Urlaubspause! Tschüss bis Mitte August

Mein Ausflugs-Tipp: Nach Bremen zur Ausstellung „Die Terrakotta-Armee“. Vor fast exakt 30 Jahren, im Juli 1988, habe ich dieses „8. Weltwunder“ (und vieles mehr) im Original in China gesehen.

Mit dem Fotoapparat ins Fotoalbum geschaut. Die Bilder zeigen auch, dass 1988 noch kaum Touristen unterwegs waren. © privat/Stiens.

Ein persönlicher Beitrag von Rita Stiens.

Wo war ich am Abend des 5. Juli vor 30 Jahren? Ganz genau weiß ich das wieder, seitdem ich vor einigen Tagen in einem alten Fotoalbum geblättert habe. Darin auch eine Menü-Karte, die zeigt: Am 5. Juli war ich zum Abendessen im Kunlun Hotel in Beijing/Peking – zusammen mit zwei Journalisten-Kollegen plus chinesischen Offiziellen.

Was gab’s am 5. Juli vor 30 Jahren im Kunlun-Hotel Peking zu essen? Geschrieben in faszinierenden Zeichen, die ich aber leider nicht lesen kann.

In Peking begann damals eine fast 4-wöchige Reportage-Reise durch China. Sie führte über Tausende Kilometer gen Westen – entlang der Seidenstraße, bis dicht an die Grenze zur damaligen Sowjetunion, inzwischen die Grenze zu Kirgisistan. Eine der Stationen war die einstige Kaiserstadt Xian und damit die Terrakotta-Armee, das „8. Weltwunder“, wie es zur Ausstellung in Bremen heißt.

Bis zum 19. August. Die Ausstellung „Die Terrakotta-Armee“ ist noch bis zum 19. August in Bremen zu sehen. Ort: Überseestadt, BLG-Forum & Generatorenhalle, Am Speicher XI 11, 28217 Bremen. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag von 10-18 Uhr. Die Tageskasse schließt um 17 Uhr.

 

8.000 Krieger, Pferde, Wagen als Grabbeigabe.

Der chinesische Kaiser Qin Shi Huang Di ließ sich vor über 2.200 Jahren in der Nähe von Xian eine gigantisch-große Grabanlage bauen und nahm Einzigartiges mit ins Grab: militärische Macht in Gestalt von 8.000 lebensgroßen Terrakotta-Figuren, arrangiert zu einer Formation mit verschiedenen Truppengattungen. Ob General oder einfacher Soldat, alles ist detailgenau an den Kleidungsstücken und Rängen zu erkennen. 1974 wurde die „Terrakotta-Armee“ zufällig von Bauern entdeckt, die einen Brunnen bauen wollten. Inzwischen ist dieser Schatz bei Xian ein touristisches Highlight.

Die Grabanlage des Kaiser Qin Shi Huang Di erstreckt sich über ein Areal von 56 qkm und gehört seit 1987 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Mit dem Bau wurde 221 v. Chr. begonnen, und der Kaiser wurde darin 210 v. Chr. beigesetzt. 700.000 Arbeiter sollen an der Errichtung beteiligt gewesen sein.

 

©  www.terrakottaarmee.de.

Bislang erst ein Viertel freigelegt.

Als meine beiden Kollegen und ich die Ausgrabung 1988 besuchten, gab es noch nicht den Massenandrang, den es heute gibt. Anders als heute durften wir auch noch vom Besucher-Laufsteg heruntergehen zu den in langen Reihen stehenden Figuren, um sie aus der Nähe zu betrachten.

Warum ich mir die Bremer Ausstellung ansehen möchte, obwohl die z. B. keine Originalfiguren zeigt, sondern Repliken? Weil ich in Bremen vieles sehen werde, was ich vor Ort in China nicht gesehen habe. Farben zum Beispiel. Bei den Ausgrabungen stellte sich heraus, das die so lange vergrabenen Figuren beim Kontakt mit Luft schon nach wenigen Minuten den Farbüberzug verloren. Um die Farbe zu erhalten, musste erst eine neue Methode entwickelt werden.

Ein Teil der Ausstellung, die derzeit im Bremen zu sehen ist. © www.terrakottaarmee.de.

