Mit Spürnase Balu im Reggae-Jam-Einsatz

Balu in Hab’-Acht-Stellung: Er hat schon etwas in der Nase.

Balu in Hab’-Acht-Stellung: Er hat schon etwas in der Nase.

Um die 20.000 Besucher hatten beim 21. Reggae Jam Festival in Bersenbrück, allen Wetterkapriolen zum Trotz, ihren Spaß. Einige wenige schoben Frust. Schuld daran war auch ein Vierbeiner mit Namen Balu. Der ist zum Knuddeln sympathisch – und hat eine exzellente Spürnase für Drogen.

Wann geht’s denn los? Balu schaut seinen Hundeführer erwartungsfroh an.

Wann geht’s denn los? Balu schaut seinen Hundeführer erwartungsfroh an.

Bahnhof Bersenbrück, Freitag am späten Nachmittag: Ein Zug hält, die Türen gehen auf, und ein buntes Völkchen gut gelaunter Reggae-Fans schultert auf dem Bahnsteig die See- und Rucksäcke. Was die Festival-Besucher nicht sehen können: Vor dem Bahnhofsgebäude tippelt Balu, noch an der kurzen Leine, hin und her und schaut sein Herrchen erwartungsfroh an.

Endlich lässt Balus Begleiter, gekleidet in Jeans und blaukariertem Hemd, die Leine lang und Balu marschiert los, mitten hinein in die Truppe der jungen Leute, die rechts vom Bahnhofsgebäude Richtung Straße strömen. Nach wenigen Sekunden schon der erste Stopp: Balu steht – und schnüffelt ein paar Schritte hinter der jungen Frau und ihren Gepäcksäcken her. Das war’s. Balus Herrchen übernimmt – wegen Verdachts auf Drogenbesitz.

Balu ist ein so genannter SaP-Hund. Die Abkürzung SaP steht für „Suche an Personen“. Als Schutzhund, der, wenn es Not tut, auch ein- und angreifen muss, war Balu eine Fehlbesetzung. Dafür ist er viel zu nett. Als SaP-Hund kann er seine starke Seite – seine Menschenfreundlichkeit – voll ausleben. Wenn Balu auftaucht, erschrickt niemand, weder Kind noch Erwachsener.

Mit dem Einlaufen des Zugs beginnt für Balu der Einsatz.

Mit dem Einlaufen des Zugs beginnt für Balu der Einsatz.

Nach Polizei sieht an diesem ersten Festival-Tag am Bahnhof Bersenbrück auf den ersten Blick gar nichts aus, weder die Fahrzeuge noch die Beamten. Auch Balu wirkt nicht wie ein Spielverderber: Der Vierbeiner tut nicht nur so, er ist tatsächlich einer von der ungemein freundlichen Sorte. „Balu“, sagt sein Herrchen, Polizei-Oberkommissar Ulferts, „ist ein Menschenfreund“. Und genau darum eine Idealbesetzung für seinen Job. Den übt er mit großem Erfolg aus: über 90% Trefferquote.

 

Kein Zoff zwischen Kontrolleuren und Kontrollierten.

Am ersten Festival-Tag: Besucher starten in eine lange Reggae-Nacht.

Am ersten Festival-Tag: Besucher starten in eine lange Reggae-Nacht.

Der Zug ist inzwischen wieder abgefahren. Die frisch Aufgespürten werden bei den Einsatzfahrzeugen von der Polizei „behandelt“. Erfreut ist natürlich keiner der Ertappten, aber es herrscht trotzdem keine aggressive Atmosphäre.
11x eingetüteter Stoff, elf Fälle – das ist der polizeiliche Stand der Dinge am Kontrollpunkt Bahnhof an diesen Freitag gegen 19.00 Uhr. Entdeckt wurde Cannabis (Hanf) – aus dieser Pflanze wird Haschisch und Marihuana gewonnen – für den Eigenbedarf wie ein angerauchter Joint, in einem Fall aber auch eine Menge, aus der auf Drogenhandel geschlossen werden könnte.
Der weitere Verlauf wird wohl zeigen, dass die Sache für die meisten Drogenbesitzer mit einer Einstellung des Verfahrens endet. Zumindest für diejenigen, die nur eine kleine Menge bei sich hatten („Eigenbedarf“), und die nicht schon mehrfach wegen Drogenbesitzes auffällig wurden.

