Samtgemeinde sperrt klartext aus – keine Infos, kein Zugang mehr. klartext wurde aus dem Medien-Verteiler der nunmehr CDU-geführten Samtgemeinde Bersenbrück gestrichen. Nichts mehr für und mit klartext – das ist eine Entscheidung mit so weit reichenden Folgen, dass der klartext-Betrieb erst einmal ruhen wird. Warum? Mehr dazu hier.
Ein Beitrag in eigener Sache.
Ein Anbau an die Ballsporthalle in Kettenkamp – klartext hätte gerne darüber berichtet, wie klartext z. B. 2019 ausführlich über die neue Ballsporthalle berichtete. Das neue Kettenkamp-Projekt steht stellvertretend für vieles, worüber klartext nicht mehr berichten kann. Warum nicht? Weil die Samtgemeinde es verhindert.
Ereignisse rund um Kitas und Schulen z. B., Initiativen der Samtgemeinde auf vielen Gebieten, Spatenstiche, Einweihungen, die Feuerwehren, Bürgertreffs, der Freizeit- und Ferienpark Alfsee, das Naturschutz- und Bildungszentrum: Wie viele Berichte und Reportagen hat klartext allein schon zu diesen Bereichen über Aktivitäten und Engagement geschrieben! Damit ist es vorbei.
Persona non grata. Kein Zugang mehr. Verschlossen Türen.
Dass klartext aus dem Medien-Verteiler der Samtgemeinde gestrichen wurde, bedeutet, dass klartext, anders als das Bersenbrücker Kreisblatt, keine Informationen wie Pressemitteilungen, Bilder, Einladungen mehr bekommt. Mehr noch: Die klartext-Berichterstatterin wird als persona non grata betrachtet, als eine unerwünschte Person, die sich nirgendwo mehr sehen lassen soll und darf. Das Ziel: Zu erreichen, dass wegfällt, was bislang einen Großteil der klartext-Berichterstattung ausgemacht hat.
Ganz oben entschieden.
Vor einigen Wochen wurde klartext telefonisch von der für Kommunikation zuständigen Mitarbeiterin der Samtgemeinde mitgeteilt, dass klartext vor die Tür gesetzt wird.
Übermittelt wurde, zeigte das Gespräch und zeigten in den letzten Wochen die Folgen, eine Entscheidung von ganz oben, von Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke (CDU).
Michael Wernke ist auch Geschäftsführer von Gesellschaften wie der Alfsee GmbH und HaseEnergie. Weil Berichterstattung mit aller Macht verhindert werden soll, wird klartext auch nicht mehr über touristische Aktivitäten am Alfsee berichten können, wird nicht mehr schreiben und zeigen können, wie sich die Dinge beim Naturschutz- und Bildungszentrum entwickeln, und der jüngsten Hallenbad-Geschichte wird keine weitere folgen können.
Nicht mehr möglich: Berichterstattung über ein breites Spektrum an Themen.
Durch die Entscheidung der Samtgemeinde wird klartext die Grundlage dafür entzogen, über ein breites Spektrum an Themen berichten zu können. Das gesellschaftliche Leben in der Samtgemeinde und ihren Mitgliedsgemeinden ist nun einmal in hohem Maße von Gemeinde- und Samtgemeindeaktivitäten geprägt.
Schon seit Jahren Boykott durch die CDU, jetzt auch durch die Samtgemeinde.
Die Folgen der Ausgrenzung durch die Samtgemeinde werden dadurch verschärft, dass klartext von CDU-regierten Gemeinden, das sind 5 der 7 Mitgliedsgemeinden, und bei der CDU insgesamt schon seit Jahren von allem ausgeschlossen wird.
Von CDU-Verbänden bekam klartext von Anbeginn an keinerlei Pressematerial. Es gab auch keine Einladungen zu CDU-Veranstaltungen und aus CDU-regierten Gemeinden auch keine Einladungen zu Veranstaltungen der Gemeinde. Warum dieses Verhalten? Seht her, die CDU kommt ja gar nicht vor, und wenn, dann nur in kritischer Berichterstattung, konnte man da in die Welt setzen und klartext als einseitig abstempeln.
