Haushalt BSB: Weitsichtig oder höchst riskant?

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

408.000 Euro Überschuss ist eine Zahl aus dem Bersenbrücker Haushaltsplan 2016. Weitere Zahlen und Fakten sind jedoch ein Anlass zu fragen, wie risikobehaftet Bersenbrücks finanzielle Gegenwart und Zukunft ist.

Der Zukunftsoptimismus, der Bersenbrücks Haushalt durchgängig prägt, auch mit Blick auf die kommenden Jahre, ist stark risikobehaftet.

Der Zukunftsoptimismus, der Bersenbrücks Haushalt durchgängig prägt, auch mit Blick auf die kommenden Jahre, ist stark risikobehaftet.

Bersenbrücks Haushaltsplan ist von einem hohen Maß an Zukunftsoptimismus geprägt. Der ist vor allem daran abzulesen, dass Bersenbrück bis 2019 einen starken Anstieg der Verschuldung einplant, von 9,7 Mio. € in 2016 auf 12,2 Mio. €. Zu dieser Schuldenperspektive ist im Haushaltsplan zu lesen: Bersenbrück wird selbst bei steigenden Zinsen in der Lage sein, die Darlehensverbindlichkeiten zu erwirtschaften – weil die Bevölkerung wächst und weil durch die Schaffung weiterer Arbeitsplätze mehr Gewerbe- und Einkommenssteuer in die Stadtkasse fließen. Worauf stützt sich dieser Optimismus?

Schlag auf Schlag: In der Stadtratssitzung am 9. März – 19.00 Uhr im Hotel Hilker, Bramscher Straße 58 – wird der Haushaltsplan 2016 zur Abstimmung auf der Tagesordnung stehen. Über den Haushalt der Samtgemeinde wird wenige Tage später, in der Ratssitzung am 16., entschieden. Über den Haushalt Ankum entscheidet der Gemeinderat am 22. März.

 

Schulden: Belastung und Risikofaktor.

Schulden sind schon aus einem Grund eine Belastung: Sie kosten Zinsen. Schulden engen zudem die finanziellen Spielräume ein, und das vor allem, wenn positive Erwartungen nicht in Erfüllung gegen, wenn die Wirtschaft nicht länger brummt.
Bersenbrück ist, wie sechs andere Gemeinden auch, Teil der Samtgemeinde. Wie unterschiedlich Kommunen aufgestellt sind, zeigt erst der Vergleich. Bersenbrück und Ankum liegen einwohnermäßig nicht weit auseinander. Bersenbrück: 8.253, Ankum: 7.370. Auch bei den jährlichen Einnahmen (Erträgen) sind die Unterschiede nicht allzu groß. Bersenbrück: 9,98 Mio. €, Ankum: 9,27 Mio. €. Beim Überschuss sehen die Zahlen wie folgt aus: Bersenbrück 408.700. Ankum: 321.600 €. Beim Schuldenstand und der geplanten Schuldenentwicklung sind die Unterschiede jedoch gewaltig.

 

Schuldenentwicklung Bersenbrück und Ankum

Investiert wurde und wird in beiden Orten, in Bersenbrück wie in Ankum. Bersenbrück in 2016: 4,27 Mio. €. Ankum: 4,31 Mio. €. Bersenbrück weist in in diesem Jahr eine Kreditaufnahme von 810.500 € aus. Kreditaufnahme in Ankum 2016: 0 €.

 

Zinsen und Tilgung in Bersenbrück und Ankum.

Geld, das für Zinsen an die Banken fließt, ist weg und kann nicht für die Gemeinde ausgegeben werden, für die Vereinsförderung zum Beispiel oder zu anderen Zwecken. 2016 muss Bersenbrück 288.700 € für Zinsen ausgeben. Ankum 55.900 €. Ein Unterschied von fast 233.000 €.
Ein weiterer Faktor bei Schulden: Die Tilgung. 2016 muss Bersenbrück 644.700 € Tilgungsleistungen für die laufenden Kredite aufbringen. Dieses Geld hat die Stadt nicht: Sie kann nur 210.000 € aus den laufenden Einnahmen bestreiten. Und das heißt: 434.700 € = 67,5 % können nur über Kredit finanziert werden. Mehr dazu hier.
Im Nachbarort Ankum hat man mit der Tilgung keine Probleme. 731.400 stehen dort aus laufender Verwaltungstätigkeit in den Büchern. Tilgung: 135.200 €. Da bleibt ein sattes Plus. In welchem Ausmaß Zinszahlungen und Tilgung die Haushalte Bersenbrück und Ankum belasten, zeigt die folgende Grafik.

