Ankum will, Bramsche ist jetzt Fairtrade-Town

Was bedeutet es in der Praxis, eine „Fairtrade Town“ zu werden und zu sein? klartext fuhr nach Bramsche, wo gerade per Urkunde besiegelt wurde: Die Stadt ist Fairtrade Town.

Eingerahmt von Gästen aus dem Landkreis, Mitgliedern der Steuerungsgruppe  und Bramscher Bürgern präsentierten Bürgermeister Heiner Pahlmann (in weißer Hose) und  Fairtrade-Ehrenbotschafter Manfred Holz die Ernennungsurkunde.

Will sich Ankum auf den Weg machen, eine Fairtrade Town zu werden? Diese Frage stand im Wirtschaftsausschuss des Gemeinderats auf der Tagesordnung und wird weiter beraten. In Bramsche gab es am Freitag (7. September) auf dem Kirchplatz einen besonderen Akt: Die feierliche Überreichung der Urkunde „Fairtrade Town“ durch den Fairtrade-Ehrenbotschafter Manfred Holz an Bürgermeister Heiner Pahlman. Damit ist besiegelt: Bramsche ist jetzt Fairtrade Town. Wie verlief der Weg dahin? Es brauchte schon während der Vorbereitungsphase viel Engagement, ist eine der Erkenntnisse des klartext-Ausflugs nach Bramsche.

Mit fair gehandelten Rosen gratulierte die Fairtrade-Gemeinde Bad Essen.

 

Intensive Vorarbeit. Bramsche 2. Fairtrade Town im Landkreis.

Bramsche arbeitet seit Ende 2017 daran, die Voraussetzungen dafür zu erfüllen, eine Fairtrade Town zu werden. Für die eingesetzte Steuerungsgruppe, zu der Vertreter der Stadtverwaltung gehören und der Zivilgesellschaft wie z. B. Vereine, bedeutete das: Geschäftsleute, weitere Vereine, Schulen, Bürger für die Fair-Trade-Sache zu gewinnen. Er sei „glücklich und stolz“, so Bürgermeister Pahlmann, dass es „mit der Unterstützung vieler“ gelungen sei, den „bedeutungsvollen Ehrentitel“ nach Bramsche zu holen. Die Steuerungsgruppe habe neben seinem Büro getagt, und da ging es, wie er hören konnte, bei den vorbereitenden Arbeiten „sehr intensiv“ zu.

Nach Bramsche gekommen waren auch Vertreter von Bad Essen (gut 15.000 Ew.), der 1. Fairtrade Town im Landkreis Osnabrück. Für die 2., Bramsche (32.000 Ew.), gab es für den Landkreis auch Glückwünsche vom stellv. Landrat Werner Lager. Mit dabei auch Petra Rosenbach, die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Osnabrücker Land. 31 Fairtrade Towns gibt es nun in Niedersachsen, 546 in Deutschland.

Zum Auftakt der Urkundenverleihung sang der Jugend-Chor St. Martin ein Lied aus Afrika.

Bürger im Vorfeld mit ins Boot holen, da war auch der Bürgermeister mit dabei. So gab es eine Veranstaltung im Rahmen der Bramscher „Stadtgespräche“ zum Thema Fairtrade Town. Deren Ziel war es, die Anwesenden zum Mitmachen zu bewegen und Ideen zu sammeln, mit welchen Aktionen sich der Fair-Trade-Gedanke in Bramsche etablieren könnte.

Zum Abschluss des Abends waren die Gäste eingeladen, sich Fair-Trade-Produkte schmecken zu lassen, darunter ein Dutzend unterschiedliche Schokoladen. „Auch das ist ein sehr wirksamer Weg, um für fair gehandelte Produkte zu werben: Einfach probieren lassen!“, schrieb Heiner Pahlmann zu dieser Veranstaltung in seinem Bürgermeister-Blog.

Viel Einsatz auch schon in jungen Jahren: Hier das Fair-Trade Regal des Greselius Gymnasiums.

