Adieu „Powerfrau“

Rektorin Elisabeth Middelschulte, Rektorin der Verlässlichen Grundschule (VGS) Gehrde, bekam zur Verabschiedung in den Ruhestand als Geschenk ein wunderbares Fest – und viele Umarmungen und Geschenke.

Elisabeth Middelschulte geht in den Ruhestand. Die Grundschule Gehrde bereitete ihrer langjährigen Rektorin ein herzerwärmendes Abschiedsfest.

Rektorin Elisabeth Middelschulte, Rektorin der Verlässlichen Grundschule (VGS) Gehrde, bekam zur Verabschiedung in den Ruhestand als Geschenk ein wunderbares Fest – und viele Umarmungen und Geschenke.

Elisabeth Middelschulte, Rektorin der Verlässlichen Grundschule (VGS) Gehrde, bekam zur Verabschiedung in den Ruhestand als Geschenk ein wunderbares Fest – und viele Umarmungen und Geschenke.

Was immer bei der gestrigen (16. Juni) Feier zum Abschied von Elisabeth Middelschulte zu hören und zu sehen war, traf die scheidende Schulleiterin sichtbar ins Herz. Zu den vielen Schülerinnen und Schülern, die ihr den Abschied versüßten und zugleich schwer machten, gehörten der Schulchor und die 51-köpfige Akrobatikgruppe. Sie hatten ihre begeisternden Auftritte zwischen den zahlreichen Redebeiträgen.

Die Plätze in der Turnhalle waren bis auf den letzten Platz besetzt. Den Reigen der Darbietungen eröffnete der Schulchor der VGS Gehrde.

Die Plätze in der Turnhalle waren bis auf den letzten Platz besetzt. Den Reigen der Darbietungen eröffnete der Schulchor der VGS Gehrde.

„Sie lebt ihren Beruf als Pädagogin“.

Regierungsschuldirektorin Martina Westerkamp verabschiedete Elisabeth Middelschulte offiziell – mit Urkunde – aus dem Schuldienst und eröffnete den Reigen der Redner. „Aktiv, kommunikativ, teamorientiert“, sagte sie, „so habe ich Sie kennengelernt“. „Open minded“, immer offen für neue Entwicklungen, sei Elisabeth Middelschulte, und sie lebe ihren Beruf als Pädagogin. Personalrätin Martina Berding sprach von dem „Mehr“, das Elisabeth Middelschulte als Rektorin auszeichne. „Respektvoll“ sei sie und „zugewandt“. „Jeder“, so Berding, „fühlt sich angenommen und gut aufgehoben. Du hast uns“, so Berding weiter, „zu einem Team gemacht.“ Nina-Anneke Paaschen, Leiterin der Grundschule Alfhausen, überbrachte Grüße und Wünsche benachbarter Schulen und brachte Elisabeth Middelschulte kurz auf den Nenner „Powerfrau“.

Zu den geladenen Gästen gehörten z.B. (von links): Samtgemeinderat Josef Weissmann, Ingrid Thesing, stellv. Bürgermeisterin von Gehrde, Günter Voskamp, Bürgermeister von Gehrde, Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier. Neben ihm: Martina Westerkamp und Elisabeth Middelschulte.

Zu den geladenen Gästen gehörten z.B. (von links): Samtgemeinderat Josef Weissmann, Ingrid Thesing, stellv. Bürgermeisterin von Gehrde, Günter Voskamp, Bürgermeister von Gehrde, Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier. Neben ihm: Martina Westerkamp und Elisabeth Middelschulte.

 

1975 trat Elisabeth Middelschulte in den Schuldienst ein und verbrachte – bis auf einen Abstecher zur Haupt- und Realschule Quakenbrück – ihr Berufsleben in der Samtgemeinde: zunächst an der Haupt- und Realschule Bersenbrück und dann an der Grundschule Ankum. 2003 ging sie als Schulleiterin nach Gehrde.

„Sehr präsent“ sei Elisabeth Middelschulte, bescheinigte ihr Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier. Sie habe immer „das Wohl der Kinder im Blick“ und zeichne sich durch „eine beharrliche Verfolgung der Ziele“ aus. Elisabeth Middelschulte habe als Schulleiterin eine hohe Anerkennung genossen, auch bei Menschen, die ihr politisch nicht nahe stehen. Es sei ihr immer gut gelungen, Politik und Schule „sauber auseinanderzuhalten“.

Sorgten für helle Begeisterung: Die Show-Einlangen der Akrobatikgruppe der Schule. Hier inspiriert die Truppe ihre Rektorin zu Reisen zu Traumzielen.

Sorgten für helle Begeisterung: Die Show-Einlangen der Akrobatikgruppe der Schule. Hier inspiriert die Truppe ihre Rektorin zu Reisen zu Traumzielen.

