Interview: „Neue Wege gehen“

In der Hauptstraße große Veränderungen & Herausforderungen – und nicht nur dort: Wie Wandel und Wachstum in Ankum bewältigen und gestalten? Darüber sprach klartext zum Start ins Jahr 2019 mit Bürgermeister Detert Brummer-Bange (UWG).

Zu den schönen Terminen des Jahres 2018 gehörte für Bürgermeister Detert Brummer-Bange die offizielle Eröffnung der neuen Kita „Im Dorfe“. An die schloss sich ein Tag der offenen Tür an.

Abrissbagger an prominenter Stelle in der Hauptstraße in Ankum, beim Wahrzeichen „Artländer Dom“: Damit wird demnächst eine das Ortsbild prägende Veränderung beginnen, wie es sie seit Jahrzehnten nicht gab. Vieles ist in Ankum in Bewegung geraten. Starker Wandel ist zum ständigen Begleiter geworden – für die Bürger wie für die Gemeinde.

Fotografiert vom Vorplatz des „Artländer Doms“: Einem großen Neubau weichen sollen das Haus links (einst Oevermann) und das Gebäude mit dem Imbiss (rechts daneben). Zum Besitz von Georg Dobelmann gehört außer den beiden Gebäuden auch das Hotel Schmidt (rechts), das umgebaut wird.

 

Detert Brummer-Bange, UWG Ankum, votierte für eine Prioritätenliste.

Detert Brummer-Bange.

Herr Bürgermeister, das Modehaus Oevermann 2017 geschlossen und verkauft, das Hotel Schmidt geschlossen und verkauft, in wenigen Monaten wird mit Ratermann ein großes Geschäft schließen. Haus und Grundstück hat die Gemeinde gekauft mit der Begründung, man wolle Einfluss darauf haben, wie sich Ankums Ortskern entwickelt. Angekündigt haben Sie zudem die Initiative „Ankum 2035“. Da soll im Rahmen einer Klausurtagung des Gemeinderats ein Masterplan entstehen, in dem skizziert wird, wie sich Ankum entwickeln soll. Ein schwieriges Kapitel dürfte das Ortszentrum sein, oder?

Da geht es ja um das so wichtige Thema lebendiger Ortskern. Wie sehr ein lebendiges Ortszentrum auch für Lebensqualität steht, kann man in Ankum vor allem in den Sommermonaten erleben: Viele Menschen, die in fröhlicher Atmosphäre draußen sitzen, auf den Terrassen der Restaurants und Cafés, auf der Treppe zur Kirche, dazu die Geschäfte, die zum Bummel und Shoppen einladen. Das macht Ankum mit seinem historischen Ortskern so lebens- wie liebenswert.

80-jähriges Bestehen, eine Säule des Ankumer Einzelhandels: Das Modehaus Kuhlmann-Wöstmann.

Lebendig machen einen Ortskern vor allem Einzelhandel und Gastronomie. Durch verändertes Einkaufsverhalten, so durch das Internet-Shopping, hat es aber der lokale Einzelhandel so schwer wie nie zuvor. Verändert hat sich auch das Ausgehverhalten der Menschen, wie das große Kneipen-Sterben zeigt, das wir hier überall erleben, nicht nur in sehr kleinen Orten, sondern auch in einer Stadt wie Bramsche.

Jedes Geschäft, das wegbricht, ist ein großer Verlust. Wir haben Ratermann gekauft, weil wir uns auch als Gemeinde mehr denn je mit der Frage beschäftigen müssen: Was kommt danach? Reiner Wohnungsbau, wo zuvor auch ein Geschäft war, führt meines Erachtens zu einer Entwicklung, die dem Ortskern nimmt, was er braucht: Lebendigkeit, ein attraktives Angebot, das Menschen in die Ortsmitte zieht.

Wenn Einzelhandel im Ortskern eine Zukunft haben soll, muss die Frequenz hoch gehalten werden, und da spielt auch die Gastronomie eine wichtige Rolle. Darum bin ich z. B. froh darüber, dass Georg Dobelmann schon öffentlich gastronomisches Personal suchte für das Neue, das z. B. im Hotel Schmidt entstehen soll. Das lässt auf ein ortsbelebendes Konzept hoffen.

Rappelvoll war die Ankumer Hauptstraße bei den Gaugerichts- und Markttagen (hier 2016). So große Events sind selten. Die Frage ist: Wie rund ums Jahre mehr Anreize zum Shoppen und Flanieren schaffen?

