Mit Heißwasser+Dampf gegen Riesen-Bärenklau

Riesen-Bärenklau & Co sind zur Plage geworden: In Ankum rückte man den schier Unausrottbaren nun per Hand und mit Heißwasser+Dampf zu Leibe.

Eine als spannend empfundene Premiere im hiesigen Raum: Die Bekämpfung von Riesen-Bärenklau mit Heißwasser+Dampf.

Im Juni berichtete klartext (mehr dazu hier), wie sehr sich auch in unserer Region Pflanzen aus anderen Teilen der Welt –  Neophyten genannt – breit gemacht haben. Einige dieser Pflanzen wie Riesen-Bärenklau (Herkulesstaude), Japan-Knöterich (Staudenknöterich) oder Spätblühende Traubenkirsche wuchern mit einer Kraft und Schnelligkeit, dass einheimische Pflanzen keine Chance gegen sie haben.

Wie diese Plagegeister ohne Chemie bekämpfen? Von ganz besonderem Interesse ist diese Frage z. B. für alle, deren Aufgabe Naturschutzgebiete sind und damit der Schutz der einheimischen Pflanzenwelt vor Verdrängung durch invasive Neophyten.

Viel Dampf an der Loxtener Straße und Männer in Schutzkleidung: Ein Anblick, der Aufmerksamkeit erregte.

 

Vorführung in Ankum.

Dienstag, 2. Juli: So einiger Betrieb an einem Graben an der Loxtener Straße in Ankum, an dem sich Riesen-Bärenklau breit gemacht hat. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit die Vertreter von Stadiko, eines Dinklager Unternehmens für Reinigungstechnik und chemiefreie Unkrautbekämpfung. Es steht eine Vorführung an, zu der Kristina Behlert eingeladen hat, die Gebietsmanagerin der Gebietskooperation Hase/Artland.

Gebietskooperation „Artland/Hase“. Ihr Aufgabenschwerpunkt ist die Betreuung der naturgeschützten FFH-Gebiete. Zu dieser Kooperation gehören der Haseauenverein, die Landwirtschaftskammer, das Landvolk, die Jägerschaft, der Dachverband Hase, der Unterhaltungsverband 97, der Natur- und Geopark TERRA.vita, die Samtgemeinde Bersenbrück und der Landkreis Osnabrück.

Invasive Neophyten mit einem Gemisch aus Heißwasser und Dampf zu bekämpfen, damit betritt auch Stadiko Neuland. Bevor es jedoch heiß wurde, ging es per Hand und Spezialspaten zur Sache.

Georg Lucks (rechts) im Gespräch mit Peter Smolny von Stadiko (links) und dem Stadiko-Techniker (ebenfalls in Schutzkleidung).

Im Einsatz war da Georg Lucks, der Geschäftsführer des Unterhaltungsverbands UHV 97 Mittlere Hase. Dieser Verband ist für den ordnungsgemäßen Zustand von Gewässern zuständig.

Dass Schutzkleidung anlegt wurde, hat einen guten Grund, denn Riesen-Bärenklau bildet Substanzen aus der Gruppe der Furocumarine, die in Kombination mit Sonnenlicht zu schmerzhaften Quaddeln und Blasen führen können, die oft nur schwer abheilen. Zudem erlebte jeder vor Ort, dass die Pflanzen einen Duft verströmen. Den, berichte Georg Lucks aus Erfahrung mit seinen Mitarbeitern, verträgt nicht jeder.

Kristina Behlert (2. von links) führte, wie auch Georg Lucks (rechts), ins Thema ein.

Die hoch aufgeschossenen Pflanzen mit den großen Blüten-Dolden wurden zunächst gekappt. Kristina Behlert sackte dann die klein geschnittenen Pflanzenteile zur Entsorgung (Verbrennung) ein. Sie hatte zu Beginn der Aktion in die Neophyten-Problematik eingeführt, ebenso wie Georg Lucks.

Ein harter Job: Den Riesen-Bärenklau kappen. Kristina Behlert tütet ein.

Zum Tross, der die Aktivitäten mit großem Interesse verfolgte, gehörten z. B. Vertreter des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), ein Vertreter des Bauhofs der Samtgemeinde, Jürgen Christiansen, der Leiter der Alfhausener Biologischen Station Haseniederung, und aus Ankum Bürgermeister Detert Brummer-Bange sowie Markus Revermann vom Forstamt Ankum (Niedersächsischer Landesforsten).

Der Riesen-Bärenklau-Befall in Ankum war bereits der zweite Vorführungsort an diesem Tag. Zuvor war das Heißwasser+Dampf-Verfahren an der Hase/Badberger Straße bei Staudenknöterich zum Einsatz gekommen.

 

Per Eiweißschock die Pflanze bis zum Verkümmern schwächen.

Das Heißwasser+Dampf-Gerät.

