Im Gerede: Zwei große Ankum-Projekte

Was soll auf dem Grundschulgelände entstehen? Was soll sich am Bahnhof tun? Die Debatte darüber bestimmen derzeit nicht Fakten, sondern Gerüchte und tendenziös Zusammengemixtes.

Eine kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Fakten und Klarheit bleiben in dieser Wahlkampfphase immer mehr auf der Strecke.

Fakten und Klarheit bleiben in dieser Wahlkampfphase immer mehr auf der Strecke.

Eigentlich erlebt Ankum eine spannende Zeit – weil so einiges gestaltet werden kann. Auf dem Grundschulgelände an der Kolpingstraße zum Beispiel. Und nach Jahrzehnten, in denen sich schlichtweg gar nichts tat, machen sich die Verantwortlichen seit zwei Jahren auch wieder Gedanken über eine Nutzung des Bahnhofgeländes.

Diese Zeichnung vermittelt einen Eindruck davon, wie sich die drei Projekte – KiTa-Neubau, Dorfpark und die zu bebauende Fläche an der Kolpingstraße – zueinander verhalten.

Für den linken Teil des Grundschulgeländes an der Kolpinstraße (Grundstück Bieterverfahren) haben bis zum 31. August Interessenten Projektvorschläge eingereicht.

Transparentes Auswahlverfahren.

Was wird auf dem prominent gelegenen alten Grundschulgelände an der Kolpingstraße gebaut? Jetzt stehen da noch die Turnhalle und ein Teil des Grundschulgebäudes. Bis zum 31. August konnten Investoren, die am Kauf und einer Bebauung interessiert sind, Projektideen bei der Gemeinde einreichen.

Die Frist 31. August ist vor wenigen Tagen abgelaufen – und in Ankum brodelt die Gerüchteküche. Tenor des kursierenden Gerüchts: Es sei längst klar, wer den Auftrag bekommen würde – und zwar die gerade erst gegründete Wohnungsbaugesellschaft der Samtgemeinde (HaseWohnbau). Fällt so ein Gerücht einfach vom Himmel? Fakt ist: Das Gerücht entbehrt jeder sachlichen Grundlage.

In diesem Bereich könnte Neues entstehen – wenn bei den eingereichten Projekten eines dabei ist, dass am Ende die Zustimmung des Ankumer Gemeinderats findet.

In diesem Bereich könnte Neues entstehen – wenn bei den eingereichten Projekten eines dabei ist, das am Ende die Zustimmung des Ankumer Gemeinderats findet.

Die Umschläge sind noch nicht einmal geöffnet.

Wie das Auswahlverfahren ablaufen wird, darüber hat am 30. August, einen Tag vor Ablauf der Frist, der Verwaltungsausschuss der Gemeinde Ankum entschieden. In dem sitzt auch ein Mitglied der CDU-Fraktion. Über Details informierte die UWG in einer Pressemitteilung.

Schritt 1: Unabhängige Expertenjury. Teil dieses Verfahrens ist, „dass die eingereichten Projekte zunächst an eine Unabhängige Expertenjury bestehend aus Ortsplanern, Architekten und einem Vertreter des Landkreises Osnabrück übergeben werden.“ Namen wurde noch nicht festgelegt. Nach klartext-Informationen wurde in Erwägung gezogen, die Architektenkammer in Osnabrück darum zu bitten, einen Vorschlag für ein Mitglied der Expertenkommission zu machen. Der Landkreis soll mit einbezogen werden, weil dort Experten für altersgerechtes Wohnen sitzen. Mitgeteilt wurde zudem: Die eingereichten Vorschläge werden von der Ankumer Verwaltung vorab nicht eingesehen. Die Öffnung erfolgt erst durch die Jury.

Schritt 2: Gemeinderat & Öffentlichkeit. „Sobald die Jury die Vorschläge bewertet hat, werden alle Projekte dem Rat der Gemeinde Ankum und der Öffentlichkeit vorgestellt. Erst nach erneuter Beratung in den Fraktionen wird der Gemeinderat dann entscheiden, wer den Zuschlag erhält.“ „Woher die CDU an Informationen zum Vorschlag der HaseWohnbau gekommen ist, ist uns schleierhaft“, schrieb die UWG in ihrer Mitteilung.

Die CDU machte die Bewerbung bekannt.