Als Gemeinde befassen wir uns ja schon länger damit, den Ortskern einladender zu gestalten. Mit einem schöneren Ambiente ist es aber nicht getan. Es ist auch nicht damit getan, dass die Ankumer Geschäftswelt inzwischen über die Webseite mein-ankum.de auch online sichtbar ist. Experten auf dem Gebiet Ortsbelebung sagen uns z. B, dass Einzelhandel wie Gastronomie ganzjährig Anreize schaffen müssen fürs Shoppen und Ausgehen. Wie könnte das gelingen? Da müssen wir alle miteinander innovativer und kreativer werden, neue Wege gehen, Bestehendes hinterfragen und schauen, wo wir an vorhandene Stärken anknüpfen können.

 

Gehen wir ein paar Schritte von der Hauptstraße weg. Dass in Ankum ein neues Quartier entsteht, wird so manchem wohl erst richtig bewusst, wenn alles fertig ist. Ich rede von dem ehemaligen Grundschulgelände an der Kolpingstraße.

Dass mitten in einem Ort von der Größe Ankums auf fast 10.000 qm komplett Neues entsteht, ist ziemlich einzigartig. In diesem Fall ein soziales Zentrum mit der bereits in Betrieb genommenen Kita und mit dem Mehrgenerationenquartier des ASD.

Ein neues Quartier: Oben links die neue Kita, davor im Bau – an der Kolpingstraße – das ASD-Projekt.

Wichtige Faktoren sind für mich bei diesem Projekt die von Anfang an praktizierte Bürgerbeteiligung und die Transparenz, die durch das Bieterverfahren gegeben war. Für den Teil der Fläche, auf dem derzeit das Mehrgenerationenquartier des ASD entsteht, gab es ja mehrere Bewerber-Projekte, die alle öffentlich vorgestellt wurden. Es gab eine Jury, die die Projekte bewertete, und am Ende entschied der Gemeinderat. Mit der Planung der Grünanlage, dem dritten Projekt dieses Quartiers, wird in diesem Jahr begonnen. Wieder mit Beteiligung der Bürger. Erste Vorschläge sind da schon eingegangen.

Vogelboll: mit verwitterter Mauer.

Wenn das ASD-Projekt fertig ist, haben wir damit auch einen Mehrwert für alle Bürger. So über die Kulturetage, die für Feste und Veranstaltungen gebucht werden kann, und durch den für alle zugänglichen Garten der Sinne. Außerdem kann man durch dieses neue Quartier hindurch spazieren über einen Weg zwischen der Kolpingstraße und der Schulstraße.

Den Vogelboll werden wir uns demnächst auch noch genauer anschauen. Dass diese historische Stätte jetzt freier und besser sichtbar dasteht, ist aus meiner Sicht ein Gewinn. Nun fällt dann aber auch deutlicher ins Auge, dass es noch etwas zu tun gibt. Beschäftigen sollten wir uns da z. B. mit der kleinen Mauer, die den Vogelboll umgibt, mit der Treppe und dem Treppengeländer.

 

Schauen wir auf Ankum als Ganzes. In den 30 Jahren zwischen 1960 und 1990 stieg die Einwohnerzahl um 851 Personen. In den knapp 30 Jahren danach, zwischen 1990 und 2018, stiegt sie um 2.245 Personen. Tendenz weiter steigend. Das hatte und hat Folgen. Fürs Wohnen zum Beispiel.

Wie sehr Ankum gewachsen ist, das zeigen vor allem die Siedlungen. Und Ankum dehnt sich weiter aus. Im Südosten können im Baugebiet „Alte Ziegelei“ auf den 30 Bauplätzen bereits Häuser entstehen. Im Sommer diesen Jahres können wir dann hoffentlich den abschließenden Beschluss für den Bebauungsplan „Nördliche Kunkheide“ treffen, für ein Gebiet mit ca. 120 Bauplätzen.

Ganz grob – in Orange – skizziert, wie Ankum in den letzten Jahrzehnten gewachsen ist: Schwarz umrandet: wie es weiter wachsen soll.

Damit bin ich dann auch wieder bei „Ankum 2035“. Für das Baugebiet „Nördliche Kunkheide“ wurde bereits ein Ausbau der Druchhorner Straße vorgesehen und es wurde auch eine Fläche für eine neue Kita mit eingeplant für den Fall, dass wir eine vierte Kita bauen müssen. Dass Ankum stark gewachsen ist und weiter wächst, hat eben auch Folgen für den Verkehr und für die sogenannte soziale Infrastruktur wie die Kinderbetreuung.

