Kolpingstraße: Wie groß soll dort gebaut werden?

Zur Beurteilung der Projekte für eine Bebauung an der Kolpingstraße gibt es auch einige handfeste Orientierungen, z. B. Kennzahlen zur Größe. Wie gingen die Bieter damit um?

Gemeinderäte und Experten befassen sich in Ankum mit Projekten für eine Bebauung an der Kolpingstraße. Mitreden und -denken kann aber auch die Öffentlichkeit, denn die Unterlagen – die Projektvorschläge wie auch das Exposé zum Bieterverfahren ( hier zum Downloaden) – sind öffentlich zugänglich.
Das Grundstück, um das es geht, ist 3.890 qm groß. klartext geht mit diesem Bericht der Frage nach, wie dicht diese Fläche mit Gebäuden bebaut werden soll. Als Orientierung für die Teilnehmer am Bieterverfahren goss die Gemeinde Ankum ihre Vorstellung in zwei Zahlen.

Die beiden Zahlen: 0,4 und 0,6.

Die eine Zahl ist die Grundflächenzahl (GRZ). Sie lautet 0,4. Das bedeutet: Auf 40 % der Fläche (= 1.556 qm) können, kurz gesagt, Gebäude stehen. Nun reichen Gebäude aber auch in die Tiefe und vor allem, mit zwei und mehr Geschossen, in die Höhe. Wie viel Raum soll insgesamt gebaut werden? Auch dazu gab es eine Zahl: die Geschossflächenzahl (GFZ). Sie beträgt 0,6 = 2.334 qm. Wie hielten es die Bieter mit den Kennziffern der Gemeinde?

Die Größenunterschiede im Überblick

Die gestrichelten Linien markieren die Kennziffern der Gemeinde (0,4 und 0,6). Die blauen Säulen stehen für die Grundflächen (Vorgabe: 0,4). Die grünen Säulen für die geplanten Geschossflächen (Vorgabe: 0,6).

Von 45 % drüber bis gut 23 % darunter.

Die 5 in der Grafik berücksichtigten Projekte sind die mit den meisten Wohneinheiten: CS Immo (37), ASD (32), HaseWohnbau (26), Stephanswerk (25) und MzB Ingenieurbau (15). Wer weicht wie sehr von den Vorgaben der Gemeinde ab?

Die 3.890 qm Fläche.

  • Abweichungen nach oben stehen für eine dichtere und kompaktere Bebauung als von der Gemeinde vorgesehen. Abweichungen nach unten bedeuten bei der Grundfläche: Es bleibt mehr „Luft“, weil weniger Fläche bebaut wird. Bei der Geschossfläche bedeuten Abweichungen nach unten, dass das Gelände weniger intensiv „bestückt“ wird, mit Wohnungen z. B. oder Pflegeeinrichtungen.

Kennziffern einzuhalten, ist für Bauherren wie Architekten nicht immer leicht, denn das bedeutet auch: Die Wirtschaftlichkeit eines Projekts mit dem vorgegebenen Rahmen wie Grund- und Geschossflächenzahl unter einen Hut zu bringen.
Was die Ankumer Rahmenbedingungen angeht: Da fallen die Abweichungen teils sehr deutlich aus. Sie reichen bei der Grundfläche von + 15 % bis – 20 %. Bei der Geschossfläche sogar von + 45 % bis – 23,3 %. In Zahlen: Beim Projekt mit der höchsten Grundflächenzahl werden 545 qm Fläche mehr bebaut als beim Projekt mit der niedrigsten (HaseWohnbau). Bei der Geschossfläche liegt das Projekt mit der niedrigsten Ziffer (MzB Ingenieurbau) um 1.580 qm unter dem mit der höchsten.

CS Immo weist die Projekt-Kennziffern im öffentlich zugänglichen Entwurf aus. Bei den übrigen Bietern bat klartext darum, die Zahlen zur Verfügung zu stellen (siehe auch die Anmerkung am Schluss dieses Artikels*).

 

CS Immo: 15 % drüber sowie 45 % drüber

Das Projekt CS Immo. © CS Immo.

Dieses Projekt ist das größte. Es weicht bei beiden Kennziffern nach oben von der Vorgabe ab. klartext markierte den Hauptkomplex grün, um zu verdeutlichen, dass Haus und Grundstück oben links nicht mehr dazugehören. Die beiden Häuser vorne links gehören noch dazu.

