Landratswahl: Wählen schon ab 16 Jahre

Lohnt’s? Die Junge Union der CDU zeigt: Wir haben eine Wahl. Es ist nicht alles eine Soße. Also, ihr Jungen, entscheidet mit wo’s langgeht, denn sonst entscheiden das andere für euch.

 

Die Landratswahl – eigentlich kein Thema für klartext, das nicht landkreisweit berichtet, doch nun hat die Junge Union Samtgemeinde den Wahlkampf per Video-Botschaft auf eine reine Samtgemeindebene geholt, reduziert auf „wir gegen Baier“. Der Beitrag der CDU-Nachwuchsorganisation, in der mit Dennis Lindemann auch ein Samtgemeinderat im Vorstand mitwirkt, ist in mehrerer Hinsicht erhellend. Es ist nicht egal, ob der eine oder der andere Politiker am Ruder ist, macht die Nachwuchsorganisation der CDU deutlich – und da hat sie Recht.

Europawahl und Landratswahl am 26. Mai. Bei der Landratswahl darf schon wählen, wer 16 Jahre alt ist. Bei der Europawahl ist das anders. Da gilt das Alter 18 Jahre.

 

1.737 € gegen 1.261 €: Sorgen müsste sich die Junge Union um die Stadt Bersenbrück.

Der Clou der Video-Botschaft der Jungen Union und ihre Hauptkritik am Landratskandidaten Dr. Horst Baier ist die Pro-Kopf-Verschuldung in der Samtgemeinde. Dieser Schuldenstand gefährde die Zukunft der Jungen.

Bei diesem Kritikansatz der Jung-CDU gäbe es jedoch, wie der Haushaltsplan für 2019 zeigt, ein weitaus größeres Sorgenkind: Die CDU-regierte Stadt Bersenbrück.

In der Stadt Bersenbrück liegt die Pro-Kopf-Verschuldung bei 1.737 €. Sie ist um 476 € pro Kopf höher als in der Samtgemeinde. Wenn aus Sorge ein Schild „Stop den Schulden-Baier“ hochgehalten wird, dann wäre auch ein Schild „Stop den Schulden-Klütsch“ zu empfehlen – um da mal im Stil der Jungen Union zu formulieren.

 

Größer & top: Die Grundschule Bersenbrück.

Überall sichtbar, was entstanden ist.

Man könnte viel zu dieser Schulden-Sache und der Aufhängung an einer Zahl sagen. Man könnte vor allem aber mal schauen, wohin das Geld geflossen ist.

Allein im Schul- und Kita-Bereich: Mensen an sämtlichen Grundschulen, Erweiterung der Oberschule Ankum, neuer Grundschul-Standort Ankum, Pausenhalle/Sanierung Grundschule Kettenkamp, Sporthalle Kettenkamp, neue Sporthalle Gehrde, große Erweiterung und Umbau Grundschule Gehrde, Umbau/Sanierung Grundschule Eggermühlen, je 10 %-Anteil beim Bau aller neuen Kitas, Millionen Mehrausgaben für den Kita-Betrieb und das Personal und und und.

In diese Projekte floss der Löwenanteil der aufgenommenen Kredite – fast durchweg mit Zustimmung der CDU.  Aber zurück zum eigentlichen Thema: Dazu, dass die Junge Union Entscheidungshilfen liefert für die Landratswahl.

 

Entscheidungshilfe beim Natur- und Umweltschutz.

Die Junge Union prangert an: Der Betrieb des Naturschutz- und Bildungszentrums am Alfsee würde 100.000 € pro Jahr kosten. Das steht zwar nicht fest, aber sei’s drum. Wer die Betriebskosten anprangert, lehnt logischerweise auch das gesamte Projekt ab.

Worum handelt es sich da? Wer nicht so genau weiß, was da demnächst Besuchern, z. B. in der großen Ausstellungshalle, geboten wird, findet dazu hier viele Bilder und Infos.

Eine neue Attraktion am Alfsee: Die große Ausstellung (auf 400 qm) im Naturschutz- und Bildungszentrum.

Landratskandidat Horst Baier hat sich positioniert und das z. B. durch seinen Einsatz für die Einrichtung des Naturschutz- und Bildungszentrum am Alfsee untermauert: Dem Natur- und Umweltschutz müsse, so Baier, ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.

Was ist aus der Botschaft der Jungen Union zu schließen? Jedenfalls soviel: Wenn es nach ihr gegangen wäre, würde es das Naturschutz- und Bildungszentrum Alfsee nicht geben.