Ortsplanung gab es in Ankum auch bislang schon, aber so etwas wie eine aufs Ganze schauende Stadtplanung gab es bislang nicht. Wir werden uns, wenn wir ein Konzept „Ankum 2035“ erarbeiten, aber genau damit beschäftigen müssen. Vorausschauend, aber auch mit Blick auf das Bestehende. Verkehr & Parken gehört z. B. zu den wichtigen Themen. Bei der neuen Kita an der Schulstraße haben wir erst einmal punktuell eine geänderte Verkehrsführung und Parkplatznutzung beschlossen. Aber punktuell zu handeln, reicht nicht. Wir müssen aufs Ganze schauen.

Grün = LED. Alles, was rot und gelb ist, soll nunmehr auf LED umgestellt werden. © innogy.

Auch die ganz großen Themen, die die Welt bewegen wie Klima, Artenschutz, E-Mobilität, müssen uns, runtergebrochen auf Ankum, beschäftigen. Die Straßenbeleuchtung komplett auf LED umzustellen, wurde im Gemeinderat schon im Dezember 2017 beschlossen. Ein Ingenieurbüro ist damit beauftragt, die Ausschreibung fertig zu stellen. Ich hoffe auf eine möglichst zügige Umsetzung des Ratsbeschlusses. Allerdings stehen wir auch in dieser Sache vor dem Problem, dass Ingenieurbüros wie auch andere Betriebe so ausgebucht sind, dass es längere Zeit dauern kann, bis ein Auftrag abgearbeitet wird.

Wo es blüht, da summt und brummt es auch.

Im Frühjahr diesen Jahres werden wir damit beginnen, Flächen naturnäher und vielfältiger zu bepflanzen, um damit auch dem Insekten- und Bienensterben etwas entgegenzusetzen. Von Smart City war im Rat auch schon mal die Rede. Kurz gesagt: Eine nachhaltige Entwicklung, auch das ist Stoff für „Ankum 2035“.

Beschäftigen sollten wir uns auch mit der Ausgestaltung unserer Siedlungen. Ankum hat sich durch die Siedlungen in starkem Maße ausgedehnt. Sollten da Siedlungsbereiche nicht auch in stärkerem Maße zu Wohnquartieren werden? Man könnte zum Beispiel so etwas wie einen kleinen Park für Begegnungen schaffen für Groß und Klein, ausgestattet auch mit einem interessanten Spielplatz.

 

Der Bürgermeister mit Ideen für den See-Spielplatz von Nina Schulterobben.

Stichwort Spielplatz. Zur Diskussion steht gerade der Spielplatz am Ankumer See. Außerdem wurden im Rat zahlreiche Ideen zur weiteren Ausgestaltung der Seen-Landschaft vorgestellt. Zudem steht mit dem Bau von etwa 30 Ferienapartments – zwecks Erweiterung des See- und Sporthotels – eine große Veränderung am See an.

Es fehlt uns in Ankum, das zeigt nicht zuletzt die Arbeit der Ausschüsse des Gemeinderats, nicht an Initiativen und Ideen zum Ankumer See. Da sind viele einzelne Maßnahmen im Gespräch. Was noch fehlt, ist jedoch ein Konzept. Wir müssen uns meines Erachtens erst einmal darauf verständigen, welchen Charakter die Seeanlage haben soll. Soll mehr los sein am See und wenn ja, was? Wollen wir dort einen großen, eine Art zentralen Spielplatz schaffen? Bislang schauen wir, was Spielplätze angeht, nur auf den See. Auch da sollten wir im Rahmen von „Ankum 2035“ aufs Ganze schauen.

 

Demnächst wird der Haushaltsplan für dieses Jahr verabschiedet werden. Ankum machte da in jüngster Zeit mit den höchsten Gewerbesteuereinnahmen in der Samtgemeinde auf sich aufmerksam. Finanzielle Sorgen dürfte die Gemeinde keine haben.

Schön großzügig, aber auch teuer: Die neue Kita.

Gute Nachrichten wie hohe Gewerbesteuereinnahmen haben auch eine Kehrseite (lacht), denn sie verführen dazu, sich ganz viel vorzunehmen. Es ist natürlich gut, dass Ankum freiwillige Leistungen wie zum Beispiel 50.000 € für einen Erlebniswald auf dem Jugendzeltplatz in Aslage erbringen kann und dass wir Luft haben zu investieren.

