Kein Wohnraum-Mangel?

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

klartext-Leser schrieben, wie schwer es ist, eine Wohnung zu finden. Stimmt nicht, sagte Michael Strehl (CDU) im Samtgemeinderat. „Von Wohnungsknappheit sind wir meilenweit entfernt“, so Strehl.

Dass vor allem erschwinglicher Wohnraum knapp ist, schrieben klartext-Nutzer. Soll die Samtgemeinde mit einer Wohnungsbaugesellschaft zum Mitspieler im Markt werden? Darüber wurde im Samtgemeinderat diskutiert.

Dass vor allem erschwinglicher Wohnraum knapp ist, schrieben klartext-Nutzer. Soll die Samtgemeinde mit einer Wohnungsbaugesellschaft zum Mitspieler im Markt werden? Darüber wurde im Samtgemeinderat diskutiert.

 

Wohnraum ist knapp, sagen klartext-Nutzer. CDU-Vertreter sahen das im Rat anders.

Wohnraum ist knapp, sagen klartext-Nutzer. CDU-Vertreter sahen das im Rat anders.

„Die Samtgemeinde Bersenbrück soll eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft gründen mit dem Ziel der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum“ – heißt es in einem Antrag, der auf der Tagesordnung der ersten Samtgemeinderatssitzung dieses Jahres stand. Die Debatte über dieses Thema offenbarte sehr unterschiedliche Wahrnehmungen. Für die CDU-Fraktion stellte Michael Strehl fest: „Von Wohnungsknappheit sind wir meilenweit entfernt“. Auch der Ratsherr und Alfhausens Bürgermeister Klaus Wübbolding (CDU) kann keine Knappheit erkennen. Es sagte, es sei eine „Vermutung, dass Knappheit bestehe“.
„Die Wohnungen werden zunehmend knapper und teurer. Die von Privaten durchgeführten Investitionen zielen auf gutverdienende Menschen und weisen hohe Mieten auf. Für Geringverdiener wird das Wohnungsangebot immer geringer“ – heißt es dagegen im Antrag von SPD/BL Alfhausen, UWGs und Grünen zur geplanten Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft der Samtgemeinde. Mehr dazu hier.

 

„Es wird höchste Zeit, dass wir starten“.

Die Gründung einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft sei ein „richtungsweisender Schritt in die Zukunft“, sagte Markus Revermann (UWG Samtgemeinde). Ratsherr Detert Brummer-Bange (UWG), in Ankum Bürgermeister, untermauerte diese Einschätzung. Er verwies u. a. darauf, dass die Einwohnerzahl weiter wächst, dass die Zahl älterer Menschen „drastisch zunimmt“ und dass durch den Niedriglohnsektor mit immer mehr Menschen zu rechnen ist, die nur noch kleine Renten beziehen. Ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, „das schaffen die bislang Beteiligten nicht“, so Brummer-Bange. Und weiter: „Wir müssen einen großen Strauß an Wohnungen vorhalten. Es wird höchste Zeit, dass wir starten.“

Ankum ist, was Wohnungen angeht, ein besonders teures Pflaster. Bei Immowelt lag der Preis pro qm für die dort angebotenen Wohnungen im März bei 7,10 € (40-80 qm). Quelle, 14. März 2016: www.immowelt.de

Ankum ist, was Wohnungen angeht, ein teures Pflaster. Bei Immowelt lag der Preis pro qm für die dort angebotenen Wohnungen im März bei 7,10 € (40-80 qm). Quelle, 14. März 2016: www.immowelt.de

 

Bislang bauen in der Samtgemeinde nur private Akteure wie einzelne private Investoren bzw. eine Genossenschaft – die Baugenossenschaft. Die Baugenossenschaft ist kein Unternehmen des Landkreises Osnabrück und arbeitet ebenfalls gewinnorientiert. Die Wohnungsbaugesellschaft, die die Samtgemeinde laut Antrag gründen soll, wäre eine gemeinnützige Gesellschaft.

 

Belebt Konkurrenz das Geschäft oder schadet sie?

