Wahl am 9. Februar: Die Chef-Frage

Am 9. Februar geht es um eine Person – um den Samtgemeindebürgermeister. Welche Rolle spielt der eigentlich, wie kann er etwas bewirken und von welcher Bedeutung ist der Neue für die Samtgemeindepolitik?

Die drei Kandidaten (von links): Michael Wernke (CDU), Dr. Zeljko Dragic und Klaus Menke. Gewählt wird am 9. Februar.

 

Er weiß, wovon er redet: Dr. Michael Lübbersmann (CDU) war von 2001 bis 2010 Samtgemeindebürgermeister. Seine Erfahrung mit dem Job beschreibt er so: Für ihn verband sich in Bersenbrück zum ersten Mal „die klassische Verwaltungsarbeit mit dem politischen Geschäft. Und im politischen Geschäft war ich vergleichsweise unerfahren. Deshalb habe ich mich viel mit Walter Sandbrink ausgetauscht, beispielsweise darüber, wie man politische Themen platziert. Das ist eine ganz andere Form des Herangehens als in der klassischen Verwaltungsarbeit.“ (1)

Dass der Samtgemeinderat über „die grundlegenden Ziele der Entwicklung“ und über die „Richtlinien, nach denen die Verwaltung geführt werden soll“ beschließt, das sind im Kommunalverfassungsgesetz nur die ersten beiden Punkte auf einer langen Liste seiner Zuständigkeiten.

 

Der politische Chef des Neuen ist der Samtgemeinderat.

Das „politische Geschäft“ beherrschen: Warum ohne diese Kunst nichts geht, zeigt eine Zahl. Im Samtgemeinderat ist der Samtgemeindebürgermeister nur 1 von 37 stimmberechtigten Personen. Keines der vielen Projekte, die z. B. in den letzten Jahren in der Samtgemeinde realisiert wurden (mehr dazu hier), von Schulbau- und Sportstätten-Projekten bis zur Gründung neuer Gesellschaften, hätte ohne Zustimmung des Rats realisiert werden können.

Der Rat ist die politische Macht und damit der politische Chef des Samtgemeindebürgermeisters. Wie sieht da das Umfeld des Neuen aus, in dem er politisch argumentieren und überzeugen muss? Es ist dasselbe wie beim bisherigen Amtsinhaber Dr. Horst Baier.

Eine und die 37. Stimme: Derzeit noch Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier (vorne links).

 

18:18: Der neue Samtgemeindebürgermeister kann die entscheidende Stimme sein.

Der Samtgemeinderat ist auch nach der Wahl der, der er vor der Wahl war. In diesem Rat sitzen die 18-köpfige Gruppe CDU/FDP plus 18 weitere Ratsmitglieder, die sich verteilen auf die Gruppe SPD/Bürgerliste Alfhausen, die UWG Ankum, die UWG Samtgemeinde sowie Bündnis90/Die Grünen. Der neue Samtgemeindebürgermeister wird die 37. Stimme im Rat – und damit das Zünglein an der Waage für den Fall, dass sich die Gruppe CDU/FDP und die übrigen Ratsfraktionen kontrovers gegenüberstehen, wie das z.B. zur Einführung des gymnasialen Zweigs in Ankum der Fall war.

 

Das „politische Geschäft“ betreiben – auf einem schwierigen Terrain.

Den Nachfolger von Horst Baier erwartet ein politisch schwieriger Kosmos. Ein schwieriges Terrain ist die Samtgemeinde nicht nur, weil sie 7 Mitgliedsgemeinden hat, die alle auch ihre eigenen Interessen haben. Sie hat darüber hinaus eine Besonderheit: Mit Ankum und Bersenbrück zwei starke Orte, was Samtgemeinden in der Regel nicht haben.

Mehrfach große Spannungen zwischen Ankum und Bersenbrück, zeigt die Geschichte der Samtgemeinde. Dass vor gut 10 Jahren der Versuch unternommen wurde, Ankum nach Bersenbrück einzugemeinden, könnte man als Ankum-Trauma bezeichnen. Solange die Samtgemeinde CDU-regiert war, musste Ankum, so die dortige Wahrnehmung, um Eigenständigkeit, Augenhöhe und gleich gute Entwicklungschancen ringen.

Die August-Benninghaus Oberschule in Ankum. Dr. Horst Baier könnte sich eine Umwandlung in eine IGS vorstellen.

Die August-Benninghaus Oberschule in Ankum.

Das wirkt weiter, ist in Ankum an vielen Ecken und Enden hörbar und spürbar. Besonders dann, wenn es im Samtgemeinderat um Ankum betreffende Angelegenheiten geht, so z. B., als sich die Samtgemeinde-CDU mehrheitlich gegen eine baldige Einrichtung eines gymnasialen Zweigs an der Ankumer Oberschule stellte.

Tief im politischen Gedächtnis verankert ist bei so manchem auch, dass die CDU-Samtgemeinde 2013 einen vierzügigen Ausbau der Oberschule Ankum ablehnte. Alle anderen Investitionen in Schulen waren auf ihre Zustimmung gestoßen. Um so erfreulicher: Dass es nach einer den Weg ebnenden Entscheidung im Ankumer Gemeinderat (mehr dazu hier) dann am 12. Dezember 2019 im Samtgemeinderat zu einem einstimmigen Votum für einen Hallenbad-Neubau in Ankum kam.

 

Das Gewicht der 37. Stimme. Für eine gute Entwicklung aller.

Das Wohl aller im Blick haben – sich im Samtgemeinderat daran zu orientieren, kann zu einer regelrechten politischen Mutprobe werden. Die Ankumer Grundschule zum Kattenboll verlegen? Dagegen formierte sich quer durch die Gemeinde heftiger Widerstand.

Trotz der heftigen Gegenwehr in der Gemeinde stimmte die UWG Ankum im Samtgemeinderat für einen Umzug der Grundschule. Ein Neubau am Standort Kolpingstraße wäre um mehrere Millionen Euro teuerer geworden – Geld, das der Samtgemeinde für andere Projekte in anderen Orten gefehlt hätte.

Wer immer nach der Wahl die 37. Stimme im Samtgemeinderat sein wird: Glaubwürdig auf Ausgleich bedacht sein, auf eine gute Entwicklung aller, das wäre ein erfolgversprechender Kurs – wenn denn auch alle Gruppen und Fraktionen von diesem Geist beseelt sind. Dass der 37. im Rat zur entscheidenden Stimme wird, sollte der Ausnahmefall sein. Wie es in den letzten Jahren war: mehr dazu hier.

(1) Chronik der Samtgemeinde Bersenbrück. Titel: Von (Durch)-Drehleitern, Puddingbeschlüssen und wie man Mehrheiten findet. Von Dr. Jutta Stalfort. Isensee Verlag.

Autor
Schlagwörter

Verwandte Beiträge

*

Top