Mein Feind, der Baum? Bürger gegen Bäume

Baumpflanzen

21 Birken abholzen, acht neue Bäume pflanzen: Nein sagten dazu die Anlieger des Heidewegs in Bersenbrück-Hastrup. Dass sie von den Birken und den Schäden, die deren Wurzeln anrichten – an der Pflasterung der Bürgersteige – die Nase voll haben, dafür ernteten die Hastruper in der Stadtratssitzung am 31. März 2015 Verständnis. Kein Verständnis hatten jedoch CDU und Grüne für den Wunsch nach „Kahlschlag“. „Bäume gehören in das Stadtbild rein“, sagte CDU-Ratsherr Gerd Uphoff.

Baumpflanzen

Jannik Wellmann (links) und Benedikt Wellmann im freiwilligen Baumpflanz-Einsatz.

Bäume sind auf der Verliererstrecke.

„Bäume“, sagt Dirk Raming, Specher der Ankumer UWG-Fraktion, „sind ein ganz schwieriges Thema. Wenn die Ankumer Bäume wollen – wir nehmen das gerne auf. Aber dann kommen auch sofort die Einwände dagegen. An die eine Stelle sollen sie nicht wegen der Parkmöglichkeiten, an die andere Stelle aus anderen Gründen nicht. Wie gesagt, das ist ein schwieriges Thema.“

Auch in Gehrde hat nicht jeder ein Herz für Bäume, weiß Bürgermeister Günther Voskamp: „Ich bekomme immer wieder Anrufe von Leuten, die anfragen, ob dieser oder jener Baum nicht weg kann.“

Jeder einzelne Baum versorgt im Schnitt Tag für Tag zehn Menschen mit Sauerstoff. Außerdem filtern Bäume über die Poren ihrer Blätter Staub- und Schadstoffpartikel aus der Luft heraus und halten sie dadurch sauber. Kranke, ist nachgewiesen, werden schneller gesund, wenn ein Baum vor ihrem Fenster steht.

Das leidige Thema Laub.

Herrlich, diese Bäume mit ihrer herbstlichen Laubfärbung, darin sind sich viele Menschen einig. Aber bitte kein Laub vor der eigenen Haustür! Dem bequemen Parken stehen Bäume ebenfalls oft im Weg oder sie drücken das Pflaster hoch. Also weg damit. „Wir sagen aber öfter nein als ja zu Wünschen von Bürgern, einen Baum abzuholzen“, sagt Ankums Grünen-Ratsherr Ralf Gramann. Er ist Mitglied im Ausschuss „Planen, Bauen, Infrastruktur und Umwelt“ und muss sich in dieser Eigenschaft, zusammen mit seinen Kollegen, mit Anfragen von Bürgern befassen, die einen Bäum entfernen wollen.

Bäume pflanzen: Freiwilliger Ferieneinsatz.

Ralf Gramann

Ankums Grünen-Ratsherr Ralf Gramann (rechts) freut sich über die angelieferte Säulenbuche.

Von Berufs wegen begrünt Ralf Gramann Ankum häufig mit Bäumen. Er ist Gärtnermeister und arbeitet bei der Kirchengemeinde. Bei einer Pflanzaktion im April wurde er von jungen Männern unterstützt, die freiwillig zu Schaufel und Harke griffen. Zusammen begrünten sie die Anlagen des Gemeindezentrums der katholischen Kirchengemeinde mit einer Weide, drei Säulenbuchen, einer Linde, Sträuchern und vielen Bodendeckern.

Dennoch: Aufs große Ganze geschaut, verschwindet immer mehr Natur. Freuen können sich dagegen die Hersteller von Pflastersteinen. Wohin das Auge auch schaut – überall gepflasterte Flächen. Vor allem in den stetig wachsenden Gewerbegebieten. Die sind in der Regel baumfreie Zonen. Kein Baum, kein Strauch, nicht einmal auf großen Parkplätzen.

Sicher kann sich Natur auch außerhalb der Ortskerne, an ihren Rändern und zwischen den Orten der Samtgemeinde nicht fühlen. Wie sehr es ihr an den Kragen gegangen ist, stellt zum Beispiel fest, wer auf Jahrzehnte alte Bilder oder Luftaufnahmen schaut. An der Natur geknabbert wurde und wird an allen Ecken und Enden.

Bei Neubaugebieten ist die Begrünung schon im Bebauungsplan geregelt. Ärger ist selten. Wenn der Neubau steht, kommt irgendwann das Grün. Das ist bei der Pflanzung klein und fällt noch kaum ins Auge. Ärger gibt es vor allem bei Bäumen, die schon lange stehen bzw. bei einem Ausbau von Straßen, an denen die Anlieger schon lange wohnen.

Cafe Rieste

Rohde’s Heuerhaus in Rieste: Das Industriegebiet darf den bislang noch trennenden Wald „verschlucken“.

Der Riester Rat schuf Ende 2014 die Voraussetzungen dafür, dass das Industrie- und Gewerbegebiet Niedersachsenpark weiter wachsen kann. Und zwar in Richtung des idyllischen Cafés „Rohde’s Heuerhaus“. Bislang trennt dieses Ausflugsziel noch ein Wäldchen vom Industriegebiet. Anwohner engagierten sich für den Erhalt des Wäldchens. Es macht flächenmäßig gerade einmal 1% des 416 ha großen Niedersachsenparks aus.

In der Gemeinderatssitzung im Dezember 2014 hatte die UWG Rieste gefordert, unterstützt von Bündnis90/Die Grünen, einen 4-ha-Teilbereich aus dem Bebauungsplan herauszunehmen, als Lärmschutz und Sichtkulisse für das Café. Durchsetzen konnten sie sich damit nicht. Bleiben soll nur ein 30 m breiter „Grünstreifen“.

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Ein Kommentar

  1. dieter Schloms

    Wenn Bürger Mitsprache bei Enscheidugen des Rates haben wächst die Verantwortung für die Gemende und damit meine ich auch die Agzeptanz für die Arbeit der Politik. Hier sehe ich eine Möglichkeit durch Transparenz gegenüber dem Bürger und Mitnahme des Bürgers auch einen Baum oder gar einen Wald mit den Menschen und für den Menschen zu erhalten. In dem Beispiel von Rieste hätte es nur wenig guten Willen des Rates gebraucht um diese ca. Vier hä zu erhalten.. Stattdessen verwies man auf die Neuanpflanzung, damit sei den gesetzlichen Vorschriften nach Ausgleich genüge getan. Das das niemals das Gleiche ist,als ein Wald, der zwanzig oder dreißig Jahre gewachsen ist wird immer verschwiegen.

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