Stromtrasse: BI Ankum auf Anti-Gemeinde-Kurs?

Fakten contra Äußerungen der Ankumer Anti-Trassen-Initiative: Einige Wortmeldungen der Bürgerinitiative aus jüngster Zeit stehen in deutlichem Gegensatz zu Fakten – wie dieser Abgleich zeigt.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Brummer-Bange & Demonstranten (6/2016).

In der letzten Gemeinderatssitzung (am 13. September) sagte Bürgermeister Detert Brummer-Bange zum Thema Stromtrasse u. a., die Gemeinde wolle „weiterhin im Schulterschluss mit allen Beteiligten einen anderen Trassenverlauf erreichen oder die bestmögliche Erdverkabelung“.

Auf diese Äußerung reagierte Gegenstromleitung Ankum mit den Worten: „Die Bürgerinitiative nimmt mit Freuden zur Kenntnis, dass der Bürgermeister nunmehr vordergründig einen anderen Trassenverlauf in den Fokus nimmt“. Nunmehr? Vordergründig? Die Fakten sehen anders aus.

 

Trasse an die Autobahn, wie es auch die BI fordert: Das ist die Position der Gemeinde Ankum.

 

Fakt ist: Die Gemeinde setzt sich schon seit 3 Jahren für einen anderen Trassenverlauf ein.

  • Ob Trasse an die Autobahn oder andere Technik: klartext hat immer wieder über Stromtrassen-Aktivitäten berichtet. So zur Ratssitzung im März 2016, in der Bürgermeister Brummer-Bange von der Antragskonferenz Mitte September 2015 berichtete. Dort habe er sich, gemeinsam mit anderen, dafür eingesetzt, die bereits gestrichene Trassenführung entlang der Autobahn A 1 wieder mit in die Planung aufzunehmen. Der Einsatz war erfolgreich.

 

  • Am 4. August 2016 bei klartext zu lesen: „Samtgemeindebürgermeister Baier tut’s, Ankums und Gehrdes Bürgermeister tun’s: Sie sprechen sich für eine Prüfung eines Trassenverlaufs entlang der Autobahn bis Hesepe aus – um einen Trassenverlauf auf dem Gebiet der Samtgemeinde Bersenbrück zu verhindern.“

Dezentral: Im März 2016 grundsätzliche Kritik des Bürgermeisters an der Energiewende.

Demo in Bersenbrück im Juni 2016.

Die Trasse an die Autobahn, wie bei allen Demos auch von der BI gefordert, hieß es auch in Ratssitzungen 2017 und 2018.

  • In der Gemeinderatssitzung am 12. Dezember 2017 sagte Bürgermeister Brummer-Bange zur Stromtrasse: „Aus unserer Sicht, die durch den Landkreis und die Samtgemeinde unterstützt wird, gehört die Trasse an die Autobahn – und das Umspannwerk unserer Meinung nach in den Niedersachsenpark und nicht nach Merzen.“ Mehr dazu hier.
  • Im Beisein von Vertretern der Bürgerinitiative sagte Ankums stellv. Bürgermeister Klaus Menke bei einer Trassen-Veranstaltung in Ankum, wenn es nach der Gemeinde ginge, verliefe die Trasse entlang der Autobahn. Dort wiederholte auch der Bürgermeister seine Forderung, die Trasse gehöre an die Autobahn. Die Fakten zeigen: Ein anderer Trassenverlauf – die Trasse an die Autobahn –, das ist seit 3 Jahren durchgängig die Position der Gemeinde Ankum. Ein weiteres Thema: andere Technik.

 

Erdverkabelung: Auch da sprechen die Fakten eine andere Sprache.

In „Hallo Ankum“ war gerade erst (Herbst-Ausgabe 2018) aus der Feder der BI zu lesen, durch die „hiesige Politik“ würden „die Bemühungen der Bürgerinitiativen und betroffenen Bauernschaften torpediert, indem vorschnell und über eine viel zu kurze Distanz Erdkabel gefordert werden“. Bemühungen torpediert = zunichte gemacht: Ein Vorwurf, der an Schärfe kaum zu überbieten ist. Stimmt er? Die Fakten sprechen eine andere Sprache.

