Was steckt hinter dem Vorlagen-Hin-und-Her?

Unter Michael Wernke (CDU) wurde zum Konflikt, was jahrelang ein völlig einvernehmliches Vorgehen war. Es ist zudem ein einzigartiger Vorgang, dass zu ein und derselben Sache gleich zwei – in der Sache gegensätzliche – Vorlagen eingebracht werden. klartext berichtete erstmalig am 29. November – und wird von CDU-Rat Dennis Lindemann öffentlich bezichtigt, „Hetze“ zu betreiben. AKTUALISIERUNG 14. Dezember (siehe unten).

Derzeitig Konfliktstoff: Mitteilungsvorlagen statt Beschlussvorlagen zu Aufsichtsratsbesetzungen. Hier Mitglieder des Samtgemeinderats vor Beginn der Ratssitzung am 23. Juni diesen Jahres.

Reichlich Turbulenzen rund um 3 Tagesordnungspunkte der Samtgemeinderatssitzung am 16. Dezember – und das zu Sachverhalten, bei denen es in den Jahren zuvor keinerlei Konflikte gab. Äußerungen des CDU-Samtgemeinderats Dennis Lindemann führten zudem zu einer Anfrage an den Samtgemeindebürgermeister.

Lindemann schrieb nicht nur zu einem klartext-Bericht, es werde „Hetze betrieben“, sondern behauptet auch, es gebe eine „Rechtsprüfung des Landkreises“ in Sachen Aufsichtsratsbesetzungen, die allen Parteien, die im Rat vertreten sind, bekannt sei. Außer der CDU-Fraktion, zu der Dennis Lindemann gehört, gibt es im Rat vier weitere Fraktionen. Die sagen jedoch auf Nachfragen von klartext zwischen dem 7. und 9. Dezember übereinstimmend, dass ihnen keine Rechtsprüfung in Sachen Aufsichtsratsbesetzung vorliegt.

 

Über Jahre Einigkeit – nun ein Konflikt.

Der Sachverhalt, den klartext am 29. November anlässlich einer Sitzung des Finanzausschusses thematisierte, war die Frage: Können Aufsichtsratspositionen in Gesellschaften wie HaseEnergie, Alfsee GmbH und HaseWohnbau per Mitteilungsvorlage besetzt werden oder bedarf es dazu einer Beschlussvorlage – weil der Samtgemeinderat über die Besetzung der Personen bestimmt, die vom Samtgemeindebürgermeister vorgeschlagen wurden? Eine klartext-Antwort auf die Frage gab es nicht. Der Artikel endet mit dem Satz: „Es bleibt abzuwarten, wie sich die Mitglieder des Finanzausschusses zu den 3 Mitteilungsvorlagen verhalten werden.“

Es wird eine Beschlussvorlage eingebracht, der Samtgemeinderat stimmt über den Vorschlag ab, er kann dem Vorschlag des Samtgemeindebürgermeisters zustimmen oder ihn ablehnen – so war das Vorgehen in den letzten Jahren, und es gab in dieser Sache keinerlei Dissens zwischen allen Beteiligten, wie die Ratsprotokolle zeigen.

Vorlage 1 zur Ratssitzung am 16. Dezember: Eine von einer Mitteilungsvorlage auf eine Beschlussvorlage geänderte Vorlage.

Nachdem Michael Wernke sein Amt als Samtgemeindebürgermeister antrat und Mitteilungsvorlagen einbringen ließ, nun erstmals ein Konflikt in einer bis dahin unstrittigen Sache. Ob dem Rat etwas nur mitgeteilt wird oder ob dem Rat das Recht zusteht, zu entscheiden – ja oder nein zu sagen – macht einen signifikanten Unterschied aus. Einigkeit in dieser Sache herrscht jedenfalls nicht mehr, wie die zur Ratssitzung eingebrachten unterschiedlichen Vorlagen zeigen.

Vorlage 2: Es wird außer der auf Beschlussvorlage geänderten auch eine Mitteilungsvorlage eingebracht.

 

Beschlussvorlagen: Auch zu Zeiten des Ersten Samtgemeinderats Johannes Koop (CDU).

klartext schaute zurück bis zum Dezember 2013, als Johannes Koop Erster Samtgemeinderat und damit der Verwaltungsvertreter des damaligen Samtgemeindebürgermeisters Dr. Horst Baier war. Johannes Koop ist Volljurist, und auch er selbst wurde im Dezember 2013 auf Vorschlag von Horst Baier in einen Aufsichtsrat entsandt – auf der Basis einer Beschlussvorlage.