„Da haben einige die Stirn gerunzelt“.

Gehrdes Bürgermeister Günther Voskamp wusste ebenfalls ein Lied von Elisabeth Middelschultes Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit zu singen und verriet, dass er gelegentlich selbst ein gutes Maß an Hartnäckigkeit brauchte, um dagegen zu halten, wenn die nicht ganz so gut betuchte Gemeinde Gehrde einen Wunsch nicht erfüllen konnte.

Susanne Gerritsen, stell. Schulleiterin, führte durch das Programm – das sie zusammen mit den Schülerinnen, Schülern, Lehrern usw. auf die Beine gestellt hatte.

Susanne Gerritsen, stell. Schulleiterin, führte durch das Programm – das sie zusammen mit den Schülerinnen, Schülern, Lehrern usw. auf die Beine gestellt hatte.

Günther Voskamp erinnerte launig daran, das so mancher die Stirn runzelte, als durchsickerte, dass Elisabeth Middelschulte – als nicht gerade leise Politikerin bekannt – die neue Rektorin in Gehrde werden soll. „Die kann das“, habe jedoch der damalige Bürgermeister gesagt. „Und er hat Recht behalten“, so Voskamp. „Selbstbewusst, emanzipiert, hartnäckig“, das passte damals nicht in das Männerbild“, brachte Gehrdes Bürgermeister die Reaktionen einiger seiner Geschlechtsgenossen auf den Punkt.

Die 3. Klasse spielte zur Freude von Elisabeth Middelschulte Englischunterricht – ein Fach, das die scheidende Rektorin besonders gerne unterrichtet hat.

Die 3. Klasse spielte zur Freude von Elisabeth Middelschulte Englischunterricht – ein Fach, das die scheidende Rektorin besonders gerne unterrichtet hat.

Gern hätte ich als Kind etwas Draufgängerisches gehabt.

Das letzte Wort gehörte Elisabeth Middelschulte. Sie blickte zu Beginn ihrer Rede auf ihre eigene Grundschulzeit zurück und auf ihre äußerst strenge Lehrerin. Sie habe damals, bekannte sie, gerne „etwas Draufgängerisches, Mutiges, Subversives gehabt“ wie z. B. Pippi Langstrumpf. Was sie, in Form von Fragen, zu ihrem Beruf sagte, würde man gerne jeden Pädagogen sagen hören: „Gibt es einen schöneren Beruf? Gibt es einen interessanteren, facettenreicheren? Gibt es einen herausfordernden? Gibt es einen abwechslungsreicheren? Gibt es einen anstrengenderen? Einen, in dem man mehr beeinflussen und bewirken kann? Gibt es einen anderen, der sich in solchem Maße immer neu definieren muss und darf? NEIN, ich glaube nicht.“

Geschenke auch vom Kollegen-Team: Im Korb, den Elisabeth Middelschulte hält, sammelte sich vielerlei Schönes und Praktisches für Radtouren.

Geschenke auch vom Kollegen-Team: Im Korb, den Elisabeth Middelschulte hält, sammelte sich vielerlei Schönes und Praktisches für Radtouren.

Nicht weniger schön ihr Dank an das Mitarbeiterteam: „Danke, dass wir zusammen immer einen Weg zu den gesetzten Zielen gefunden haben. Malochen können in diesem Team wirklich alle! Danke auch für den wunderbaren Humor und den manchmal scharfen Sarkasmus, welche den Pausen im Lehrerzimmer eine hochgeschätzte Leichtigkeit gaben und atmosphärisch sehr entspannend wirkten für gestresste Nervenkostüme. Auch für das Vertrauen und die Offenheit, die wir im Team teilen durften.“
Als „Feuerwerk“ bezeichnete die scheidende Rektorin, was ihr zum Abschied geboten wurde, und sie bedankte sich für die „bewegende, sprachlos machende Gestaltung des heutigen Tages“. Bewegend war auch die Rede von Elisabeth Middelschulte und zudem informativ. Wer sie lesen möchte, kann sie hier downloaden.

 

Auf nach New York gab die Akrobatikgruppe der Schule ihrer Rektorin mit diesem Showauftritt mit auf den Weg.

Auf nach New York gab die Akrobatikgruppe der Schule ihrer Rektorin mit diesem Showauftritt mit auf den Weg.