Mit dem 21. Reggae Jam im Klosterpark zeigte Bersenbrück erneut, warum dieses Festival mit dem familiären Flair immer wieder einen Top-1-Platz im bundesweiten Vergleich erreicht. Alle – Künstler, Besucher, Veranstalter, Ordnungsamt, Polizei, Freiwillige Feuerwehr, THW, Rotes Kreuz und die vielen freiwilligen Helfer – können sich den Erfolg auf ihre Fahnen schreiben.

Leckerli als Belohnung für eine erfolgreiche Arbeit.

Leckerli als Belohnung für eine erfolgreiche Arbeit.

Bis zur Einfahrt des nächsten Zugs hat Balu Pause und darf sich im Sprinter der Polizei in seinem Zwinger ausruhen. Verlockend am Zwinger ist vor allem die Schublade darunter. Da lagern die Leckerli. Davon kann Balu, wie jeder Hund, gar nicht genug bekommen und auch nicht von den Streicheleinheiten seines Herrchens. Kaum hört der auf zu kraulen, kommt ein Beller als Protest.
Fünf Jahre alt ist Balu, und Polizei-Oberkommissar Ulferts hofft, dass das Gespann die bis zu seiner Pensionierung verbleibenden Jahre miteinander verbringen kann. Zu Hause sind die beiden in Aurich. Der kurzhaarige belgische Schäferhund (Malinous) gehört zur Familie und man verbringt Tag und Nacht miteinander.

 

Am Kontrollpunkt Thiene wurde es für einige Reggae-Fans richtig teuer.

Am Kontrollpunkt Thiene wurde es für einige Reggae-Fans richtig teuer.

Positiv getestet: 1.130 Euro cash auf der Tisch.

Szenenwechsel: An der Kontrollstelle der Polizei in Thiene – an der B 68 – solidarisiert sich ein Bielefelder Reggae-Fan mit zwei jungen Festival-Gästen aus den Niederlanden. Die sollen 1.130 Euro cash auf den Tisch der Polizei legen, weil die Drogenprobe des Niederländers, der am Steuer saß, positiv war. Trotz des Ärgers, der sie plagt, kein Vorwurf gegenüber der Polizei. Wie sie behandelt wurden, sei schon ok, aber Alkoholsünder, meinen sie, kämen besser davon als Cannabis-Sünder.
In Thiene sind 13 Polizeikräfte in Uniform im Einsatz. 1.130 Euro – viel zu viel Geld, sagen der Bielefelder und die beiden Holländer, außerdem, grummelt die Freundin des holländischen Fahrers, habe der seinen letzten Joint vor zwei Tagen geraucht. Das kann sogar stimmen, denn das mit dem Cannabis-Konsum verbundene THC ist über einen längeren Zeitraum im Blut oder im Urin nachweisbar.
Das Grummeln der Kontrollierten nützt nichts, das Geld muss als Sicherheitsleistung hinterlegt werden, weil das Pärchen aus dem Ausland stammt. Genervt und verärgert ist an dieser Kontrollstelle so mancher, aber es bleibt auch hier ruhig.

Warum eine solche Sicherheitsleistung bei Ausländern? Bestätigt sich der Verdacht auf Drogenkonsum, wäre die Zustellung eines Bescheids in vielen Fällen zwar auch im Ausland möglich, die Vollstreckung aber oft nicht. Darum besteht die Polizei auf Sofortzahlung. Bestätigt sich der Verdacht nicht, gibt es das Geld zurück.