In den 8 Baier-Jahren waren sich alle Fraktionen des Samtgemeinderats einig in Sachen Aufsichtsratsbesetzungen per Beschlussvorlage. Foto: Kurz vor Sitzungsbeginn im Juni 2019.

Johannes Koop war 2013 bereits seit über 10 Jahren als Erster Samtgemeinderat im Amt und blieb es bis zum Frühjahr 2016. Ihm folgte Andreas Güttler nach.

Ein Erster Samtgemeinderat ist eine gewichtige Instanz, was das rechtskonforme Handeln der Verwaltung und die Rechtskonformität der eingebrachten Vorlagen angeht. Warum jetzt, wie der neue Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke scheinbar weiterhin anstrebt, eine Abkehr von dem, was in den Koop-Jahren wie auch in den Jahren danach als rechtskonform erachtet wurde? Das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz hat sich nicht geändert.

 

„Hetze“: Eine Bezichtigung der besonders schweren Art.

Einen ersten Bericht in Sachen Vorlagen veröffentlichte klartext am 29. November. Mit diesem Bericht werde „Hetze betrieben“, sagte dazu öffentlich der CDU-Samtgemeinderat Dennis Lindemann. Hetze? Die klartext-Nutzer können sich selbst ein Bild machen (hier der Artikel). „Hetze“ – das ist zweifellos eine Bezichtigung der besonders üblen Art. Hier die Duden-Definition von Hetze:

Gehässig, verleumderisch, verunglimpfend? Die klartext-Nutzer können sich immer wieder selbst ein Bild von der klartext-Berichterstattung machen (Quelle Definition: www.duden.de).

 

Thema Umgangston.

Während seines Wahlkampfs äußerte sich Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke im Dezember letzten Jahres auf seiner Facebook-Seite zu Äußerungen eines grünen und eines SPD-Ratsmitglieds, die zur CDU gesagt hatten, die „ticke nicht sauber“ oder „würde einfach gerne nölen“.

Der Wernke-Kommentar dazu: „Dies ist ein sehr negatives Beispiel dafür, wie die Mitglieder im Samtgemeinderat miteinander umgehen, die als gewählte Vertreterinnen und Vertreter in der Öffentlichkeit stehen und sich auch entsprechend verhalten sollten. Solche Kommentare fördern aus meiner Sicht die Politikverdrossenheit und das ist genau DAS, was ich abstellen möchte.“ Ihm gehe es darum, so Michael Wernke, und das solle für „ALLE“ gelten, „den schlechten und aus meiner Sicht nicht hinnehmbaren Umgangston aufzuzeigen“. Einen guten Umgangston – den sollte es in der Tat geben.

 

Nun der Vorwurf eines CDU-Rats: Grüne beteiligen sich an der Verbreitung von Hetze.

CDU-Rat Lindemann wirft den Grünen vor, dass sie den klartext-Artikel vom 29. November auf der Facebook-Seite der Bersenbrücker Grünen teilten und sich damit quasi an der Verbreitung von „Hetze“ beteiligen. Er spricht zudem von „wissentlich falscher Rechtseinschätzung“ und sagt, „die Grünen haben gemeinsam mit allen anderen Parteien eine Rechtsprüfung beim Landkreis beauftragt und kennen das Ergebnis“. Stimmt diese Aussage? Die Angesprochenen sagen anderes.

„Liegt allen Parteien vor“, wie hier auf der Facebook-Seite von Detert Brummer-Bange zu lesen? Das stimmt nicht, sagten 4 Fraktionsvorsitzende, die klartext dazu zwischen dem 7. und dem 9. Dezember befragte.

 

UWGs, SPD und Grüne: Es liegt keine Rechtsprüfung des Landkreises vor.

klartext fragte zwischen dem 7. und dem 9. Dezember bei den Vorsitzenden der Fraktionen SPD/Bürgerliste Alfhausen, der UWG Ankum/FDP, der UWG Samtgemeinde sowie Bündnis90/Die Grünen nach und erhielt von allen die Antwort: Nein, meiner Fraktion liegt keine Rechtsprüfung des Landkreises vor. Wer hat eine solche Prüfung in Auftrag gegeben? Wozu genau äußerte sich der Landkreis? Offene Fragen. Bündnis 90/Die Grünen stellte dazu einen Antrag (mit Datum 9. November).

