Jugendkonferenz fällt aus – so gut wie kein Interesse

Nur 9 von um die 250 möglichen Schülerinnen & Schülern haben sich für die 1. Jugendkonferenz der Samtgemeinde angemeldet. Welche Schlüsse daraus ziehen? klartext fragte 2 junge politisch Engagierte und den Samtgemeindebürgermeister.

Schülerinnen und Schüler: Großes Interesse im März an der Demo „Fridays for Future“, geringes Interesse an der Jugendkonferenz.

Viel vorbereitende Arbeit für die Katz‘: Die 1. Jugendkonferenz der Samtgemeinde, die am Samstag, 23. November, hätte stattfinden sollen, fällt ins Wasser – zumindest so gut wie. Die 9 Schülerinnen und Schüler, die sich angemeldet haben, möchte das Team hinter den umfangreichen Vorbereitungen aber nicht hängen lassen. Mit ihnen werden die Jugendpflege und die Bildungsmanagerin der Samtgemeinde in kleiner Runde zum Thema „Jugendbeteiligung“ arbeiten.

 

Wie weiter mit dem Projekt „Jugendkonferenz“?

Auf nur 1 Tag angelegt.

Eingeladen zur 1. Jugendkonferenz waren die Schülerinnen der 9. Klassen. Gut 150 sind das allein an den Oberschulen in Ankum und Bersenbrück. Dazu die 9. Klassen des Gymnasiums sowie die Schülerinnen und Schüler, die zur IGS in Fürstenau und anderen Schulen außerhalb der Samtgemeinde gehen. Geschätzt dürften da über 250 mögliche Teilnehmer einer Jugendkonferenz zusammenkommen.

Warum sind nur 9 der Einladung gefolgt? Wissend, dass es schwierig ist, Jugendliche für kontinuierliches Engagement zu gewinnen, war schon ein Format gewählt worden, bei dem sich die Schülerinnen & Schüler nur 1 Tag lang mit ihren Vorstellungen, Wünschen, Anregungen einbringen. Pro Jahr hätte 1 x eine solche Jugendkonferenz stattfinden sollen.

Was nun, angesichts des geringen Interesses? klartext holte einige Stimmen ein: Fragte Marvin Lorenz, Gymnasiast, 17 Jahre, Sprecher der „Grünen Jugend Samtgemeinde“, Dennis Lindemann, 27 Jahre, im Vorstand der Jungen Union Ankum-Bersenbrück und CDU-Mitglied des Samtgemeinderats, sowie Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier.

Marvin Lorenz (rechts) im März diesen Jahres vor dem Samtgemeinderathaus bei der Demo „Fridays for Future“.

 

Nicht weiterzumachen wäre „eine Kastastrophe für die Demokratie und die Jugendemanzipation in der Samtgemeinde“.

Dass sich nur 9 anmeldeten, ist für den Grünen Marvin Lorenz, „sehr enttäuschend“. Marvin machte sich z. B. bei der Fridays-for-Future-Demo in Bersenbrück für mehr Einbeziehung der Jugend in politische Entscheidungen stark.

Marvin ist aber nicht nur enttäuscht, sondern auch besorgt. Seine Befürchtung: Die geringe Anmeldezahl könnte als Vorwand benutzt werden, um die Sache ein für allemal fallenzulassen nach dem Motto ,es hat ja ohnehin keinen Zweck‘. Das wäre für ihn „eine Katastrophe für die Demokratie und die Jugendemanzipation in der Samtgemeinde“.

Berufsorientierung: Viel zu tun hatten die Schülerinnen & Schüler der 9. Klassen am 12. und 13. November bei der „Hausmesse“ der Von-Ravensberg-Schule (mehr dazu hier).

 

Neuntklässler zu jung? Schon in die Vorbereitungen mit einbeziehen.

Marvin hat einige Vorschläge, um bei einem 2. Anlauf mehr Erfolg zu haben. Seiner Meinung nach sind die Neuntklässler noch etwas zu jung und das Interesse wäre in den höheren Klassen größer gewesen. Außerdem bedarf es seiner Meinung nach einer intensiveren Vermittlung.

Am Gymnasium Bersenbrück machten im letzten Jahr bei „Pimp your Town“ 100 Schülerinnen & Schüler mit. © www.pimpyourtown.de

Den meisten Schülerinnen & Schülern, meint er, sei nicht wirklich bewusst gewesen, dass die Politik ernst machen will damit, die Jugend zu hören und zu beteiligen. Seiner Meinung nach sei es besser gewesen, Schülerinnen & Schüler auch schon in die Vorbereitungen mit einzubeziehen. Darüber wären sie zu Multiplikatoren geworden mit der Folge, dass sie Freunden und Mitschülern vermittelt hätten, dass die Jugendkonferenz keine Alibiveranstaltung von Politikern ist, sondern dass die ernsthafte Bereitschaft besteht, die Jugend einzubeziehen.

