Sind die Schuldenstände Anlass zur Besorgnis?

Schulden können für eine Gemeinde ein großes Risiko sein. Auch hier? Im Finanzausschuss sprach dazu ein Experte. Der bot detaillierte Einblicke – und stellte ein gutes Zeugnis aus.

Beispiel Samtgemeinde: Gut 35 Mio. € Kreditischulden. Durchschnittszins: 2,08 %. Grafik: Präsentation Commerzbank.

Gut 35 Mio. € Kreditschulden hat die Samtgemeinde. Bei 9 Mio. € bzw. 3 Mio. € liegen z. B. die Kreditschulden von Bersenbrück und Eggermühlen. „Kreditportfolio“ ist der Fachbegriff für das, was allen Orten und der Samtgemeinde gemeinsam ist: Sie haben mehr oder weniger hohe Kreditschulden, haben Kredite bei mehreren Banken aufgenommen und nehmen – manche Jahr für Jahr, andere nicht – weitere Kredite auf.

Mit Danilo Labahn und Stephan Oberst, zwei Experten der Commerzbank für Kreditgeschäfte, hatte der Finanzausschuss der Samtgemeinde am 7. März ungewöhnliche Gäste. Die präsentierten detaillierte Einblicke in die Schuldenlage und das Schuldenmanagement. Wer derzeit bei welchem Schuldenstand liegt und wie viele Kredite aufgenommen hat, zeigen die folgenden Zahlen.

  • Samtgemeinde: 35,2 Mio. € (20 Kredite)
  • Bersenbrück: 9,1 Mio. € (13 Kredite)
  • Eggermühlen: 3,3 Mio. € (12 Kredite)
  • Alfhausen: 2,6 Mio. € (7 Kredite)
  • Ankum: 1,5 Mio. € (5 Kredite)
  • Kettenkamp: 947.000 € (6 Kredite)
  • Gehrde: 747.000 € (6 Kredite)
  • Rieste: 331.000 € (5 Kredite)

Äußerst gering sind die Schuldenstände, gemessen an der Zahl der Einwohner, in Rieste und Ankum, besonders hoch in Eggermühlen, gefolgt von der Samtgemeinde und der Stadt Bersenbrück.

 

Transparenz – und gute Noten für die Samtgemeinde.

Im Prinzip ging es bei dem Vortrag der Banker um die Frage, ob die Schulden ein Risiko darstellen. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Experten stellten den Finanzverantwortlichen und damit der Kämmerei der Samtgemeinde ein gutes Zeugnis aus. Der Ausschussvorsitzende Johannes Koop (CDU) brachte es am Ende der Präsentation auf den Nenner, die Kämmerei sei an ihre Aufgaben „mit Augenmaß herangegangen“.

Der Vortrag der Commerzbank-Experten war auch eine Premiere in Sachen Transparenz. So legte die Samtgemeinde darin eine Vielzahl von Zahlen offen, wie sie Ratsmitgliedern und erst recht der Öffentlichkeit bislang noch nicht in dieser Kompaktheit auf dem Silbertablett präsentiert wurden. Dazu gehörten Kreditauskünfte zur Samtgemeinde, zu allen Orten in der Samtgemeinde und auch zu den kommunalen Gesellschaften Alfsee GmbH und HaseEnergie GmbH.

Die Kämmerei der Samtgemeinde spielt eine zentrale Rolle, denn sie nimmt die Kredite für alle Mitgliedsgemeinden auf – um dadurch bessere Konditionen zu bekommen. Dann werden die Darlehen intern aufgeteilt.

 

„Es geht Ihnen gut“.

Kann ich mir meine Schulden überhaupt leisten; habe ich mittel- und langfristig genug Geld, um sie abzubezahlen; kann ich sie auch noch bedienen, wenn die Zinsen steigen? Vor diesen Fragen stehen z. B. Bürger, wenn sie ein Haus bauen möchten. Im Prinzip sieht das bei einer Gemeinde nicht anders aus. Zum Risiko werden Schulden aus einer Reihe von Gründen, z. B. dadurch, dass ein günstiger Kredit ausläuft und plötzlich höhere Zinsen zu zahlen sind. Commerzbank-Experte Danilo Labahn ging anhand mehrerer Punkte der Frage nach, wie es um die Kreditrisiken der Samtgemeinde bestellt ist. Sein Fazit: „Es geht Ihnen gut“. Warum eine so positive Einschätzung?

Beispiel Eggermühlen: Für den weitaus größten Teil der Kredite zahlt Eggermühlen weniger als 1 % Zinsen. Grafik: Commerzbank-Präsentation.

Punkt 1: Kredite zu günstigen Konditionen.

„Ganz weit vorne“, so der Banker Labahn, sei man in der Samtgemeinde z. B. beim Durchschnittszins. So liegt der durchschnittliche Zinssatz, den die Samtgemeinde für ihre Kredite zahlen muss, bei 2,08 %, der von Eggermühlen sogar bei nur 0,89 %.