  • 15 % größer: 0,46 statt 0,4. Mit 1.790 qm Grundfläche liegt die Zahl bei 0,46 statt bei 0,4. Das entspricht einer Überschreitung von 15 % oder 234 qm. Deutlich größer ist die Abweichung nach oben bei der Geschossflächenzahl.
  • 45 % größer: 0,87 statt 0,6. Knapp 3.384 qm umbauter Raum – das entspricht einer Geschossflächenzahl von 0,87 statt 0,6. Mit über 1.000 qm mehr weicht CS Immo in diesem Punkt stark von der Kennziffer der Gemeinde ab. Die gewünschte Größenordnung wird um 45 % überschritten.

 

ASD: 5 % drunter und 15 % drüber

Der ASD-Entwurf: zwei miteinander verbundene Hauptgebäude. © ASD.

Beim ASD-Entwurf werden die Vorgaben der Gemeinde bei der Grundfläche unterschritten und bei der Geschossfläche überschritten.

  • 5 % kleiner: 0,38 statt 0,4. Mit 1.478 qm bebauter Grundfläche liegt der ASD-Entwurf 5 % unter der Richtschnur der Gemeinde.
  • 15 % größer: 0,69 statt 0,6. Mit einer Geschossflächenzahl von 0,69 statt 0,6 liegt das ASD-Projekt um etwa 350 qm Geschossfläche (= +15 %) über der Richtschnur der Gemeinde.

Unverbindlich sind die Kennzahlen der Gemeinde nicht, denn die Formulierung dazu lautet: „Folgende Maßnahmen sind zu berücksichtigen“. Welche Rolle Abweichungen spielen, wie sie gewichtet und bewertet werden, darüber müssen sich die für die Bewertung Zuständigen verständigen.

HaseWohnbau: 20 % drunter und 7 % drüber

4 Häuser. © HaseWohnbau.

Das Projekt HaseWohnbau umfasst 26 Wohneinheiten. Dieses Projekt nimmt, wie die Grafik zeigt, die geringste Grundfläche ein. Bei der Geschossfläche liegt es über der Vorgabe der Gemeinde.

  • 20 % kleiner: 0,32 statt 0,4. Mit knapp 1.245 qm Grundfläche liegt das Projekt mit – 20 % deutlich unter der Vorgabe.
  • 7 % größer: 0,64 statt 0,6. An Geschossfläche sind 2.500 qm geplant. Damit liegt das Projekt um 166 qm bzw. + 7 % über der Vorgabe der Gemeinde.

 

Stephanswerk: fast +/-0 und 7 % drunter

Das Projekt Stephanswerk besteht aus drei Gebäuden. © Stephanswerk.

Das Projekt Stephanswerk umfasst 25 Apartments und Wohnungen. Die Kennziffern der Gemeinde werden nicht überschritten.

  • Fast +/-Null: 0,398 statt 0,4. Die geplante Grundflächenzahl des Stephanswerks beträgt 1.550 qm. Damit liegt sie leicht (6 qm) unter der Vorgabe der Gemeinde.
  • 6,8 % kleiner: 0,56 statt 0,6. Die geplante Geschossflächenzahl liegt bei 2.176 qm. Das entspricht einer Ziffer von 0,56. Damit liegt dieses Projekt um 6,8 % unter der Vorgabe der Gemeinde.

 

MZB Ingenieurbau: 10 % drunter und 23,3 % drunter

MzB Ingenieurbau: 12 Wohnungen und 3 Eigenheime. © MzB Ingenieurbau.

Das Projekt von MzB Ingenieurbau bietet 15 Wohneinheiten (3 Einzelhäuser plus 12 Wohnungen). Es liegt bei beiden Kennziffern unter der Richtschnur der Gemeinde. Besonders deutlich bei der Geschossflächenzahl.

  • 10 % kleiner: 0,36 statt 0,4. Mit 1.388 qm Grundfläche liegt der Entwurf 10 % unter der Richtschnur der Gemeinde.
  • 23,3 % kleiner: 0,46 statt 0,6. 1.804 qm Geschossfläche – das entspricht einer Geschossflächenzahl von 0,46 statt 0,6. Damit liegt das Projekt MzB Ingenieurbau mit 23,3 % unter der Richtschnur der Gemeinde.

 

Nicht in der Grafik: Der Entwurf Gert Meyer zu Brickwedde.

Geplant: 5 Eigenheime. © Meyer zu Brickwedde.

Gert Meyer zu Brickwedde legte einen Entwurf zum Bau von 5 Eigenheimen vor. Größe: 1 x 260 qm Wohnfläche, 4 x 194 qm Wohnfläche. Zu jedem Haus gehört eine Doppelgarage.
Gemessen an den beiden Kennziffern der Gemeinde liegt dieses Projekt dann auch deutlich darunter: Bei der Grundfläche um 35 %, bei der Geschossfläche um 55 %.

 

Aussagen zur Nutzung im Exposé zum Bieterverfahren.

Bewertungs-Puzzle: Wie groß? Stellplätze? Pflege, Wohnen?