 

„Wir sind die Generation ,Couch Potato‘. Erst wenn uns etwas nahe geht, stehen wir auf“.

„Generation Couch Potato“, sagt Marvin Lorenz (Bildmitte).

Dass es schwierig ist, Jugendliche zu motivieren, räumt Marvin ein und sagt selbstkritisch: „Wir sind die Generation ,Couch Potato‘. Erst wenn uns etwas nahe geht, stehen wir auf“. Der Klimawandel gehe Jugendlichen z. B. nahe, und darum habe es auch eine große Beteiligung an der Fridays-for-Future-Demo gegeben.

Dass es bei der Jugendkonferenz um Anliegen gehen würde, die viel mit dem Leben und den Interessen der Jugend zu tun haben, das sei wohl nicht in ausreichendem Maße deutlich geworden. Über einen Flyer, sagt Marvin Lorenz, seien die Jugendlichen nicht zu erreichen.

Auch bei ihm durchaus eine gewisse Ratlosigkeit darüber, wie ein weiterer Anlauf erfolgreicher gestaltet werden kann. Umso nachdrücklicher sein Appell, nicht nachzulassen, es auf jeden Fall weiter zu versuchen.

Dennis Lindemann (3. von links) im Samtgemeinderat. Er meint: „Zu den Jugendlichen hingehen“.

 

„Grundsätzlich richtig“, aber „war der Weg richtig?“.

Dennis Lindemann unterstreicht das Engagement der Jungen Union, das er auch im Samtgemeinderat vertritt, für politische Partizipation von Jugendlichen. Seiner Meinung nach sind Jugendliche durchaus interessiert. Das Format Jungendkonferenz, sagt er, sei ein „interessantes und gut organisiertes Format“. Angesicht der geringen Teilnehmerzahl fragt er jedoch, ob „der Weg, wie man an die Jugendlichen herangegangen sei, der richtige gewesen sei“.

 

„Da, wo sie nicht weglaufen können“. „Auf jeden Fall am Ball bleiben“.

Dennis Lindemann.

Ein Vorschlag von Dennis Lindemann: Zu den Jugendlichen hingehen, statt sie zum Kommen einzuladen. Dahin gehen, wo „die Jugendlichen nicht weglaufen können“. Er plädiert für einen Einstieg auf Ebene der Schule; dass Politiker z. B. in eine Unterrichtsstunde gehen, damit Schülerinnen und Schüler „Gesichter sehen“ oder dass eine Schule die Klassen eines Jahrgangs zusammenfasst, um Ideen, Wünsche, Vorstellungen zur politischen Mitwirkung zu erarbeiten. Teil der Vorstellungen der Jungen Union ist zudem ein „Mentoring-Programm“, um Jugendliche für die Kommunalpolitik zu gewinnen. „Auf jeden Fall am Ball bleiben“, sagt Dennis Lindemann.

 

„Offen für alle Wünsche“. „Erwarte aber auch mehr Eigeninitiative“.

Wie wurde für die Jugendkonferenz geworben? „Wir haben nicht nur auf Flyer gesetzt“, sagt Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier. Nach seiner Kenntnis seien Bildungsmanagerin Petra Barth und Jugendpfleger Maik Bienk kurz in jede Klasse gegangen und hätten persönlich für die Konferenz geworben. „Wir wollten“, so Baier, „das Alter nicht höher setzen, damit wir auch unsere Oberschulen erreichen“.

Horst Baier (rechts) bei der Demo „Fridays for Future“. Er ist weiterhin „offen für die Wünsche der jungen Leute“, erwartet aber auch „mehr Eigeninitiative“.

Die Aktion ,Pimp your Town‘ habe auch schon Anlaufschwierigkeiten gehabt. Letztlich habe sich nur das Gymnasium beteiligt. „Ich bin offen für alle Wünsche der jungen Leute auf Beteiligung. Ich erwarte aber auch mehr Eigeninitiative und Ideen für Projekte und Themen“, so Horst Baier.

Dass es sehr schwierig ist, Jugendliche für das zu motivieren, was politisch Aktive immer wieder fordern – die Beteiligung junger Menschen –, zeigt sich auch bei anderen Formaten. Horst Baier verweist da auf Kommunen, die Jugendparlamente erproben. Nach Berichten aus den Kommunen würde auch dieses Beteiligungsformat nicht von alleine laufen, sondern nur mit starker Verwaltungsunterstützung. „Unsere Tür steht für die Jugendlichen offen“, schließt Horst Baier.

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