Busse Niedersachsenpark: Trommelfeuer statt Infos

Der Niedersachsenpark mit adidas: Horst Baier erwartet gute Steuereinnahmen.

Mächtig mediale Stimmungsmache kurz vor der Ratssitzung statt Infos zur Reaktion der Samtgemeinde auf den Vorstoß des Landkreises, einen (vor allem) Werksverkehr ab Osnabrück, Bramsche und Quakenbrück zum Niedersachsenpark einzurichten.

adidas ist das bekannteste Unternehmen im Niedersachsenpark.

adidas ist das bekannteste und mit Abstand größte Unternehmen im Niedersachsenpark. Archivfoto 2015.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

„Samtgemeindebürgermeister Horst Baier will sich noch immer nicht dem bekannten Finanzierungskonzept des Landkreises anschließen“, so am 22. März in der hiesigen Zeitung zu lesen. Mit Datum 19. März hatte die Samtgemeindeverwaltung, der Horst Baier vorsteht, ein Mitfinanzierungskonzept vorgelegt – in Gestalt einer Beschlussvorlage für die Sitzung des Samtgemeinderats am 27. März. Darin ausführlich nachzulesen, warum sich die Samtgemeinde mit etwa 30.000 € beteiligen will und nicht mit den vom Landkreis festgeschriebenen 85.000 €.

Spezial-ÖPNV: Einer derTagesordnungspunkte bei der Sitzung des Samtgemeinderats am 27. März.

Warum 30.000 € und keine andere Summe? – Infos dazu gab es in den Zeitungsartikeln der letzten Tage keine. Im Unterschied zur Berichterstattung von Anfang März nun Ende März eine, die einem Trommelfeuer für den Landkreis-Vorstoß gleichkommt.

 

Nicht- Information. Kein Wort zum Grundsatzbeschluss.

6 Seiten ist die Beschlussvorlage der Samtgemeinde lang. In den Zeitungsberichten (22. März und 25. März) mit insgesamt 239 Zeilen (ohne Kommentar) werden die 30.000 € als „Baier-Haltung“ präsentiert – gerade so, als habe der nach Gutdünken Summen aus dem Hut gezaubert.

noz-Berichte 22. und 25. März.

Fakt ist: Die errechneten Summen basierten auf einem Grundsatzbeschluss des Samtgemeinderats zur Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) – demokratisch und einstimmig beschlossen im Dezember 2017. Dass es so einen Grundsatzbeschluss gibt, wird in den beiden Zeitungsberichten mit keinem Wort erwähnt.

Weglassen ist nicht selten gleich Manipulation. So wird als Baier-Position zum Landkreis-Konzept der Satz zitiert: „Die Finanzierung des ÖPNV ist keine originäre Aufgabe einer Samtgemeinde“. Punkt Schluss. Erweckt den Eindruck: kurzerhand von Baier abgeschmettert. Falsch, denn komplett ignoriert wird der darauf folgende Satz in der Beschlussvorlage. Der lautet: „Als Unterstützung der Mitgliedsgemeinden bei der Entwicklung des ÖPNVs können gemäß dem Grundsatzbeschluss vom 14.12.2017 aber 50 % der Kosten übernommen werden, wenn mehrere Gemeinden innerhalb der Samtgemeinde von dem neuen Angebot profitieren.“

Grundsatzbeschluss: Siehe Protokoll Ratssitzung 14.12.2017 (im Ratsinformationssystem).

Bei zwei Artikeln mit 239 Zeilen mit keinem Wort zu erwähnen, dass es einen Grundsatzbeschluss gibt und dass die Berechnung der Mitfinanzierungssumme der Samtgemeinde auf diesem Beschluss beruht, ist schon einzigartig. Dafür der Satz: Baier wolle sich dem Finanzierungskonzept des Landkreises „noch immer nicht anschließen“. Ein erstaunlicher Satz.

 

Wie ist es um den Nutzen der Linien bestellt?

Warum, wäre da meine Frage, hätte sich der Samtgemeindebürgermeister dem Landkreis-Finanzierungskonzept so einfach anschließen sollen? Von einem Samtgemeindebürgermeister ist anderes zu erwarten.