Im Frühsommer diesen Jahres war es geschafft: Es waren ausreichend „Mitmacher“ gewonnen, und so konnten die Bewerbungsunterlagen im Juni auf dem Weg gebracht werden. Am 6. August traf dann der Bescheid ein: Alle Bedingungen sind erfüllt, Bramsche wird eine Fairtrade Town.

 

Mit 21 Mitmachern ging Bramsche an den Start.

Faire Schokolade und Buttons „Es beginnt mit Dir“.

Wie die Stadt Bramsche mitteilte, haben sich im Einzelhandel 9 Firmen (mind. 7 waren gefordert) bereit erklärt, wenigstens jeweils zwei Produkte aus Fairem Handel in ihren Läden anzubieten. 6 Gastronomiebetriebe beteiligen sich (2 mehr als gefordert), 3 Schulen engagieren sich (1 gefordert), der Verein „Neue Erde e.V.“ ist mit an Bord, ebenso die Kirchengemeinden St. Martinus und St. Martin. Wie viele zum Start mitmachen müssen, hängt von der Einwohnerzahl ab. In Ankum wären es deutlich weniger als in Bramsche. Die Auszeichnung als Fairtrade-Town ist jedoch nicht das Ziel, sondern der Startschuss für ein weiterführendes Engagement.

 

Jetzt beginnt die Arbeit erst richtig.

Die Arbeit sei für die Steuerungsgruppe mit der Urkundenverleihung noch nicht vorbei, sondern beginne erst richtig, sagt Maria Stuckenberg, Ehrenamtskoordinatorin der Stadt und Mitglied in dieser Gruppe. Weitere Betriebe, Vereine, Schulen, Kirchengemeinden etc. sollen gefunden werden, die auch nach außen sichtbar vertreten, dass sie den Gedanken des Fairen Handels unterstützen. Der Titel Fairtrade Town wird auch nur für 2 Jahre verliehen. Für eine Erneuerung muss nach Ablauf der 2 Jahre eine fortwährende Erfüllung der Kriterien nachgewiesen werden.

 

Armut und damit eine der Fluchtursachen bekämpfen.

3 der Redner (von rechts): Heiner Pahlmann, Manfred Holz, Volker Rohmann.

Wie Bürgermeister Pahlmann verwiesen auch andere Redner in Bramsche auf den Zusammenhang zwischen Armut in der Welt, Migranten, die zu uns kommen, und dem fairen Handel – als Beitrag zur Bekämpfung von Armut und damit auch der Migration. Manfred Holz gab einen Satz weiter, über den er gestolpert war: „Wenn auf der Welt so viel geteilt würde wie bei Facebook, gäbe es keine Armut mehr“.

In vielen deutschen Haushalten gebe es, so Holz, teure Kaffeemaschinen und Küchen, aber billigen Kaffee. Der Marktanteil für fair gehandelten Kaffee liege bei nur 5 %. In anderen Bereichen sehe es aber schon deutlich besser aus. So sei bereits jede 4. gekaufte Rose eine aus Fairem Handel. „Fairer Handel lebt nur vom Handeln“, so der Fairtrade-Ehrenbotschafter, und in Bramsche erlebe er „geballte Energie für den Fairen Handel“.

Mit dem Weltladen „Neue Erde“ ist Fair-Trade-Egagement in Bramsche schon seit 1989 zu Hause. Und so war für Volker Rohmann, 1. Vorsitzender des Weltladens und Mitglied der Steuerungsgruppe, die Auszeichnung als Fairtrade Town auch „eine Anerkennung für die vielen Ehrenamtlichen, die sich schon lange engagieren“.

Für Bürger und Gäste wurden auf dem Kirchplatz in Bramsche fair gehandelte Getränke serviert.

 

Appetit machen: So gut schmeckt Fair Trade.

Nach aller vorbereitenden Arbeit für die Auszeichnungsfeier dominierte am Freitag in Bramsche der Fair-Trade-Genuss – bei einem Glas Fair-Trade-Sekt zum Beispiel, Fair-Trade-Wein oder einem Fair-Trade-Saft aus dem Bramscher Weltladen des Vereins Neue Erde (www.weltladen.de). Mit dabei auch das Eine-Welt-Regal des Greselius Gymnasiums.