Wir sollten aber bei unserem Kurs bleiben, Verschuldung abzubauen. Der Kita-Bau hat ja gerade erst eine höhere Verschuldung zur Folge gehabt. Außerdem müssen wir über das jeweilige Haushaltsjahr hinausschauen. Wir könnten schneller als uns lieb ist vor der Situation stehen, eine weitere Kita bauen zu müssen. Da reden wir wieder über Millionenbeträge, auch wenn der Bau einfacher ausfallen würde als die Kita „Im Dorfe“ mit ihrem 100 qm großen Bewegungsraum und ihrer exponierten Lage im historischen Zentrum. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass gerade die Gewerbesteuereinnahmen stark schwanken können und wir uns insgesamt, und da ist der Brexit nur ein Faktor, auf wirtschaftlich schwierigere Zeiten einstellen müssen.

 

Herr Brummer-Bange, Sie sitzen für die UWG im Kreistag und werden da bald mit einer Ankum betreffenden Entscheidung befasst sein, denn im März wird der Kreistag über die Einführung eines gymnasialen Zweigs an der Ankumer Oberschule abstimmen.

Als Bürgermeister kann ich nur begrüßen, dass sich die August-Benninghaus-Schule auf den Weg gemacht hat, einen gymnasialen Zweig einzurichten. Dass ein gymnasialer Zweig ein großer Gewinn ist, habe ich gerade erst im Kreistag bestätigt bekommen, denn wir haben uns am 17. Dezember einstimmig dafür ausgesprochen, einen gymnasialen Zweig an der Johannes-Vicke-Schule in Belm einzuführen.

Was ich da gehört habe, haben wir auch hier während der Debatten über den gymnasialen Zweig vorgetragen: Dass er – und da zitiere ich jetzt CDU-Sprecher aus Belm – ein „Riesenvorteil für die Schüler ist“, eine „Aufwertung der Oberschule“ darstellt, eine „große Chance ist“, dass er dazu beitragen kann, Schülerinnen und Schüler an einer Schule zu halten. Im Ankum-Fall heißt das, Schülerinnen und Schüler an einer Schule in der Samtgemeinde zu halten und damit der bislang starken Abwanderung an andere Schulen wie z.B. zur IGS in Fürstenau etwas entgegenzusetzen.

Bei der Abstimmung im Samtgemeinderat haben sich leider die Ratsmitglieder der CDU – bis auf eine Ausnahme – gegen die Einführung eines gymnasialen Zweigs an der Ankumer Oberschule gestellt, trotz des überzeugenden Eltern-Votums. Was den Kreistag angeht, hoffe ich darauf, dass der sich im März ebenso deutlich, wie er das bei Belm getan hat, für die Einführung eines gymnasialen Zweigs an der Oberschule in Ankum aussprechen wird.

 

Ankum könnte damit leben müssen, dass im Osten der Gemeinde eine Höchstspannungsleitung entsteht. Sie haben von einem „ersten Erfolg“ gesprochen, als verkündet wurde, dass es auf einem Teilstück von 3,9 km Länge Erdverkabelung geben soll. Was heißt „erster Erfolg“?

Das heißt, dass wir bislang in einem Punkt etwas erreicht haben, dass aber auch noch viel Arbeit vor uns liegt. Ich kann unserer Ankumer Bürgerinitiative nur zustimmen, wenn sie sagt: „Noch ist nichts entschieden“. Und ich bin ebenso wie sie der Meinung und habe das auch immer wieder gefordert: Die Trasse gehört an die Autobahn A1 und das Ziel ist eine bestmögliche Erdverkabelung.

Seit gut zwei Jahres Protest: Trassendemo 2016 in Ankum, auch mit Bürgermeister Brummer-Bange (ganz links).

Als Bürgermeister von Ankum muss ich mich aber der Realität stellen. Und das heißt z. B.: Der derzeitige Planungsprozess wird bestimmt durch die aktuelle Rechtslage und die derzeitige Bewertung von Technologien.

