Stromtrasse: Rappelvolle Aula, viele Infos, Kritik

Großes Interesse am Ankumer Info-Abend: Über 2 Std. Infos, Schulterschluss der politischen Parteien, deutliche Kritik – an Amprion, am Niedersachsenpark und auch am ArL.

Vor gepackt-vollem Haus führte Klaus Menke (am Rednerpult) durch die Veranstaltung.

Durch den Info-Abend in der Grundschul-Aula führte am Donnerstag, 9. Februar, Klaus Menke, Ankums stellv. Bürgermeister. Er räumte zunächst einmal mit Gerüchten auf, so z. B. mit dem Gerücht, die Gemeinde favorisiere den westlich von Ankum verlaufenden Trassenkorridor. Menke wies das deutlich zurück und sagte: „Wenn es nach der Gemeinde ginge, verliefe die Trasse entlang der Autobahn“.

Eingefunden aus der Politik hatten sich nicht nur Vertreter der Veranstalter – der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und der Bürgerinitiative –, sondern auch Abgeordnete aus dem Bundestag, dem Landtag und dem Kreistag.

Die Gäste aus der Politik. Die „große“ Politik vertraten Filiz Polat, Bundestagsabgeordnete von Bündnis90/Die Grünen, der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Calderone sowie der FDP-Landtagsabgeordnete Horst Kortlang. Mit dabei auch die CDU-Kreistagsabgeordnete Maren von der Heide sowie Werner Lager (SPD), stellv. Landrat des Landkreises Osnabrück.

Wer sich bislang noch nicht näher mit der Thematik und Problematik Stromtrasse vertraut gemacht hatte, bekam im Verlauf des Abends Infos über Infos und hörte auch deutliche Worte der Kritik. Hier zunächst einige der kritischen Stimmen.

Viele Redner, die das Publikum über 2 Stunden lang mit Beiträgen zur Stromtrassen-Thematik versorgten.

 

Bürgermeister Brummer-Bange: Kritik am Niedersachsenpark

„Für uns gehört die Trasse an die Autobahn und das Umspannwerk gehört in den Niedersachsenpark“, sagte Bürgermeister Detert Brummer-Bange, der auch Mitglied des Kreistags ist. Die Gesellschafter des Niedersachsenparks, die sich geweigert hatten, ein Umspannwerk anzusiedeln, bezeichnete er als „egoistisch“ und „unsolidarisch“. Der Niedersachsenpark sei eine Industrieanlage, und in deren Entwicklung seien Millionen an Geldern geflossen – auch aus Ankum, so Brummer-Bange. Für ihn sei nicht verständlich, dass man im Niedersachsenpark ein Gefahrgutlager ansiedle, ein Umspannwerk, das sogar nahe bei Wohngebieten stehen darf, aber ablehne.

 

Konzentriertes Zuhören: Es gab im Verlauf des Abends sehr viel zu hören.

Kritik des Bürgermeisters auch an Amprion. Bei den Begegnungen mit dem Netzbetreiber habe man „verschiedene Sprachen gesprochen“ und es sei kein „sachgerechter Austausch“ möglich gewesen. Weitere Kritik an Amprion kam von Seiten der Bürgerinitiative, und Filiz Polat bezeichnete Amprion im Vergleich zu Tennet als „sehr schwierigen Partner“.

Von rechts: Die grünen Gemeinderäte Philipp Heuer und Ralf Gramann, neben ihm Filiz Polat, daneben Horst Kortlang.

 

Christian Calderone: Kritik am Amt für regionale Landesentwicklung.

Der CDU-Landtagsabgeordnete warf dem für das Stromtrassen-Raumordnungsverfahren zuständige Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) Defizite in Sachen Unabhängigkeit vor. Er sprach von einer „gefühlt großen Nähe zum Vorhabenträger“. So habe er bei der Übergabe von Einwendungen bei Aussagen des ArL den Eindruck gehabt, „Amprion hätte mitgeschrieben“.

Von rechts: Christian Calderone, Maren von der Heide und Felix Kruse. Im Hintergrund in blauer Jacke (leider unscharf) Werner Lager.

Als er aus dem Publikum gefragt wurde, ob es Möglichkeiten gebe, „dem ArL auf die Finger zu hauen“, verwies Calderone auf das übergeordnete Landwirtschaftsministerium. Er bot an, sich für ein Gespräch mit Ministerin Otte-Kinast einzusetzen, und dafür, dass das Ministerium die untergeordnete Behörde ArL kontaktiert.

 

Politiker-Trio (v. li.) Calderone, Polat, Kortlang.

Parteiübergreifend: Das Wort des Abends.

