Revolutionäres im Bersenbrücker Stadtrat?

Das wird sich in der Ratssitzung am Montag bei der Wahl des Bürgermeisters zeigen. Diese Wahl könnte eine kleine Revolution markieren. Mit welchen Folgen?

Wird das bisherige CDU-Führungstandem – Bürgermeister Christian Klütsch (links) und Fraktionschef Gerd Uphoff – auch weiterhin das Führungstandem im Bersenbrücker Stadtrat sein?

Wird das bisherige CDU-Führungstandem – Bürgermeister Christian Klütsch (links) und Fraktionschef Gerd Uphoff – auch weiterhin das Führungstandem im Bersenbrücker Stadtrat sein?

In diesem Monat November werden hier allerorts die Bürgermeister aus dem Kreis der neuen Räte gewählt. Wer wird’s? Das scheint die einzige interessante Frage zu sein. In Bersenbrück geht es diesmal jedoch um sehr viel mehr – und darin liegt einiger politischer Sprengstoff.

Bersenbrücks Bürgermeister war bislang, sehr salopp ausgedrückt, ein anderer Bürgermeister als seine Kollegen in den anderen Orten. Der Grund dafür: Er hatte weniger Aufgaben als z. B. sein Ankumer Kollege. In korrektem Verwaltungs- und Rechtsdeutsch sind die Unterschiede im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz in § 105 und § 106 festgeschrieben.

Termin & Ort Ratssitzung. Die 1. Sitzung des neu gewählten Rats der Stadt Bersenbrück findet am Montag, 14.11.2016, um 19.00 Uhr im Hotel Hilker statt (49593 Bersenbrück, Bramscher Straße 58).

Bürgermeister Detert Brummer-Bange (UWG) blickt auf ein arbeitsreiches Jahr zurück.

Detert Brummer-Bange.

Ankum: Ein Bürgermeister nach § 105. Ankum Bürgermeister Detert Brummer-Bange ist, wie die Bürgermeister von Alfhausen, Eggermühlen, Gehrde, Kettenkamp und Rieste, ein Bürgermeister nach § 105. Und das heißt: Diese Bürgermeister haben zwei „Jobs“: Sie sind zum einen der politische und repräsentative Kopf ihrer Gemeinde und sie sind zugleich auch der Gemeindedirektor/die Gemeindedirektorin. Zusammengenommen eine große Belastung, denn alle Bürgermeister in den Orten üben dieses Amt ehrenamtlich aus, also zusätzlich zu ihrer eigentlichen beruflichen Tätigkeit. Auch die juristische Verantwortung für alle Unterschriften, die sie unter Papiere wie z. B. Verträge setzen, wiegt schwer.

Bersenbrück: Bürgermeister mit weniger Aufgaben. Bislang war Christian Klütsch (CDU) ein Bürgermeister, der nur einen Teil der Tätigkeiten ausübte, die ein „§105-Bürgermeister“ ausübt. Klütsch war nur für die im Screenshot gezeigten Tätigkeiten zuständig.

kein-gemeindedirektor

Nicht zuständig war ein Bersenbrücker Bürgermeister bislang für Gemeinde- bzw. Stadtdirektor-Aufgaben wie: die Beschlüsse des Verwaltungsausschusses vorbereiten, die Beschlüsse des Rates und des Verwaltungsausschusses ausführen sowie für die Erfüllung von Aufgaben, die ihm oder ihr vom Verwaltungsausschuss übertragen wurden.

Ende einer jahrzehntelangen Ära?

Wirbt auch schon mal per Hemdkragen für HaseEnergie: Dr. Horst Baier, Geschäftsführer HaseEnergie und Samtgemeindebürgermeister.

Dr. Horst Baier.