Zu welchem Zweck das Gelände genutzt werden soll, ob dort z. B. ein Pflegeprojekt verwirklicht werden soll oder ein anderes – das ist in erster Linie eine Ansichts- und Meinungssache. Was sich die Gemeinde an möglichen Nutzungen vorstellte: Dazu gibt es einige Hinweise im Exposé zum Bieterverfahren, z. B. der Nutzungszweck „Wohnen für besondere Zielgruppen“.
Handfester sind Kriterien wie die Kennziffern zur Größe & Kompaktheit und die Aussage zu den Stellplätzen. Die Kolpingstraße ist eine Sackgasse und Parkplätze sind schon jetzt sehr rar. Angesichts dieser Situation spielen die Aspekte Verkehr und Stellplätze eine nicht unwesentliche Rolle.

Im Exposé zum Bieterverfahren wurde festgelegt: „Die für das jeweilige Bau- und Nutzungsvorhaben erforderlichen Stellplätze sind auf der Vorhabenfläche zu errichten. Es ist ein entsprechenden Nachweis zu führen.“

Die vorgesehenen Stellplätze

Sind genug Stellplätze auf dem Grundstück vorgesehen?

Stellplatz-Lösung beim Entwurf Stephanswerk.

Die Stellplatz-Grafik zeigt, dass bei dem mit Abstand kleinsten der 5 Bauvorhaben (MzB Ingenieurbau) genau so viele Parkplätze (19) vorgesehen sind wie bei dem größten (CS Immo). Das verweist u.a. auf ein Problem: Die Projekte haben einen sehr unterschiedlichen Charakter. Sie bestehen in sich z. T. aus unterschiedlichen Nutzungszwecken wie normalem Wohnen und Pflege und bieten unterschiedliche Wohneinheiten wie Zimmer, Apartments, kleine und große Wohnungen.
So besteht das Projekt MzB Ingenieurbau aus 12 Wohnungen und 3 Eigenheimen. Das Projekt CS Immo umfasst dagegen 14 Zimmer, 13 Apartments, 10 Wohnungen (in den Häusern 3+4) sowie weitere Nutzungen wie eine Tages- und eine Beatmungspflege. Welche Stellplatzvorschriften gelten wofür?

Das Expertenwissen dürfte gefragt sein.

Seit Juli 2016 gibt es neue „Richtzahlen für den Einstellplatzbedarf“. Für „Mehrfamilienhäuser und sonstige Gebäude mit Wohnungen“, heißt es z. B. darin, sollen es 1-1,5 Stellplätze pro Wohnung sein. 1 oder 1,5? Da spielt z. B. eine Rolle, wie groß die Wohnungen sind.

Stellplätze beim ASD-Projekt (plus 6 in einer Tiefgarage).

Bei einem Altenwohnheim wird z. B. 1 Stellplatz für 8-15 Betten vorgeschrieben (mindestens 3), bei einem Pflegeheim 1 Stellplatz für 6-10 Betten, bei einer Tagespflege 1 Stellplatz für 4-6 Betten. Welche Stellplatzvorschriften bei welchen Projekt zum Tragen kommen und welcher Bedarf sich daraus unter dem Strich ergibt – es braucht Fachwissen, um diese Frage zu beantworten.

Der Gemeinderat, der die Projekte bewerten muss, steht vor keiner leichten Aufgabe, denn das „Bewertungs-Puzzle“ ist komplex. Die 4-köpfige externe Experten-Kommission, die Fachkompetenz aus unterschiedlichen Fachbereichen einbringt, dürfte sich für die Gemeinderäte als wichtiger Gesprächspartner erweisen.

klartext stellte alle 6 Projekte einzeln mit ihren wichtigsten Bestandteilen vor. Und so finden Sie sie: ASD ( hier), CS Immo ( hier), HaseWohnbau ( hier), MzB Ingenieurbau und Gert Meyer zu Brickwedde ( hier), Stephanswerk ( hier).

* Anmerkung:

Die hier genannten Zahlen spiegeln die unterschiedlichen Größenordnungen wider. Auf den Quadratmeter genau können sie nicht sein, denn dafür müssten man einen detaillierten Einblick in alle Berechnungen haben. In der ASD-Zahl zur Grundfläche (0,38) ist z. B. die Tiefgarage (160 qm) mit 6 Stellplätzen enthalten. Damit nehmen dann schon einmal 6 der 27 Parkplätze oberirdisch keinen Platz mehr weg. Bei anderen Projekten wie HaseWohnbau oder dem Stephanswerk gibt es z. B. keine Tiefgarage. Da nehmen dann alle 26 bzw. 22 vorgesehenen Stellplätze oberirdisch Platz ein.

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