Kolpingstraße: Auf dem Weg zur Entscheidung

4 Großprojekte! Geradezu atemberaubend, was für Ankum in Planung ist. Bei den 6 Kolpingstraßen-Entwürfen steht die Gemeinde vor einer Entscheidung – für die besondere Regeln gelten.

Eines der vier großen Projekte: Für eine Bebauung des Grundstücks Kolpingstraße wurden im Rahmen des Bieterverfahrens bei der Gemeinde Ankum insgesamt 6 Projekte eingereicht.

Noch bevor die Würfel in Sachen Kopingstraße gefallen sind, traten weitere Investoren in Ankum auf den Plan: Middendorf Bau erwarb ein großes Grundstück an der Wilhelm-Ellermann-Straße (mehr dazu hier). Was dort entsteht? Gegenüber klartext sagte Middendorf Bau in einem Gespräch im Januar, man wolle sich in etwa 3 Monaten dazu äußern.

Ortstermin mit Ralf Gramann: Am östlichen Ufer des unteren Sees geht es hier hinauf zu einem Grundstück, das Ankum in Erbpacht besitzt (Foto links). Foto rechts: Das Grundstück liegt bislang brach. Für eine Nutzung gibt es noch keine Pläne.

Linkes Bild: Hier geht es vom See zu einem Grundstück hinauf (rechts), das die Gemeinde Ankum in Erbpacht besitzt. Dort möchte Georg Dobelmann einen Ferienpark errichten.

Vor wenigen Tagen lud dann Georg Dobelmann zu einer Präsentation. Er plant einen Ferienpark am See sowie ein Geschäfts- und Wohnhaus in der Hauptstraße, wo jetzt noch das Haus Oevermann steht. Kolpingstraße, Wilhelm-Ellermann Straße, Hauptstraße, See: Werden alle Vorhaben realisiert – es geht dabei um die Bebauung von insgesamt fast 18.000 qm – , steht Ankum vor einem Bau-Boom, der beste Entwicklungsperspektiven für den Ort eröffnen dürfte, der aber auch signifikante Veränderungen mit sich bringt. Viel Diskussionsstoff für Ankum.

klartext hat – was Freude bereitet – sehr aufmerksame Leser. Bevor Fragen kommen, warum noch nicht über die Dobelmann-Pläne berichtet wurde: klartext war zu der Präsentation nicht eingeladen, fragte aber am 1.03. bei Georg Dobelmann über die mail-Adresse des See- und Sporthotels an. Eine Antwort bzw. eine Zusendung von Präsentationsunterlagen gab es bislang noch nicht.

Die aktuelle Aufgabe für den Rat: Die Kolpingstraße.

Der Ankumer Gemeinderat wird noch in diesem Monat zu einer Sitzung zusammenkommen. In der könnte über die Kolpingstraße entschieden werden. Vorgestellt wurde dem Rat bereits das Votum einer Expertenkommission, die sich mit den 6 eingereichten Entwürfen befasste. Sie favorisierte den ASD-Entwurf.

Am 12.06.2001: Eine Leitsatzentscheidung des BGH.

Wer die Ankumer Debatte über die Entwürfe verfolgt, stellt fest: Das Votum der Expertenkommission steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Von zentraler Bedeutung für die Gemeinde ist jedoch: Sie führt ein Bieterverfahren durch. Und für so ein Verfahren gibt es spezielle Regeln. Welche das sind, gab der Bundesgerichtshof (BGH) z. B. 2001 in einer so genannten „Leitsatzentscheidung“ vor (X ZR 150/99) vor. Darauf greift auch das Oberlandesgericht München 2007 bei einem Urteil in Sachen Bieterverfahren zurück (7 U 2759/06).

Aus dem Urteil: „Eröffnet eine Gebietskörperschaft (…) ein privatrechtliches Bieterverfahren, so entsteht gegenüber den Bietern ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis, das insbesondere Pflichten zur Gleichbehandlung, Transparenz des Verfahrens und gegenseitige Rücksichtnahme erzeugt.“

 

Der BGH steht an der Spitze der Amts-, Land- und Oberlandesgerichte. © Bundesgerichtshof.