 

Wenn Wahrheit unter den Tisch fällt…

Es gibt neue Techniken bei Erdverkabelung, schreibt die BI in „Hallo Ankum“ – und erwähnt mit keinen Wort, dass sich auch die Gemeinde genau dafür eingesetzt hat und weiterhin einsetzt. Statt dessen wird von der BI der Eindruck erweckt, die Gemeinde fordere nur eine schlechte Mini-Erdverkabelung. Falsch!

Fakt ist: Bürgermeister Detert Brummer-Bange sagte in der Ratssitzung vor knapp 1 Jahr (im Dezember 2017), man sei „auch auf der politischen Schiene aktiv“. Der von Nord nach Süd transportierte Strom müsse „im Netzentwicklungsplan als Gleichstrom verankert werden. Dieser wird in der Regel als Erdkabel verlegt“ (siehe klartext-Bericht vom 13.12.17, hier). Damit forderte der Bürgermeister, was auch zu den Forderungen der BI gehört: eine andere, für die Bürger vorteilhaftere Technik (Gleichstrom/HGÜ).

Wenn die Ankumer BI jetzt, viele Monate später, verbreitet, es sei „glücklicherweise ein Umdenken“ in der Gemeinde Ankum „zu erkennen“, dann entbehrt das jeder Grundlage. Es war kein Umdenken nötig, denn die Gemeinde setzte sich, wie die Bürgermeister-Äußerung von 2017 zeigt, nicht erst jetzt für moderne Erdverkabelungstechnik ein.

Im Februar 2018 war andere Technik wie HGÜ-Leitungen ein Thema bei der Veranstaltung in Ankum mit zwei Landtags- und einer Bundestagsabgeordneten.

Nun weiß aber auch die Bürgerinitiative, dass dafür der Bundestag erst einmal ein entsprechendes Gesetz verabschieden müsste. Genau dafür setzte sich die Gemeinde ein – das zeigte z. B. die sehr gut besuchte Stromtrassen-Veranstaltung im Februar diesen Jahres, zu der alle Ratsfraktionen und die BI eingeladen hatten.

 

Forderung nach anderer Technik. 

Anwesend aus der „großen“ Politik waren im Februar in Ankum: Filiz Polat, Bundestagsabgeordnete von Bündnis90/Die Grünen, der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Calderone sowie der FDP-Landtagsabgeordnete Horst Kortlang.

Dieses Bild zeigte die BI bei der Veranstaltung im Februar und bestätigt damit: Es liegt an den bestehenden Gesetzen, dass keine Technik zum Einsatz kommt, die Mensch und Natur besser schützt als die Technik, die derzeit zum Einsatz kommen soll.

Zu denen, die die große Politik aufforderten, durch eine Gesetzesänderung den Weg frei zu machen für andere Verlegetechnik wie HGÜ-Leitungen, gehörte Bürgermeister Detert Brummer-Bange ebenso wie Christian Pohlmann-Geers. Polat und Calderone sagten bei der Veranstaltung zu, sich für eine Gesetzesänderung einzusetzen.

Pohlmann-Geers kündigte an, man wolle „gemeinsam mit anderen Bürgerinitiativen eine Petition erarbeiten und die politischen Ebenen abklappern, um eine Gesetzesänderung zu erreichen“.

  • Im März 2018 waren HGÜ-Leitungen ein Thema bei einer UWG-Veranstaltung. Für die Bürgerinitiative forderte Anita Schulte zu Holsten bei diesem Polit-Talk „Gleichstrom/HGÜ-Leitungen“ – und erntete dafür durchweg Zustimmung von Seiten der UWG-Politiker.

Ob HGÜ oder die ganz neue, 2017 auf der Hannover-Messe vorgestellte Technik AGS: Es bräuchte auf Bundesebene erst einmal den politischen Willen, Weichen anders zu stellen – und genau in diese Richtung, Richtung Berlin, wurde die Gemeinde aktiv.

