Spielplatz: 180 m Zaun am unteren See entlang?

Der Spielplatz am See stand am 3. April erneut auf der Tagesordnung des Jugend-Ausschusses des Ankumer Gemeinderats. Da lag ganz anderes auf dem Tisch, als bislang in der Debatte war.

Eine überraschende Umplanung: Der hintere Bereich soll eine Spielfläche mit Inklusionscharakter werden. Was u.a. heißen würde: Es müsste ein langer Zaun errichtet werden.

Der schwarze Strich steht für den Zaun, der aus Sicherheitsgründen errichtet werden müsste: Von ganz rechts (Wasserrinne zum See) bis weit links am See wären es 180 m. Höhe: 1,20 bis 1,40 m. ©Röka/Gemeinde Ankum.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Den Spielplatz am See attraktiver gestalten: Ins Jahr 2019 gegangen waren Ausschuss und Rat da mit der Info-Lage, dass mit dem Tennisverein darüber gesprochen wird, ob dessen Beachvolleyballplatz als Kleinkinder-Spielplatz genutzt werden kann. Ein konkreter Plan zu einer neuen Gestaltung solle erst nach Abschluss dieser Gespräche erarbeitet werden.

Die Passage aus dem Protokoll der Sitzung des Jugend-Ausschusses am 15. Oktober 2018.

Nun also die 1. Ausschusssitzung im neuen Jahr – und der Verlauf und das Debatten-Ende erinnerten an das Sprichwörtliche „den zweiten Schritt vor dem ersten tun“.

 

Umplanung ohne vorherige Beratung im Ausschuss.

Die Ausschussvorsitzende Marion Korte berichtete, dass der Beachvolleyball-Platz des Tennisvereins nicht, wie erhofft, zur Verfügung stehen wird. Sie sprach in ihren einleitenden Worten von „Umorientierung“ und von „neuen Plänen“, die „geschmiedet wurden“ – und zwar für einen inklusiven Spielplatz. Die CDU-Fraktion, der Marion Korte angehört, habe da auch schon Sponsoren gesucht.

Von der Errichtung eines inklusiven Spielplatzes war bis dahin im Ausschuss nicht die Rede. Gesprochen hatte man bislang nur darüber, dass als weiteres Spielgerät ein Karussell aufgestellt werden könnte, das auch von Rollstuhlfahrern genutzt werden kann (siehe Protokoll 15.10.2018). Ein inklusiver Spielplatz ist jedoch, wie sich zeigte, eine andere Sache.

Ausschusssitzung unter Vorsitz von Marion Korte (Bildmitte). Rechts: Spielplatz-Experte Sven Kalinowski.

Ungewöhnlich an alledem, gemessen am normalen Prozedere, ist zweierlei: 1. Der Ausschuss wurde nicht in die „Umorientierung“, ins Schmieden von neuen Plänen einbezogen. Normalerweise stellt eine Fraktion einen Antrag zu dem, was sie in den Rat einbringen möchte. Einen solchen Antrag der CDU-Fraktion zur Einrichtung eines inklusiven Spielplatzes gibt es aber nicht. Die CDU-Fraktion schickte dazu nur Ende Januar eine Pressemitteilung an die Zeitung.

Zur Sitzung Anfang April hätte ein solcher Antrag vorliegen können. Dann hätte der Ausschuss darüber beraten, in welche Richtung die Weichen in Sachen Spielplatz anders gestellt werden sollen.

 

„Planung 3 x über den Haufen geworfen“.

Ungewöhnlichkeit Nr. 2: Dass eine Umplanung beauftragt wird, ohne dass sich der Ausschuss vorher darüber verständigt hat, ob er überhaupt will, was da geplant wird.

Mit der Umplanung befasst war Sven Kalinowski von der RöKa-GartenSpiel GmbH, einem Merzener Unternehmen für Spielplatzplanung und Spielplatzbau. Er hat seine Handschrift in Ankum bereits hinterlassen: Mit der Gestaltung der Außenanlage der Kita St. Nikolaus. Für die Spielfläche am See hatte der Gartenexperte bereits zuvor Planungen erarbeitet, so für eine Einbeziehung des Beachvolleyballplatzes als Spielfläche für Kinder unter drei Jahren. Nun also ein neuer Plan für Spielplatz-Veränderungen am See.