„Ordnungsgemäß“ durchführen.

Bei einem Bieterverfahren müssen sich beide Seiten, Gemeinde wie Bieter, an Regeln halten. Für die Gemeinde gilt: Das Verfahren muss „ordnungsgemäß“ durchgeführt werden, denn es begründet – so der Bundesgerichtshof – zwischen der Gemeinde und den Bietern ein so genanntes „vorvertragliches Vertrauensverhältnis“.

Was sein muss bei einem ordentlich durchgeführten Verfahren, brachte der Bundesgerichtshof (BGH) auf den Nenner: „Gleichbehandlung, Transparenz des Verfahrens und gegenseitige Rücksichtnahme“. Gleichbehandlung und Transparenz heißt im Wesentlichen: Für jeden Bieter gelten gleiche Bedingungen und jeder erhält dieselben Informationen. Verletzt die Gemeinde ihre Pflichten, kann das, so der BGH, „zu Ersatzansprüchen nach den Regeln über das Verschulden bei Vertragsschluß führen“.

Aus dem Urteil: „Die an der Vergabe öffentlicher Aufträge interessierten Bieter dürfen grundsätzlich darauf vertrauen, dass der öffentliche Auftraggeber das Verfahren über die Vergabe seiner Aufträge ordnungsgemäß und unter Beachtung der für ihn geltenden Bedingungen einleitet und durchführt; eine Verletzung dieses Vertrauens kann zu einer Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsabschluss führen.“

 

Für Gemeinde und Rat eine große Aufgabe: das Bieterverfahren.

Alle Bieter gleich behandeln. 

Gleichbehandlung, Transparenz, gegenseitige Rücksichtnahme – das gilt für die gesamte Verfahrenszeit. Der Prozess begann damit, dass die Gemeinde Ankum ein Exposé verfasste, in dem festgeschrieben wurde, was die Bieter zu beachten haben. Vorgegeben wurden z. B. Größe und Zuschnitt des Grundstücks, Zahlen zur Grund- und Geschossfläche, nachzuweisen, dass die erforderlichen Stellplätze auf der Vorhabenfläche errichtet werden, Angaben zum Kaufpreis und so manches mehr.

Die Rücksichtnahme: Das Rücksichtnahmegebot ist ein für alle Bereiche wichtiger juristischer Grundsatz. Er verpflichtet zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des anderen sowie zu einem redlichen und sozialen Verhalten.

Welche Rechte haben Bieter?

Was dürfen Bieter, was können sie erwarten? Üblich ist es z. B. bei Bieterverfahren, dass vorab Erklärungen unterzeichnet werden mit Verhaltensregeln. Darin wird dann z. B. festgehalten, dass es einem Bieter nicht gestattet ist, Informationen für „eigene Zwecke“ zu nutzen bzw. zu Zwecken, die „fairen Bedingungen“ entgegenstehen.

4 Bieter präsentierten ihre Projekte öffentlich.

Gibt es eine Vereinbarung mit den Bietern, kann ein Verstoß dagegen zum Ausschluss vom Verfahren führen. In Ankum wurde den Bietern keine solche Erklärung vorgelegt. Verhaltensregeln für Bieter lassen sich aber auch daraus ableiten, dass die Gemeinde bei allem, was sie tut, die Grundsätze „Gleichbehandlung, Transparenz und gegenseitige Rücksichtnahme“ beachten muss.

Verwaltung zur Gesetzestreue verpflichtet. Das Oberlandesgericht München weist in einem Urteil zum Bieterverfahren ausdrücklich auch auf die verfassungsrechtlich bestimmte Bindung der öffentlichen Verwaltung an Gesetz und Recht hin (7 U 2759/06, siehe unten).

Keine wesentlichen Änderungen der Bedingungen.