Ein Klima der Verunsicherung und Einschüchterung.
Dass klartext viele schöne Reportagen schreiben konnte, weil die Samtgemeinde diesem journalistischen Blog offen gegenüberstand, gefiel in CDU-Kreisen gar nicht. Die Gelegenheit, klartext auch auf Samtgemeindeebene auszugrenzen, kam mit dem neuen CDU-Samtgemeindebürgermeister.
Die Entscheidung der Samtgemeinde, klartext auszugrenzen, hat eine Befürchtungen nährende Signalwirkung. Viele müssen Wert legen auf einen guten Draht zur CDU-dominierten Lokalpolitik und zur Samtgemeinde. Es sickerte bereits durch, dass klartext verbannt wurde. Sich weiterhin auf klartext einlassen? Das könnte negative Folgen haben. Ein Klima der Verunsicherung und Einschüchterung ist schon jetzt traurige Realität.
Eine Entscheidung gegen die Interessen der Samtgemeinde, der Gemeinden, der Bürgerinnen und Bürger.
In den Samtgemeinden Bersenbrück, Artland, Fürstenau und Neuenkirchen leben annähernd 80.000 Menschen. Laut Media-Daten 2021 (1) hat das Bersenbrücker Kreisblatt einschließlich epaper eine Auflage von 13.068 Exemplaren (Mo.-Fr.). Für Sa. werden etwa 500 mehr ausgewiesen. Diese Zahl zeigt, dass die meisten Haushalte gar keine Lokalzeitung mehr beziehen.
Dass immer weniger Menschen die Lokalzeitung lesen, ist eine bedauerliche Entwicklung, aber so ist es nun einmal. Umso mehr sollte es im Interesse der Samtgemeinde und ihrer Gemeinden liegen, über die Nutzung aller Medien so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Die Entscheidung, klartext auszusperren, ist eine Entscheidung, die die CDU-Parteiinteressen über die Interessen der Gemeinden, der Samtgemeinde sowie aller Bürgerinnen und Bürger stellt.
Gegen Meinungsfreiheit und -vielfalt: Nun die offizielle Politik der Samtgemeinde.
Journalistische Blogs, wie klartext einer ist, gehören seit Jahren zur Medienlandschaft – die in einer Demokratie eine vielfältige sein soll. Es gab auch hier einmal zwei sehr unterschiedlich ausgerichtete Zeitungen.
Was der neue CDU-Chef der Samtgemeindeverwaltung von Meinungsfreiheit und einer vielfältigen Medienlandschaft hält – diese Frage wurde durch die Entscheidung, klartext zu verbannen, beantwortet. Schon seit dem Start im Jahr 2015 gehen CDU-Politiker massiv gegen klartext vor – durch immer wiederkehrende falsche Behauptungen, üble Nachrede und vor allem durch Einschüchterungsversuche gegenüber der Gründerin Rita Stiens.
Bedrohungen, Androhungen. Seit Jahren das Ziel: klartext mundtot zu machen.
Die Liste der CDU-Angriffe gegenüber klartext ist lang. So musste klartext z. B. 2018 gegen einen CDU-Samtgemeinderat vorgehen, der öffentlich behauptete, klartext sei ein Portal, das jährlich Geld von SPD, UWGs, Grünen bekomme und thematisiere darum „auftragsgemäß einseitig“ die Politik der Samtgemeinde. klartext schaltete – erfolgreich – eine Anwaltskanzlei ein. Der CDU-Rat musste sich verpflichten (inkl. Vertragsstrafe), seine – falsche – Behauptung zur Finanzierung von klartext zu unterlassen und die Anwaltskosten zu erstatten
Am 29. Mai 2018 wandte sich die klartext-Berichterstatterin per Mail an die Ratsvorsitzende Agnes Droste (CDU) und schrieb ihr u.a.: „Ich habe so manches hingenommen, von massiver persönlicher Bedrängung über einen nächtlichen Drohanruf, Androhungen von Schadenersatzansprüchen, worüber ich noch nicht geschrieben habe, weil ich auf Besinnung in den entsprechenden CDU-Kreisen gehofft habe. Was zuviel ist, ist jedoch zuviel“.