Man habe „die Planung bereits 3 x über den Haufen geworfen“, stellte Sven Kalinowski fest. Wenn ein Festpreis für eine Planungsleistung vereinbart wird, sind so häufige Umplanungen eigentlich nicht Teil der vereinbarten Leistung, vor allem dann nicht, wenn es um ein anderes Konzept geht. Nachforderungen stellen, so Kalinowski, wolle er aber nicht.

Die linke Hälfte zeigt die Erweiterung: Um einen Bereich für kleine Kinder (U-3) und um einen inklusiven Spielbereich in Seenähe (der gelb-rosa Bereich, zu dem die Wege führen). © Röka/Gemeinde Ankum.

 

Nässe, Frage nach dem Bedarf. 

Eine neue Planung ohne vorherige Beratung im Ausschuss, das führte zu Erwartbarem: Dass es reichlich Fragezeichen gab, so z. B. durch den Hinweis von Heinz Möller, dass der vorgesehene Platz am See eine sehr nasse Stelle sei. Nach nur wenigen Tagen nassem Wetter sei da nur Matsch. Per Drainage zu beheben? In der Kalkulation von Sven Kalinowski werden die Kosten für 240 m Drainage mit gut 11.400 € veranschlagt.

Sehr matschiges Terrain, wie vor einigen Monaten bei den Fitnessgeräten zu sehen war.

Bürgermeister Detert Brummer-Bange, der an der Sitzung teilnahm, stellte die Frage: Besteht in Ankum überhaupt der Bedarf, die Spielplatzplanung auf inklusiv auszurichten? Gäbe es nicht andere Möglichkeiten, Kindern wie z. B. Rollstuhlfahrern gemeinsames Spielen mit anderen zu ermöglichen?

 

180 m Zaun zwischen den Seen, Verkehrssicherungspflicht.

Dass es weitreichende Konsequenzen hat, einen neuen und inklusiven Spielbereich einzurichten und dazu noch in unmittelbarer Seenähe, zeigten die Ausführungen von Sven Kalinowski. Angefangen z. B. von Plastikmatten als Fallschutzplatten bis hin zur Verkehrssicherungspflicht durch einen bis zu 180 m langen und 1,20 bis 1,40 m hohen Zaun entlang der Stirnseite des unteren Sees. Selbst wenn man ihn begrünen würde – eine Barriere zwischen den Seen wäre ein solcher Zaun allemal.

So ginge es bei einer integrativen Bauweise nicht. Da müssten Fallschutzplatten verlegt werden. © Röka.

 

Beispiel für ein inklusives Spielgerät mit Fallschutzplatten. Kosten würde so ein Gerät (ohne Untergrundarbeiten, Fallschutzplatten etc.) gut 26.000 €.

Für Wasserspiele im Sand bräuchte es bei einer Umgestaltung dann unter Umständen auch Wasser mit Trinkqualität, sodass das See-Wasser dafür nicht in Frage kommt – eine weitere Schwierigkeit, den Vorschriften gerecht zu werden.

 

Grundlegende Fragen, keine Entscheidung.

Spielplatzspezialist Kalinowski konnte sich bei seiner Umplanung nur an den geltenden Vorschriften für Spielplätze ausrichten, und er steckte viel Arbeit in das neue Konzept – bis hin zu einer Kostenkalkulation. Gut 134.000 € standen da unter dem Strich.

Es waren aber nicht die Kosten, die den Ausschuss zu der Entscheidung brachten, nicht zu entscheiden. Bei dem Vielen, das es zu bedenken gibt, konnte auch kaum ad hoc entschieden werden, denn die im Ausschuss vertretenen Ratsmitglieder entscheiden in der Regel nicht ohne vorherige Beratung in ihren Faktionen, vor allem nicht bei größeren Investitionen. Abzusehen, wie es mit der Spielplatz-Planung weitergeht, war nach dieser Sitzung nicht. Nun wird zunächst in den Fraktionen beraten und dann kommt das Thema in der nächsten Ausschusssitzung erneut auf die Tagesordnung.

