Ein Ankumer auf Baum-Mission in Äthiopien

„Irgendwie magisch“ nennt Torsten Melzer seine ersten Sekunden auf äthiopischem Boden. Seit gut einer Woche ist der Ankumer am Horn von Afrika in spezieller Mission unterwegs.

Bau-Boom: Nach der Ankunft in Addis Abeba erste Bilder aus dem Fenster des Hotelzimmers. © Torsten Melzer.

„Schon die ersten Sekunden auf afrikanischem Boden waren irgendwie magisch. So wie dieses Gefühl, über die Elbbrücken in Hamburg einzufahren oder wenn der Hafen plötzlich an der A7 aufblitzt oder der Ankumer Dom über der leicht hügeligen Landschaft … Ein gutes Gefühl!!!“. Das sind Sätze von Torsten Melzer, 35 Jahre alt, nach seiner Ankunft am 7. März in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Wobei seine ersten Bilder aus dem Fenster des Hotelzimmers zeigen, dass die Metropole eine gewaltige, nicht gerade magische Baustelle ist.

 

Überall Bauarbeiten. © Torsten Melzer.

„Addis Abeba ist krass“.

Vom Ort seiner Mission im Osten des Landes war Torsten Melzer in Addis Abeba noch einige hundert Kilometer entfernt. „Krass“ ist der erste Eindruck zur Hauptstadt mit ihren 3,6 Millionen Einwohnern: „Noch nie war ich in einer Stadt wie dieser, die explosionsartig wächst und den inneren Teil immer weiter verdichtet mit Hochhäusern. Urbanisierung wie im Lehrbuch. Alte gewachsene Viertel werden einfach weggewalzt für neue Betonklötze. Das geht so einfach, weil hier alle Menschen zur Zeit des Kommunismus in den 70ern enteignet wurden“, so Torsten Melzer.

Einfach ist es nicht, Menschen über das Internet an seinem Erleben teilnehmen zu lassen, stellte der Forschungsreisende sehr schnell fest: „Das Internet ist sehr unzuverlässig, und es kann auch passieren, dass plötzlich der Strom ausfällt“.

 

In der Stadt der Hyänen: Mitarbeit im Projekt Arboneth.

Eine Hyäne. Screenshot Video „Die Hyänen von Harar“.

Was führte Torsten Melzer nach Äthiopien? Der Umweltschutztechniker qualifiziert sich derzeit per Studium weiter und arbeitet in Harar mit im Forschungsprojekt Arboneth (www.arboneth.com). Bei diesem Projekt geht es um den nachhaltigen Schutz des stetig sinkenden Baum- und Waldbestandes, um entsprechende Forschung und Ausbildung.

Jeder Baum ist kostbar. Screenshot: www.arboneth.com.

Zu seinen ersten Kontakten in Äthiopiens Hauptstadt gehörte, schreibt Torsten, ein „Schweizer Förster mit dem Namen Oberholzer, der versucht, den hiesigen Förstern zu vermitteln, dass Kahlschlag keine Lösung ist“. 2010 waren nur noch gut 11 % der Fläche Äthiopiens Wald, und noch ist der stetige Abwärtstrend nicht gestoppt. Wald abzuholzen bedeutet zugleich, die teils noch einzigartige Artenvielfalt in äthiopischen Waldbeständen zu zerstören.

Die Stadt Harar. Harar (133.000 Ew.) liegt auf 1.850 m im Osten Äthiopiens und gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Stadt mit um die 80 Moscheen hat eine großartige Altstadt. Für Muslime ist Harar die vierte heilige Stadt nach Medina, Mekka und Jerusalem. Berühmt ist Harar auch als Stadt der Hyänen. Hier ein Video dazu: https://www.youtube.com/watch?v=WT2lLyNJxGg

Immer weniger Wald. Grafik: www.arboneth.com.