Die Mail schloss mit den Worten: „Ich habe in meinem Berufsleben mit so manchem CDU-Politiker zu tun gehabt, und es war immer ein guter und befruchtender Umgang. Wie ich hier CDU erlebe, das habe ich mir nach 40 Berufsjahren nicht vorstellen können“.
Während des Wahlkampfs für Michael Wernke. Klage eingereicht.
Besser wurde es nach 2018 nicht. Es wurde auch wieder zur Waffe üble Nachrede gegriffen. Am 27. Januar 2020 und damit knapp 4 Wochen vor der entscheidenden Stichwahl zwischen dem CDU-Kandidaten Michael Wernke und Klaus Menke behauptete erneut ein CDU-Samtgemeinderat zu klartext „Es ist bezahlte Berichterstattung. Parteiisch, unfair und politisch!“ und bezichtigte damit die klartext-Berichterstatterin, eine korrupte Journalistin zu sein; eine, die gegen Bezahlung parteiische Berichterstattung liefert.
Weil der CDU-Samtgemeinderat nicht auf die anwaltlichen Schreiben reagierte, reichte Rita Stiens beim Amtsgericht Bersenbrück Klage ein. Das Verfahren läuft noch.
Die nächste Wahl steht im September an. Derzeit keine eigene CDU-Mehrheit im Samtgemeinderat.
Die Wahl von Michael Wernke war ein kräftiger Rückenwind für alle, die seit Jahren versuchen, klartext mundtot zu machen. Nun wirkt auch die Samtgemeinde mit aller Amtsmacht daran mit, dieses Ziel zu erreichen.
Am 12. September stehen wieder Wahlen an… Derzeit hat die CDU keine eigene Mehrheit im Samtgemeinderat. Meinungsfreiheit und Medienvielfalt, so die klartext-Erfahrung, wird von der CDU-bekämpft. Angesichts der Bedeutung der kommenden Wahl nun härter denn je.
Aussperren, weil kein Presseausweis?
Die klartext-Berichterstatterin war bald 40 Jahre lang als Journalistin und Autorin berufstätig und saß im renommierten Hamburger Verlagshaus Gruner+Jahr über viele Jahre in verantwortlichen Positionen – so als Textchefin und stellv. Chefredakteurin einer Zeitschrift mit einer Auflage von über 500.000 Exemplaren.
Was wurde nicht alles schon aus CDU-Kreisen gegen klartext lanciert – in völliger Unkenntnis der Materie. Rita Stiens habe keinen Presseausweis, gehörte z. B. dazu. Dass die klartext-Berichterstatterin keinen Presseausweis (mehr) hat, hat einen einfachen Grund: Sie arbeitet nicht länger hauptberuflich als Journalistin. Einen Presseausweis bekommen nur hauptberuflich tätige Journalisten.
Von völliger Unkenntnis in der Sache zeugt auch, dass im Zusammenhang mit klartext von Seiten der CDU seit Jahren das Wort Neutralität strapaziert wird und man sich dabei auf den Pressekodex beruft. Falsch!
Jedes Medium ist, so im Pressekodex nachzulesen, auch Ausdruck von „Auffassungen“, also kein Neutrum. Lutz Tillmanns, bis 2020 und damit 28 Jahre lang Geschäftsführer des Deutschen Presserats, äußerte sich 2019 ausführlich zur Aufgabe dieses Organs der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK). Bei ihm zu lesen (2):
Das oberste Gesetz für Journalisten lautet: Was er oder sie veröffentlicht, muss auf überprüfbaren Informationen basieren. klartext-Berichte beruhen durchweg auf überprüfbaren Informationen. Und was der hiesigen CDU missfällt, verteidigt der Presserat als Recht von Journalisten: eine eigene Meinung und Bewertung von Informationen zu veröffentlichen.
„Es muss eine Kultur des demokratischen Staates sein, die Freiheit der Meinung zu garantieren und zu schützen“.