 

„Voneinander und miteinander lernen“

Wer geht, hinterlässt etwas. klartext sprach mit Elisabeth Middelschulte über drei „Hinterlassenschaften“. Die Stichwörter dafür sind Integration, Polen und Ganztagsschule.

klartext: Frau Middelschule, die Integration von Flüchtlingen ist derzeit ein großes Thema. Was oft vergessen wird: Die Schulen haben bereits über Jahre intensiv Integrationsarbeit geleistet. Auch die zugewanderten Russlanddeutschen stammten aus anderen Kulturkreisen, brachten andere Religionen, teils deutlich andere Vorstellungen von Freiheit und Toleranz mit, und die Eltern der Kinder sprachen oft kein Deutsch. Wie ist die Schule damit umgegangen und helfen die gemachten Erfahrungen bei der aktuellen Aufgabe?

Keine Situation ist wie die andere, aber ich denke, wir haben, was das Grundlegende angeht, wichtige Lektionen gelernt.
Lektion 1: Die MitarbeiterInnen müssen sehr flexibel sein.
Lektion 2: Kinder aus einem anderen Kulturkreis benötigen wesentlich mehr Zugewandtheit des Lehrers. Lektion 3: Wir gehen mit der Unterrichtsplanung auf Dinge ein, die wir früher nicht berücksichtigt haben. Unser Religionsunterricht ist z. B. inzwischen konfessionsübergreifend. Die Schule kann dadurch allen Kindern Werte und Normen vermitteln und sie zu Toleranz gegenüber anderen Konfessionen erziehen.
Lektion 4: Voneinander lernen. Gute, von Vertrauen geprägte Gespräche, gelebte Transparenz und Vereinbarungen haben der gesamten Schulgemeinschaft dabei geholfen, voneinander und miteinander zu lernen.
Lektion 5: Der Weg zu einem Miteinander ist lang. Die einen, zeigt die Erfahrung, kommen sehr viel schneller im neuen Lebensumfeld an, andere leben lange abgekapselter und reservierter. Zur Integrationen, auch das gehört zur Erfahrung, müssen viele über lange Zeiträume ihren Beitrag leisten: die Schule, Vereine, die Gemeinde, Nachbarschaften usw.

Ein Lied als Geschenk präsentieren Kinder der Kirchengemeinde „Wort des Lebens“.

Ein Lied als Geschenk präsentieren Kinder der Kirchengemeinde „Wort des Lebens“.

Das Ziel für jede bunte Gesellschaft ist das Miteinander, also Inklusion. Wir sprechen landläufig zumeist von Integration. Die ist aber nur ein Vorläufer. Das Wort Inklusion wird häufig ausschließlich mit der Begrifflichkeit Behinderung verbunden. Das ist falsch und zu eng. Inklusion wertet nicht. Inklusion bedeutet: Dass alle Menschen in ihrer Individualität selbstbestimmende Teilhaber der Gesellschaft, in der sie leben, werden. Die Selbstbestimmung ist wichtig. Mit allen Rechten und Pflichten.

klartext: Kommen wir zum Stichwort Polen. Sie waren gerade wieder mit Viertklässlern zur jährlichen Austauschwoche in Polen. Der Schulpartnerschaftsvertrag mit der Schule in Widuchowa/ Krzywin wurde offiziell 2002 geschlossen. Welchen Stellenwert hatte diese Schulpartnerschaft für Sie?

Da ich lange Jahre im Sek I-Bereich in Bersenbrück gearbeitet habe und dort wie auch im Stadtrat Bersenbrück aktiv die deutsch-polnischen Partnerschaften mitbegründet habe, war ich mit der Materie vertraut. Als ich 2003 die Schulleiterstelle in Gehrde übernahm, war der Schulpartnerschaftsvertrag gerade 1 Jahr alt. „Pacta sunt servanda“, hieß es also für mich als neue SL zunächst.

Was die Schülerinnen und Schüler der Grundschule darboten, ließ nicht nur die Rektorin, sondern auch alle anderen Gäste staunen.

Was die Schülerinnen und Schüler der Grundschule darboten, ließ nicht nur die Rektorin, sondern auch alle anderen Gäste staunen.

Die Schulpartnerschaft ist Bestandteil des Schulprogramms. Wir haben als Schule die Partnerschaft aktiv gelebt mit mehreren Begegnungen pro Jahr. Natürlich mussten diese über Jahre an vielen Stellen evaluiert und immer wieder justiert werden, weil sich die Bedingungen hier und in Polen verändert haben. Jedes Mal waren Eltern, Schüler und Schülerinnen absolut begeistert, wenn sie unsere alljährlichen Projektwochen „Schulpartnerschaft“ in Gehrde oder in Polen miterleben durften. Nachhaltiger kann gelebtes Europa im Grundschulbereich kaum sein.

Elternvertreter, Förderverein, Lehrerkollegium: Sie alle bedachten Elisabeth Middelschulte mit bewegenden Worten und schönen Geschenken.