Und zwar: Dass er in allererster Linie einmal Samtgemeinde-Interessen vertritt, dass Fakten eingeholt, geprüft und geklärt werden; dass der Frage nachgegangen wird, in welchem Verhältnis die beträchtlichen Kosten im Verhältnis zum Nutzen stehen, zur Beschlusslage in der Samtgemeinde usw. – um dann dem Rat einen Vorschlag zu unterbreiten. Genau das geschah und liegt den Ratsmitgliedern vor.

„Grenzüberschreitender“ Schnellbus Fürstenau-Ankum-Bersenbrück. Start mit 3 Bürgermeistern: Brummer-Bange (Ankum, 3. v. li.), daneben Baier (Samtgemeinde) plus rechts Trütken (SG Fürstenau).

 

Standortgemeinde ist Rieste, nicht die Samtgemeinde.

Standort Rieste.

Was die Faktenlage angeht: Zu verbreiten, die Samtgemeinde sei Standort des Niedersachsenparks, wird auch durch Wiederholung nicht richtiger. Fakt ist: Der Standort des Niedersachsenparks ist die Gemeinde Rieste. Rieste ist Teil der Samtgemeinde, aber die Samtgemeinde ist keine Einheitssamtgemeinde, sondern besteht aus 7 selbständigen Gemeinden, darunter Rieste.

Kontrahenten Lübbersmann (li.) und Baier (re.). © Samtgemeinde.

Bemerkenswert die Unwucht der Textanteile: Da wird nur mit wenigen Zeilen Bezug genommen auf die 6-seitige Beschlussvorlage der Samtgemeinde. Die Löwenanteile Text gehören dem CDU-regierten Landkreis, dem Riester CDU-Bürgermeister Hüdepohl und dem CDU-Politiker Schirmbeck (Aufsichtsratsvorsitzender der Niedersachsenpark GmbH). Ein Schelm, wer bei solcher Unwucht an den Landrats-Wahlkampf denkt; daran, dass Baier bei der Landratswahl am 26. Mai gegen den amtierenden CDU-Landrat Lübbersmann antritt. Wie verhält es sich denn nun tatsächlich mit den Buslinien? Welche Informationen zur Position der Samtgemeinde liegen da vor?

 

Keine andere Gemeinde an der Strecke zahlt.

Dass in Bezug auf die vom Landkreis geplanten Linien viele Fragen offen sind, zeigte sich in der Sitzung des Finanzausschusses am 7. März. Die Samtgemeinde fragte bei der (mit zuständigen) „Wigos“ schriftlich nach. Und bekam Antworten – die ebenfalls in der Beschlussvorlage stehen. In die Zeitungsberichterstattung flossen sie mit keinem Wort ein.

Eine der 12 Fragen der Samtgemeinde (siehe Beschlussvorlage).

Eine der Fragen lautete: „Sind andere Gemeinden an den drei Strecken angesprochen worden in Bezug auf eine Kostenbeteiligung?“ Die Antwort: „Andere Gemeinden an den drei Strecken sind nicht angesprochen worden, haben allerdings auch zu keiner Zeit den Wunsch nach zusätzlichen Berufsverkehren im Zuständigkeitsbereich und eine damit verbundene finanzielle Zusage thematisiert.“

Auch Quakenbrück nicht interessiert.

Das heißt: Weder Bramsche, Quakenbrück, Osnabrück und andere Gemeinden wurden vom Landkreis/Wigos zu einer Mitfinanzierung gefragt; in Bramsche, Quakenbrück usw. sind zusätzliche Busverkehre kein Thema – dabei soll es doch gerade auch darum gehen, dass Arbeitslose aus diesen Städten in Lohn und Brot kommen, wie Wigos-Geschäftsführer Averhage in der Sitzung des Finanzausschusses sagte. Trotzdem soll nach dem Willen des Landkreises nur eine Gemeinde, die Samtgemeinde Bersenbrück, zur Mitfinanzierung herausgezogen werden. Akzeptabel für die Samtgemeinde?

 

Nur 1 Unternehmen will mitfinanzieren. Bislang 20-30 Fahrgäste – und es zahlte nur adias. Warum jetzt Geld von der Samtgemeinde?