Für Stadiko hatte Peter Smolny mitgebracht, was er für diesen Einsatz brauchte. Am Rand des Grabens parkte ein Fahrzeug, bestückt mit dem KeckEx-Gerät KOMEX 12. In dem wird Wasser mit einem Brenner auf ein bis zu 130°C heißes Wasser-/Wasserdampfgemisch erhitzt. Mit dem Wasserdampf wird die Boden-Oberfläche angewärmt, damit das im gleichen Arbeitsgang ausgebrachte heiße Wasser ohne Temperaturverluste bis an die Wurzeln gelangt. Dadurch soll in der Pflanze ein Eiweißschock ausgelöst werden, der die Zellwand zerstört. Mit der Folge: Die Pflanze kann kein Wasser mehr aufnehmen und vertrocknet.

Per Lanze direkt in den Stengel des Riesen-Bärenklaus, um per Eiweißschock die Pflanze bis zum Verkümmern zu schwächen.

In Ankum waren die Pflanzen ja zunächst gekappt worden, und so wurde das heiße Wasser direkt injiziert – und zwar über die stehen gebliebenen Bärenklau-Stengel, die innen einen Hohlraum haben. Eingeführt wurde in diese Hohlräume eine Lanze, aus der heißes Wasser strömte. Je nach Gegebenheiten kommen unterschiedliche Lanzen zum Einsatz.

Stadiko ist ein Vertriebspartner des noch jungen österreichischen Unternehmens KeckEx, das 2013 von Michael Keckeis gegründet wurde. Die Debatten über das Glyphosat-Verbot weckten den Erfindergeist des Österreichers, der ein Unkrautbekämpfungsgerät mit Heißwasserdampf entwickelte und damit eine weitere Methode zur chemiefreien Unkrautbekämpfung.

 

Was wird dem Testlauf folgen?

So einige Fachsimpeleien während der Vorführung, die u. a. um die Frage kreisten, in welchem Maße eine Heißwasser+Dampf-Bekämpfung erfolgreich sein kann bzw. wie weiter verfahren werden soll. Angeregt wurde z. B., an der Loxtener Straße Testfelder abzustecken, so ein Feld mit behandelten Planzen, um verfolgen zu können, wie die Behandlung gewirkt hat.

Über das Kappen der Dolden wird die Verbreitung der Pflanze über die Samen verhindert.

Eine einmalige Behandlung, soviel ist schon sicher, wird auf keinen Fall reichen. Der Vorgang müsste mehrmals im Jahr wiederholt werden – und das über mehrere Jahre.

Nach den Stimmen, die zu vernehmen waren, war es für alle Teilnehmer ein spannender Vormittag. Was folgt diesem Testlauf an der Hase und in Ankum? In einem ersten Schritt wird Kristina Behlert die Pflanzen regelmäßig kontrollieren, um festzustellen, ob die erste Behandlung Wirkung gezeigt hat. Was darüber hinaus geschieht, steht und fällt auch mit den finanziellen Mitteln, die zur Verfügung stehen.

Riesen-Bärenklau breitet sich auch über die Wurzeln weiter aus.

 

Fördermittel: Ein allererster (kleiner) Anfang ist gemacht.

Es braucht viel Geld, um invasive Neophyten zu bekämpfen. Anfang 2016 ist in einer Antwort des damaligen Umweltministers Stefan Wenzel auf eine kleine Anfrage zweier FDP-Politiker zur Bekämpfung der Herkulesstaude (Riesen-Bärenklau) zu lesen (1): „Zuständig für Maßnahmen zur Bekämpfung sind die Kommunen. Welche Maßnahmen diese in der Vergangenheit in welchem Umfang und mit welchem Erfolg eingesetzt haben, ist der Landesregierung nicht bekannt.“

Riesen-Bärenklau kam vor 1980 nur punktuell in Niedersachsen vor (graue Rasterfelder, Garve 2007), hat sich seitdem aber stark ausgebreitet (schwarze Punkte). Und das war der Stand Ende 2015. In 2019 dürfte die Ausbreitung noch größer sein. © Niedersächsisches Umweltministerium.

Angesichts der Größe des Problems und der zu erwartenden Bekämpfungskosten sind die Kommunen jedoch finanziell völlig überfordert. Inzwischen gibt es Fördermittel des Landes. Für den Landkreis Osnabrück wurden, so Kristina Behlert, 30.000 € bewilligt. Damit sei ein Anfang gemacht. Diese Mittel sollen für FFH-Gebiete genutzt werden, um dort die Verbreitung invasiver Neophyten einzudämmen. Es braucht jedoch weit höhere Summen als diese 30.000 €, und es müssen vor allem, so Kristina Behlert, über Jahre regelmäßig Mittel zur Verfügung gestellt werden, um Erfolge zu verzeichnen.

Problematisiert wurde die massive Ausbreitung invasiver Neophyten bereits reichlich, angefangen von der EU-Ebene bis zu Landesregierungen. Folgen den Worten nicht ausreichend finanzielle Mittel, haben die Invasoren freie Bahn. Beim Staudenknöterich (wie Japan-Knöterich) ist mancherorts schon jetzt Hopfen und Malz verloren.

(1) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/5076. Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 05.11.2015, an die Staatskanzlei übersandt am 10.11.2015. Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 28.01.2016.

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