Politikstil Hauen und Stechen?

Ein Kommentar von Rita Stiens zu
Grundschulen: Kettenkamp freut sich, Gehrde in der Warteschleife

sitze-samtgemeindeSeit Ende April 2015 ist die Katze aus dem Sack. Die Kettenkamper Keding-Grundschule hat einen Sanierungsbedarf, der weit über die Kosten für den Aula-Neubau hinausgeht. Kampfsport-Liebhaber werden vielleicht anerkennend mit dem Kopf nicken, wenn sie auf die Entwicklung der Dinge schauen. Worum geht es?
Kettenkamp hat Ende 2014 im Samtgemeinderat über 600.000 Euro für den Neubau der Aula durchgeboxt – für das Haushaltsjahr 2015. Das gelang, weil einige Ratsmitglieder fehlten, und die CDU-Fraktion, zu der u.a. der Kettenkamper Bürgermeister Reinhard Wilke gehört, Unterstützer fand: Die beiden Kettenkamper SPD-Vertreter Werner Lager und Renate Giese schlugen sich auf ihre Seite.

Die Grundschule Kettenkamp: Angepackt werden der Aula-Neubau plus Sanierungsmaßnahmen.

Die Grundschule Kettenkamp: Angepackt werden der Aula-Neubau plus Sanierungsmaßnahmen.

Zu dem Zeitpunkt lag aber noch gar kein Haushaltsplan für 2015 vor. Es war also noch gar nicht abzusehen, wie viel Geld 2015 in der Kasse sein würde. Schlimmer noch: Den Dafür-Stimmern muss klar gewesen sein, dass es viel teurer werden wird. Schließlich leben die Kettenkamper Mitglieder des Samtgemeinderats vor Ort und kennen den baulichen Gesamtzustand der Schule.
Gut 600.000 Euro hatte Kettenkamp also Ende 2014 für den Aula-Neubau unter Dach und Fach. Und nun führt kein Weg daran vorbei, dass weitere Hunderttausende Euros – insgesamt wohl 1,2 Millionen Euro oder gar mehr – für die Schule zur Verfügung gestellt werden müssen. Schließlich macht es ja wenig Sinn, erst eine Baustelle aufzumachen und dann, in vielleicht in zwei, drei Jahren, die zweite.

Die Kettenkamper Grundschule hat im Schuljahr 2014/2015 gut 90 Schülerinnen und Schüler, die Gehrder Grundschule 128 Schülerinnen und Schüler.

Clever gemacht, Kettenkamp, könnte man sagen. Wäre da nicht die Tatsache, dass exakt jene CDU-Vertreter im Samtgemeinderat, die Kettenkamp auf diesem Weg begleitet und unterstützt haben, dem Haushalt 2015 ihre Zustimmung verweigerten, und die jahrein, jahraus den hohen Schuldenstand der Samtgemeinde kritisieren.
Und wäre da nicht noch eine zweite Tatsache: Kampfsportler kämpfen auf der Basis von Regeln. Das Fair Play gilt für sie wie für alle Sportarten. Was ist fair an dem Spiel, das rund um die Kettenkamper Schule gespielt wird?
Niemand bestreitet, dass die Kettenkamper Grundschule Verbesserungen braucht. Es besteht aber auch woanders Bedarf, vor allem in Gehrde. In welch’ schwieriger Lage sich die Grundschule Gehrde befindet, schildert der UWG-Ratsherr Markus Lange hier.

In Gehrde: provisorischer Unterricht in der alten Turnhalle. Wie lange noch, fragen sich die Gehrder?

In Gehrde: provisorischer Unterricht in der alten Turnhalle. Wie lange noch, fragen sich die Gehrder?

„Die Samtgemeinde und ihre Mitgliedsgemeinden sind eine Solidargemeinschaft und unterstützen sich gegenseitig bei der Entwicklung“, schreibt Samtgemeinde-Bürgermeister Horst Baier seinen Kollegen seit 2013 ins Stammbuch. Es ist sogar die Rede davon, dass „alle Mitgliedsgemeinden und die Samtgemeinde an einem Strang ziehen und die gleichen Ziele verfolgen“.
Damit Kettenkamp wie auch Gehrde zu ihrem Recht kommen, hätte es gemeinsamer Beratungen bedurft und gemeinsamer Gespräche darüber, wie die Belange beider Schulen und auch die anderer zu finanzieren sind. Solidarität, das sei noch angemerkt, sollte vor allem für SPD-Ratsmitglieder kein Fremdwort sein.
Her mit dem Geld für Kettenkamp, Schulden hin, Schulden her. Und wenn Gehrde auf der Tagesordnung steht, erhöht sich der Schuldenstand einfach weiter? So sollte es nicht gehen. So geht es aber leider doch, wie die Praxis zeigt.
Dass die CDU den Schuldenstand der Samtgemeinde weiterhin kritisieren wird, ist abzusehen. Wenn sie mit dieser Kritik ernst genommen werden will, sollte sie ihren Teil der Verantwortung dafür nicht aus dem Blick verlieren.
Hauen und Stechen war einmal ein vorherrschender Politikstil in der Samtgemeinde. Das ist kein von der Verantwortung fürs Ganze geprägter Stil. Er sollte der Vergangenheit angehören.

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