Ratsklima in BSB: Am Beispiel Wohnmobile

Wer sachliche Debatten schätzt, für den war die Ratssitzung Bersenbrück über weite Strecken eine Tortur. Wer „wir gegen die“ erleben wollte, kam auf seine Kosten. Beispiel: Wohnmobilstellplätze.

Bietet der Schützenverein von 1850 Abstellmöglichkeiten für Wohnmobile? Nein, die bietet er nicht.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Soll die Stadt Bersenbrück einen Wohnmobilstellplatz anbieten? Eigentlich ein Tagesordnungspunkt, der zu einem sachlichen Austausch einlädt. Es kam jedoch anders. Dass die Bersenbrücker Ratssitzung am 15. Juni zur Marathon-Sitzung geriet und von großer Gereiztheit

Widu Höckelmann (SPD).

geprägt war, lag nicht an einer übervollen Tagesordnung, sondern am Umgang. Am Umgang mit den Themen und am Umgang miteinander. Hier ein Blick auf nur ein Thema.

Die SPD-Fraktion hatte im Januar einen Antrag gestellt, einen Wohnmobilstellplatz einzurichten. Seit Anfang Mai gibt es dazu eine schriftliche Aussage der Stadtverwaltung. Die lautet, dass „derzeit Abstellmöglichkeiten vom Schützenverein Bersenbrück angeboten werden“. Das stimmt nicht, hatte SPD-Fraktionschef Widu Höckelmann herausgefunden.

 

Viel Reden – an der Sache vorbei.

Man hätte es in der Ratssitzung kurz machen können. Stimmt, hätte Bürgermeister Christian Klütsch (CDU) sagen können, der Schützenverein bietet keine Abstellmöglichkeiten an und kann sie auch nicht anbieten, weil es einen Vertrag zwischen dem Grundstückseigentümer (Forstamt) und dem Schützenverein von 1850 gibt, der das nicht zulässt. Damit wäre die Ausgangslage, nicht zuletzt für die Zuschauer, kurz und verständlich geklärt gewesen.

Bürgermeister Christian Klütsch (CDU).

So lief es allerdings nicht. Als Bürgermeister Klütsch das Wort ergriff, startete er mit einer Kritik am SPD-Fraktionsvorsitzenden. Der sei bei seiner Detektivarbeit nicht auf dem Stand der Dinge gewesen, er habe mit dem Falschen gesprochen, es würde einen Vertrag zwischen der Stadt Bersenbrück und dem Schützenverein geben… War also falsch, was Widu Höckelmann recherchiert hatte – dass der Schützenverein keine Wohnmobilstellplätze anbietet und anbieten kann? Nein, das war es nicht, zeigte der weitere Verlauf, aber das ging im Reden über anderes unter.

 

Nebel statt Klarheit.

Im Rat sprach der Bürgermeister von einem Vertrag zwischen der Stadt Bersenbrück und dem Schützenverein, der über 25 Jahr läuft; von Fördermitteln, die beantragt wurden, um beim Schützenverein Duschen und Toiletten zu bauen, die dann von Kanuten etc. genutzt werden sollen… In welchem Zusammenhang steht dieser Vertrag mit Wohnmobilstellplätzen? In keinem.

Dass der Schützenverein keine Abstellmöglichkeiten anbieten kann, bestätigten schließlich der Bürgermeister und die CDU-Fraktion, als gesagt wurde, man müsse mit dem Verein und dem Forstamt darüber sprechen, ob Stellplätze eingerichtet werden könnten. Wie kam es zu der falschen Behauptung in der Beschlussvorlage, der Schützenverein biete Abstellmöglichkeiten für Wohnmobile an? In der Ratssitzung war der Bürgermeister mit den Dingen des Schützenvereins bestens vertraut. Vorher nicht?

 

Schützenverein: Das Gelände kaufen?

2 Stellplätze? Grundstück kaufen?

Worüber will die Stadt nun mit dem Forstamt und dem Schützenverein sprechen? Was soll erreicht werden? Als Ziel nannte Gerd Uphoff für die CDU-Fraktion, 2 Wohnmobilstellplätze beim Schützenverein einzurichten. Bürgermeister Klütsch sprach zudem davon, die Fläche, die der Schützenverein gepachtet hat, vom Forstamt zu kaufen. Ein Grundstück kaufen, um 2 Wohnmobilstellplätze einzurichten? Die Zahl 2 ließ Gerd Uphoff später fallen, dennoch die Frage: Wozu unbedingt beim Schützenverein, möglicherweise sogar um den Preis, für teures Geld Grund und Boden zu kaufen? Braucht es für einen Wohnmobilstellplatz unbedingt Duschen? Nein.