Rieste zahlt für seine wenigen Schulden größtenteils über 4 % Zinsen. Grafik: Commerzbank.

Nun liegt es aber nicht nur am Können der Kämmerei, ob ein Durchschnittszins gut oder weniger gut ausfällt. Das Beispiel dafür: Die höchsten Zinssätze zahlen hier die Gemeinden, die am wenigsten Schulden haben. Das sind Ankum mit 3,56 % Zinsen und Rieste mit 3,52 %. Das liegt daran, dass es sich um alte Kredite handelt. Die waren noch teuer und sind es weiterhin, weil eine Bank nun einmal nicht dabei mitspielt, einen Kredit mit hohen Krediten umzuwandeln in einen Kredit, der der Bank weniger Zinsen einbringt. Wer in jüngerer Zeit Kredite aufnahm, wie z. B. die Samtgemeinde oder auch Eggermühlen, ist besser dran. So zahlt die Samtgemeinde für über 10 Mio. € ihrer 35 Mio. € Kredite weniger als 1 % Zinsen. Hier der Durchschnittszins für alle Gemeinden:

  • Samtgemeinde: 2,08 %
  • Alfhausen: 1,54 %
  • Ankum: 3,56 %
  • Bersenbrück: 2,42 %
  • Eggermühlen: 0,89 %
  • Gehrde: 2,69 %
  • Kettenkamp: 2,31 %
  • Rieste: 3,52 %

 

Punkt 2: Es wird in hohem Maße getilgt.

Zu einer positiven Bewertung der Lage kam der Bank-Experte auch, weil die Samtgemeinde, wie auch ihre Mitgliedsgemeinden, nicht nur die Zinsen zahlen, sondern auch Schulden tilgen. Dadurch wird die Kreditlast von Jahr zu Jahr geringer. Der Experte sprach von einem „steilen Tilgungsdienst“ sprich von einer starken Tilgung/Rückzahlung der Kredite. Steil sei der Tilgungsdienst bei der Samtgemeinde und noch ein Stück steiler bei der Stadt Bersenbrück. Was z. B. bedeuten kann, dass sich ein Kredit zum Ende einer 10-jährigen Laufzeit halbiert hat. Wenn dann ein neuer Kredit aufgenommen wird – möglicherweise mit höheren Zinsen – ist das Zinsrisiko geringer, weil eine Hälfte des Kredits bereits zurückgezahlt wurde.

Durch die Tilgung sinkt Bersenbrücks Schuldenstand von 8,5 Mio. in 2017 auf 3,6 Mio. € in 2026. Grafik: Präsentation Commerzbank.

Die folgende Grafik zu Bersenbrück zeigt, dass sich der Schuldenstand (wenn keine neuen Schulden hinzukommen) bis 2026 auf 3,6 Mio. € reduziert. Bei den wenigen Kreditschulden, die Ankum hat, läge man (wenn nichts dazukommt) 2026 nur noch bei gut 200.000 € Schulden. Nach diesen Zahlen wäre 2026 Bersenbrücks Schuldenstand 18 x höher als der in Ankum – bei steigenden Zinsen ein besonders relevanter Unterschied.

 

Punkt 3: Kein Klumpenrisiko.

Gut fiel die Beurteilung der Samtgemeinde durch die Banker auch aus, weil kein „Klumpenrisiko besteht“. Das heißt: Es laufen nicht viele Kredite geballt zu ein und demselben Zeitpunkt aus. Liefen z. B. 10 der 35 Millionen Kredite der Samtgemeinde zum selben Zeitpunkt aus, bestünde ein beträchtliches Risiko. Denn dann könnte eintreten, dass für eine sehr hohe Summe plötzlich höhere Zinsen gezahlt werden müssen.

Alfsee GmbH & HaseEnergie: Bei 6,5 Mio. € Kredite (8 Darlehen) steht die Alfsee GmbH. Durchschnittszins: 2,25 %. Kredit HaseEnergie: 3,8 Mio. €. Der Zinssatz für den einen Kredit liegt zwischen 1 und 2 Prozent.

 

Fazit: „Sie haben einen guten Job gemacht“.

Für die Samtgemeinde und ihre Kämmerei bedeutete die Experten-Präsentation ein Lob. „Sie haben hier“, so Danilo Labahn, „einen guten Job gemacht“. Und der Job, den die Kämmerei in Sachen Kredite zu erledigen hat, wird immer herausfordernder und erfordert immer mehr Know-how.

 

Dr. Horst Baier und Andreas Güttler, hier mit dem Haushalt des letzten Jahres. Foto: Samtgemeinde.

„Sich ständig mit der Marktentwicklung beschäftigen“.