Zwischen uns passt in Sachen Stromtrasse kein Blatt, signalisierten die Vertreter aller Parteien. Die Ankumer Ratsfraktionen hatten das bereits mit der gemeinsamen Einladung zur Info-Veranstaltung deutlich gemacht. Christian Calderone sagte zu Beginn seines Redebeitrags, er fürchte, er könne nicht viel anderes sagen als seine Vorrednerin Polat von den Grünen. Wir sind, so Calderone, „parteiübergreifend unterwegs“, und man agiere bei der Stromtrasse „einheitlich“.

 

Großes Lob von allen Seiten für die Bürgerinitiative.

Lob und Dank für die Arbeit der Ankumer Bürgerinitiative zog sich durch fast alle Redebeiträge. Gewürdigt wurden das große Engagement und die Bedeutung dieses Engagements. Lob auch für die Aktivitäten der Samtgemeinde und des Landkreises. Die Bundes- bzw. Landespolitiker Filiz Polat und Christian Calderone riefen die Bürger dazu auf, die verbliebene Frist zu nutzen (bis 26.2.) und noch Einwendungen gegen die Trasse vorzubringen. Das sei, so Polat, „sehr, sehr wichtig“, und man solle keine Hemmungen haben. Möglichst „ persönlich und einfach“, so Polat, solle ein Einwand formuliert werden. Christian Calderone bezeichnete die Einwendungen als „Rückenwind für die Politik“ und rief ebenfalls dazu auf, für diesen Rückenwind zu sorgen.

Auch die Seitenbereiche in der Aula waren voll besetzt.

 

Info-Paket: Zurück und nach vorne geschaut.

Über 2 Stunden Redebeiträge, das bedeutete, Infos über Infos. Dass es zum Schluss der Veranstaltung nicht mehr zu einer Diskussion kam, lag wohl auch daran, dass die Zuschauer reichlich damit zu tun hatten, die vielen Infos zu verdauen. Hier ein kurzer Überblick zu den Beiträgen der Redner.

Unterstützungstermin Einwendungen. Am Samstag, 17. Februar, wird die Bürgerinitiative von 9-12 Uhr im Rathaus Ankum zur Verfügung stehen, um Hilfestellung beim Verfassen von Einwendungen zu leisten. Infos zur BI: www.gegenstromleitungankum.de und www.facebook.com/GegenstromleitungAnkum/

 

Reinhold Heidemann: „Käme um eine Erdverkabelung nicht umhin“.

Als erster Redner erläuterte Reinhold Heidemann die Stellungnahme der Samtgemeinde zum Trassenvorhaben von Amprion. Er stellte zunächst alle Trassen-Varianten vor. Schließlich erläuterte er – vor allem am Beispiel der westlich und östlich von Ankum gelegenen Korridore – Versäumnisse von Amprion und das Ausmaß der Betroffenheit von Bürgern, die im Bereich von Engstellen wohnen.

Reinhold Heidemann, Leiter des Fachdienstes Bauen, Planen, Umwelt der Samtgemeinde, erläuterte u.a. alle Trassenvarianten.

Was die Versäumnisse angeht, seien von Amprion z. B. nicht alle Häuser erfasst gewesen und um das neue Baugebiet „Alte Ziegelei“ sei ein „Schutzradius von 400 m nicht dargestellt worden“. Heidemann kritisierte u.a., dass nach der Planung von Amprion die Trasse als Freileitung in Engstellen bis dicht an Häuser heranrückt (teils deutlich unter 200 m), und dass gesundheitliche Aspekte bei der Amprion-Planung keine adäquate Berücksichtigung finden. Aus Sicht der Samtgemeinde, so Heidemann, käme man in einigen Engstellenbereichen „um Erdverkabelung nicht umhin“.

Von links: Bürgermeister Detert Brummer-Bange, sein Stellvertreter Klaus Menke und Reinhold Heidemann von der Samtgemeinde.

 

Brummer-Bange: „Schutz der Bürger steht im Vordergrund“.

Bürgermeister Detert Brummer-Bange verwies zunächst auf den Strauß der Aktivitäten der Gemeinde in den letzten zwei Jahren. „Der Mensch muss die oberste Priorität in den Betrachtungen bekommen“ beschrieb er als Leitfaden des Handelns. Die Stellungnahme der Gemeinde zu den Trassenplänen von Amprion brachte er auf den Nenner: „Der Schutz der Bürger steht im Vordergrund“. Weitere wichtige Aspekte seien die Weiterentwicklung Ankums als staatlich anerkannter Erholungsort. Gesichert werden müsse auch eine gute Weiterentwicklung im gewerblichen Bereich.

