Mit dem 31. Dezember geht zu Ende, was vor 106 Jahren begann: Bis zum Alter von 75 Jahren war Ursula Coenen über Jahrzehnte Herz & Seele des Traditionshauses Ratermann. Nun schließt sie es und geht in den Ruhestand.
Ein persönlicher Beitrag von Rita Stiens zum baldigen Abschied.
Noch vorstellbar, dass sich jemand die Nase plattdrückt am Schaufenster vor Begeisterung und Freude? Bei mir war das so, als Ratermann 1966 das Rosenthal-Studio eröffnete. Die avantgardistische Rosenthal-studio-line im so beschaulich-gediegenen Ankum – für mich war Ratermann damit ein Fenster zur Welt, zur faszinierend-modernen Design-Welt.
Teller, vom dänischen Künstler Bjørn Wiinblad gestaltet, im kleinen Ankum zu kaufen wie viele anderen Kreationen der Spitzen-Designer bei Rosenthal, zu denen auch der Mode-König Gianni Versace gehörte – kaum zu glauben!
Nach 43 Jahren Abwesenheit aus Ankum dann wieder ein erster Einkauf bei Ratermann, begleitet von Staunen. Ratermann war, wie ich Ratermann in Erinnerung hatte: Spitzenklasse bei exklusiver Tischkultur. 2015 ein erstes längeres Gespräch mit Ursula Coenen, die mir damals erzählte, dass sie und ihr Mann 1966 wegen der Einrichtung der Rosenthal-Abteilung sogar ihre Hochzeitsreise unterbrechen mussten.
Bis zum 31. Dezember wird sich der Laden leeren.
Gut 50 Jahre nach der unterbrochenen Hochzeitreise, im 106. Jahr der Ratermann-Geschichte und in ihrem 75. Lebensjahr wird Ursula Coenen nun zum 31. Dezember beenden, was über Jahrzehnte nicht nur Arbeit, sondern auch Leben war. Wer sie beim Gang durch den Laden beobachtet, sieht die große Verbundenheit mit dieser ihrer Welt – der der schönen Tisch- und Haushaltskultur.
Ihre drei Kinder sind eigene Wege gegangen, und sie wurden darin auch ausdrücklich von ihren Eltern unterstützt. Ursula Coenen wäre gerne Kinderärztin geworden, erzählt sie beim heutigen Gespräch mit klartext. Geworden ist sie eine gelernte Fotografin, denn ihre Eltern hatten mehrere Foto-Geschäfte. Sie machte aber 1963 bei den Ursulinen in Osnabrück das Abitur, und schon damals zog es sie in der Stadt häufig zu Schäffer. Dass Tisch & Tafel, Küche und Spielwaren nur wenige Jahre später in Ankum einen großen Teil ihres Lebens ausmachen würden, konnte sie damals noch nicht ahnen.
Von Kostbarkeiten wie Königlich Kopenhagen und erlesenen Stücken aus der berühmten ungarischen Herend-Manufaktur über WMF, Robbe + Berking, Thomas, Hutschenreuther, Villeroy & Boch, Leonardo, Kaiser-Backformen usw. wird sich der Ratermann-Laden nunmehr in den nächsten Wochen leeren und nicht wieder füllen. Damit geht in Ankum eine Ära zu Ende.
Das große Anwesen steht zum Verkauf.
Was nach dem Verkauf aus dem Ratermann-Anwesen wird, damit dürfe sie sich nicht belasten, hätten ihre Söhne gesagt, erzählt Ursula Coenen. Trotzdem, ist ihr anzumerken, beschäftigt sie die Frage – was nach den vielen Jahrzehnten der Verbundenheit mit Ratermann wohl auch wenig verwunderlich ist. Leicht werden die kommenden Wochen nicht werden, und danach möchte sich Ursula Coenen erst einmal ausruhen und entspannen.
Ratermann, das ist für Ursula Coenen natürlich vor allem das Leben mit ihrem Mann Reinhold Coenen, der vor 7 Jahren überraschend starb. Der weit über Ankum hinaus bekannte CDU-Politiker hatte das Geschäft Ratermann, zusammen mit seiner Frau Ursula, von seiner Mutter Elisabeth Coenen übernommen. Es war die Liebe, die Ursula Coenen nach Ankum führte und damit auch zu dem, was beruflich zu einer Liebe wurde: Alles Schöne für ein schönes Zuhause. Ursula Coenen startet mit Beginn des neuen Jahres in einen neuen Lebensabschnitt. Alle Gute dafür!