HaseWohnbau & Co im Fokus der Politik

Gut 25 Mio. € Steuergelder flossen allein bis 2003 in die Alfsee GmbH. Diese Gründung aus CDU-Zeiten schrieb über Jahrzehnte Verluste. Darauf zurückzuschauen ist durchaus erhellend – angesichts der angelaufenen politischen Debatte über die Gesellschaften und Beteiligungen der Samtgemeinde.

Positiv oder negativ: Wie wird die wirtschaftliche Aktivität bei kommunalen Gesellschaften und Beteiligungen bewertet? Diese Frage steht derzeit in der Samtgemeinde auf der politischen Tagesordnung.

Ein kommentierender Beitrag von Rita Stiens.

Warum ein Rückblick auf die Alfsee GmbH? Wegen eines Antrags der Gruppe CDU/FDP vom 19. August. Zu lesen ist in diesem Antrag, dass „nicht alle“ Gesellschaften der Samtgemeinde „wirtschaftlich problemfrei laufen“. Von Verlusten und „Problematiken“ ist da die Rede.

Die im Antrag genannten Gesellschaften sind HaseEnergie, HaseWohnbau – beides Gründungen aus der Baier-Zeit – und die Ankum-Bersenbrücker-Eisenbahn. Was hat es mit den „Problematiken“, von denen in dem Antrag die Rede ist, auf sich?

 

HaseEnergie schon nach 2 Jahren mit Gewinn.

Fakt ist zunächst einmal: HaseEnergie, 2015 gegründet, erwirtschaftete schon 2 Jahre danach einen Gewinn und schloss auch das Jahr 2018 mit einem Gewinn ab – in Höhe von gut 119.000 €. Auch die Ankum-Bersenbrücker-Eisenbahn schreibt Gewinne – 2018 einen Gewinn von gut 446 €, in den Vorjahren von ca. 15.000 €. HaseWohnbau, erst 3 Jahre alt, schreibt 2018 einen Verlust von gut 130.000 €.

Wie sah das mit Verlusten und Gewinnen eigentlich bei der Alfsee GmbH aus, die immer wieder als „Erfolgsgeschichte“ bezeichnet wird? Glänzte die Alfsee GmbH mit Gewinnen oder hatte die „Erfolgsgeschichte“ einen Preis? Sie hatte, zeigen die Zahlen, einen hohen Preis.

 

Alfsee GmbH: 25 Mio. € öffentliche Mittel.

Viele Millionen öffentliche Mittel für die Alfsee GmbH.

Gut 30 Jahre nach der Gründung der Alfsee GmbH, im Jahr 2003, lautete die zahlenmäßige Bilanz laut Rechnungsprüfungsamt des Landkreises: „Mit einem Einsatz öffentlicher Mittel in Höhe von ca. 50 Mio. DM (…) ist es gelungen, in den Jahren 1971-2003 eine qualifizierte Freizeitanlage von überregionaler Bedeutung zu errichten“  (Quelle: siehe (1) unten).

50 Mio. DM, das sind gut 25 Mio. € – Steuergelder, die in die Alfsee GmbH flossen. Und es war weiterhin kein wirtschaftlicher Erfolg in Sicht. „Auch in Zukunft ist davon auszugehen, dass die Alfsee GmbH jährlich von nennenswerten Nachschüssen der BEVOS GmbH und der Samtgemeinde Bersenbrück abhängig sein wird“, heißt es in dem Prüfungsbericht (siehe (2) unten). Als der Bericht erschien, stellte die CDU mit Dr. Michael Lübbersmann den Samtgemeindebürgermeister. Lübbersmann war seit 2002 auch der Geschäftsführer der Alfsee GmbH.

 

Viel Geld – viel Zeit.

Die „Seeterrassen“ liegen links, abseits des Urlaubszentrums (Nr. 23), „BeachBar“ und „Bistro“ bei der Wasserskianlage (Nr. 6 und 7).

Tourismus-Entwicklung am Alfsee.