Wichtig sei zudem, die „höhere Politik auf die Probleme hinzuweisen“. Dort müsse entschieden werden, „wo’s langgeht“. Man solle nicht vergessen, so der Bürgermeister, dass mit weiteren Leitungen zu rechnen sei, weil noch mehr Strom von Nord nach Süd transportiert werden müsse. Was die große Politik tun kann, um den Leitungsbau für Bürger und Gemeinden verträglicher zu gestalten, dazu äußerten sich später Filiz Polat und Christian Calderone.

Als erster Vertreter der Bürgerinitiative sprach Christian Pohlmann-Geers.

 

Drei Redner der Ankumer Bürgerinitiative: Petition vorbereiten.

Der 18. Oktober, der Tag, an dem Amprion die Vorzugstrasse benannte, sei ein „rabenschwarzer Tag“ für Ankum gewesen, sagte Christian Pohlmann-Geers, der erste Redner der Bürgerinitiative. Er stellte zunächst die über Jahre reichende Vorgeschichte des Trassenbaus dar und zeigte auch auf, dass es vor Ort erst sehr spät zu Gegenwehr kam. Die Bürger seien im entscheidenden frühen Stadium nicht ausreichend informiert worden.

Sönke Kamp, Diana Pohlmann-Geers.

„Einwände fertig zu kriegen, das war unser Weihnachten“, so Pohlmann-Geers. Worum es bei Einwendungen geht, worauf die sich beziehen können und wie Einwände abgefasst werden, erläuterte für die Bürgerinitiative ausführlich Sönke Kamp. Er kritisierte zudem eine Reihe von Herangehensweisen von Amprion, so z. B. eine „unklare Methodik“. So habe man an einigen Stellen genaue Erhebungen zur Vögeln durchgeführt, an anderen aber nicht.

Wie im Fall Ankum, machte Kamp deutlich, hätten die Außenbereiche von Orten die Hauptlast der Energiewende zu tragen – die Außenbereiche und die Landwirtschaft. Kritik auch an der Untergewichtung kultureller und landschaftlicher Aspekte.

Infos der Bürgerinitiative.

Kultur und Landschaft waren auch das Thema von Diana Pohlmann-Geers, die die Bürgerinitiative vorstellte und zur Unterstützung aufrief. Sie bezeichnete den Kampf gegen die Stromtrasse als Kampf um die Heimat. Heimat sei Kultur, Landschaft und Tradition. Welch“ tiefgreifenden Einschnitt eine Trasse darstellt, hatte zuvor auch Sönke Kamp an Beispielen gezeigt. So schneide die Trasse z. B. „durch den Verbund der Steingräber hindurch“. Auch das Kulturgut Kirche in Ankum sei durch die Trasse massiv beeinträchtigt.

Christian Pohlmann-Geers schlug den Bogen zur „großen Politik“, weil bislang für Bürger vorteilhaftere Lösungen wie HGÜ-Leitungen, die über große Strecken als Erdkabel verlegt werden können, gesetzlich ausscheiden. Er kündigte an, man wolle gemeinsam mit anderen Bürgerinitiativen eine Petition erarbeiten und die „politischen Ebenen abklappern, um eine Gesetzesänderung zu erreichen“.

 

Unterstützung von der „großen Politik“.

Christian Calderone.

Wie Filiz Polat sagte auch Christian Calderone zu, sich dafür einzusetzen, dass auf eine Gesetzesänderung hingearbeitet wird. Nach dieses beiden Politikern sprach der FDP-Landtagsabgeordnete Horst Kortlang, der vor allem aus „gesundheitlichen Gründen“ für mehr Erdverkabelung plädierte. Davon sei jedoch, so Kortlang, die Landwirtschaft stark betroffen und es müsse Akzeptanz bei den Landwirten geschaffen werden, auch durch eine andere als die bisherige Entschädigung.

Was eine Gesetzesänderung angeht, formulierte Christian Calderone als Ziel, die Dinge so zu verändern, dass die Auswirkungen eines Stromtrassenbaus „minimiert würden“. Was man bei Amprion in Raesfeld an Erdverkabelung gesehen habe, sei „nicht mehr der Stand der Technik“. Er sprach sich, wie auch Polat, dafür aus, dass „neue Technologien – moderne Verlegetechniken – einbezogen werden“.

Filiz Polat.

Wie eine Gesetzesänderung erreichen? Filiz Polat regte an, dass Niedersachsen erneut eine Bundesinitiative startet. Sie verwies auf die Bedeutung des Wegs über den Bundesrat. So könne der niedersächsische Landtag die Regierung dazu auffordern, eine Bundesratsinitiative zu starten. Polat warb zudem für einen engeren Kontakt und Austausch. Sie verstehe sich als Ansprechpartnerin für alle Bürger, und je besser sie informiert sei über die Situation vor Ort, desto besser könne sie die Dinge einschätzen und handeln.

 

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