Die Bremer Ausstellung wird mir einen anderen, einen erweiternden Blick auf das vor 30 Jahren am Originalschauplatz Erlebte eröffnen. Schließlich hat sich in diesen 30 Jahren viel getan. Ich bin gespannt darauf zu sehen, welches Licht die Ausstellung in Bremen auf die Grabanlage und die Herrschaft des ersten und „ewigen“ chinesischen Kaisers werfen wird.

 

Noch kaum Tourismus, unter ständiger Beobachtung.

Tausende Kilometer von Peking über Xian, Dunhuang, Turfan, Kashgar nach Urumqi, über weite Strecken per Kleinbus und Bahn, ein Füllhorn großartiger chinesischer, buddhistischer, islamischer Kultur, grandiose Landschaften, Menschen vieler Nationalitäten: Wo heute alljährlich Millionen unterwegs sind, gab es 1988 noch so gut wie gar keinen Tourismus.

Das Fotoalbum zeigt vielfältige Kultur, viele Ethnien. 56 sind offiziell als Nationalitäten anerkannt, so z. B. Uiguren, Kasachen, Kirgisen und Mongolen. © privat/Stiens.

China wollte den Tourismus entwickeln und setzte dabei auch sehr auf Reisende aus Deutschland, aber dann – im Juni 1989 – die Tage in Peking, die als „Tian’anmen-Massaker“ in die Geschichte eingegangen sind.

Das „Tian’anmen-Massaker“. Am 3. und 4. Juni 1989 schlug das chinesische Militär gewaltsam Proteste der Bevölkerung auf dem Tian’anmen – dem Platz des Himmlischen Friedens – nieder. Es soll Hunderte Tote gegeben haben.

Meine Kollegen und ich hatten wenige Monate zuvor auf diesem Platz gestanden, auf dem 1989 so viele Menschen starben. Mir rief das auch in Erinnerung, dass ich auf der Reise zwar zwar viel gesehen, aber nichts zu den politischen Verhältnissen und den Befindlichkeiten der Menschen erfahren hatte. Wir waren von der ersten Stunde an unter ständiger Beobachtung und konnten kaum einen Schritt ohne die chinesischen Begleiter tun.

Viele Fotos im Album vom muslimisch geprägten Leben. ©privat/Stiens.

 

Alte Seidenstraße – Neue Seidenstraße.

Koran: Aus Kashgar mitgebracht.

Fasziniert hat mich auf dieser Reise vor allem das so pralle wie bunte Leben in Turfan und Kashgar in der größten Provinz Chinas – der Autonomen Region Xinjiang, geprägt vor allem von muslimischen Uiguren, einem Turkvolk mit eigener Sprache und Kultur. Dass es hier Konflikte gibt, blitzte auf, als ich darum bat, einen Imam zu interviewen. Der Bitte wurde schließlich stattgegeben, aber dem Würdenträger war natürlich bewusst, dass jedes Wort, das er sagte, von chinesischen Offiziellen mitgehört wurde. Der Imam überreichte mir zum Abschied einen Koran – eine, wie er sagte, von ihm erstellte Übersetzung in die uigurische Sprache.

Rund 900 Milliarden Dollar will die Volksrepublik China in das Handelsprojekt „Neue Seidenstraße“ stecken, das bis Rotterdam reichen soll. Es ist eines der wichtigsten Projekte der Regierung von Präsident Xi Jinping.

Kashgar war ein wichtiger Halt auf der alten Seidenstraße und ist heute, wie die gesamte Provinz Xinjiang, wichtig für das Projekt „Neue Seidenstraße“ unter dem Motto „ein Gürtel, eine Straße“. Es ist eine Konfliktregion, durch die das Prestigeprojekt „Neue Seidenstraße“ da verläuft. 2009 kamen bei Zusammenstößen zwischen Uiguren und Han-Chinesen viele Menschen ums Leben. Die Uiguren beklagen Unterdrückung und Verfolgung. 2017 haben sich die Konflikte erneut verschärft, u.a. durch ein neues „Islam-Gesetz“ der chinesischen Regierung.

Meine Reise endete in Peking, und da stand dann vor 30 Jahren am 24. Juli, das war eine Woche vor der Rückreise, ein Besuch auf der berühmten Großen Mauer an. Was deutsche Besucher angeht, hat sich der Tourismus in China recht langsam entwickelt. So lag die Zahl der Ankünfte 1995 laut de.statista. com bei gut 166.000. 2017 wurden dann gut 634.000 Ankünfte gezählt. In den letzten Jahren ist die Zahl der China-Reisenden aus Deutschland aber kaum gestiegen.

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