Das Haus Stegemann in Kettenkamp soll abgerissen werden, um auf dem Grundstück neuen Wohnraum zu schaffen.

Das Haus Stegemann in Kettenkamp soll abgerissen werden, um auf dem Grundstück neuen Wohnraum zu schaffen.

Ist eine Samtgemeinde-Wohnungsbaugesellschaft sinnvoll? Die Baier-Mehrheit sagte Ja. Die Gründung einer solchen Gesellschaft sei, so Gerd Uphoff (CDU), „ein einschneidender Einschnitt in die Struktur und hat Auswirkungen auf andere. Werden die noch bauen?“, fragte er. Mit der Gründung einer Samtgemeinde-Wohnungsbaugesellschaft wäre ein weiterer Mitspieler im Markt. Konkurrenz heißt es, belebt das Geschäft. Zufall oder nicht? Nach der Ankündigung der Samtgemeinde, eine Wohnungsbaugesellschaft zu gründen, tat sich Interessantes.
So bemühte sich die Gemeinde Kettenkamp lange darum, die Baugenossenschaft dafür zu gewinnen, in Kettenkamp zu bauen (Haus Stegemann). Ohne greifbaren Erfolg. Nach der Ankündigung, die Samtgemeinde wolle eine Wohnungsbaugesellschaft gründen, dann die öffentliche Ankündigung der Baugenossenschaft, man wolle in Kettenkamp bauen. Vor wenigen Tagen dann die Ankündigung, in Bersenbrück 22 Wohnungen zu bauen – mehr als bislang bekannt war und zu einem geringeren Mietpreis (5,40 € kalt) als bislang bei Neubauten üblich.

 

Kann eine Samtgemeinde-Gesellschaft billiger bauen?

Gegründet werden soll eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft, also eine, die keinen Gewinn erwirtschaften soll. Das unterscheidet die Samtgemeinde-Gesellschaft von privaten Investoren, die in der Regel einen möglichst hohen Gewinn anstreben, aber auch von der Baugenossenschaft, die eine Dividende von 4% erwirtschaften soll. Gegenüber der Baugenossenschaft hätte die Samtgemeinde-Gesellschaft also einen 4-Prozent-Vorteil. Außerdem könnte sie, so Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier auf Nachfrage, durch Bürgschaften der Gemeinde an günstigere Kredite kommen, hätte keine teure Geschäftsführung und wohl auch Steuervorteile durch die Gemeinnützigkeit. Diese Faktoren können die Baukosten günstig beeinflussen.
Thematisiert wurde in der Debatte auch, dass an Bau-Akteure wie die Baugenossenschaft von Gemeinden Grundstücke unter dem Marktwert abgegeben werden, damit preiswerterer Wohnraum entsteht. Diese Subvention könne man auch, so Markus Revermann, durch die Gründung einer Samtgemeinde-Wohnungsbaugesellschaft „in der eigenen Tasche behalten“.

Der bisherige Mietwohnungsbau ist in der Regel hochpreisig und bietet zumeist auch nur 2-Zimmer- oder 3-Zimmer-Wohnungen. 4-Zimmer-Wohnungen finden sich in den Neubauten der jüngsten Zeit so gut wie gar nicht.

Der bisherige Mietwohnungsbau ist in der Regel hochpreisig und bietet zumeist auch nur 2-Zimmer- oder 3-Zimmer-Wohnungen. 4-Zimmer-Wohnungen finden sich in den Neubauten der jüngsten Zeit so gut wie gar nicht.

Risiko oder Chance?

