Dass eine artgerechtere Schweinehaltung und Wirtschaftlichkeit zusammengehen können, erlebte klartext im September 2017 auf dem Hof Ahrens-Westerlage in Neuenkirchen. Nun war dort Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier zu Besuch.
„Ein Landwirt in Neuenkirchen geht neue Wege“, war 2017 bei klartext nach einem Besuch auf dem Hof Ahrens-Westerlage zu lesen (Text und Fotos dazu hier). Dass es Hunderten Schweinen bei Ahrens-Westerlage so gut geht wie sonst kaum einem Artgenossen in einer Mastanlage in Deutschland, liegt am Konzept „Offenstall“ (www.offenstall.com).
„Artgerechte Tierhaltung erfordert ein Umdenken bei Handel und Verbrauchern“.
Über seinen Besuch bei Ahrens-Westerlage informierte Horst Baier per Pressemitteilung. Pressemitteilungen gibt es bei klartext äußerst selten. Hier eine Ausnahme von der Regel – zugunsten von Ausnahme-Schweinehaltern, die zeigen, dass es Alternativen gibt zu den herkömmlichen Mastanlagen.
Vermittelt hatte den Besuch von Horst Baier die Grünen-Fraktion mit dem Ziel, sich über die Tierhaltung und die Situation in der Landwirtschaft zu informieren.
Die Landwirte, so Horst Baier, seien „wirtschaftlichen Zwängen ausgesetzt“. Der Schlüssel für eine Verbesserung bei der Tierhaltung seien der Handel und die Verbraucher.“ Auf dem Hof Ahrens-Westerlage, so Baier, werde „seit Jahren die Idee des Offenstalls verfolgt. Jedes Schwein hat hier 1,5 qm, also doppelt so viel Platz wie in der herkömmlichen Schweinemästung. Die Schweine bekommen frische Luft und natürliches Tageslicht.
Dass sich die Tiere wohlfühlen, erkennt man am intakten Ringelschwanz, weiß der Landwirt. Das Schwein sei ein hochintelligentes und äußerst sensibles und sauberes Tier, berichtet Carl Ahrens-Westerlage. Es braucht wie alle Tiere artgerechte Haltung. Dazu gehören Beschäftigung, Auslauf, sogar ein Bereich zum Koten. Was zu jedem Offenstall gehört, ist ein Strohbereich, in dem die Schweine ruhen und schlafen oder auch wühlen und spielen können.
Schweine-Quiz. Wie sind Schweine eigentlich drauf, wenn sie sein dürfen wie sie sind? Sind sie schlau, können sie schwimmen oder schwitzen, bauen sie Nester? Was heißt artgerecht bei einem Schwein?
Mehr herausfinden über die angeborenen Verhaltensweisen bei Schweinen können Sie mit dem Schweine-Quiz von klartext. Sie finden es hier.
„Die landläufige Schweinehaltung mit 0,75 qm pro Schwein mache inzwischen vielen Menschen, insbesondere der jungen Generation, ein schlechtes Gewissen und lasse die Anzahl von Vegetariern ständig wachsen, vermutet Baier. Es sei erfreulich, auf diesem Hof zu sehen, dass es für Schweine Wohlfühlbedingungen gebe, die neben dem Tierschutzfaktor einen Klimaschutzfaktor haben. Offenställe benötigen keine stromfressenden Filteranlagen, weil die Tiere selbständig zwischen diesen unterschiedlichen sogenannten Klimazonen frei auswählen und sich nach Belieben hin und her bewegen können.“
„Kot und Urin werden getrennt“, so Baier weiter. „Gefüttert wird weitestgehend das, was der eigene Acker hergibt. Als Ergebnis erhält der Landwirt vitale, ausgeglichene und robuste Schweine.
Natürlich sind es bei Ahrens-Westerlage mit 1500 weit weniger als bei anderen Schweinemästern. Aber gerade so sei man auf dem richtigen Weg in eine verantwortungsvolle Zukunft für die bäuerliche Landwirtschaft, waren die Besucher am Ende überzeugt.
Bei dieser Tierhaltung entsteht ein höherer manueller Aufwand bei der Stallreinigung und zur Kontrolle des Tierwohls. Die Mehrkosten sind angesichts des Anteils der reinen Kosten für ein Schwein in der gesamten Verarbeitungs- und Lieferkette bis zur Kühltheke aber überschaubar, konnte sich Baier überzeugen.
„Lidl und Aldi versuchen, Vorreiter zu sein“.
Geschlachtet wird für Märkte, die bereit sind, mehr zu zahlen. Im Augenblick versuchten Lidl und Aldi Vorreiter zu sein, so die Hofbesitzer. Ahrens-Westerlage habe eine Zertifizierung für Aldi. Der Handel habe eine große Verantwortung dafür, wie Tiere gehalten werden. Wenn das Billigfleisch nicht mehr vom Handel nachgefragt werde, brauche der Landwirt es nicht zu liefern.
Inzwischen gebe es viele Nachfragen von Landwirten, auch von weit her, die Interesse zeigten, den herkömmlichen Weg zu verlassen. Auch wegen des inzwischen schlechten Images, das die herkömmliche Tierproduktion habe. „Die Landwirte sind wirtschaftlichen Zwängen ausgesetzt. Der Schlüssel für eine Verbesserung sind der Handel und die Verbraucher. Der Handel sollte intensiver für solche Produkte werben. Bei den Eiern hat es schon funktioniert“, findet Baier.
„Hier sind dicke Bretter zu bohren“.
Ein weiterer Diskussionspunkt war das Thema Blühstreifen und naturnahe Gestaltung von Flächen. Ahrens-Westerlage bewirtschaftet diverse Blühstreifen, für die es auch Entschädigungszahlungen gibt. Der bürokratische Aufwand und die Kontrollen schrecken aber viele Landwirte ab, sich diesen Mühen zu unterziehen. Hinzu kommen fehlende Anreize, auch mal Blühstreifen, Hecken oder Bäume auf den Feldern stehen zu lassen, da den Landwirten hier automatisch Flächen für Zuschüsse aberkannt werden und die dann wiederum für den Eintrag von Gülle fehlen. Für Baier bleibt das Fazit, dass sich in den rechtlichen Rahmenbedingungen etwas ändern muss. Hier sind aber dicke Bretter zu bohren, da starke wirtschaftliche Interessen im Spiel sind.“