Seit dem 2. September ist auf der Facebook-Seite der CDU Bersenbrück-Gehrde zu lesen: „Weiterhin wurde mitgeteilt, dass die Baugesellschaft sich am Interessenbekundungsverfahren für das alte Grundschulgelände an der Kolpingstraße in Ankum beteiligen soll. Die Hase Wohnbau GmbH & Co. KG soll dort Wohnungen zur Vermietung errichten. Nach der Wirtschaftlichkeitsprognose bei Gründung wird dabei mit Kaltmieten von 8,00 EUR/qm im frei finanzierten Wohnungsbau gerechnet.“

Bei der CDU war also zu lesen, was sonst nirgendwo zu lesen war. Wo wurde das mitgeteilt und was hat die Zahl 8,00 EUR/qm mit dieser Bewerbung zu tun? Die Umschläge sind noch ungeöffnet. Es weiß somit auch noch niemand, was in einem Angebot HaseWohnbau steht.

Die Zahl 8,00 EUR/qm findet sich in einem ganz anderen Zusammenhang: Zur Gründung von HaseWohnbau wurde eine sehr umfangreiche und komplexe Wirtschaftsprognose zur möglichen Entwicklung der Gesellschaft in den nächsten 30 Jahren erstellt. Darin kommt als eine von vielen Zahlen die Zahl 8,00 EUR/qm vor. Mit einem Projekt in Ankum hat diese Zahl gar nichts zu tun. Dem Eindruck Vorschub zu leisten, HaseWohnbau wolle in Ankum Wohnungen für 8 EUR/qm Kaltmiete bauen, ist unseriös und aus der Luft gegriffen – schon weil, wie gesagt, die Umschläge noch gar nicht geöffnet sind.

Am 11. September wird auch ein neuer Samtgemeinderat gewählt.

Am 11. September wird in Ankum wie in allen anderen Orten gewählt. Von so manchem langjährigen Kommunalpolitiker ist zu hören, dass es in diesem Wahlkampf außergewöhnlich unsachlich zugeht.

Warum die Bekanntgabe eines der Interessenten?

Warum schrieb die CDU Bersenbrück-Gehrde über die Bewerbung HaseWohnbau und wo wurde mitgeteilt, dass sich HaseWohnbau beworben hat? Es gibt hier, in Ankum wie in Bersenbrück, nur eine Handvoll größerer Bau-Investoren. Es wäre mehr als verwunderlich, wenn in CDU-Kreisen nicht bekannt wäre, wer sich aus dem Kreis der hiesigen Investoren am Ankumer Interessentenverfahren beteiligt hat. Warum wurde nur ein Name genannt?

Textausschnitt aus der Mitteilung der CDU Bersenbrück-Gehrde. So zu lesen auf der Facebook-Seite.

Textausschnitt aus der Mitteilung der CDU Bersenbrück-Gehrde. So zu lesen auf der Facebook-Seite.

Wer teilte, wie die CDU sich ausdrückt, mit, dass sich HaseWohnbau beworben hat? Nach klartext-Recherchen gab es eine Sitzung des Aufsichtsrates HaseEnergie, in dem auch die CDU vertreten ist. Dort hatte Horst Baier, Geschäftsführer der HaseWohnbau, über Aktivitäten der HaseWohnbau berichtet. Wäre aus dieser Sitzung etwas öffentlich gemacht worden, wäre das ein schwerwiegender Bruch der Vertraulichkeit, denn Aufsichtsräte tagen grundsätzlich nicht-öffentlich. Kam die Info aus einer anderen Quelle? Wenn ja, warum wird nicht gesagt, wer mitteilte, dass sich HaseWohnbau beworben hat? Zu einem taugte die CDU-Info auf jeden Fall: Als Stoff für die Gerüchteküche – in der daraus das Süppchen gekocht wurde „alles schon entschieden, Mauschelei Brummer-Bange – Baier“. Dieses  Gerücht machte dann munter in Ankum die Runde.

Stimmung statt Fakten und Transparenz?

Die Gemeinde Ankum gibt die Namen derjenigen, die sich beworben haben, nicht bekannt – weil es eben nicht um die Bewerber geht, sondern um die Qualität der Projekt-Ideen. Welche Idee ist die beste – das soll unvoreingenommen geprüft werden. Wie nötig das ist, zeigt, was derzeit geschieht: Allein die Bekanntgabe des Namens HaseWohnbau sorgte für Stimmung und überlagert, was tatsächlich ist und geschehen wird.

Inzwischen fast ein Symbol für Pläne zur touristischen Nutzung: Die rote Lok, die auf dem Bahnhofsgelände in Ankum steht.

Inzwischen fast ein Symbol für Pläne zur touristischen Nutzung: Die rote Lok, die auf dem Bahnhofsgelände in Ankum steht.

Wie ist der Stand in Sachen Bahnhofsgelände?