Was zeigt das Beispiel Alfsee GmbH? Dass bei dieser Gesellschaft über Jahrzehnte enorme Verluste akzeptiert wurden und dass der Gesellschaft viel Zeit gegeben wurde, sich zu entwickeln. Man tat das, weil die Alfsee GmbH – weil der Zweck, zu dem sie gegründet wurde – politisch gewollt war. Dies gilt auch für den Niedersachsenpark, der von einer eigenen Gesellschaft betrieben wird und zu einem Drittel der Samtgemeinde Bersenbrück und einem Drittel der Gemeinde Rieste gehört. Der Gesamtzuschuss liegt hier seit Gründung bei ca. 650.000 € pro Jahr. Auch hier leistete sich die Samtgemeinde eine Beteiligung mit Defiziten – zu dem Zweck, dass Arbeitsplätze geschaffen werden.

 

Nicht nur eine Frage der Zahlen.

2012 drehte sich mit Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier und dem Bündnis aus UWGs, SPD und Grünen der politische Wind. An welchen Kriterien orientiert sich die CDU jetzt, wenn bei einer Gesellschaft wie HaseEnergie, die Gewinne schreibt, von „wirtschaftlich nicht problemfrei laufen“ die Rede ist? Gemessen an den Zahlen zu den ersten Jahrzehnten Alfsee GmbH läuft HaseEnergie jedenfalls bestens, denn sie schreibt Gewinne.

Natürlich macht es auch bei Gesellschaften, die Gewinne schreiben, Sinn, sich mit der Wirtschaftlichkeit zu beschäftigen und mit der Frage, ob sie noch wirtschaftlicher sein könnten. Welche Fakten wie gewertet und beurteilt werden, das hängt jedoch nicht allein von den Zahlen ab, sondern auch vom politischen Standpunkt.

Öffentlicher Zweck. Was die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen angeht, ist im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz (§ 136 NkomVG) festgeschrieben: Kommunen dürfen sich wirtschaftlich betätigen, wenn ein öffentlicher Zweck das rechtfertigt.

 

Worum geht es wirklich?

Die Debatte über die Gesellschaften und Beteiligungen hat gerade erst begonnen. Der bisherige Verlauf ließ aber schon erahnen, dass es kontrovers zugehen wird. Ein Schelm, wer dabei an Wahlkampf denkt; daran, dass in etwa 4 Monaten ein neuer Samtgemeindebürgermeister gewählt wird.

Touristisches Angebot auf der Bahnstrecke der Ankum-Bersenbrücker-Eisenbahn: Ausflüge mit dem Artland-Express der Weser Ems Eisenbahn.

Eine der Fragen, die einem zum weiteren Debattenverlauf in den Sinn kommen kann, ist: Wird sichtbar werden, worum es wirklich geht? Geht es CDU/FDP z. B. wirklich um die Höhe der Summe, die bei der ABE für die Bahnstrecke ausgegeben wurde, um z. B. eine touristische Nutzung voranzubringen, oder geht es darum, dass CDU/FDP das Ziel – eine Wiederbelebung der Bahnstrecke inklusive touristische Nutzung – ablehnen? Wenn ja, sollte Wählerinnen und Wählern reiner Wein eingeschenkt werden und es sollte deutlich werden, was die CDU mit der Bahnstrecke vorhat. Wenn keine Wiederbelebung und touristische Nutzung, was dann?

 

Politisch gewollt, politisch nicht gewollt.

Was HaseWohnbau angeht: Die CDU Samtgemeinde war gegen die Gründung dieser kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, die das Ziel verfolgt, einen Beitrag zu leisten zu mehr bezahlbarem Wohnraum. Nach Meinung der CDU soll privaten Investoren die Schaffung von Wohnraum überlassen bleiben. HaseWohnbau war also, anders als die Alfsee GmbH, politisch von der CDU nicht gewollt.