Mit ihrem Nachdenken über eine Wohnungsbaugesellschaft, war am 15. März in einem Kommentar im Bersenbrücker Kreisblatt zu lesen, übernimmt die Samtgemeinde „wieder einmal die Rolle eines Vordenkers im Nordkreis“. Als Vordenker agierten Baier und seine „bunte Truppe“ schon einmal: 2013 bei der Gründung von HaseEnergie. Die CDU-Fraktion tat sich mit HaseEnergie schwer. Ähnlich schwer tut sie sich mit dem Projekt Wohnungsbaugesellschaft. Zum Gründungsbeschluss HaseEnergie sagte sie am 12. Dezember 2013 erst einmal Nein, u.a. mit dem Argument, die Gründung „sei nicht ohne Risiko*. Im CDU-Antrag zur Wohnungsbaugesellschaft heißt es erneut: Eine solche Gründung sei, „mit großen Risiken“ verbunden.“
Vom Erfolg HaseEnergie ist die CDU-Fraktion inzwischen überzeugt. Sogar so sehr, dass sie – zusammen mit der Junge Union – schon wenige Monate nach der Aufnahme der Geschäftstätigkeit von HaseEnergie fordert, diese auszuweiten: HaseEnergie solle zum „Infrastrukturdienstleister“ werden und WLAN in alle Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde bringen. „Sich heute schon für morgen aufstellen“, hieß es dazu auch im Namen der CDU-Fraktion der Samtgemeinde. Die Argumentation zur Wohnungsbaugesellschaft ließ einen solchen Spirit nicht erkennen.

 

Der Beschluss: Prüfen und im Juni entscheiden.

Ratsmitglieder vor der Sitzung: Zu seiner ersten Sitzung in diesem Jahr kam der Samtgemeinderat im See- und Sporthotel in Ankum zusammen.

Ratsmitglieder vor der Sitzung: Zu seiner ersten Sitzung in diesem Jahr kam der Samtgemeinderat im See- und Sporthotel in Ankum zusammen.

Nach den Vorstellungen der CDU-Fraktion, nachzulesen im Antrag, sollte wie folgt verfahren werden: Erstellung von „Prüfungsunterlagen“ und Vorstellung der Unterlagen bis zur Ratssitzung im Juni. Nach der Juni-Ratssitzung dann Diskussion in den Gremien. Bei diesem Ablauf wäre frühestens im Herbst eine Entscheidung möglich gewesen.
Prüfen ja, sagte dazu die Baier-Mehrheit sowie Beratung im Ausschuss, aber eine Entscheidung über die Gründung soll in der Juni-Ratssitzung fallen. Es wurde ein Beschluss gefasst, der aus fünf Punkten besteht. Dem Punkt vier stimmte die CDU-Fraktion zu, nachdem er um den letzten Satz erweitert wurden. Den Punkten 1, 2, 3 und 5 stimmte sie nicht zu. Der Beschluss lautet:

  1. Die Samtgemeinde Bersenbrück soll eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft gründen mit dem Ziel der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.
  2. Die Gesellschaft soll die Kompetenzen im Baumanagement der Samtgemeinde nutzen und die Wohnungsverwaltung an Dienstleister übertragen, um den Personalaufwand gering zu halten.
  3. Vorhandene Wohngebäude und Grundstücke der Samtgemeinde sind daraufhin zu prüfen, ob sie in die neue Gesellschaft übertragen werden können.
  4. Die Verwaltung wird beauftragt, die rechtlichen, organisatorischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zur Gründung dieser Gesellschaft zu prüfen und das Nötige vorzubereiten. Die Ergebnisse sind in den Gremien zu beraten.
  5. Für die nächste Ratssitzung am 15.06.2016 ist seitens der Verwaltung eine entsprechende Beschlussvorlage zur Gründung der Gesellschaft vorzulegen“.

* siehe Protokoll zur Ratssitzung vom 16. Dezember 2013.

Autor
Schlagwörter ,

Verwandte Beiträge

Ein Kommentar

  1. Patrick Siebrecht

    Es wäre doch so einfach, 9 Parteien Häuser mit 2 Etagen bauen, zb. Links 4 zimmer, in der Mitte 2 Zimmer und rechts 3 Zimmer Wohnungen. So wäre für jeden was dabei. In so einem Haus habe ich auch jahrelang gewohnt. Warum hier aber kaum auf Familien mit Kindern eingegangen wird ist mir unklar. Hat man 2 Kinder ist es schon schwer, teilweise wollen Vermieter gar keine Kinder haben….

*

Top