Sind wenigstens die Unternehmen im Niedersachsenpark interessiert? Da lautete die Frage der Samtgemeinde: „Welche Unternehmen haben Interesse an den drei Linien bekundet und sind weitere Unternehmen auf eine Kofinanzierung angesprochen worden?“. Die Antwort: „Über die Niedersachsenpark GmbH sind alle Unternehmen über das geplante ÖPNV-Konzept informiert worden. Eine Kofinanzierung ist mit den Firmen Grimme und Ricon besprochen worden, jedoch bislang ohne Erfolg.“

Der Busfahrplan. Ein Bus fährt täglich nur zweimal von Rieste nach Bramsche.

Werksverkehr adidas ab Bramsche: Fahrplan 2015.

Wenn große Unternehmen wie die Landmaschinenfabrik Grimme sowie Ricon Sieb- und Fördertechnik nicht genug Wert auf die Linien legen, um sich finanziell zu beteiligen – wer dann? Der Riese unter den Großen ist adidas.

Zu adidas gibt es bereits eine Werksverkehr-Linie ab Bramsche. Da lautete die Frage der Samtgemeinde u. a.: „Welche Nachfrage bzw. Fahrgäste hat die seit einigen Jahren von adidas bezahlte Werksverkehrslinie von Bramsche? Die Antwort: „Die Anzahl der Fahrgäste ist abhängig von der Schichteinteilung und somit täglich unterschiedlich. Die Auslastung dürfte im Durchschnitt bei ca. 20 bis 30 Fahrgästen liegen.“ Diese Werkslinie wurde bislang zu 100% von adidas finanziert. Warum jetzt eine Mitfinanzierung eines im Kern Werksverkehrs durch die Samtgemeinde?

Insgesamt 250 adidas-Mitarbeiter aus der Samtgemeinde, davon leben 40 in Gehrde und Rüsfort. Wie viele der verbleibenden 210 leben in Alfhausen, Ankum, Bersenbrück, Rieste? Wie viele würden Bus fahren? Zahlen dazu gab’s von der „Wigos“ nicht. Ankum kommt im Fahrplan gar nicht vor. Ankum anzubinden, würde weitere 70.000 – 90.000 € kosten.

Festzuhalten ist auch noch: Der Landkreis ging just in dem Moment mit seinem Bus-Vorstoß in die Öffentlichkeit, als in der Samtgemeinde die Planung für einen neuen Linienbusverkehr Bersenbrück-Rieste-Niedersachsenpark fertig war, komplett finanziert von der Samtgemeinde. Dieser Linie scheint Riestes Bürgermeister Sebastian Hüdepohl nichts abgewinnen zu können – öffentlich macht er sich in jüngster Zeit allein für das Landkreis-Konzept und eine 85.000 €-Mitfinanzierung der Samtgemeinde stark.

 

Samtgemeinde-Konzept: Linienverkehr im 1-2 Stundentakt, Vorteile für Alfhausen.

Das Landkreis-Konzept ist im Wesentlichen ein Werksverkehr-Konzept – von dem in allererster Linie adidas profitiert. Anders das Samtgemeinde-Konzept für einen Linienverkehr von Bersenbrück über Alfhausen und Rieste bis in den Niedersachsenpark, und zwar im 1-2 Stundentakt (mehr dazu hier).

In diese Buslinien-Richtung und/oder eine andere? Neue Buslinien haben die Samtgemeinde und Samtgemeindebürgermeister Baier auch schon in den vergangenen Jahren beschäftigt.

Zudem bat Alfhausens Bürgermeisterin Agnes Droste, wie Baier mitteilte, die Samtgemeinde „um finanzielle Unterstützung bei der Finanzierung einer Buslinie von Alfhausen zum Bahnhof in Bramsche“. Baier ließ dazu wissen, er werde „dem Samtgemeinderat einen Zuschuss von 5.750 € empfehlen“. Dies entspreche dem Grundsatzbeschluss der Samtgemeinde zum ÖPNV. Würde der Samtgemeinderat diesen beiden Sachverhalten zustimmen, würde das z. B. bedeuten, dass Alfhausen mit dem Bahnhof in Rieste wie auch mit dem Bahnhof in Bramsche verbunden wäre.

 

Analyse und Position der Samtgemeinde zum Landkreis-Konzept.

Wie bewertet die Samtgemeinde das Buslinien-Konzept des Landkreises? Auf der Basis des Grundsatzbeschlusses. Ausgehend von diesem Beschluss des Samtgemeinderats kommt die Samtgemeindeverwaltung in ihrer Beschlussvorlage zu folgenden Bewertungen des Landkreis-Konzepts:

© PLANOS.