Natur- und Naturwissen, Umweltbewusstsein und Umweltwissen zu vermitteln, ist ihr ganz offensichtlich nicht wichtig. Das ist eine klare Position – und damit eine Entscheidungshilfe für die Wahl am 26. Mai.

 

Entscheidungshilfe bei Energie und Klimaschutz.

Screenshot Video Junge Union. © Junge Union.

Es hätte keine HaseEnergie gegründet werden sollen, sagt die Junge Union. Was HaseEnergie von den anderen Anbietern unterscheidet, sagt der CDU-Nachwuchs nicht.

Fakten sind da z. B.: Anders als bei den großen Konzernen kommen die Gewinne der HaseEnergie komplett den Bürgern der Samtgemeinde zugute. Teure HaseEnergie, wie die Junge Union sagt? Festzuhalten ist da: HaseEnergie machte schon zwei Jahre nach Aufnahme der vollen Geschäftstätigkeit Gewinne, macht weiterhin gute Gewinne – und zahlt hier Gewerbesteuer.

 

Beträchtliche Gewinne durch HaseEnergie.

Der erste Profiteur war die Gemeinde Gehrde. Dort ist der Sitz der HaseNetz. HaseEnergie und die Gewinne der HaseEnergie leisten, wie gerade erst sichtbar wurde (mehr dazu hier), über die Bäder Gesellschaft einen wesentlichen Beitrag zur Realisierung eines Hallenbad-Neubaus in Ankum und seines Betriebs. Auch das Freibad Bersenbrück ist in diese Gesellschaft einbezogen.

2016 freuten sich Bürgermeister Markus Frerker, Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier (rechts) und Vertriebsleiter Jan Wojtun (links) darüber, dass Eggermühlen der Firmensitz von HaseEnergie ist.

HaseEnergie fördert zudem hiesige Vereine – durch einen jährliche Vereinspreis in in einer Gesamthöhe von 4.000 €. 2018 freuten sich über Zuwendungen z. B. die Kolingsfamilie Ankum, die Gehrder Schützengesellschaft, die Kettenkamper Schützen und auch der Bersenbrücker Schützenverein.

Ein großes Vorhaben: Das Gemeindewerk HaseEnergie.

Ein weiterer Punkt: HaseEnergie steht für Energiewende und Klimaschutz. Der Strom kommt aus regenerativen Quellen – also nicht aus Braunkohle, Steinkohle und Atomkraft. HaseEnergie ist an Windparks beteiligt und installiert Photovoltaikanlagen. Das ist Energiewende und Klimaschutz direkt vor Ort.

„Fridays for financial Future?!“ setzt die Junge Union der Fridays-for-Future-Bewegung entgegen. Bei HaseEnergie läuft der Spar-Kurs der CDU-Jungen zwar ins Leere, denn da werden Gewinne gemacht –  festzuhalten ist jedoch: zwei der drei Einsparforderungen bei Projekten zielen in ihrem Video auf Projekte, die auch ein Gewinn sind für den Klima-, Natur- und Umweltschutz.

Fridays for Future am 1. März in Bersenbrück traf auf offene Ohren beim Samtgemeindebürgermeister.  Horst Baier (rechts) verwies auf bisherige Aktivitäten wie z. B. HaseEnergie und lud zu einer „Zukunftswerkstatt“ ein.

Es ist nun am 26. Mai an den Wählern zu entscheiden: Überzeugt, was die Junge Union sagt? Oder überzeugt der Kurs des Landratskandidaten Baier, für den z. B. das Gemeindewerk HaseEnergie steht?

 

Entscheidungshilfe beim Thema bezahlbarer Wohnraum.

Falsch aus Sicht der Jungen Union: HaseWohnbau zu gründen. Die Baier Position: Er hält das Thema „bezahlbaren Wohnraum für geeignet, zu einem massiven sozialen Sprengstoff in den nächsten Jahren zu werden, wenn wir hier nicht handeln“. Jeder kleine Beitrag zur Entspannung der Situation sei da wichtig. Privatinvestoren sollen gestärkt werden, hält die Junge Union dagegen.

HaseWohnbau-Baustelle in Kettenkamp.

Brauchen die Privaten Stärkung durch Steuergelder? Wer sich umschaut, stellt jedenfalls fest: Die Privaten bauen und bauen und bauen – auch ohne Stärkung. In Ankum z. B. Middendorf Bau, Seelmeyer, Dobelmann, dazu enstanden und entstehen an vielen Ecken und Enden Mehrfamilienhäuser kleinerer Investoren.