Für die Aufgaben, die Christian Klütsch nicht ausübte – wie auch seine Vorgänger nicht –, gab es das Amt „Stadtdirektor von Bersenbrück“. Stadtdirektor ist in Bersenbrück seit Jahrzehnten der jeweilige Samtgemeindebürgermeister oder – vor der Verfassungsreform im Jahr 1996 – der Samtgemeindedirektor. So war beispielsweise Samtgemeindedirektor Günther Marotzke (CDU) lange Zeit auch Stadtdirektor. Dann übernahm Michael Lübbersmann (CDU), bis 2011 Samtgemeindebürgermeister, den Posten und in den letzten Jahren Horst Baier. Insofern wäre es eine Revolution, wenn die Stadt Bersenbrück am Montag die Ära der Ämtertrennung Bürgermeister – Stadtdirektor beendet.

Wie unten links in der Vorlage zu lesen, soll der Bürgermeister nach § 105 gewählt werden.

Wie unten links in der Vorlage zu lesen, soll der Bürgermeister nach § 105 gewählt werden.

Das Amt „Stadtdirektor“ würde abgeschafft.

Wird Christian Klütsch erneut zum Bürgermeister gewählt – nach § 105 – würde er damit auch die Aufgaben übernehmen, für die bislang Horst Baier als Stadtdirektor von Bersenbrück zuständig war. Eine eigenständige Position Stadtdirektor gäbe es dann nicht mehr, sondern nur noch einen „allgemeinen Verwaltungsvertreter des Bürgermeisters“.

In politischen Kreisen kursiert, dass Johannes Koop (CDU) dieser Verwaltungsvertreter werden könnte. Koop war lange Jahre der Erste Samtgemeinderat und bei der letzen Wahl zum Samtgemeindebürgermeister der CDU-Kandidat. Die Wähler entschieden sich jedoch knapp für seinen Gegenkandidaten Horst Baier.

Johannes Koop (links) hat seit der Wahl im September einen Sitz im Stadtrat Bersenbrück. Rechts: Heinz Klövekorn, Leiter des Samtgemeinde-Fachdienstes Bildung und Familie. Foto: Samtgemeinde.

Johannes Koop (links) hat seit der Wahl im September einen Sitz im Stadtrat Bersenbrück. Rechts: Heinz Klövekorn, Leiter des Samtgemeinde-Fachdienstes Bildung und Familie. Foto: Samtgemeinde.

Positive Folgen für Ankum und die Samtgemeinde?

Ankums Bürgermeister Detert Brummer-Bange begrüßte bereits den Weg, den Bersenbrück beschreiten will. Warum? In Ankum fühlt man sich, u. a. durch die Kombination Samtgemeindebürgermeister – Stadtdirektor von Bersenbrück, gegenüber Bersenbrück benachteiligt.

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Die Samtgemeinde ist der Arbeitgeber aller Verwaltungskräfte. Die weitaus meisten arbeiten in den Fachabteilungen im Rathaus der Samtgemeinde in Bersenbrück. Genauso war es bei Gründung der Samtgemeinde, als sich 7 Gemeinden zusammenschlossen, auch gewollt, denn angesichts der Komplexität der Verwaltung und der stetig steigenden Anforderungen kann eine einzelne Gemeinde nicht mehr die Fachkompetenz vorhalten, derer es bedarf. So wickelt die Samtgemeindeverwaltung z. B. die Finanzen der einzelnen Gemeinden ab und erstellt die jährlichen Haushaltspläne.

Eine effektive Verwaltung ist wichtig, denn ohne Verwaltung ist alles nichts. Was immer z. B. ein Gemeinderat beschließt, ob Baugebiete, Straßenausbau oder KiTa-Neubau – die Verwaltung muss dafür sorgen, dass die Beschlüsse in die Tat umgesetzt werden.