Torsten Melzer hat Addis Abeba am 12. März verlassen und macht sich nun, wie er schreibt, in Harar an die Arbeit: „Gleich starte ich in Richtung Harar, wo ich das Arboretum der Haramaya Universität kartieren werde und zudem einen Vitalitätscheck vornehmen möchte. Zusätzlich werde ich eine Baumschule besuchen und dort ein Interview führen.“ Er trägt, lässt er wissen, eine „kleine Bibliothek“ mit sich rum, „bestimmt 2 GB an relevanten PDFs“, die ihn mit zusätzlichen Informationen versorgen.

Flächenmäßig ist Äthiopien fast 3 x so groß wie Deutschland und hat etwa 100 Millionen Einwohner. Auf 1 qm kommen 83 Menschen (Deutschland: 226). Die Landessprache ist Amharisch. Dazu kommt Englisch – plus über 70 gleichrangig anerkannte Regionalsprachen.

 

Deutschland hilft mit, die Artenvielfalt zu erhalten. Screenshot: www.addis-abeba.diplo.de.

„Hotspot“ für Biodiversität.

„Äthiopien ist ein regionaler ,hotspot‘ für Biodiversität“, ist auf der Webseite der Deutschen Botschaft zu lesen. Sie stellt fest: „Obwohl die äthiopischen Regierung dieses Potential erkannt und bereits 14 % des Landes unter Schutz gestellt hat, ist Äthiopiens Biodiversität immer noch gefährdet.“ Die Vielfalt der Arten (Pflanzen wie Tiere) hat in den letzten Jahrzehnten dramatisch abgenommen, u. a. aufgrund des Klimawandels und des Anstiegs der Bevölkerung.

Deutschland unterstützt seit 2015 Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität mit vielen Millionen Euro. Arboneth, das Projekt, bei dem Torsten Melzer nun einige Wochen mitarbeitet, kümmert sich vor allem um Gehölzsammlungen (Arboreten) sowie Gärtnereibetriebe wie Baumschulen.

 

Noch ein Blick aus dem Hotelzimmer. © Torsten Melzer.

„Die Menschen sind jung, wahnsinnig jung!“

Wie jung die Menschen sind, ist eine der ersten Entdeckungen von Torsten Melzer in Äthiopiens Hauptstadt. „45% der Bevölkerung sind unter 14 Jahre“, schreibt er. In Deutschland sind es nur 13 %. Zur Flut der allerersten Eindrücke gehört für den Neuankömmling weiterhin: „Es ist eine ganz besondere Energie auf den Straßen zu spüren. Zudem ist verrückt, durch die Straßen zu laufen oder zu fahren und ein Gefühl zwischen Vergangenheit und Moderne zu erleben. Zwischen Geschäftsleuten, westlich gekleideten Menschen, Schuhputzern, Bettlern und Leuten in traditioneller Kleidung. Die öffentlichen Parkanlagen sind nicht für die Öffentlichkeit geöffnet, und so sind in einigen Teilen der Stadt leere Stadtparks mit leeren Kinderspielplätzen zu sehen, während die Leute am Straßenrand sitzen. Die Luft ist stickig, Smog, Betonstaub – was weiß ich was für Staub – und dazu die Höhe von mehr als 2.200 Metern über dem Meeresspiegel, das macht mich Nordlicht hin und wieder kurzatmig.“

 

Harar, hier durch den Punkt markiert, liegt im Osten Äthiopiens.

Noch einige Wochen unterwegs.

Das Nordlicht aus Ankum wohnt mit seiner Familie in Hamburg, aber alle sind Ankum weiterhin eng verbunden. Geheiratet wurde in Ankum und Söhnchen Otto, inzwischen im Krippenalter, wurde im Artländer Dom getauft. Der Schutz der Umwelt, der Erhalt der Lebensgrundlage der gesamten Menschheit, ist für Torsten Melzer lokal wie global ein motivierendes Anliegen. Eines, das seine Frau Moni teilt, denn auch ihr berufliches Metier ist die Umwelt. Der Äthiopienreisende hat bereits angekündigt, gleich nach seiner Rückkehr aus Afrika mit der Familie nach Ankum zu kommen. Das könnte im April, aber auch erst später sein, je nachdem, wie sich die Dinge vor Ort in Harar entwickeln.

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