Horst Köhler (CDU) war Bundespräsident, als er 2006 anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Presserats eine Rede hielt (3), in der er u.a. sagte: „Es muss eine Kultur des demokratischen Staates sein, die Freiheit der Meinung und der Presse zu garantieren und zu schützen. Warum? Weil Demokratie davon lebt, dass Vielfalt herrscht, dass unterschiedliche Auffassungen miteinander ringen können; weil erst in der Auseinandersetzung mit dem anderen der demokratische Kompromiss reift“.
In den letzten Jahren herrschte Vielfalt in der Samtgemeinde, und es gab in den Ratsgremien das Ringen unterschiedlicher Auffassungen, wie z. B. die Debatten zwischen der CDU und anderen Ratsfraktionen um die Einführung eines gymnasialen Zweigs an der Oberschule in Ankum oder die Gründung von HaseWohnbau zeigten.
Undemokratisch – wenn öffentliche Debatten unterbunden werden sollen.
Das demokratische Ringen in öffentlichen Gremiensitzungen war in den Baier-Jahren gelebte demokratische Realität. Die CDU hat da, wo sie eine andere Position vertrat, klar und in öffentlicher Sitzung – sogar begleitet von außerparlamentarischen Aktionen – Stellung bezogen und auch gegen Vorhaben gestimmt. Dass unterschiedliche Positionen sichtbar werden und dass sie nicht in jedem Fall zu einem Kompromiss zusammengeführt werden können – das ist Demokratie.
Flagge zeigen: Was die CDU in den Baier-Jahren praktizierte, ist seit dem Amtsantritt von Michael Wernke verpönt. Es soll keine öffentlich wahrnehmbaren Debatten mehr geben; andere Positionen sollen nach außen hin nicht mehr sichtbar und hörbar sein.
Ratsmitglieder aus den Reihen der SPD, der UWGs, der Grünen, die es wagen, in öffentlicher Ratssitzung anderer Meinung zu sein, werden als Störenfriede stigmatisiert, als Verhinderer eines Miteinander-Füreinanders. Wer Position bezieht, riskiert gereizt-ausgrenzende Reaktionen. Von einer demokratischen Kultur, wie sie Horst Köhler beschreibt, kann keine Rede mehr sein.
Ein neues Konzept zu entwickeln braucht Zeit.
Dass klartext so viele Menschen erreicht hat, war und ist überwältigend. Mein Dank gilt allen, über die ich berichten durfte, solange klartext noch in großer Breite berichten konnte.
Gut 6 Jahre lang Land & Leute, Engagement, Einsatzbereitschaft, Kreativität bei so vielen Menschen zu erleben, war eine große persönliche Bereicherung, und es war ein Vergnügen, darüber zu schreiben.
Mein Dank gilt ebenso sehr den vielen, die das klartext-Angebot der bisherigen 6 Jahre nutzten und zu schätzen wussten. Ich danke auch denen, die sich kritisch einbrachten, die nicht getrieben waren von Feindseligkeit, sondern von echtem Interesse an einer Auseinandersetzung in der Sache.
Der gesamte Aufbau des Portals und das bisherige klartext-Konzept waren auf eine große Breite von Themen angelegt. Ein anderes klartext-Konzept zu entwickeln und umzusetzen, braucht Zeit und die volle Aufmerksamkeit. Darum ruht klartext erst einmal.
Meinungsfreiheit und Medienvielfalt sind Säulen der Demokratie.
1.189 Beiträge sind bislang bei klartext erschienen. Mit diesem sind es 1.190. Es sind wir, die Bürgerinnen und Bürger, die über die Ausgestaltung unseres Gemeinwesens entscheiden. Ohne engagierten Einsatz für demokratische Grundwerte, wie Horst Köhler sie beschrieben hat, bleibt Demokratie auf der Strecke. Es wird auch ohne den entschiedenen Einsatz vieler für Meinungsfreiheit und Medienvielfalt nicht gelingen, diese Säulen der Demokratie zu verteidigen und zu erhalten.
Rita Stiens
Quellen:
(1) https://www.mso-medien.de/werbung/mediadaten/
(2) https://www.kulturrat.de/themen/demokratie-kultur/meinungsfreiheit/meinungsfreiheit-ist-voraussetzung-fuer-unabhaengigen-journalismus/
(3) https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Horst-Koehler/Reden/2006/11/20061120_Rede.html