Fakt ist bei der Erdverkabelung: Die Gemeinde setzte und setzt sich für moderne Technik ein. Warum wird das von der Bürgerinitiative ignoriert?

 

© plus Video: ags-verfahrenstechnik.de

Das geltende Recht zur Kenntnis nehmen.

Die AGS-Technik stößt auf politische Unterstützung, so im Land Niedersachsen. Aber sie ist, gehört zur Wahrheit, nicht die Realität. Die Realität sieht anders aus – und eine Gemeinde ist es ihren Bürgern schuldig, die aktuelle Stromtrassen-Realität zur Kenntnis zu nehmen. Und das heißt: Das Amt für regionale Landesentwicklung (ArL), das demnächst eine Entscheidung zur Stromtrasse treffen wird, tut das auf der Basis der geltenden Gesetze. Das bedeutet: Freileitungen haben Vorrang, Erdkabel nur als Ausnahme, keine moderne Technik wie HGÜ oder AGS, weil im Gesetz nicht vorgesehen.

Im Interesse ihrer Bürger MUSS sich eine Gemeinde zu den real auf dem Tisch liegenden Plänen verhalten – und auch eine Bürgerinitiative sollte die real existierende Situation nicht aus dem Auge verlieren. Die Cloppenburger Bürgerinitiative „Landkreis Cloppenburg unter Spannung“ berichtet z. B. auch über die reale Lage sehr sachgerecht, so anlässlich eines Besuchs von Umweltminister Lies in Cappeln im April diesen Jahres. Man müsse sich im Rahmen des realistisch Machbaren bewegen, war die zentrale Botschaft des Ministers.

Infos der Bürgerinitiative „Cloppenburg unter Spannung“ zum Besuch von Umweltmister Lies in Cappeln.© clp-unter-spannung.de

 

Filiz Polat in Ankum.

Die Realität: Beim Trassenbau wird aufs Tempo gedrückt.

Dass die Gemeinde Ankum wie auch die Samtgemeinde gut dran taten und tun, die real existierende Lage nicht zu vernachlässigen, zeigte sich erst im April wieder – bei einer Berlin-Reise, an der  u.a. Ankums Bürgermeister Detert Brummer-Bange und Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier teilnahmen. Gibt es auf Bundesebene eine Chance, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu ändern? NEIN– sagten auf diese Frage, so Ankums Bürgermeister, übereinstimmend die 3 Bundestagsabgeordneten aus der Region – André Berghegger (CDU), Filiz Polat (Grüne) und Matthias Seestern-Pauly (FDP). Den Sack wolle niemand mehr aufmachen, denn wenn da für eine Region etwas geändert würde, würden entsprechende Forderungen aus allen Regionen mit Stromtrassenplanungen kommen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will ausdrücklich mehr Tempo beim Trassenbau und sogar eine Beschneidung von Mitwirkungsrechten – das ist das Gegenteil dessen, was sich die BI Ankum von ihm erhofft. Auch die Cloppenburger BI nahm, wie die Ankumer, mit Altmaier Kontakt auf. Altmaier, sagen die Cloppenburger, habe gesagt, dass „wir ein Recht auf eine Leitungsvariante hätten, die unsere Interessen am wenigsten beeinträchtigt“. In Cloppenburg weiß man aber, dass damit keineswegs zugesagt wurde, dass neuere Technik zum Einsatz kommt, und so schreibt die BI zu den Altmaier-Worten: „Schauen wir mal, was bei dem hohen politischen Druck zur schnellen Umsetzung des geplanten Netzausbaus davon übrig bleibt“.

 

Ankums Bürgermeister Brummer-Bange und Menke im Februar 2018 bei der Stromtrassen Veranstaltung in Ankum.

Mehr Sachlichkeit – im Interesse der Sache.

