Von Unverständnis bis nachvollziehbar

Reaktionen auf die Stromtrassen-Entscheidung inklusive Blick aufs Kommende: Von der Bürgerinitiative Gegenstromleitung Ankum e.V., Ankums Bürgermeister Detert Brummer-Bange und Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier.

Südlich von Ankum (Richtung Westerholte) steht bereits eine Höchstspannungsleitung.

Am Freitag, 5. Juli, hat das Amt für regionale Landesentwicklung Weser Ems (ArL) das Raumordnungsverfahren für die Planung der 380-kV-Leitung Cloppenburg – Merzen abgeschlossen und einen Trassenverlauf festgestellt, von dem das östliche Ankum über eine lange Strecke berührt ist (mehr dazu hier).

Weil mehrere mögliche Trassenverläufe auf dem Gebiet der Samtgemeinde Bersenbrück im Spiel waren, kann nach der Entscheidung für die A/B-Trasse andernorts aufgeatmet werden, so im westlichen Ankum, in Gehrde und Alfhausen.

In Ankum informierte Bernhard Heidrich vom Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems über den Verfahrensablauf. Der letzte Akt – das Planfeststellungsverfahren – wird nunmehr eingeläutet werden.

 

Nach dem Verfahren ist vor dem Verfahren.

Damit gerechnet, dass die Entscheidung ausfällt, wie sie ausgefallen ist, haben die Ankumer Bürgerinitiative wie auch Bürgermeister Detert Brummer-Bange und Samtgemeindebürgermeister Horst Baier (am Schluss dieses Berichts alle drei Reaktion in vollem Wortlaut).

Schreckgespenst „Monster-Masten“: Der Typ Donau (rechts) sei zur Zeit der „Standard“ so Sebstian Knauf von Amprion. Es würden auch niedrigere Masten zum Einsatz kommen, aber auch Masten, die höher sind als 60-70 Meter.

Der Typ Donau (rechts) sei zur Zeit der „Standard“ so Sebstian Knauf von Amprion 2016 in Ankum. Es würden auch niedrigere Masten zum Einsatz kommen, aber auch Masten, die höher sind als 60-70 Meter.

In allen drei Stellungnahmen wird zudem vorausgeschaut – auf das nunmehr anstehende Planfeststellungsverfahren zur Genehmigung der Stromleitung. Im Rahmen dieses Verfahrens geht es um die gesamte technische Planung; geht es darum, wo genau die Trasse im Rahmen des Korridors verlaufen soll, welche Masten zum Einsatz kommen; es werden Baustellenflächen ausgewiesen, Zufahrten usw. In einem so genannten landschaftspflegerischen Begleitplan werden zudem die Eingriffe in Natur- und Landschaft ermittelt, bewertet, und es werden Kompensations- bzw. Ausgleichsmaßnahmen geplant.

Öffentliche Beteiligung. Auch im Planfeststellungsverfahren werden die Planungsunterlagen öffentlich ausgelegt und Betroffene können sich mit Anregungen und Bedenken schriftlich einbringen. Einbezogen werden auch wieder die Träger öffentlicher Belange wie Städte und Gemeinden, Fachbehörden, Verbände (z.B. Naturschutz) und Vereine.

 

Bürgerinitiative rechnet „mit noch einigen Überraschungen im Fortgang des Verfahrens“.

Die Bürgerinitiative Gegenstromleitung Ankum hat das kommende Planfeststellungsverfahren bereits im Visier. In ihrer Stellungnahme zu lesen: „Alle Vorbereitungen unsererseits zielen daher schon länger darauf ab, im folgenden Planfeststellungsverfahren die von uns gefundenen zahlreichen Planungsfehler und konkreten Umsetzungsprobleme vor Ort geltend zu machen. Mit dieser (konkreten) Planungsebene hat sich weder das ARL noch der Vorhabensträger bisher beschäftigt, sodass wir fest damit rechnen, dass noch einige Überraschungen im Fortgang des Verfahrens bevorstehen (ähnlich wie wir es bei der plötzlich erforderlichen Erdverkabelung um Ankum erleben durften)“.

Der am 5. Juli festgelegte Trassenkorridor östlich von Ankum.

 

Bürgermeister: Das Bestmögliche herausholen, bei Erdverkabelung neuste Technik, Trasse an die Autobahn.

Auf die Dinge, die da kommen werden, schauen auch Bürgermeister Detert Brummer-Bange und Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier.

