Was wuchs denn da auf dem Acker?

Die Ernte dieses Ankumer Ackers ist eingefahren. Was da wuchs? Sah im Grün-Stadium nach Weizen aus, war aber keiner. Hier des Rätsels Lösung.

Was eine Zeitlang nach Weizen aussah, entpuppte sich als Dinkel, der in der hiesigen Region nur selten angebaut wird.

Eine Betrachtung von Rita Stiens.

Wenn ich heute in und um Ankum herum unterwegs bin, kommt mir immer wieder das „Training“ meines Vaters in den Sinn. Was wächst da auf dem Acker? Was ist das für ein Baum? Solche Fragen gehörten in meinen Kinderjahren, und die liegen einige Jahrzehnte zurück, zu jedem Unterwegssein dazu. Die richtigen Antworten bei Äckern waren damals meist Roggen, Hafer, Weizen oder Gerste. Und heute?

 

Kein Weizen, sondern Dinkel.

Die natürlich Welt, stelle ich heute fest, hat sich in und um Ankum herum verändert. Was Äcker angeht, gehörte Mais, heute allüberall, damals nicht zum Antworten-Repertoire. Raps? Meiner Erinnerung nach auch eher selten. Was ich im Juli in Ankum an der Alfhausener Straße beobachtet und fotografiert habe, sah in der frühen Wachstumsphase sehr nach Weizen aus. Mit zunehmendem Reifegrad zeigte sich dann: Es war Dinkel.

 

Frisch gebackenes Dinkel-Brot.

Vom Ankumer Acker zum Ankumer Bio-Dinkel-Brot.

Lange wurde in Deutschland kaum mehr Dinkel angebaut. Inzwischen hat das Getreide ein Comeback erlebt, und das vor allem in der Bio-Branche. Bei diesem Acker erfolgte die Dinkel-Ernte nicht in einem Rutsch. In einem 1. Arbeitsschritt wurde mit der Machine die ganze Ähre geerntet und dann zerkleinert. Dem folgte ein 2. Schritt: Die Körner werden geschält. Dabei bleiben sie unbeschädigt und können besser gelagert werden.

Ein uraltes Getreide. Funde belegen, dass es bereit 5.000 bis 6.000 Jahre vor Chr. Dinkel gab, z. B. in Westgeorgien, Bulgarien, Südschweden, im Alpenraum. Im 18. Jahrhundert war Dinkel ein wichtiges Handelsgetreide, worauf Ortsnamen wie Dinkelsbühl verweisen.

Dinkel-Körner haben eine Schale.

Zum Schälen und Reinigen trat die Ernte von diesem Ankumer Acker eine kleine Reise zu einem Betrieb in Belm-Vehrte an. Die Körner, die dann zum Ankumer Bioland-Hof Brummer-Bange zurückkamen, werden dort per Steinschrotmühle gemahlen. Der letzte Akt: Aus dem Mehl wird Dinkel-Brot für die Kunden gebacken. Ein Teil Mehl geht auch an eine Bäckerei in Dinslaken, die es zu Dinkel-Gebäck verarbeitet. Was diesen Dinkel angeht, ist Bio, wie es sein soll: zugleich regional, ohne weite Transportwege von Hunderten Kilometern und mehr.

Von Weizen-Allergikern geschätzt. Weizen-Eiweiß kann Allergien auslösen. Dinkel enthält ein anderes Eiweißmolekül als Weizen und wird darum auch von Weizen-Allergikern vertragen. Bei Zöliakie muss jedoch auf Dinkel verzichtet werden, weil es Gluten enthält.

 

Von großem Nutzen: Die „Beikräuter“.

Dinkel ist mir in Kindertagen nicht begegnet, aber zum Kindererleben gehörte, was bei diesem Acker ins Auge sprang: schöne Blütenfarben wie hier das Weiß der Kamille und das Rot des Mohns. „Beikräuter“ standen hier, und die landeten in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in der Kategorie Unkraut – gegen das mit allen Mitteln zu Feld gezogen wurde. Mit schlimmen Folgen, denn Beikräuter sind ein Eldorado für Insekten.

Angesichts des Insektenschwunds ist jeder Quadratmeter Beikräuter an Äckern und Wegen ein Gewinn.

Dass der Lebensraum von Insekten zunehmend schwindet, ist eine Bedrohung für natürliche Nahrungsmittel, die ohne Bestäubung nicht auskommen. Das Bienensterben ist schon besorgniserregend, aber es braucht mehr als die domestizierte Honigbiene. Zu den wichtigen Erkenntnissen der Wissenschaft gehört inzwischen, dass wild lebende Bienen und andere Insekten wie die Schwebfliege oder Käfer bei der Bestäubung von Pflanzen eine weitaus größere Bedeutung haben als bislang angenommen. Und so ist jedes Beikraut an Äckern und Wegrändern ein Gewinn. Nicht nur für Insekten, sondern auch für Rebhühner, Fasanen und Vögel.

 

Gut & Lecker: Dinkel ist vielseitig verwendbar.

Brote & Brötchen, Waffeln, Kuchen, Salate, Pfannengerichte und vieles mehr: Fast 1.400 Dinkel-Rezepte finden sich allein im Kochforum chefkoch.de. Nicht nur für Vegetarier oder Veganer eine wahre Fundgrube. Warum nicht mal Dinkel-Reis probieren? Der wird wie normaler Reis zubereitet und hat einen nussigen Geschmack. Dinkel-Produkte gibt es nicht nur in Bioläden, sondern auch in Reformhäusern, Drogeriemärkten und bei Discountern.

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