Im August letzten Jahres wurde in Ankum die Ankunft des 170. Wohnmobils gefeiert und die 250. Übernachtung.

 

Wohnmobilisten brauchen keine Duschen.

Der Wohnmobilstellplatz in Ankum hat bislang 6 Plätze, und es ist schon jetzt, nur 1 Jahr nach dem vollen Start, im Gespräch, ihn um mehrere Plätze zu erweitern. Der Platz wird bestens bewertet – und es gibt dort keine Sanitäranlagen (Dusche/Toilette), denn Wohnmobilisten haben Toilette und Dusche an Bord. Auf einem Stellplatz in einem Ort steht man nur kurz, anders als auf einem Campingplatz, wenn man dort seinen Urlaub verbringt. Wichtig für einen Wohnmobilstellplatz einer Gemeinde, das zeigen die Kommentare zum Ankumer Platz, sind eine gute zentrale Lage, vor allem die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten.

 

Ungelegte Eier.

Sechs Monate sind seit dem SPD-Antrag im Januar vergangen. 5 Wochen seit der Ausschusssitzung. Trotz dieser Zeit waren im Rat von Seiten des Bürgermeisters und der CDU-Fraktion nur „ungelegte Eier“ das Thema. Ob das Forstamt einer Nutzung als Wohnmobilstellplatz zustimmt, wurde von der Verwaltung nicht vorher geklärt. Ob das Forstamt überhaupt verkaufen würde, wie vom Bürgermeister angedacht, auch das steht in den Sternen.

 

UWG-Fraktionschef Rathmann.

Kein Informationsaustausch.

Festzuhalten ist: Der Bürgermeister machte im Rat einen Vertrag zu seinem Hauptthema, über den niemand außer ihm und ganz offensichtlich die CDU-Fraktion informiert waren. Alle Fraktionsvorsitzenden – Widu Höckelmann für die SPD, Wolfgang Rathmann für die UWG, Elisabeth Middelschulte für die Grünen – sagten nach der Ratssitzung, dass sie zu keinem Zeitpunkt über die Existenz und den Inhalt dieses Vertrages informiert wurden.

Eine halbe Stunde vor der Ratssitzung fand noch eine Sitzung des Verwaltungsausschusses statt. Gäbe es in Bersenbrück einen angemessenen Umgang miteinander, wäre spätestens diese Sitzung die Gelegenheit gewesen, um über den Vertrag zu informieren.

 

Mundtot gemacht.

Auch wenn dieser Vertrag völlig bedeutungslos ist in Sachen Stellplätze, weil es auf den Vertrag mit dem Forstamt ankommt, erreichte die Überrumpelung des Bürgermeisters ihren Zweck: Alle anderen waren mundtot gemacht, denn wie über etwas mitreden, das man nicht kennt? So führten der Bürgermeister und CDU-Fraktionsmitglieder das Wort, und über allem schwebte, freundlich verpackt, ein Unterton von der Art: Ihr anderen habt ja keine Ahnung.

Diese Art kam bei einigen Zuschauern bestens an, und die benahmen sich dann auch wie Publikum/Fans bei einer Aufführung: Sie reagierten auf Wortbeiträge des Bürgermeisters mit Klopfen auf die Tische, an denen sie saßen. Eine Ermahnung zur Ruhe gab es vom Ratsvorsitzenden, dem Bürgermeister, nicht. Aber das ist ein eigenes Thema…

 

So lauteten die beiden Sätze im Antrag der SPD-Fraktion.

 

Gegeneinander statt Miteinander.

In der Sache selbst ist man keinen Schritt weiter. Der Vorschlag der SPD-Fraktion, die zwei Sätze ihres Antrags um den CDU-Satz zu erweitern, Gespräche mit dem Schützenverein und dem Forstamt zu führen, wurde abgelehnt. Die CDU-Fraktion bestand auf einem eigenen Antrag, in dem dann stand, was im Kern auch in dem erweiterten SPD-Antrag gestanden hätte….

In der Sache ist man zwar nicht weiter, hat aber eines erreicht: Die SPD-Antrag ist vom Tisch und wurde durch einen CDU-Antrag ersetzt. Offensichtlich war die SPD-Initiative, Stellplätze einzurichten, eine gute Idee, denn auch die CDU will Stellplätze schaffen. Plätze als Ergebnis einer SPD-Initiative oder einer gemeinsamen Initiative sollen es aber nicht sein…

Das einzige handfeste Ergebnis der Stellplatz-Debatte war: Die Aussage der Stadtverwaltung, der Schützenverein biete Abstellmöglichkeiten an, war falsch. Die Art und Weise, wie das vernebelt wurde, und die Art des Vorgehens insgesamt lässt wenig Gutes für den weiteren Verlauf und für das Ratsklima hoffen.

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