Für Ankums Bürgermeister gehört zu den anstehenden Aufgaben z. B. bei der Erdverkabelung, dass es „uns gemeinsam gelingen muss, die genauen Anfangs- bzw. Endpunkte des Abschnittes positiv mit zu beeinflussen.“ „Zum Zuge kommen sollte“, so Brummer-Bange weiter, „bei der Erdverkabelung die neueste Technik wie zum Beispiel die AGS-Technik. Der Einsatz moderner Technik würde auch Probleme lösen, deretwegen ein Trassenverlauf an der Autobahn bislang verworfen wurde. Wir alle sollten weiterhin an dem Ziel arbeiten, die Leitung an die Autobahn zu verlegen.“

Horst Baier beschreibt als Aufgabe: „Jetzt kommt es darauf an, das Planfeststellungsverfahren mit den Detailplanungen sehr eng und kritisch zu begleiten, um das Optimum für die Menschen und die Natur zu erzielen“. Und hier die drei Stellungnahmen im Wortlaut:

 

Bürgerinitiative: „Ernst gemeinte Bürgerbeteiligung sieht sicherlich anders aus!“

Die Bürgerinitiative Gegenstromleitung Ankum übermittelte klartext die folgende Stellungnahme: „Mit Bedauern und Unverständnis hat unsere Bürgerinitiative den erwartbaren Abschluss des Raumordnungsverfahrens zur Kenntnis genommen. Dass wir von der Entscheidung über die Presse und nicht direkt vom ARL unterrichtet worden sind, stützt unsere Wahrnehmung eines intransparenten Verfahrens umso mehr.

Seit 2016 kämpft die Bürgerinitiative Gegenstromleitung Ankum gegen einen Trassenverlauf durch Ankum.

Es bleibt damit immer noch völlig unklar, welche Einwendungen der Bürger_innen in welcher Weise gewichtet bzw. überhaupt in den Entscheidungsprozess einbezogen worden sind. Die zum Beginn des ROV veröffentlichte Datengrundlage hätte wohl kaum eine Bestätigung des Vorzugskorridors gerechtfertigt.

Welche Erkenntnisse nun das ARL bewogen haben mögen, den Vorzugskorridor (obgleich offensichtlich NICHT geeignet) als aus landesplanerischer Sicht „geeignet“ zu bezeichnen, wird wohl leider niemals publik werden. Das schmerzt umso mehr, als dass die betroffenen Bürger_innen mit viel Engagement zahlreiche private Einwendungen formuliert haben, die ganz offensichtlich keine Rolle im Entscheidungsprozess gespielt haben. Ernst gemeinte Bürgerbeteiligung sieht sicherlich anders aus!“

 

„Der Planfeststellungsbeschluss steht noch lange nicht fest“.

BI-Vorstand Christian Pohlmann-Geers (stehend) 2018 bei einer Trassenveranstaltung in Ankum.

In der Erklärung heißt es weiter: „Obwohl sich das Ergebnis für uns als BI bereits früh abzeichnete, bleiben wir jedoch gelassen. Der Abschluss des ROV hat zunächst keine weitere Wirkung auf unsere Arbeit; der Planfeststellungsbeschluss steht noch lange nicht fest. Alle Vorbereitungen unsererseits zielen daher schon länger darauf ab, im folgenden Planfeststellungsverfahren die von uns gefundenen zahlreichen Planungsfehler und konkreten Umsetzungsprobleme vor Ort geltend zu machen. Mit dieser (konkreten) Planungsebene hat sich weder das ARL noch der Vorhabensträger bisher beschäftigt, sodass wir fest damit rechnen, dass noch einige Überraschungen im Fortgang des Verfahrens bevorstehen (ähnlich wie wir es bei der plötzlich erforderlichen Erdverkabelung um Ankum erleben durften).

Was bis zu diesem Zeitpunkt bleibt, ist die Frustration darüber, dass das Verfahren bisher in keiner Weise der Bedeutung des Vorhabens für die Bevölkerung vor Ort gerecht geworden ist. Hier sind schwere Mängel in der Gesetzgebung und Umsetzung des Verfahrens zu attestieren. Es bleibt zu hoffen, dass auf allen politischen Ebenen (von Kommunal- bis Bundesebene) daran gedacht wird, dass 2030 bereits ein neuer Netzentwicklungsplan ansteht, in dessen Zuge auch unsere Region erneut von weiteren Leitungen betroffen sein wird. Hier fordern wir bereits jetzt, früh und lautstark aktiv zu werden, um eine weitere Belastung für unsere Region zu verhindern. In diesem Sinne könnte der heutige Beschluss vielleicht ein letzter Weckruf sein!“

Begrüßte Gäste und Teilnehmer: Ankums Bürgermeister Detert Brummer-Bange. Auf dem Podium (von links): Sebastian Knauf (Amprion), Arndt Feldmann (Amprion), Bernhard Heidrich (Amt für regionale Landesentwicklung), Kreisrat Winfried Wilkens und Udo Biemann („Hackemoor unter Strom“).