Archivbild Juni 2019: Die Fraktionen Bündnis90/Die Grünen, SPD/Bürgerliste Alfhausen, UWG Samtgemeinde und UWG Ankum.

 

Antrag von Bündnis90/Die Grünen: Bitte um Zusendung des Rechtsgutachtens.

Der Antrag der Grünen hat den Wortlaut:

„An den Herrn Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke

An der Samtgemeinderat

Antrag gemäß § 56 NkomVG

Hiermit stelle ich, auch im Namen der Fraktion, einen Antrag mit folgender Begründung:

Begründung:
Samtgemeinderat Dennis Lindemann hat sich öffentlich auf Facebook-Seiten zum Thema Besetzung von Aufsichtsratspositionen geäußert. So schrieb er auf der Facebook-Seite der Grünen Bersenbrück: „Die Grünen haben gemeinsam mit allen anderen Parteien eine Rechtsprüfung beim Landkreis beauftragt und kennen das Ergebnis“. Auf der Facebook-Seite von Detert Brummer-Bange ist öffentlich zu lesen: „Wir haben das gemeinsam bei der Kommunalaufsicht prüfen lassen, die aktuellen Vorlagen sind das Ergebnis“. Außerdem da zu lesen: „Ihr könnt doch keine Rechtsprüfung des Landkreis ignorieren?!??!“ sowie „Und das Ergebnis liegt ebenfalls allen Parteien vor“. Der Fraktion Bündnis90/Die Grünen liegt keine „Rechtsprüfung des Landkreises“ zur Aufsichtsratsbesetzungen vor.
Antrag: Wir bitten um Zusendung des Rechtsgutachtens des Landkreises, das ja nun durch die Ausführungen von Dennis Lindemann Gegenstand der öffentlichen Debatte ist und damit des Rates an sich.“

 

In fast 50 Jahren „noch nie erlebt“. 

Hier kurz das bisherige Vorlagen-Hin-und-Her: Zur Sitzung des Finanzausschusses wurden zu 3 Aufsichtsratsbesetzungen 3 Mitteilungsvorlagen eingebracht. In der Sitzung des Finanzausschusses wurden sie von der Tagesordnung genommen (mehr dazu hier). Und nun, zur Ratssitzung am 16. Dezember, werden zu den 3 Vorgängen je zwei Vorlagen eingebracht – jeweils eine Beschlussvorlage und eine Mitteilungsvorlage.

Zu allen 3 Aufsichtsratsbesetzungen je zwei Vorlagen: Wie sich das auflöst, bleibt abzuwarten.

Manfred Krusche (SPD) ist seit fast 50 Jahren Mitglied des Samtgemeinderats (seit 1972). Dass in ein und derselben Sache zwei gegensätzliche Vorlagen zu einem Vorgang eingebracht werden, das habe er, wie er klartext gegenüber sagt, „noch nie erlebt“.

Ort & Zeit Ratssitzung. Der Samtgemeinderat tagt am 16. Dezember um 19 Uhr in der Aula der August-Benninghaus-Schule (Seiteneingang zur Turnhalle der Oberschule Ankum.

Zum Hintergrund in dieser Sache gehört auch: Anders, als es in den Jahren zuvor war, will Samtgemeindebürgermeister Wernke seinen Verwaltungsvertreter, den Ersten Samtgemeinderat Andreas Güttler, statt seiner in keinen der drei Aufsichtsräte, um die es geht, entsenden. Warum nicht? Auch das ist ein Frage, die sich stellen dürfte.

AKTUALISIERUNG mit Stand 14. Dezember.
Eine weitere Fortsetzung der Vorlagen-Geschichte: Mit Stand 14. Dezember wird im Ratsinformationssystem nur noch eine Vorlage zu den Aufsichtsratsbesetzungen ausgewiesen – und zwar eine Beschlussvorlage. Damit scheinen die Mitteilungsvorlagen vom Tisch zu sein. Zu welchem Abschluss die Sache kommt, dürfte sich in der Sitzung des Samtgemeinderats zeigen. Und hier der Stand Ratsinformationssystem am 14. Dezember:

 

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