In Thiene waren zur Unterstützung der Ordnungshüter ebenfalls Hunde im Einsatz, und zwar Rauschgiftspürhunde. Die sind anders drauf als SaP-Hunde. Ein SaP-Hund wie Balu läuft an der langen Leine und ist neugierig auf Menschen. In Thiene war Balu am falschen Platz, denn die gefundenen Drogen landen auf dem Tisch eines Polizisten. Mit dem Ergebnis, dass ein Hund wie Balu sofort zu diesem Polizisten läuft, den als Drogensünder stellt und darüber alles andere vergisst. Ein Rauschgiftspürhund ist anders trainiert. Er wird vom Hundeführer gezielt zu einem Auto geführt, erledigt dort seinen Schnüffeljob und wird dann wieder zurückgeführt.

 

Ärger runterschlucken und improvisieren, war die Devise.

Kleine Sitzpause auf der Mauer am Torhaus der Klosterpforte.

Kleine Sitzpause auf der Mauer am Torhaus der Klosterpforte.

Wer mit Alkohol oder Drogen auffällig wird, darf nicht wieder ans Steuer. Das ist ein Problem, wenn kein anderer, der das Steuer übernehmen könnte, mit von der Partie ist. An der Kontrollstelle Thiene zeigten die Reggae-Fans in Not, dass sie sich zu helfen wissen. Sie hielten andere Fahrzeuge an und fragen, ob einer den eigenen Wagen übernehmen und nach Bersenbrück fahren könne; sie liehen sich von verschiedenen Leuten Geld, um Sicherheitsleistungen hinterlegen zu können usw.
„No Woman No Cry“, einer der unvergesslichen Marley-Hits. Die1981 gestorbene Reggae-Legende Bob Marley steht nicht nur für Musik, sondern auch für seinen Rasta-Glauben, für Dreadlocks und den tiefen Zug am Joint. Kiffen und Reggae – gehörte für Marley zusammen. Dreadlock-Träger gab’s beim Bersenbrücker Reggae Jam viele. Die Zahl der aufgespürten Drogensünder hielt sich, gemessen an der Gesamtzahl der Besucher, in engen Grenzen.

 

Ein wetterbedingter Krisenstab, ansonsten „superfriedlich“.

Die größte Herausforderung beim Festival war der Sturm am Samstagnachmittag. Er forderte alle Helfer mehr als alles andere, um die Sicherheit zu gewährleisten. Es wurde ein Krisenstab eingerichtet und für den Notfall standen Turnhallen bereit. Es ging glücklicherweise alles gut, und der Wettergott hatte auch noch rechtzeitig ein Einsehen. Ab 23.00 Uhr hieß es wieder: Bühne frei, es geht weiter.
Polizeirat Oliver Voges, Leiter des Polizeikommissariats Bersenbrück, zog bis Sonntagnachmittag eine rundum positive Bilanz. Es sei soweit alles „superfriedlich“ verlaufen. Die Drogenbilanz bis dahin: 49 Sicherstellungen. Bis auf eine Ausnahme – eine synthetische Droge – handelte es sich bei allen Funden um Cannabis.

 

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2 Kommentare

  1. Voss

    Kontrolle am Bahnhof ist nicht zu verstehen, da die ankommenden jungen, friedliche Leute keine Gefahr für den Straßenverkehr darstellen.
    Das ist eine der friedlichsten Fesrivals überhaupt und sie werden auch von den Bürgern auf Grund ihrer Friedfertigkeit willkommen geheissen
    Hier kann anscheinend der Polizeieinsatz nicht groß genug sein. Die Leute machen ja auch keinen Ärger, sind auch gegenüber der Polizei nicht gewalttätig.
    Anders verhält es sich natürlich bei den Strassenkontrollen. Hier verstehe ich das Kontrolliert wird, damit kein Unschuldiger Unfallopfer wird.

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