Ein Informant, der sich als Alfhausener Ratsherr ausgibt, erhebt anonym schwere Vorwürfe. Nach seinen Infos wird nichts aus der Grundstücks-Schenkung für den Kiga-Neubau.
Im Oktober letzten Jahres machte eine Schenkung Schlagzeilen. Unter der Überschrift „Alfhausen bekommt Kiga-Grundstück geschenkt“ wurde gefeiert, dass Walter Weßling der Gemeinde ein Grundstück an der B 68 schenkt – unter der Bedingung, dass die Gemeinde den Bauschutt der bereits abgerissenen Altbauten beseitigt und der Kindergarten nach der Heiligen Johanna benannt wird, zu Ehren von Mutter Weßling.
Ratsmitglied mit Rückgrat?
Das Alfhausener Kindergarten-Projekt steht offensichtlich unter keinem guten Stern. Erst platzte das Projekt Bauernhof-Kindergarten und nun platzt auch, was als Lichtblick gepriesen wurde: die Grundstücks-Schenkung. Was ist dran an den Vorwürfen, die ein Informant erhebt, der von sich sagt, er sei Ratsherr in Alfhausen und der sich selbst als „das letzte Ratsmitglied mit Rückgrat“ bezeichnet?
Von einem Ratsmitglied mit Rückgrat wäre allerdings zu erwarten, dass es offen Farbe bekennt und nicht anonym agiert. Und so wirft das anonyme Schreiben Fragen nach dem Urheber und seinen Motiven auf. Inhaltlich ist aber auch zu klären, ob an den behaupteten Vorwürfen etwas dran ist.
klartext zitiert aus dem anonymen Schreiben im Original, also inklusive der Fehler. Das Schreiben trägt das Datum 6. April und ging an diesem Tag per mail bei klartext ein. Eine Kontaktaufnahme über die mail-Adresse war nicht möglich. Eine an die Absender-Adresse geschickte mail kam als unzustellbar zurück.
Von einer Schenkung kann keine Rede mehr sein.
1. Vorwurf. Der Informant teilt in seinem Schreiben mit: „Im Anschluss an der letzten Ratssitzung wurde im nicht öffentlichen Teil vom Bürgermeister Wübbolding bekanntgegeben, dass es wohl nun doch nicht mit einer Schenkung klappen würde. Wie sich nun herausgestellt hätte, würde das Grundstück nicht Walter Weßling gehören, sondern einer GmbH. Weßling wolle das Grundstück nun von der GmbH kaufen und die Gemeinde müsste dann aus steuerrechtlichen Gründen dieses für 60.000 € oder mehr von Weßling kaufen.“
Nach klartext-Recherchen trifft es zu, dass sich die Grundstücks-Schenkung nicht wie geplant entwickelte. Nach der neuen Sachlage muss die Gemeinde Alfhausen für das Grundstück mehr Geld ausgeben als bislang veranschlagt (für die Beseitigung des Bauschutts). Das bestätigt auch Bürgermeister Klaus Wübbolding. Er spricht nicht länger von Schenkung, sondern davon, das Grundstück zu erwerben. „Die Gemeinde“, so Klaus Wübbolding, „hält weiter an ihrer Planung zu dem Grundstück fest. Letztlich wird für die Entscheidung eine Gesamtsumme eine Rolle spielen, die mit den Erwerbskosten für vergleichbare Alternativgrundstücke zu vergleichen ist. Ergibt sich aus der Betrachtung ein Vorteil für die Gemeinde, wird die Gemeinde das Grundstück erwerben.“ Den vollen Wortlaut des Bürgermeister-Statements finden Sie unten.
Warum keine Klärung vor sechs Monaten?
Die Entwicklung der Grundstücksangelegenheit in Alfhausen wirft eine Reihe von Fragen auf. Allen voran die Frage: Warum wurde nicht bereits vor Monaten geklärt, wem genau das Grundstück gehört und warum wurde geplant und sogar ein Architekten-Wettbewerb in Auftrag gegeben, ohne dass die Grundstücks-Übertragung vertraglich unter Dach und Fach war? Zwischen der öffentlichen Ankündigung der Schenkung im Oktober letzten Jahres und der im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung am 17. März dargelegten Probleme sind sechs Monate vergangen.
Allererste Wahl war das Weßling-Grundstück nicht für jeden. Und das auch, weil es an einer viel befahrenen Bundesstraße liegt. Der Autoverkehr ist mit Lärm und Immissionen verbunden. Was zur Folge hat, dass der Kindergarten durch entsprechende Maßnahmen (die Geld kosten) vor der Lärm- und Immissionsbelastung geschützt werden muss. Nachteilen des Weßling-Grundstücks wurde aber durchweg mit dem Hinweis begegnet, man bekomme dieses Grundstück ja geschenkt. Das wiege die Nachteile auf.
Dass es damals Alternativen zu diesem Grundstück gab, bestätigte Bürgermeister Klaus Wübbolding laut Bersenbrücker Kreisblatt im Oktober 2015 als er sagte, „man habe mehrere Grundstücke in der Hinterhand gehabt“. Bei einer früheren Klärung der Sachlage wäre es möglicherweise zu einer anderen Beurteilung der Lage gekommen, und man hätte sich für eines der übrigen Grundstücke entschieden.
Die Gemeinde ist unter Zugzwang.
Bei einer rechtzeitigen Klärung der Eigentumsverhältnisse am Weßling-Grundstück und der daraus sich ergebenden Konsequenzen hätte auch vermieden werden können, was eingetreten ist: Wenn der Kindergarten rechtzeitig fertig werden soll und wenn nicht alle bislang verursachten Kosten, z. B. für den Architektenwettbewerb, für die Katz‘ gewesen sein sollen, ist die Gemeinde dem Eigentümer – der GmbH, der das Grundstück gehört – weitestgehend ausgeliefert. Jetzt Alternativflächen ins Auge zu fassen, wäre zwangsläufig mit Termin- und Kostenproblemen verbunden. Schließlich läuft der Architektenwettbewerb bereits, und die Architekten planen für den Zuschnitt des Weßling-Grundstücks.
