwas an, was der Nachbar da zukiest oder eben nicht.“ Es geht alle – und die Gemeinde Ankum etwas an.

Bürger haben, zeigt der Blick ins Grundgesetz, Rechte – aber auch Pflichten. Was das Eigentum angeht, heißt es in Artikel 14 GG: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Individuelle Entscheidungen, die in der Summe zu einem Umwelt- und Klimaproblem für den gesamten Ort werden.

Vorschriften in Bebauungsplänen gab es immer schon. Dass die Verschotterung auch in Ankum einen solchen Siegeszug antreten würde, hat sich lange wohl kaum jemand vorstellen können. Ob es reicht, allein auf Einsicht zu setzen, darf bezweifelt werden.

 

Keine Zeit? Zu alt? Als Mieter zahle ich pro Jahr 371 € für die Pflege der Außenanlage.

Grüner Ausblick Buchenhecke.

Ich wohne in einem Haus mit 9 weiteren Mietparteien und habe im letzten Jahr exakt 371,60 € für die Pflege der Außenanlagen bezahlt, zu denen zwar nichts Blühendes gehört, aber zumindest viele Grünpflanzen und viele Meter Buchenhecke, die geschnitten werden muss. Noch besser als Buche wäre beispielsweise Weißdorn gewesen. 32 Vogelarten essen laut Naturschutzbund Deutschland die Früchte des Weißdorns. Buche kann da nicht mithalten, trotzdem lassen sich so einige Vögel blicken.

Mehr versteinertes Ankum?

Den Rasen vor meiner Terrasse muss ich als Mieter selber mähen, und wenn ich das eines Tages nicht mehr kann, muss ich eine Hilfe bezahlen, die das für mich macht. Die Ausgaben für die Draußen-Pflege sind eine Belastung fürs Rentner-Budget, aber sie müssen und sollten, finde ich, sein. Ich hoffe jedenfalls, dass niemand hier auf die Idee kommt, Flächen, die bepflanzt sind, mit Schotter zuzuschütten.

Und die Bewohner von Eigenheimen? Müsste Eigentum verpflichtet für sie nicht heißen: Wenn ich denn schon Freizeit & Bequemlichkeit vorziehe oder mich selber nicht länger kümmern kann, muss ich mir die Pflege eines Gartenstück etwas kosten lassen – wie es mich als Mieterin ja auch etwas kostet? Schließlich geht der Siegeszug der Schottergärten eindeutig zu Lasten des Umwelt- und Klimaschutzes und damit zu Lasten der Allgemeinheit.

Ein Stück altes Ankum im Vordergrund, mit so einiger Natur in den Vorgärten. Dahinter: Eines der Häuser in der angrenzenden neuen Siedlung, in der Naturvielfalt kaum mehr anzutreffen sein wird.

Bundesweit sind bereits 15 % der deutschen Vorgärten größtenteil mit Kies und Schotter bedeckt, Tendenz steigend – sagt eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Ankum wächst und wächst durch große neue Baugebiete. 150 Bauplätze sollen im neuen Baugebiet „Nördliche Kunkheide“ entstehen. Wie wird dieser Siedlungsraum eines Tages aussehen?

Auf freiwilliger Basis, zeigt die Wirklichkeit, scheint Natur in Siedlungen kaum mehr eine Chance zu haben.

Dass Pflegeleichtigkeit immer mehr den Ton angibt und Naturvielfalt verdrängt, zeigt sich in Ankum auch in einem Baugebiet, das kurz vor der Vollendung steht. Dort wird noch an den meisten Außenbereichen gearbeitet, aber der Trend zu Pflaster und Schotter ist bereits erkennbar.

„Gärten des Grauens“. Unter dem drastischen Titel „Gärten des Grauens“ ist der Trend zur Versteinerung und Verschotterung bundesweit ein Thema in den sozialen Medien. So per Facebook unter: www.facebook.com/GaertenDesGrauens/

Steinwüsten, ökologisch tote Flächen, sind in ganz Deutschland zum Politikum geworden. Sie sind auch eine Herausforderung für die Ankumer Politik. „Ankum 2035“ steht auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Wie sollen Siedlungen ausgestaltet sein? Konsequenzen aus der Entwicklung der letzten Jahre zu ziehen, ist meines Erachtens dringend geboten.

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Ein Kommentar

  1. Ein Ankumer Landwirt

    Es muss heute halt alles aufgeräumt und sauber sein. Die Gemeinden, Länder und der Bund sind allerdings auch selbst schuld. Wenn Dank abnormal hoher Abgaben alle im Haushalt einem Job nachgehen müssen hat halt keiner mehr Zeit und Lust für einen Blumengarten.
    Damit könnte man ja im Zweifel noch leben.

    Richtig schlimm ist es jedoch für uns Landwirte. Heute muss jeder Misthaufen unter Folie oder in der Regel sogar gleich in eine Halle gepackt werden. Gülle wird innerhalb weniger Stunden eingearbeitet, das Stroh muss verkauft werden und ganz nebenbei düngen wir hier in Deutschland und besonders in Ankum deutlich zu wenig.
    Und da wundert sich einer, dass die Insekten nichts mehr zu fressen finden.
    Vor 40 Jahren hatte noch jeder Landwirt und jedes haus einen Misthaufen oder zumindest eine Kompost Ecke. Ja selbst verendete Nutztiere wurden dort weggebuddelt.
    Ein wahres Paradies für alle Arten von Insekten und Würmern.
    Heute landet der Biomüll in der Kompostanlage, tote Tiere in der Verbrennung und alles an organischen Düngern wird direkt untergegrubbert. Genauso wie alle menschlichen Ausscheidungen.
    Selbst silagesilos sind heute wasserdicht verpackt mit Abfluessen, dass auch ja kein Eimer silagesaft in die Natur geraet. Der Landkreis fordert heute gar hofentwaesserungsplaene mit Reinigungsanlagen für das Hof Wasser falls Mal nen eimer Dreck im Gulli landet.

    Aber Hauptsache jede Pfütze und jeder Strassengraben hat Trinkwasserqualität!

    Wenn wir der Natur was zurückgeben wollen müssen wir den Mut haben auch Mal wieder Dreck in die Natur zu schmeisssen.

    Die Umweltgesetzgebung und ausufernde Sozialabgaben sind somit durchaus direkt für das Artensterben verantwortlich!

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