Wenn unsere Bürgerinitiative z. B. in einem Rundschreiben sagt, das Ministerium und die Bundesnetzagentur sprächen sich grundsätzlich nicht gegen eine AGS-Erdverkabelung aus, dann sind die entscheidenden Wörter „grundsätzlich nicht“. Grundsätzlich wird diese Technologie begrüßt. Ich bin es den Bürgern aber auch schuldig zu sagen, was auf dem Erörterungstermin am 6. Dezember gesagt wurde, und das war: Die AGS Technik sei aus Sicht des Landes Niedersachsen für den 380-kV-Bereich in naher Zukunft NICHT geeignet. Die Trasse von Conneforde nach Merzen soll aber schon in naher Zukunft gebaut werden. Mitte Dezember kam zudem aus Berlin, vom Wirtschaftsminister Peter Altmaier, die wenig Gutes verheißende Nachricht, dass der Trassenausbau noch beschleunigt werden soll.

Christian Calderone (links) in Ankum mit den Bürgermeistern Brummer-Bange und Menke.

Vor knapp einem Jahr, Anfang Februar 2018, waren bei einer großen Stromtrassen-Veranstaltung in Ankum mit Christian Calderone (CDU) und Horst Kortlang (FDP) zwei Landtagsabgeordnete zu Gast und mit Filiz Polat von den Grünen auch eine Bundestagsabgeordnete. Calderone wie Polat sagten damals zu, sich dafür einzusetzen, dass „neue Technologien – moderne Verlegetechniken – einbezogen werden“.

Im Oktober haben wir dann im Rahmen einer von der UWG organisierten Reise nach Berlin, bei der ich mit dabei war, mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. André Berghegger, mit Filiz Polat von den Grünen und Matthias Seestern-Pauly (FDP) auch darüber gesprochen, ob beim Trassenbau andere Leitungssysteme eine Chance hätten. Viel Hoffnung, war da parteiübergreifend der Tenor, bestehe da nicht; man müsse schauen, was im Rahmen der Gesetze geht und weiterhin gemeinsam Druck machen. Was die große Politik in Berlin angeht, wird auch die Gemeinde weiterhin am Ball bleiben.

Von Ankum nach Berlin: Die Stromtrasse war im Oktober auch Thema bei dem Treffen mit Bundestagsabgeordneten aus der Region.

Darüber, dass man sich möglicherweise in Berlin doch noch eines anderen besinnt, dürfen Bürgermeister und Gemeinde aber nicht vernachlässigen, womit wir hier und jetzt konfrontiert sind: Mit dem aktuell laufenden Verfahren zur Trassenplanung. Als Gemeinde haben wir alles in die Waagschale geworfen, was an Einwänden gegen einen Trassenbau vorgebracht werden kann. Wir haben das zusammen mit zahlreichen Beteiligten getan und tun das weiterhin.

Teilstück Erdverkabelung.

Gebracht hat das bislang den Teilerfolg knapp 4 km Erdverkabelung. Wer betont, dass davon nur wenige, nämlich die dort lebenden Bürger, profitieren, muss sich meines Erachtens fragen lassen, ob es besser gewesen wäre, diese Veränderung, diesen Teilerfolg, nicht zu erringen.

Was immer ich mir ganz anderes wünsche und wofür ich mich da auch einsetze: Als Bürgermeister und Gemeinde können wir die von Amprion benannte Vorzugstrasse im Osten von Ankum und deren beabsichtigte Ausgestaltung nicht ignorieren. Sie könnte Wirklichkeit werden, und darum müssen wir um jede mögliche Verbesserung für betroffene Bürger ringen. Um möglichst viel Erdverkabelung oder auch um einen anderen Trassenverlauf bei Druchhorn.

Mitte diesen Jahres ist mit einer Entscheidung zur Trassenführung zu rechnen – mit der Landesplanerischen Feststellung zum Raumordnungsverfahren. Parallel dazu wurde bereits der letzte Schritt, das Planfeststellungsverfahren, eingeleitet.

März 2018: Protest gegen die so frühe Einleitung des Planfeststellungsverfahrens.

Wir haben alle miteinander – wie Bürgerinitiativen, Landkreis Osnabrück, der Bürgermeister von Ankum, Samtgemeindebürgermeister Baier –, im März letzten Jahres gegen die unerwartet-frühe Einleitung protestiert. Verhindern konnten wir sie nicht, weil es keine rechtliche Handhabe gegen das Vorgehen gibt.

Was den weiteren Verlauf angeht, ist mein Fazit nach den bisherigen Aktivitäten: Je besser und intensiver wir kooperieren, Expertise austauschen und zusammenführen, die es inzwischen in hohem Maße in unserer Region gibt, desto größer sind unsere Chancen, etwas zu erreichen.