Der Anstoß für die Analyse des Kreditportfolios kam von Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier. Der Commerzbank-Vortrag war auch keine isolierte Aktion der Samtgemeinde. Die Bank wurde für einen Zeitraum von zwei Jahren verpflichtet, der Kämmerei, insbesondere den Finanz-Verantwortlichen des Fachdienstes II, Andreas Güttler und Jürgen Heyer, beratend zur Seite zu stehen.

„Die Commerzbank“, so Horst Baier, „hat viel Know-how und auch ein auf Kommunen spezialisiertes Team. Größere Kommunen haben sich beim Zins- und Schuldenmanagement bereits professionell aufgestellt“. Zur Professionalität gehört die professionelle Schulung der Mitarbeiter. Ohne Mitarbeiter, die sich auch sehr gut im Bankgeschäft auskennen, kommt auch die Samtgemeinde Bersenbrück nicht aus.

„Es gibt viele Optimierungsmöglichkeiten“, so Horst Baier, „um Risiken für eine Kommune zu reduzieren. Die Kämmerei ist gefordert, sich ständig mit der Marktentwicklung zu beschäftigen, um schnell reagieren zu können, z. B. bei der Erwartung steigender Zinsen schnell eine Zinssicherung einzukaufen. Mittlerweile gibt es auch immer weniger Kommunen, die klassische Darlehen aufnehmen, sondern die statt dessen mit flexiblen Kreditprodukten (ohne Spekulation) arbeiten. Z.B. Payer-Swaps oder Caps oder Schuldscheindarlehen. Dafür ist Know-how erforderlich.“

 

Ein Hallenbad-Bau kostet Millionen. Hier als Beispiel das Bad in Gütersloh. © Samtgemeinde Bersenbrück.

Luft oder keine Luft für weitere Kredite?

Die Commerzbank-Sicht auf die finanzielle Lage in der Samtgemeinde lieferte auch Stoff für Diskussionen. Um deutlich zu machen, wie gut die Samtgemeinde dasteht, hatte Danilo Labahn z. B. mehrfach auf Kommunen im Ruhrgebiet verwiesen. Dagegen verwahrte sich Michael Johanning (CDU): Man solle „keine Vergleiche ziehen mit negativen Beispielen aus dem Ruhrgebiet“. Er widersprach auch der Aussage des Experten, die Samtgemeinde habe „Luft für weitere Kredite“. Diese Luft sieht Johanning nicht. Er forderte ein noch weiterreichendes Risikomanagement, eines, das z. B. auch die weitere Entwicklung des (bislang stetig gestiegenen) Steueraufkommens mit einbezieht.

Ob in den einzelnen Orten – von Alfhausen bis Rieste – Luft für weitere Kredite ist, hängt von der jeweiligen Gemeinde ab. Ankum und Rieste z. B. haben, weil so gut wie gar nicht verschuldet, noch so einige Kreditluft nach oben. In Eggermühlen ist das z. B. anders, weil die Gemeinde derzeit noch einen hohen Schuldenstand hat.

 

Das Freibad in Bersenbrück. Foto: Samtgemeinde.

Was soll und kann wann finanziert werden?

Nach dem Vortrag ging es im Ausschuss weiter ums liebe Geld. Der Haushaltsplan 2017 der Samtgemeinde stand auf der Tagesordnung und auch die Prioritätenliste. In der ist festgehalten, welche Projekte – ob Schulsanierung, Hallenbad-Neubau in Ankum (mehr dazu hier) oder andere Sportanlagen – wann angepackt werden sollen.

Für die CDU forderte Gerd Uphoff, eine Reihe von Projekten, die bislang in der Kategorie C rangieren (Umsetzung in 2 Jahren oder später), vorzuziehen in eine höhere Priorität. So sollen z. B. Eggermühlen (Schule und Turnhalle) in die Kategorie B aufrücken (Umsetzung innerhalb eines Jahres) und auch die Turnhalle Kettenkamp. Für die SPD forderte Manfred Krusche, Sanierungsarbeiten im Freibad Bersenbrück und dem Bau eines Kinderbeckens höchste Priorität einzuräumen. Planungskosten dafür sollen noch in diesem Jahr in den Haushalt aufgenommen werden. Dafür spricht sich auch Bündnis90/Die Grünen in einem Antrag aus.

Ob Hallenbad, Freibad, Schulen oder Turnhallen: Sollen weitere Schulden gemacht werden oder nicht, welches Projekt ist wichtiger als andere? In der Sitzung des Finanzausschusses deutete sich bereits an, dass es an Diskussionsstoff nicht fehlen wird. Nach der Beratung in den Fraktionen wird der Haushaltsplan 2017 in der nächsten Sitzung des Samtgemeinderats (am 29. März) öffentlich diskutiert und zur Abstimmung gestellt.

Autor
Schlagwörter ,

Verwandte Beiträge

*

Top