Maria Stuckenberg mit einer Ehrungsmappe. Darin eine Urkunde wie sie im Rahmen der Feier denjenigen überreicht wurde, die bislang beim Fairtrade-Engagement mit dabei sind.

 

Die Gemeinde als „engagierter Akteur“.

Fairtrade Town zu sein, ist auch ein Imagegewinn für eine Gemeinde – so sieht man das in Bramsche und andernorts. In Bad Nauheim z. B., wo sich die Stadt so dazu äußerte: „Die Auszeichnung Fairtrade Stadt führt zu einem starken Imagegewinn (…).“

„Mit der Verleihung des Titels bekennt sich Bad Nauheim öffentlich zu mehr Gerechtigkeit“, auch das ein Satz der Stadt. Er drückt aus, was auf der Webseite der Kampagne Fairtrade Town (www.fairtrade-towns.de) zu lesen ist. Fairtrade-Stadt sein zu wollen, zeigt die Auflistung, bedeutet für eine Gemeinde, sich zu positionieren.

 

Ausreichend Geschäfte dürften sich in Ankum finden.

In Bramsche spielt die dortige Stadtmarketing GmbH – zuständig für Tourismus, Citymarketing, Veranstaltungen – auch bei den Fair-Trade-Aktivitäten eine wichtige Rolle. So etwas gibt es in Ankum nicht, und so sind die Rahmenbedingungen nicht 1:1 vergleichbar.

In allen Orten der Samtgemeinde wurden mehr Kinder geboren als Todesfälle zu beklagen waren. Und die Bevölkerung wächst fast überall.

Ob Ankum eine Fairtrade-Gemeinde werden will – darüber muss der Gemeinderat entscheiden.

Wenn Ankum eine Fairtraide-Gemeinde werden will: Da bräuchte es zunächst und vor allem eine möglichst breit aufgestellte und kontinuierlich arbeitende Steuerungsgruppe. Die für eine Bewertung geforderte Zahl von Geschäften zu finden, die mitmachen, dürfte nicht schwer sein, denn es gibt bereits in mehreren Läden fair gehandelte Produkte zu kaufen. Schwieriger schon, den Fairtrade-Gedanken auf Dauer mit Leben zu füllen.

 

Es gab schon mal einen Eine-Welt-Laden in Ankum.

Ende der 1980er-Jahre war der Fair-Trade-Gedanke auch in Ankum schon mal verankert. Sichtbarer Ausdruck dafür war der Laden „Egano“, der Eine-Welt-Laden im Jugendheim an der Aslager Straße. Der Name leitete sich ab aus den Namen der Kirchengemeinden Eggermühlen, Ankum und Nortrup. Das Jugenddekanatsbüro der Kirche engagierte sich da und zu den Mitbegründern gehörte Ralf Gramann.

In diesem Flyer der fairen Kirchengemeinden St. Johannes in Lage-Rieste und St. Paulus in Vörden gibt es bereits eine erste Liste von Läden, in denen es fair gehandelte Produkte gibt. So eine Übersicht muss natürlich immer wieder aktualisiert werden.

3 x die Woche, erzählt er, war der Laden geöffnet und man habe ihn gut am Laufen gehabt. Zu den Aktivitäten gehörte auch damals schon, sich aufzumachen, um Bürger für den fairen Handel und fair gehandelte Produkte zu begeistern. So habe man zum Beispiel im damaligen Restaurant Kassandra ein faires Frühstück organisiert.

1991 zog Ralf Gramann für einige Zeit nach Osnabrück. Ab dann verliert sich in seinem Gedächtnis die Spur des Ladens, der irgendwann geschlossen wurde. Einige der Ideen, die man zu den „Egano“-Zeiten schon hatte, zeigt das Gespräch mit Ralf Gramann, könnten auch Ideen für den Fall sein, dass sich Ankum aufmachen will, Fairtrade-Stadt zu werden.

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