 

Ein letztes Thema: Mit einem historischen Schienenbus ab Ankum zu Weihnachtsmärkten in attraktiven Orten wie z. B. Goslar – damit ging das Programm Ausflugsfahren im Jahr 2018 zu Ende. Ausflugsfahrten soll es auch in diesem Jahr geben. Sie sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit der Ankum-Bersenbrücker-Eisenbahn (abe) mit der Weser-Ems-Eisenbahn. Zu den Entscheidungen, die der Gemeinderat in diesem Jahr getroffen hat, gehört auch, dass Ankum mehr Anteile an der abe erwirbt und damit zum 51-Prozent-Mehrheitsgesellschafter wird. Welchen Stellenwert hat das für Sie?

Ein Ereignis war die Zugtaufe im Juni 2018 auf dem Bahnhofsgelände. Da bekamen die Gäste die Eisenbahnschätze zu sehen.

Belebung ist für mich das zentrale Wort auch im Zusammenhang mit dem Bahnhofsgelände, das ja über Jahrzehnte brach lag. Im Dezember hat sich gezeigt, dass einige der touristischen Fahrten sogar deutlich besser angenommen wurden als erwartet. Aus meiner Sicht sind wir da auf einem guten und vielversprechenden Weg. Insgesamt bleibt aber noch einiges zu tun.

Es gilt weiterhin, die historischen Eisenbahn-Schätze zu heben, die wir hier in Ankum haben. So soll ja noch ein Eisenbahn-Museum entstehen und ein Zug-Café neben dem Bahnhofsgebäude. Dass wir da in diesem Jahr nicht so schnell vorangekommen sind wie erhofft, lag daran, dass lange auf Fördergeldbescheide gewartet werden musste. Die sind nun da, und so werden wir auch demnächst erleben, wie sich das Gelände mehr und mehr zu einem attraktiven Areal entwickeln wird.

Dass Ankum zum Mehrheitsgesellschafter bei der abe wird, sollte nicht überbewertet werden. Für große Entscheidungen bedarf es ohnehin einer Mehrheit von 75 %. Außerdem sind wir bislang bei der abe gut damit gefahren, Entscheidungen im Konsens zu treffen.

Geplant ist auch ein neuer Bahnsteig.

Für Ankum sind die Aktivitäten der abe und deren Kooperation mit Holger Paulsen und mit der Weser-Ems-Eisenbahn (WEE) ein Gewinn. Die touristische Nutzung fortsetzen und ausbauen, darin steckt meines Erachtens viel Potential. Im Gespräch ist z. B. ja schon, dass die WEE auch Ausflugsfahren ab Osnabrück anbietet und Ausflügler nach Ankum bringt. Um das Potential in vollem Umfang zu nutzen, müssen wir auch in dieser Sache in viel stärkerem Maße vernetzt denken und handeln, aufs Ganze schauen, wie wir es im Rahmen von „Ankum 2035“ tun werden.

Jede Belebung des Tourismus, mehr Gäste in Ankum, das kann dem Ort nur nützen. Und damit bin ich wieder beim Thema lebendiger Ortskern. Eine Ortsmitte mit einer interessanten Gastronomie- und Einkaufsszene bedeutet Lebensqualität für die Bürger und ist zugleich ein wichtiger Faktor, um Gäste für Ankum zu begeistern. Diese Gäste tragen dann mit dazu bei – durch das Geld, das sie hier ausgeben –, dass Geschäfte florieren können.

Randvoll war der Platz, als Bürgermeister Brummer-Bange (hinten links) und (neben ihm) Joachim Bosse mit Wohnmobilisten auf die Erweiterung des Stellplatzes anstießen.

Mehr Gäste nach Ankum zu holen, ist uns ja auch schon durch den Wohnmobilstellplatz der Gemeinde gelungen, den wir in diesem Jahr noch erweitert haben. Dank der umfassenden Betreuung des Platzes durch Joachim Bosse wissen wir nicht nur, wie viele Wohnmobilisten ihn nutzen, sondern auch, dass diese Gäste hier so einiges Geld in den Einzelhandelsgeschäften und den gastronomischen Betrieben ausgeben.

Ankum hat viel Potential. Um es bestmöglichst zu nutzen, bedarf es aber großer gemeinsamen Anstrengungen. Als Bürgermeister wünsche ich mir, dass sich viele einbringen, Bürger, Gewerbetreibende, Gemeinde, um tatkräftig, konstruktiv und kreativ daran mitzuwirken, Ankums Gegenwart und Zukunft zu gestalten.

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