Schwere Unterstellungen und Vorwürfe.
Vorwurf 2. Der Informant erhebt auch schwere Vorwürfe gegen die Mehrheit des Rates und schreibt: „Da sich der Rat von Weßling vorgeführt fühlte und man den Zorn des Bürgers fürchtet, billigte der Rat mehrheitlich den Vorschlag des Bürgermeisters Gras über die Sache wachsen lassen bis alle Genehmigungsverfahren abgeschlossen sind. Der Kauf durch die Gemeinde würde anschließend mit durchrutschen.“
Ob an diesem Vorwurf etwas dran ist, darüber könnte die Mitschrift des nichtöffentlichen Teils der Ratssitzung Aufschluss geben. Das Protokoll der Ratssitzung liegt vor, aber auch die Presse darf aus der Niederschrift des nichtöffentlichen Teils nicht zitieren. Die beteiligten Ratsmitglieder dürfen ebenfalls nicht über den Diskussionsverlauf berichten.
Vorwurf 3. Der Informant fährt schweres Geschütz auf, wenn er sagt: „Ich für meinen Teil werde für meine zukünftige Mitarbeit die Konsequenzen ziehen und möchte an diesen Amigo-Affären nicht weiter beteiligt werden. Es handelt sich meiner Meinung nach mindestens um grobe Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar Vorsatz aller Beteiligten. Solche Machenschaften gehören an die Öffentlichkeit, denn es handelt sich nicht nur um einen Betrug an alle Ratsmitglieder, sondern an alle Bürger der Gemeinde.“
Aus der Welt schaffen kann Vorwürfe dieser Art nur eine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts und eine zügige Erörterung der Angelegenheit im Rahmen einer öffentlichen Ratssitzung. Jede weitere Behandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit würde nur weiteren Mutmaßungen und Spekulationen Raum geben.
Gefälscht anonym? Was ist in Alfhausen los?
Eine pdf, wie sie der Informant schickte, ist nicht anonym, weil der Ersteller der pdf zu ermitteln ist. klartext ermittelte den Ersteller – und der Name verweist darauf, dass das Schreiben aus den Reihen der CDU kam. Stimmen muss das nicht, denn im Prinzip kann alles gefälscht werden, also auch der Absender einer pdf. Darauf verweist auch Bürgermeister Klaus Wübbolding in seiner Stellungsnahme (siehe unten) und gibt seiner Überzeugung Ausdruck, dass der Autor, der in der pdf ausgewiesen wird, nicht der Autor sein kann.
Wer auch immer der Autor ist, ob es sich um eine falsche Zuschreibung handelt oder nicht: Die Vorgänge in Alfhausen sind ein Plädoyer für ein Maximum an Transparenz. Wäre der Vorgang, der von nicht unerheblicher Bedeutung für die Gemeinde Alfhausen ist, in der öffentlichen Ratssitzung zur Diskussion gestellt und beraten worden, wäre mehr oder weniger dubiosen Enthüllungen ein Riegel vorgeschoben worden. Aufmerksamkeit erfahren solche Enthüllungen auch nur, wenn sie einen überprüfbaren Kern an Wahrheit enthalten. Dem ist in diesem Fall so, denn von einer Schenkung des Grundstücks kann nach dem aktuellen Stand der Dinge in der Tat keine Rede mehr sein. Die Öffentlichkeit hätte ein Recht darauf gehabt, über die neue Entwicklung und darüber, wie es dazu gekommen ist, ausführlich informiert zu werden.
Hier das Statement von Bürgermeister Klaus Wübbolding gegenüber klartext:
Sehr geehrte Frau Stiens,
bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich in der Zeit zu dem anonymen Schreiben nicht ausführlich Stellung beziehen kann, zumal sich der Sachverhalt nicht mit wenigen Worten erklären lässt.
Der Anonyme Briefschreiber berichtet zum einen aus einem nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung und verschweigt wesentliche Aussagen und stellt diese falsch dar. Richtig ist, dass die Gemeinde für das Grundstück einen Betrag zahlen wird, der die Kosten der Eigentümer für verschieden Leistungen ausgleicht. Dies ist aber bereits in den öffentlichen Sitzung so berichtet worden.
Die Gemeinde hält weiter an ihrer Planung zu dem Grundstück fest. Letztlich wird für die Entscheidung eine Gesamtsumme eine Rolle spielen, die mit den Erwerbskosten für vergleichbare Alternativgrundstücke zu vergleichen ist. Ergibt sich aus der Betrachtung ein Vorteil für die Gemeinde, wird die Gemeinde das Grundstück erwerben.
Ihre Recherche zum Ersteller der PDF habe ich auch bereits vorgenommen. Dem Autor – und evtl. seinem Helfer – war klar, dass diese Eigenschaften im Dokument hinterlegt werden. Dass dies leicht umgangen werden kann, zeigt die beigefügte PDF, in der Sie als Autor erscheinen. Der in der Originalfassung erscheinende Autor kann nicht Urheber sein, weil ihm die Details der Sitzung nicht bekannt waren, da er an der Sitzung nicht teilgenommen hat und zum Zeitpunkt der Erstellung der Datei auch das Protokoll der Sitzung noch nicht kannte. Zum Zeitpunkt der Versendung war er nachweislich anderweitig beschäftigt. Er scheidet daher definitiv als Urheber aus.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wübbolding