Die Bewertung der Projekte obliegt allein der Gemeinde. Dabei müssen alle Bieter darauf vertrauen können, dass sich die Gemeinde an die allen zugänglich gemachten Kriterien hält. So steht im Ankumer Exposé ein Anforderungsprofil, und es heißt auf Seite 8 im Exposé, „dass die eingereichten Konzepte anhand nachfolgender Kriterien beurteilt werden“. Welche das sind, wird aufgelistet. Diese Informationen lagen allen Bietern vor Einreichung ihrer Projekte vor.

Auf Seite 7 im Exposé: Das Anforderungsprofil der Gemeinde Ankum.

Wegen der gebotenen Gleichbehandlung und Transparenz kann das Projekt einzelner Bieter auch nicht im laufenden Bewertungsverfahren in wesentlichen Punkten neu oder nachverhandelt werden. Zu halten hat sich die Gemeinde an die von ihr festgelegten Kriterien. Es dürfen auch nachträglich, nach der Entscheidung der Gemeinde für einen Bieter, keine „wesentlichen Änderungen der Kaufbedingungen“ vorgenommen werden.

Aus dem Urteil: „Diese Pflichten verletzt der Verkäufer, wenn er wesentliche Änderungen der Kaufbedingungen (hier: Abrücken vom festgesetzten Mindestpreis, deutlich verbesserte Möglichkeiten der baurechtlichen zulässigen Nutzung (…) nur dem letztlich zum Zuge gekommenen Bieter bekanntgibt.“

 

Bürgermeister Detert Brummer-Bange und sein Verwaltungsvertreter Michael Wübben.

Gebunden – und frei.

„Die Beurteilung wird durch ein von der Gemeinde eingesetztes Bewertungsgremium vorgenommen“, heißt es in einem weiteren Satz des Exposés zum Ankumer Bieterverfahren. Dieses Gremium hat ein Urteil abgegeben. Das enthebt die Gemeinde aber nicht ihrer Gesamtverantwortung für die Einhaltung der von ihr formulierten Kriterien.

Frei ist die Gemeinde dennoch. So könnte z. B. beraten werden, ob das Votum der Experten, dass ein Pflegeprojekt anderen Nutzungen vorzuziehen ist, vom Rat geteilt wird. Dass ein Pflegeprojekt gewünscht wird, gehörte z. B. nicht zu den vorgegebenen Kriterien der Gemeinde.

 

Im hinteren Teil: Das Grundstück Kolpingstraße.

Es kann auf Schadensersatz geklagt werden.

Eine Bewertung auf der Basis gleicher Kriterien: Damit soll eine faire Behandlung sichergestellt werden bzw. es soll verhindert werden, dass sich ein Bieter dadurch, dass er Vorgaben missachtet, einen Vorteil verschafft gegenüber Bietern, die die Vorgaben einhalten.

Da bei einem Bieterverfahren grundsätzlich gilt, dass die vorgegebenen Kriterien einzuhalten sind, bedeutet das für die Gemeinde: Würde sie sich für einen Entwurf entscheiden, der nicht den Vorgaben entspricht, könnte damit für die übrigen Bieter eine Möglichkeit eröffnet werden, die Gemeinde auf Schadenersatz zu verklagen. Angreifbar macht sich eine Gemeinde auch, wenn sie mit einzelnen Bietern anders verfährt als mit anderen.

Einem „freihändigen“ Umgang mit Projekten, die im Rahmen eines Bieterverfahrens eingereicht wurden, und einer freihändigen Interpretation der Regeln haben die Gerichte sehr klar einen Riegel vorgeschoben.

 

Sind in der Verantwortung und in der Pflicht: Rat und Verwaltung der Gemeinde Ankum.

Ankum hat die Wahl.

Wird das Ankumer Bieterverfahren nach Maßgabe der Rechtssprechung geführt und „ordnungsgemäß“ zu Ende gebracht, kann sich Ankum zwischen mehreren Projekten entscheiden. Angefangen hat alles vor gut einem Jahr, als der Gemeinderat beschloss, ein Bieterverfahren durchzuführen. Mit einer Entscheidung für eines des eingereichten Projekte wäre der Weg zu Ende gegangen.