Durch Faktenarmut zeichnet sich auch aus, was derzeit über eine Pressemitteilungen der CDU zum Bahnhof Ankum verbreitet wird. Festzuhalten ist zunächst einmal: Über Pläne für das Bahnhofsgelände wie Güterverkehr oder touristische Nutzung wurde seit langem immer wieder öffentlich berichtet. Interessiert hat das Thema offenbar nicht, denn kein Ratsmitglied, zeigen die Protokolle der letzten zwei Jahre, brachte es im Ankumer Gemeinderat zur Sprache oder stellte gar einen Antrag dazu. Auch nicht die CDU-Fraktion – die sich jetzt mit einer Pressemitteilung zu Wort meldete.

Die Faktenlage ist eine andere.

In zwei Wochen soll, so die CDU Ankum, „in nicht-öffentlicher Sitzung der Ankum-Bersenbrücker-Einsenbahn (ABE) über die zukünftige Nutzung des Ankumer Bahnhofsgeländes entschieden werden.“ Fakt ist: Es gibt noch keinen Termin für diese Sitzung. Ist der Hinweis „nicht-öffentlich“ von Bedeutung? Fakt ist: Die Gesellschafterversammlung ABE tagt seit ihrem Bestehen nicht-öffentlich.

Gemeinderäte und Ausschüsse müssen öffentlich tagen. Die ABE ist jedoch ein Unternehmen und tagt, wie jede Gesellschafterversammlung, jeder Vorstand oder Aufsichtsrat eines Unternehmens, nicht öffentlich. So war es (richtigerweise) in den Zeiten der CDU-Bürgermeister und der CDU-Samtgemeindebürgermeister. So ist es (richtigerweise) auch in den Zeiten eines UWG-Bürgermeisters in Ankum und in den Zeiten eines Horst Baier als Samtgemeindebürgermeister.

Zwei, die etwas „alleine festlegen“?

Es sei „ein absolut falsches Signal“, so die CDU Ankum, die Entwicklung dieser Flächen „alleine durch Vereinbarung zwischen Detert Brummer-Bange und Horst Baier festzulegen“. Fakt ist: Es gab vor einer Woche eine Sitzung der ABE. Da trafen sich die Vertreter der Gesellschafter. Das sind Ankum, die Samtgemeinde Bersenbrück, die Stadt Bersenbrück, Fürstenau und Quakenbrück. In diesem Kreis wurde über die Möglichkeiten einer touristischen Nutzung gesprochen und es wurde ein Wirtschaftsplan vorgelegt. Entschieden wurde in dieser Sitzung: Es sollen noch weitere Informationen eingeholt werden.

Hätten Detert Brummer-Bange und Horst Baier „alleine“, wie die CDU sagt, eine Vereinbarung festlegen wollen: Sie hätten es in dieser Sitzung tun können, da Ankum und die Samtgemeinde 70% der Gesellschafteranteile halten. Sie taten es aber nicht. Der Prozess der Entscheidungsfindung geht weiter.

Nebenbei bemerkt: Aus der Bersenbrücker CDU kamen positive Signale zu einer touristischen Nutzung. Bürgermeister Christian Klütsch äußerte sich bereits vor einigen Monaten in einer Sitzung des Samtgemeinderats in diesem Sinne. Bersenbrück könnte, wie Ankum, von einer solchen Nutzung profitieren, denn die Stadt wäre Teil dieser Nutzung. Schließlich führt die Strecke von Ankum nach Bersenbrück.

Schnelle gemeinsame Aktionen wären in Sache Stromtrasse nötig, so die CDU Ankum. Welche Aktion was bringen könnte? Das wird nicht gesagt.

Schnelle gemeinsame Aktionen wären in Sache Stromtrasse nötig, so die CDU Ankum. Welche schnelle Aktion was bringen könnte? Das wird nicht gesagt.

Einer Debatte im Rat steht nichts entgegen.

Zum laufenden Diskussionsprozess teilte die UWG Ankum in einer Pressemitteilung mit: „Bürgermeister Detert Brummer Bange begrüßt die Überlegungen der ABE GmbH zur Entwicklung eines touristischen Konzeptes und der Reaktivierung des Güterverkehres ausdrücklich. Diese Entscheidung ist für die Zukunft der Ankum Bersenbrücker Eisenbahn wegweisend. Der Ankumer Bürgermeister wird daher den Geschäftsführer der ABE Herrn Beelmann einladen, um über die Vorhaben der ABE zu berichten. Im Anschluss hierzu soll es eine Beratung und ein Votum der Ankumer Ratsmitglieder geben. Detert Brummer Bange sieht dieses Votum als bindend an.“

In ihrer Pressemitteilung zur touristischen Nutzung endet die CDU überraschend beim Thema Stromtrasse und fordert „schnelle gemeinsame Aktionen“ des Ankumer Gemeinderats. Welche könnten das sein? Was könnte welche schnelle gemeinsame Aktion bewirken? Eine Antwort darauf gibt es nicht.

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