Wie enorm groß die Nachfrage nach Wohnungen ist, zeigt schon die Tatsache, das die 14 Wohnungen von HaseWohnbau an Ankums Kastanienalle, die erst gegen Jahresende bezugsfertig sein werden, schon jetzt komplett vergeben sind (mehr dazu hier).

Durch HaseWohnbau kommen mehr Wohnungen in den Markt. Allein das kommt – nach den Gesetzen der freien und sozialen Marktwirtschaft  – Mietern zugute. Je mehr Wohnungen es gibt, desto besser für Mieter. Je weniger Wohnungen es gibt, desto stärker gehen die Mietpreise nach oben.

Wachsende Bevölkerung: Es braucht mehr Wohnraum – für alle Einkommensschichten.

Fakt ist zudem: Die Privaten in der Samtgemeinde bauen und bauen – aber keinen sozialen Wohnungsbau. Obwohl auch die Privaten entsprechende Förderdarlehen der n-Bank bekommen könnten. Ob Geringverdiener, Alleinerziehende, Menschen mit geringer Rente: Sozialwohnungen werden gebraucht. Gebaut werden solche Wohnungen in der Samtgemeinde bislang nur von HaseWohnbau.

Auch in Sache Wohnraum bietet die Junge Union also Entscheidungshilfe für die Wählerinnen und Wähler. Überzeugt, was sie sagt? Oder überzeugt die Baier-Position, für die z. B. die von ihm initiierte Gründung von HaseWohnbau steht?

 

Verscheiern? Entscheidungshilfe Seriosität.

„Gekonnt verschleiern“ bei den Finanzen wirft die Junge Union Baier vor. Fakt ist: Stimmt nicht, wie die CDU-Jungen selber zeigen. Die Samtgemeinde habe über 17 Mio. € Bürgschaften, wird da als Beleg für scheinbar schlechten Umgang mit Geld erhoben. Wird so etwas verschleiert?

Die Zahlen zu den Bürgschaften stehen allesamt im Haushalt der Samtgemeinde (für jeden online einsehbar). Die musste die Junge Union nur abschreiben. Und beim Abschreiben hat sie gesehen: über 13 Mio. dieser Bürgschaften entfallen auf die Alfsee GmbH und die Niedersachsenpark GmbH – beides Gründungen aus CDU-Zeiten, bei denen die CDU immer ein „Fan“ solcher Bürgschaften war (und weiterhin ist).

So steht’s im Haushalt: Die aktuelle Bürgschaftszahl Alfsee GmbH ist die mittlere (gut 6,7 Mio. €).

Nur gut 24 % dieser Bürgschaften entfallen auf Gründungen aus der Baier-Zeit  – 400.000 € für HaseWohnbau und knapp 4 Mio. für HaseEnergie. Zu einer seriösen Information würde z. B. auch noch gehören: Die Bürgschaften bringen Geld, denn es wird dafür eine Aval-Gebühr erhoben. 2018 flossen dadurch gut 45.400 € in die Kasse der Samtgemeinde (steht ebenfalls im Haushaltsplan).

Und die bei der Jungen Union immer weiter tickende Schuldenuhr? Sie tickt nicht richtig – was sich zeigen würde, wenn man ernsthaft in die Zahlen einsteigt. Aber das würde hier zu weit führen.

Wie seriös und damit glaubwürdig sollte das Agieren von politischen Parteien und Organisationen sein? Welchen Stellenwert sie Seriosität und damit Glaubwürdigkeit zumessen, auch darüber werden die Wähler mit ihrem Wahlkreuz entscheiden.

 

Der Politikstil.

Wahlkampf kann und darf zuspitzen. Was ist jedoch davon zu halten, wenn Sachlichkeit darüber auf der Strecke bleibt, wenn Zerrbilder gezeichnet werden statt solcher, die einer Sache wenigstens einigermaßen gerecht werden, wenn in Steckbrief-Manier mit „Stop den Schulden-Baier“ personalisiert wird? Ist es das, was an Politikstil gewollt ist? Darüber zu entscheiden – auch das liegt am 26. Mai in der Hand der Wählerinnen und Wähler.

Der Vollständigkeit halber: Es treten 4 Kandidaten zu Landratswahl an. Das sind:

Als Kandidaten einer Partei treten an: Dr. Michael Lübbersmann für die CDU (rechts) und Anna Kebschull (Bündnis90/Die Grünen, 2. von links). Als unabhängige Kandidaten: Dr. Horst Baier (links) und Frank Vornholt (2. von rechts). Hier bei einer Podiumsveranstaltung mit Moderator Stefan Düing.

Autor
Schlagwörter

Verwandte Beiträge

*

Top