 

Zinsen und Tilgung 2016 in Bersenbrück und Ankum.

Schulden erhöhen, Schulden abbauen, das schlägt sich in den Zinszahlungen nieder. Bei der geplanten Schuldenerhöhung steigt Bersenbrücks Zinsbelastung auf 311.300 € in 2019 an. Ankums Zinslast würde bis 2019 auf 25.400 € sinken. Ein Unterschied von fast 286.000 €.

 

Investitionen in die Zukunft oder hohes Risiko?

Dass in Bersenbrück in diesem Jahr 9,72 Mio. € auf auf der Schuldenuhr stehen, ist vor allem das Ergebnis großer Investitionen in Bau- und Gewerbegebiete (Kauf von Flächen, Erschließung der Bau- und Gewerbegebiete). In jüngster Zeit in Zusammenhang mit dem Kaufland-Markt und dem ehemaligen LNK-Gelände, wo demnächst eine Tankstelle, ein Dänisches Bettenlager und ein Baumarkt ihre Tore öffnen sollen. Außerdem zieht der Elektronik-Markt Hugenberg dorthin um.
Bersenbrück bleibt bei seinem Kurs Expansion über Bau- und Gewerbegebiete: Auch in diesem Jahr will die Stadt Grundstücke kaufen (für 700.000 €) und steckt weiterhin viel Geld in die damit verbundene Erschließung. 500.000 € sind in 2016 zum Beispiel eingeplant für eine neue Kreuzung im Gewerbegebiet im Westen (Im Grunde). Mit dieser Geldausgabe ist es aber nicht getan. In den Folgejahren wird dort weiter ausgebaut. 80.000 € stehen bereit für den Endausbau der Straßen im Gewerbegebiet West. Dazu kommen weitere Ausgaben wie 460.000 € für den Ausbau des Kreisverkehrsplatzes Bramscher Str./Mozartstraße.

 

Gewerbe- und Baugebiete: Geht die Zukunftsrechnung auf?

Rechnen sich die hohen Investitionen in die Gewerbegebiete? Für die Stadt sind der Ankauf und der Verkauf von Gewerbeflächen kein Geschäft. Zumindest dann nicht, wenn Grundstücke zu einem Preis unter Marktwert abgegeben werden. Verluste, die beim Verkauf von Gewerbeflächen gemacht werden, sind in der Regel nur auszugleichen durch höhere Grundstückspreise, die Bauherren für Grundstücke in Wohngebieten zahlen. Geschenkt bekommen Investoren und Unternehmen in den Gewerbegebieten die teure Infrastruktur.
Was bringt das der Stadt ein? Bersenbrück verknüpft seine hohen Investitionen in die Gewerbegebiete mit der Hoffnung auf eine positive Bevölkerungsentwicklung, mehr Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen. Geht diese Rechnung auf?

Steuererhöhungen. Bersenbrück hat in seine Zahlen für die Jahre ab 2017 bereits eine Erhöhung der Grundsteuern und der Gewerbesteuer um 20 Punkte eingespeist.

 

Zum westlichen Ortsausgang hin entstehen gerade auf dem ehemaligen LNK-Gelände weitere Hallen.

Zum westlichen Ortsausgang hin entstehen gerade auf dem ehemaligen LNK-Gelände weitere Hallen.

Faktor Gewerbesteuer: Was bringen die neuen Ansiedlungen ein?

Für 2016 rechnet Bersenbrück noch mit einer leicht rückläufigen Gewerbesteuer. Ab 2017 mit einem Anstieg von jährlich etwas 400.000 €. In dieser Zahl steckt jedoch die Erhöhung der Gewerbesteuer um 20 Punkte. Bersenbrück braucht die Steuererhöhung. Auch das ein Indikator dafür, dass die neuen Ansiedlungen wie Kaufland und die auf dem LNK-Gelände (Baumarkt, Bettenlager, Tankstelle) nicht zu größeren Hoffnungen in Sachen Gewerbesteuer berechtigen.
Der Blick auf die Unternehmensstruktur der Stadt zeigt insgesamt: Es dominieren Unternehmen, die nur einfache Produkte anbieten und einfache Tätigkeiten. High Tech und hochqualifizierte Arbeitsplätze, für Ingenieursberufe z. B., sind selten. Es gibt auch nur verhältnismäßig wenig Anbieter von Dienstleitungen. Bei einer solchen Unternehmensstruktur birgt eine Abschwächung der Wirtschaft besonders hohe Risiken, für die Unternehmen und damit für den Haushalt der Stadt.