Elternvertreter, Förderverein, Lehrerkollegium: Sie alle bedachten Elisabeth Middelschulte mit bewegenden Worten und schönen Geschenken.

Derzeit sind wir wieder in einer neuen Pilotphase, deren ersten Schritt ich als Schulleiterin noch begleiten durfte. In diesem Jahr sind wir mit unserem 4. Jahrgang das erste Mal auf Einladung der polnischen Partnerschule in eine Jugendbegegnungsstätte an die polnische Ostsee gefahren und haben dort eine Woche zusammen mit den polnischen Schülern und Schülerinnen, begleitenden Eltern und Lehrerinnen verbracht. Themenschwerpunkte waren Umwelt und Europa. Für das nächste Jahr haben wir als Schule bereits die Begegnungsstätte auf Usedom gebucht, was zeigt, dass Deutschland und Polen abwechselnd Gastgeber sind.

klartext: Vor wenigen Tagen wurde der Sieger des Architektenwettbewerbs zum Ausbau der Grundschule gekürt. Und damit sind wir bei der letzten großen Aufgabe Ihrer Dienstzeit: Sie haben maßgeblich daran mitgewirkt, die Weichen in Richtung Ganztagsbetrieb zu stellen. Wer Sie darüber sprechen hört, kann heraushören, dass diese Aufgabe auch eine Herzensangelegenheit für Sie war. Ist dem so?

Ja, sicherlich. Und das auch, weil ich aus einer Familie mit einer berufstätigen Mutter stamme und selbst immer eine berufstätige Mutter war. Vier Kinder und Beruf gaben mir einen Blick dafür, welche gesellschaftlichen Diskussionen und Umbrüche notwendig waren, um Müttern und Vätern Hilfen in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Ich erinnere, dass lange Jahre etwas despektierlich auf berufstätige Mütter geschaut wurde und auf deren Familien.

Eine tolle Nummer nach der anderen brachte die Akrobatikgruppe auf die Matte. In dieser Gruppe sind auch Schülerinnen aktiv, die die Grundschule bereits verlassen haben und andere Schulen besuchen.

Eine tolle Nummer nach der anderen brachte die Akrobatikgruppe auf die Matte. In dieser Gruppe sind auch Schülerinnen aktiv, die die Grundschule bereits verlassen haben und andere Schulen besuchen.

In der Samtgemeinde Bersenbrück wurden die Grundschulen nur sehr zögerlich zu Grundschulen mit Betreuungsangeboten neben der Unterrichtszeit. Inzwischen hat man auch hier gelernt, dass Familien beides wollen, Kinder und die Berufstätigkeit. Dr. Lübbersmann war als Samtgemeindebürgermeister sicherlich Vorreiter in der regionalen CDU und hat das Umdenken befördert, um nicht zu sagen erzwungen.
Die Elternbefragung in Gehrde hat ergeben, dass jetzt gut 2/3 der Eltern einen Ganztag wünschen. Das Ausland kennt es gar nicht anders. Dort sind Kinder immer ganztags in der Schule. Schule ist Schule, und Freizeit ist Freizeit. Das entlastet Eltern von der Erwartungshaltung, die Nachhilfelehrer der Nation zu sein. Was woanders funktioniert, kann ja nicht ganz falsch sein.

Das letzte „Werk“ der scheidenden Rektorin: Sie brachte den Um- und Ausbau zur Ganztagsschule auf den Weg. Den Architektenwettbewerb gewann dieser Entwurf. Entwurf: Reinders Architekten.

Das letzte „Werk“ der scheidenden Rektorin: Sie brachte den Um- und Ausbau zur Ganztagsschule auf den Weg. Den Architektenwettbewerb gewann dieser Entwurf. © Entwurf: Reinders Architekten.

Heute ist Schule ein wichtiger Lebensraum und muss auch so gestaltet werden. Der Raum ist neben dem wirklichen Lehrer und den Schulkindern der dritte Lehrer, sagt die Pädagogik. Der Schulträger hat unter dem neuen Samtgemeindebürgermeister Dr. Baier diese Philosophie verinnerlicht, wie man an den Neubauten der letzten Jahre gut erkennen kann. Deshalb war es mir ein Anliegen, für den Erweiterungsbau einen Preisträger auszuwählen, dessen Entwurf diese Ziele verfolgt. Wichtig war mir auch, dass der geplante Erweiterungsbau auch den Bedürfnissen des Dorfes Rechnung trägt, besonders dem des Dorfbildes. Das 9-köpfige Preisgericht, dem ich angehörte, hat eine einstimmige Entscheidung getroffen. Das ist gut.

 

11-Abschied-Elisabeth
09-Abschied-Elisabeth
14-Abschied-Elisabeth

Autor
Schlagwörter

Verwandte Beiträge

*

Top