Was in der Sitzung zu hören war, dass man sich vor Ort umschauen sollte, wäre auch noch aus einem weiteren Grund anzuraten: Weil auf der Agenda der Ratsmitglieder auch noch ein „ganzheitliches Konzept“ für den See steht.

 

Aus dem Blick geraten? Eine Planung für den See als Ganzes.

Dazu gab es im August letzten Jahres eine gemeinsame Sitzung des Jugend- und des Wirtschafts-Ausschusses. Anhand einer 40 Seiten umfassenden Präsentation ging es da um das große Ganze – um das gesamte See-Areal, um die vielen Ideen, die es zum See gab und gibt (mehr dazu hier).

Im August 2018 befassten sich der Jugend- und der Wirtschaftsausschuss anhand einer ausführlichen Präsentation mit den zahlreichen Ideen, die es zum Ankumer See gab und gibt.

Den gesamten See in den Blick zu nehmen, geht zurück auf einen Antrag der Grünen. Widerspruch gegen ein „ganzheitliches Konzept“ gab es in der gemeinsamen Ausschusssitzung nicht. Wenn so ein Gesamtkonzept Sinn machen soll, müsste jedoch auch eine Maßnahme wie eine Erweiterung des Spielplatzes eingebettet werden in so ein Konzept – weil es ja noch so einige weitere Ideen für das Seeareal gibt.

Auf der Fläche hinter dem Boule-Platz soll nach der Umplanung u.a. ein inklusiver Spielbereich entstehen.

 

Ideen auf Kollisionskurs.

Dass unterschiedliche Ideen miteinander kollidieren, zeigte sich im Kleinen auch schon im Jugendausschuss am 3. April. So stehen bei dem Bereich, der als inklusive Spielfläche avisiert wurde, Fitnessgeräte für Erwachsene. Die entsprechen nicht der Spielplatznorm. Wie da verfahren? Können Geräte auch im oder nahe beim Boule-Platz stehen? Ist die vorgesehene Fläche möglicherweise insgesamt zu knapp bemessen für alles zusammen? Will man es überhaupt so, will man es an dieser Stelle?

Sven Kalinowski legte dar, was man machen könnte und führte auch aus, was damit verbunden wäre, wenn man es denn so machen würde. Schon darin steckte so einiger Diskussionsstoff. Beratungsbedarf gibt es in jedem Fall weiterhin – was den Spielplatz angeht und das Gesamtkonzept.

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2 Kommentare

  1. Ein Ankumer Landwirt

    Löblich, dass auch in Ankum Mal in einen richtigen Spielplatz investiert werden soll.
    Beispiele für gute Spielplätze gibt es ja reichlich.

    Wenn die Gemeinde allerdings will dass dieser auch gut angenommen wird, dann würde ich dringend empfehlen den ganzen Spielplatz einzuzaeunen mit nur einem Eingang!
    Als Eltern ist es völlig egal ob jetzt gar kein Zaun vorhanden ist oder ein halber. Bei kleineren Kindern muss man sonst permanent hinterherrennen.

    Bei einem komplett eingezäunten Gelände kann man die kleinen dann zumindest auch Mal aus der Ferne laufen lassen und beobachten was deutlich angenehmer ist!

    Zudem würde ich mir wünschen, wenn bei den Spielgeräten und oder Türmen darauf geachtet wird, dass auch kleine Kinder da alleine hoch kommen. Also bitte mit richtigen Treppen oder Rampen arbeiten und nicht mit irgendwelchen Leitern an denen ein Kind unter 5nicht hochkommt.

    Ich Frage mich allerdings auch ob der See der richtige Bereich dafür ist. Warum spricht man nichtmal mit der Kirche und schaut ob sowas nicht neben der Kirche auf dem alten Friedhof möglich ist. Als Bauland wird die Fläche ja vermutlich eh nie herhalten müssen.
    Dafür wäre die Lage ideal und würde richtig leben ins Dorf bringen.

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