Die Linie 1: „Die Linie 1 weist keine Haltestelle in einer Mitgliedsgemeinde auf und führt über Neuenkirchen-Vörden direkt in den Niedersachsenpark. Von daher scheidet eine Mitfinanzierung der Samtgemeinde aus. Hier müsste die Gemeinde Rieste bei Interesse 100 % der Kosten tragen. Die Verwaltung der Samtgemeinde sieht in der Linie auch keinen Nutzen für das Gebiet der Samtgemeinde“.

Linie 2: „Bei Linie 2 profitiert vor allem die Gemeinde Rieste von der zusätzlichen Verbindung. Leider wurden keine Zahlen über die Verteilung der Beschäftigten nach Mitgliedsgemeinden übermittelt. In einem Gespräch mit der Gemeinde Alfhausen wurde von der Bürgermeisterin kein Interesse an einer Mitfinanzierung geäußert. In Alfhausen liegt die Priorität auf einer Bahnanbindung. Von daher kommt nur die Gemeinde Rieste für eine Finanzierung der restlichen 50 % in Frage“, so in der Beschlussvorlage zu lesen.

– Zur Linie 3 heißt es: „Bei der Linie 3 profitieren die Gemeinden Gehrde (2.508 Einwohner) und Bersenbrück (8.487 Einwohner). Die Verwaltung schlägt zur Verteilung den Einwohnerschlüssel vor, da keine Informationen über Wohnorte vorliegen. Dann würden 77,2 % der Kosten von 14.833 € auf Bersenbrück (gleich 11.451 €) und 22,8 % der Kosten auf Gehrde (gleich 3.382 €) entfallen. Wünschenswert wäre hier auch eine Beteiligung von Quakenbrück und Badbergen.“

Aus alledem ergibt sich für die Samtgemeinde: „Der Anteil der Samtgemeinde Bersenbrück liegt gemäß der obigen Rechnung und einem 50 %-Anteil bei Linie 2 bei 13.208 € und Linie 3 bei 14.833 €, insgesamt daher bei 28.041 €.“

Und so lautet der Beschlussvorschlag: „Gemäß dem Grundsatzbeschluss zur Verbesserung des ÖPNV vom 14.12.2017 stellt die Samtgemeinde Bersenbrück für die Linie 2 und die Linie 3 jeweils 50 % der auf die kommunale Seite entfallenden Kosten als Zuschuss für zwei Jahre zur Verfügung. Die restlichen Mittel sind von den Mitgliedsgemeinden aufzubringen, die von den neuen Linien profitieren.“ Diese 50 % belaufen sich auf ca. 30.000 € (exakt: 28.041 €).

Termin & Ort Samtgemeinderat: Der Samtgemeinderat tagt am Mittwoch, 27. März, um 19 Uhr in 49577 Eggermühlen (Gaststätte Böhmann, Friesenweg 8).

Tendenziöse Zuspitzung auf Baier-Landkreis.

Für welche Linien entscheiden?

Auch wenn in der Berichterstattung der letzten Tage die Angelegenheit Buslinien ab Osnabrück, Quakenbrück und Bramsche bevorzugt als Konflikt „Baier-Landkreis“ dargestellt wird: De facto geht es um eine so notwendige wie schwierige Auseinandersetzung in der Sache.

Der Landkreis hat seine Sicht der Dinge. Das muss nicht die Sicht der Samtgemeinde sein und nicht die Sicht des Samtgemeinderats. Selbst Wigos-Geschäftsführer Averhage sagte im Finanzausschuss, dass man man bei der Frage, wer welche Vorteile von den Linien hat und somit mitfinanzieren solle – nur die Samtgemeinde oder auch andere – die Dinge so oder so sehen könne.

Die Mitglieder des Samtgemeinderats sind nun gefordert, sich sorgsam mit der Materie zu befassen und zur einer Entscheidung zu kommen. Die Ratsmitglieder haben es aber nicht nur mit der Beschlussvorlage zum Landkreis-Konzept zu tun. Auf dem Tisch des Rats liegen auch das Samtgemeinde-Konzept für einen Linienbusverkehr Bersenbrück-Niedersachsenpark sowie der Vorschlag, Alfhausen mit einem finanziellen Beitrag für eine Linie zum Bahnhof Bramsche zu unterstützen.

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