In den Gemeindeverwaltungen vor Ort wie in Ankum oder in Eggermühlen sitzen nur noch wenige Verwaltungskräfte. In Ankum sind es 3 Stellen für originäre Gemeindeaufgaben, in Rieste 1. Dazu kommen Verwaltungskräfte für den Bürgerservice. Ein vielgehörtes Klagelied in Ankum: Die in Bersenbrück ansässige Samtgemeindeverwaltung arbeite – im Vergleich zu dem Verwaltungspersonal, das Ankum zur Verfügung steht –  in viel höherem Maße für die Stadt Bersenbrück und man betrachtet die Dinge zudem vor allem durch die Bersenbrück-Brille.

In allen Orten werden am Sonntag die Gemeinderäte neu gewählt und auch der Rat der Samtgemeinde Bersenbrück.

7 Orte bilden die Samtgemeinde Bersenbrück.

Dass der Samtgemeindebürgermeister nicht länger der Stadtdirektor in Bersenbrück ist, argumentieren Befürworter dieser Lösung, habe auch den Vorteil, dass die Samtgemeinde viel deutlicher als eigenständig wahrgenommen wird. Allein die Namensgebung „Samtgemeinde Bersenbrück“ erschwere es schon vielen Bürgern, die Stadt Bersenbrück von der Samtgemeinde Bersenbrück zu trennen. Dass der Samtgemeindebürgermeister dann auch noch Bersenbrücks Stadtdirektor ist, mache die Sache – was die Unterscheidbarkeit angeht – nicht leichter.

Gleichbehandlung mit den anderen Gemeinden?

Am 11. September wird ein neuer Riester Gemeinderat gewählt. Dann wird sich zeigen, wer in den kommenden 5 Jahren daran mitwirken wird, die Gegenwart und die Zukunft der Gemeinde Rieste zu gestalten.

Rathaus Rieste.

Welche Folgen die Entscheidung für einen §105-Bürgermeister für die Stadt Bersenbrück hat, muss sich erst noch zeigen. Was die Organisation angeht, äußerte sich Samtgemeindebürgermeister Horst Baier dazu bereits in einem Interview. Eine entsprechende Entscheidung fällt in seinen Zuständigkeitsbereich.

Baiers „Organisations-Fahrplan“ beruht auf einer Gleichbehandlung der Stadt Bersenbrück mit den anderen Gemeinden. Alfhausen, Ankum, Eggermühlen, Gehrde, Kettenkamp und Rieste haben jeweils ein eigenes Ratshaus bzw. eine eigene Gemeindeverwaltung mit dem jeweiligen Verwaltungspersonal.

In Bersenbrück soll es nach dem Baier-Vorschlag auch so sein. Konkret heißt das: Es würde eine entsprechende Anzahl von Stellen für die Stadt Bersenbrück ausgeschrieben, in etwa in der Größenordnung Ankum. Diese Verwaltungskräfte hätten dann ihren Arbeitsplatz im Bersenbrücker Rathaus in der Hasestraße, wo auch der Bürgermeister der Stadt seinen Arbeitsplatz hat. Damit wäre dann das Rathaus an der Lindenstraße ein reines Samtgemeinde-Rathaus mit dem Samtgemeindebürgermeister und den Verwaltungs-Fachabteilungen der Samtgemeinde.

 

Stadtrat Bersenbrück (23 Sitze)

 

Eine Stärkung oder Schwächung der Stadt Bersenbrück?

Jetzt ist aber erst einmal der Stadtrat Bersenbrück am Zug. Dort steht am Montag die Wahl des Bürgermeisters auf der Tagesordnung. Die mit der Wahl nach § 105 angestrebten Veränderungen dürften im Rat für Debatten sorgen. Die Frage „schwächt oder stärkt diese Veränderung die Stadt Bersenbrück?“ bewegte bereits im Vorfeld der Ratssitzung die politischen Gemüter. Wer die Sitzung am Montag besucht, wird zudem erleben: Der neue Stadtrat ist um zwei Sitze größer (23 statt 21) und er hat eine Fraktion mehr: die UWG Bersenbrück wird mit drei Ratsmitgliedern vertreten sein.

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