Irgendwie ist am Ende die Gemeinde Ankum schuld, wenn wir es hier in Ankum mit einer Trasse zu tun bekommen – bleibt dagegen als Eindruck nach der Lektüre des Textes der Bürgerinitiative in „Hallo Ankum“ hängen. Woran genau und warum schuld, wird zwar auch nicht wirklich klar, aber genau das ist das Problem: Es wird nicht klar und nachvollziehbar informiert. Das ist in Cloppenburg anders, wo  z. B. klar unterschieden wird zwischen „was fordern wir“ und „was ist die Realität“.

Zur Realität heißt es da z. B. nach dem Besuch von Umweltminister Lies: Der Minister „betonte, dass eine Zeitverzögerung nicht hingenommen werden könne und dass man sich strikt an die gesetzlichen Vorgaben zu halten habe, um Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss vorzubeugen.“ Dort auch zu erfahren, was der Minister zu AGS sagte: Diese Technik sei „noch nicht einsatzreif“.

Zurück zu Ankum. Bei allem Respekt: Wer z. B. behauptet und verbreitet, die Gemeinde setze bei Erdverkabelung „nur auf den Schutz des Industriegebiets“, an dem muss alles vorbeigegangen sein, was in den letzten Jahren im Rat und auf Veranstaltungen gesagt wurde und was dazu veröffentlich wurde.

Links am Tisch Vertreter der Bürgerinitiative, rechts Ankums Bürgermeister und sein Stellvertreter (bei der Stromtrassen-Veranstaltung im Februar 2018).

 

Gegeneinander? Da kann sich Amprion die Hände reiben. 

Die Gemeinde arbeitet gegen uns, die Menschen in den Bauernschaften interessieren nicht, eigentlich sind nur wir es, die Bürgerinitiative, die sich ernsthaft der Trasse widersetzt: Warum wird – entgegen den Fakten – ein solcher Eindruck erweckt? Warum eine solche Entwertung der Aktivitäten anderer, der Gemeinde wie auch der Samtgemeinde?

Geradeso, als habe sich die Gemeinde nicht durchgängig für einen Trassenverlauf an der Autobahn eingesetzt und für andere Technik. Geradeso, als habe es die umfangreichen Stellungnahmen nicht gegeben, die Gemeinde wie Samtgemeinde als Einwendungen gegen die Trassenplanung eingereicht haben. Geradeso, als habe das von Gemeinde und Samtgemeinde zugeschaltete Hamburger Planungsbüro Amprion-Fehler nicht gesehen, als sei die Samtgemeinde blind dafür gewesen und auch die Gemeinde Ankum. Geradeso, als hätten andere wie Gemeinde, Samtgemeinde, Landkreis die Hände in den Schoß gelegt und als seien sie nicht ausreichend mit der Materie vertraut. Sehend, informiert und aktiv nur die BI? Bürgerinitiative gegen Gemeinde? Bei einer solchen Entwicklung der Dinge könnte man sich bei Amprion nur die Hände reiben.

 

Eine Kabelübergabestation.

Bund und Land wollen den Netzausbau. 

Möchte man selbst erleben, was den Menschen im östlichen Ankum vor ihrer Haustür drohen könnte? Nein, ganz sicher nicht. Eine Trasse sollte weder östlich von Ankum entstehen noch wesentlich und auch Gehrdern, Alfhausenern usw. wäre zu wünschen, dass sie verschont bleiben.

Die Anti-Trassen-Aktivitäten aller bestmöglichst miteinander zu verzahnen, sollte eigentlich das Ziel aller und damit auch der Bürgerinitiative sein. In einer sachorientierten Atmosphäre gelingt das besser als in einer unterschwellig oder offen belasteten – das sollte bei aller Wut und allem Frust ob der realen Stromtrassen-Lage nicht vergessen werden. Vergessen werden sollte auch nicht: Die Verantwortung für den Netzausbau und seine technische Ausgestaltung liegt bei anderen, beim Bund und beim Land. Bei der Gemeinde liegt sie jedenfalls nicht.

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