In Ankum organisierten Gemeinde und BI Info-Veranstaltungen zur Stromtrasse. 2016 begrüßte Bürgermeister Detert Brummer-Bange Vertreter von Amprion, des ArL, des Landkreises und von der BI „Hackemoor unter Strom“.

 

Detert Brummer-Bange: „Informationsaustausch intensivieren“.

Ankums Bürgermeister Detert Brummer-Bange nimmt folgendermaßen Stellung: „Es ist seitens des Amtes für regionale Landesentwicklung die zu erwartende Entscheidung getroffen worden. Ich bedauere sehr, dass uns wie auch andere Beteiligte die Entscheidungsnachricht über die Presse erreichte und dass z. B. eine ausführliche Bewertung der einzelnen Einwendungen noch nicht vorliegt. Dadurch ist für uns die Entscheidung momentan nicht nachvollziehbar.

Bei der bisherigen Erdverkabelung müssen große Kabelübergangsanlagen entstehen.

Auch wenn ich ein anderes Ergebnis für angemessener gehalten hätte, können sich alle Beteiligten zu Gute halten, dass durch ihren Einsatz erreicht wurde, dass in einem nicht unerheblichen Teilstück Erdverkabelung vorgeschrieben wird. Gemeinsam muss es uns z. B. gelingen, die genauen Anfangs- bzw. Endpunkte des Abschnittes positiv mit zu beeinflussen.

Zum Zuge kommen sollte bei der Erdverkabelung die neueste Technik wie zum Beispiel die AGS-Technik. Der Einsatz moderner Technik würde auch Probleme lösen, deretwegen ein Trassenverlauf an der Autobahn bislang verworfen wurde. Wir alle sollten weiterhin an dem Ziel arbeiten, die Leitung an die Autobahn zu verlegen.

Nach vorne schauend muss m E. der Informationsaustausch unter allen Beteiligten im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens intensiviert werden. Im Blick behalten müssen wir auch die bereits in den weiteren Netzentwicklungsplänen geplante zusätzliche Leitung. Da kann der Landkreis mit seinen Fachleuten und über sein politisches Handeln mehr machen. In Vor-Ort-Gesprächen mit Anna Kebschull, die ab Anfang November die neue Landrätin sein wird, habe ich die Thematik angesprochen und Unterstützung zugesagt bekommen.“

Schaute 2016 vor einer Ratssitzung auf Demonstranten: Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier (vorne rechts) plus Ratsmitglieder.

 

Dr. Horst Baier: Wie erwartet und nachvollziehbar.

Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier äußerte sich wie folgt: „Das Raumordnungsverfahren ist mit der Festlegung auf die Trasse A/B nah am östlichen Rand von Ankum zu dem erwarteten Ergebnis gekommen. Die A/B – Trasse ist nachvollziehbar die Variante mit den geringsten Eingriffen in die Schutzgüter Mensch, Landschaft und Natur.

Teilstück Erdverkabelung.

Positiv ist der Abschnitt für eine Erdverkabelung zu beurteilen, der aufgrund von Engstellen insbesondere zur Wohnbebauung notwendig ist. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Erdverkabelungsabschnitt länger ausgefallen wäre. Das Amt für regionale Landesentwicklung hat aber auch 12 Maßgaben bzw. Vorgaben festgelegt, die in der Planung zu beachten sind und zu möglichst geringen Beeinträchtigungen führen sollen.

Insgesamt gesehen ist unter Abwägung aller Aspekte ein gutes Ergebnis erzielt worden. Jetzt kommt es darauf an, das Planfeststellungsverfahren mit den Detailplanungen sehr eng und kritisch zu begleiten, um das Optimum für die Menschen und die Natur zu erzielen. Die Energiewende führt zu Beeinträchtigungen, die im Hinblick auf immer deutlicher werdenden Klimawandelschäden zunehmend in den Hintergrund rücken. Von den Windkraftbetreibern im Nordkreis ist immer mehr von Anlagenabschaltungen die Rede, weil der Strom nicht abfließen kann. Dies kostet die Verbraucher viel Geld, das sinnvoller eingesetzt werden könnte.“

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