Im Exposé zum Bieterverfahren behält sich die Gemeinde aber auch vor, „zu jedem Zeitpunkt und ohne Angabe von Gründen das Verfahren zu ändern oder zu beenden“. Will die Gemeinde das laufende Bieterverfahren ändern, wäre zu entscheiden, wie die Verfahrensänderung aussehen soll. Veränderungen zugunsten Einzelner, das zeigt die Rechtssprechung, verbieten sich. Was für einen gilt, muss immer auch für alle gelten. Würden Gemeinde und Rat das Bieterverfahren ohne eine Entscheidung für eines der Projekte beenden, stünde man wieder bei Null.

 

Zur Präsentation der Projekte in der Ratssitzung am 1. Dezember 2016 kamen zahlreiche Bürger.

Unter Einbeziehung der Öffentlichkeit.

In Ankum wurde auch die Öffentlichkeit umfassend über die eingereichten Projekte informiert – im Rahmen einer öffentlichen Ratssitzung und über die Medien.

klartext stellte in einer Serie alle Projekte vor: ASD (hier), CS Immo (hier), HaseWohnbau (hier), MzB Ingenieurbau und Gert Meyer zu Brickwedde (hier), Stephanswerk (hier). klartext befasste sich auch mit zwei der gut einem Dutzend Vorgaben und fragte, wie groß an der Kolpingstraße gebaut werden darf. Mehr dazu hier.

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Ein Kommentar

  1. Hans Niemann

    „Prinz Georg“ küsst Dornröschen wach!

    Ankum kann mehr! Mit diesem Slogan wurde im letzten Kommunalwahlkampf geworben. Was in Ankum möglich ist und wie Ankums Zukunft aussehen könnte, wird uns aktuell von „Prinz Georg“ präsentiert. Nach der Erfolgsgeschichte Sporthotel, will er nun voll durchstarten und macht kreative Vorschläge für markante Stellen in Ankum. In der Summe ergibt sich eine Neugestaltung Ankums Richtung Tourismus und insgesamt eine klare Aufwertung des Ortes. Einzig bei der Nachnutzung des Grundschulgeländes lässt „Prinz Georg“ seine Finger aus dem Spiel. Schade!!! Genau hier könnte doch Dornröschen die Krone aufgesetzt werden!
    Kein Ankumer kann wirklich von den aktuellen Vorschlägen überzeugt sein. Der Gemeinderat würde einen riesigen Fehler machen, hier vorschnell eine Entscheidung zu treffen, ohne nach einer besseren Lösung für Ankum zu suchen. Angesichts der Neuausrichtung Ankums zu immer mehr Tourismus und anhaltend steigender Einwohnerzahlen muss man sich professionelle Beratung einholen, um an dieser besonderen Stelle in Ankums Mitte eine optimale Lösung zu finden. Schlüssig wäre eine Nutzung der Fläche, die Ankum attraktiver macht und Möglichkeiten der Freizeitgestaltung bietet (Fitness, Wellness, Bowling, Erlebnisgastronomie…???). Natürlich wird Ankum in Zukunft auch weitere Pflegeplätze benötigen, doch ist hierfür zum Beispiel das soziale Zentrum beim Krankenhaus angelegt worden. Weitere Flächen ständen zur Verfügung, würde man endlich den Traum von der Nutzung der Bahnstrecke Ankum / BSB begraben. Dies würde zugleich einen Kreisel am Ortseingang im Osten ermöglichen!
    Nörgler und Neider werden wahrscheinlich Stimmung machen gegen die Veränderungen, teilweise im unmittelbaren Umfeld. Dabei sollte jedoch der Blick auf die Gesamtentwicklung Ankums nicht vergessen werden. Dornröschen hat lange genug geschlafen, wir sollten dem Prinzen die Daumen drücken, dass seine Liebe erwidert wird. Liebe macht ja bekanntlich manchmal blind, dies zu verhindern ist hierbei selbstverständlich Aufgabe des Gemeinderates!
    Ankum kann mehr, wäre schön, wenn nach einem politischen Slogan auch Taten folgen würden!

    Hans Niemann, Ankum

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