 

Faktor Einkommenssteuer: Bersenbrück fehlen gut Verdienende.

In den kommenden 19 Jahren soll Bersenbrücks Einwohnerzahl um 953 steigen, von 8.354 auf 9.307 – nach der Prognose des Landkreises. Das bedeutet eine Steigerung von 50 Einwohnern pro Jahr. Mehr Einwohner bringen höhere Zuschüsse, aber sie sollen auch als Steuerzahler zu Buche schlagen.
Die Einkommenssteuerentwicklung steht und fällt nicht nur mit der Anzahl der Arbeitsplätze, sondern auch mit der Qualität. Gut bezahlte Arbeitsplätze bringen naturgemäß mehr ein als weniger gut bezahlte. Für 2016 erwartet Bersenbrück an Einkommenssteuer 2,416 Mio. €. Pro Kopf gerechnet, zahlen Bersenbrücks Bürger damit weniger Einkommenssteuer als die Ankumer Bürger. Nach den Zahlen in den Haushalten wird das bis 2019 auch so bleiben. Das heißt: In Bersenbrück leben weniger gut verdienende Bürger.

Historisches Erbe: Jenseits der Klosterpforte liegt im einstigen Klosterbezirk das Kreismuseum.

Historisches Erbe: Jenseits der Klosterpforte liegt im einstigen Klosterbezirk das Kreismuseum.

Faktor Attraktivität.

Attraktivität – ein attraktives Wohn- und Lebensumfeld – ist ein wichtiger Standortfaktor. Bersenbrücks Ortseingänge sind inzwischen, mit zunehmender Tendenz, über weite Strecken von Hallen und nüchternen Zweckbauten geprägt. Eine gewollte und weiter forcierte Entwicklung.
Bersenbrücks Attraktivität im Stadtkern – dem Standort des innerstädtischen Einzelhandels – weiterzuentwickeln und in vollem Umfang zu heben, würde aber wohl voraussetzen, bisherige Prioritäten zu überdenken. Richtung Innenstadt fließen in 2016 an Mitteln: 335.000 € für dringendste Maßnahmen zur Sanierung der Klosterpforte, 100.000 € Marktplatz (barrierefreier Zugang), 158.000 € in den Altbau Hasestraße und 38.000 € in die der Marktschule.
Mit der Sanierung des Kreismuseums durch den Landkreis böte und bietet sich eine Chance für die Stadt. Das Kreismuseum könnte durch eine entsprechende Neuausrichtung und Nutzung eine bedeutende Rolle für Bersenbrück und als Anziehungspunkt für Touristen bieten – als wichtiger Teil des Ensembles Marktplatz, Klosterpforte, Museum. Wenn denn Mittel bereitgestellt würden, um diese Chance zu nutzen.

 

Steuererhöhungen sind bereits ausgereizt.

Der Zukunftsoptimismus, der Bersenbrücks Haushalt durchgängig prägt, auch mit Blick auf die kommenden Jahre, ist stark risikobehaftet. Hält der Wirtschaftsboom ungebrochen an und bleiben die Zinsen niedrig (auch für die Eigenheimbauer), halten sich die Risiken vermutlich in Grenzen. Ist dem nicht so, sind die Risiken hoch. Das Instrument Steuererhöhung ist ausgereizt, weil 2017 erhöht wird und die höheren Einnahmen bereits in die Haushaltszahlen eingespeist sind.
Die ersten Zahlen aus Niedersachsen sprechen nicht dafür, dass ungebrochener Zukunftsoptimismus angeraten ist. Nach den Zahlen des niedersächsischen Landesamts für Statistik begann das Jahr 2016 für die niedersächsische Industrie „mit deutlichen Einbußen bei den Auftragseingängen“. Die Bestellungen gingen im Vergleich zum Januar des Vorjahres um 8% zurück.

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