Zur Alfsee GmbH hieß es 2003: „Unter Berücksichtigung der Entwicklung der vergangenen 5 bis 8 Jahre ist nach Auffassung des Rechnungsprüfungsamtes davon auszugehen, dass die Alfsee GmbH auch in den nächsten Jahren nicht in der Lage sein wird, die wesentlichen Geschäftsbereiche in die Gewinnzone zu führen“. Über 30 Jahre nach der Gründung keine Aussicht darauf, die wesentlichen Geschäftsbereiche der Alfsee GmbH in die Gewinnzone zu führen: Das wurde damals akzeptiert und hielt die CDU-Samtgemeindeverantwortlichen nicht davon ab, weiterhin Steuergelder einzusetzen.

Berichte zur Wirtschaftlichkeit aller Gesellschaften. Was den CDU Antrag vom 19. August angeht, wurde im Finanzausschuss der Samtgemeinde am 4. September beschlossen, einem Vorschlag von Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier zu folgen. Danach wird die Verwaltung einen Bericht zu allen Gesellschaften und Beteiligungen der Samtgemeinde vorlegen.

 

Sehr langer Atem bei der Alfsee GmbH.

Einer Gesellschaft wie der Alfsee GmbH wurden Jahrzehnte gegeben, sich zu entwickeln. Besteht dieselbe Bereitschaft zu einem langen Atem auch bei HaseWohnbau, die erst 3 Jahre alt ist und die gerade erst angefangen hat zu bauen? Zeit geben sich zu entwickeln, heißt selbstverständlich nicht, auf Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zu verzichten.

© www.niedersachsenpark.de

Grundsätzlich gilt jedoch: Dass eine Gesellschaft Verluste schreibt, kann aus CDU-Sicht nicht gegen eine Gesellschaft sprechen – das zeigen die Alfsee GmbH und auch der Niedersachsenpark. Wer Alfsee GmbH und Niedersachsenpark als Erfolgsgeschichte preist, kann gegen HaseWohnbau nicht ins Feld führen, dass sie keine Gewinne schreibt.

Das ist kein Plädoyer dafür, so hohe Verluste anzuhäufen, wie sie bei der Alfsee GmbH als verantwortbar betrachten wurden. Es ist allein ein Plädoyer für Gleichbehandlung im Wesentlichen. Und das heißt: Dass es lange dauern würde, bis eine Alfsee GmbH Gewinne schreibt, war schon bei Gründung der Gesellschaft klar. So ist es auch bei HaseWohnbau – was in den öffentlichen Gremien-Debatten vor der Gründung und zur Gründung auch klar geäußert wurde. Klar geäußert wurde ebenso, dass der Zweck der Gesellschaft nicht ohne öffentliche Zuschüsse zu erreichen ist.

Einen ersten Vorgeschmack auf die Debatte gab es bereits am 26. September im Samtgemeinderat. Hier die Runde kurz vor Sitzungsbeginn.

 

Wirtschaftlichkeit nicht das einzige Kriterium.

Wie Verluste grundsätzlich bewertet werden, führt wieder zurück zu dem Punkt: Was ist politisch gewollt, was nicht?  Dass Wirtschaftlichkeit im Sinne von ,es müssen sehr bald Gewinne geschrieben werden‘ nicht der ausschlaggebende Maßstab zur Beurteilung wirtschaftlicher Aktivitäten einer Gemeinde sein kann, zeigen die Alfsee GmbH und der Niedersachsenpark in aller Deutlichkeit. Weil politisch gewollt, heiligte der Zweck bei diesen Gesellschaften den Einsatz vieler Mittel – den Einsatz von zig Millionen Euro Steuergeldern. Politisch gewollt oder nicht: Welche Rolle das bei der demnächst anstehenden Debatte über die Wirtschaftlichkeit der Gesellschaften und Beteiligungen spielen wird, bleibt abzuwarten.

 

Quelle (1): Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (Referat R) des Landkreises Osnabrück über die Prüfung bei der Alfsee GmbH aus dem Jahr 2003.
(2) Bis Ende 1998 war die BEVOS, die Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft des Landkreises, noch mit 98 % an der Alfsee GmbH beteiligt. Bis 2003 sank der Anteil auf 51 %, heute beträgt er 5,1 %.

 

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