10 Bildansichten. Der Ankumer Gemeinderat machte den Weg frei für die Realisierung des Dobelmann-Projekts am Ankumer See.
19.45 Uhr im Gemeinderat, der am gestrigen 8. Oktober in der Ankumer Grundschule tagte: Aufgerufen wird der Tagesordnungspunkt „Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 63 ,Beherbergungsbetrieb-Boardinghaus Ankumer See‘; Abwägungs- und Satzungsbeschluss“ – und damit ein weiteres Millionen-Projekt von Georg Dobelmann.
Um 20.40 Uhr sind die Würfel gefallen: Der Rat stimmt dem Abwägungs- wie auch dem Satzungsbeschluss mit großer Mehrheit zu (2 Gegenstimmen, keine Enthaltung) und macht damit den Weg frei zur Realisierung dieses Projekts.
Bevor die Stunde der Ratsmitglieder und die der Abstimmung schlug, lauschten Rat, Verwaltung und Zuschauer etwa 45 Minuten lang den Ausführungen von Matthias Twisselmann vom Planungsbüro Dehling & Twisselmann.
Dehling & Twisselmann hatte, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde, das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung abgearbeitet. Öffentlichkeitsbeteiligung bedeutet: Wer immer etwas vorzubringen hatte zum Bebauungsplan Nr. 63 konnte das im Rahmen der Auslegung bis zum 28. August tun – Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die sogenannten Träger öffentlicher Belange.
„Abwägung aller Anregungen und Bedenken“.
55 Textseiten ist sie lang, die „Abwägung der Anregungen und Bedenken“, die Matthias Twisselmann im Ankumer Gemeinderat präsentierte. Von A wie Artenschutz bis Z wie Zufahrt: Beleuchtet wurde eine Vielzahl von Aspekten.
Das Abwägungspapier ist zudem gespickt mit Informationen zum Projekt. So umfasst der B-Plan eine 0,7 ha große Fläche am See, unweit des See- und Sporthotels, auf der laut Abwägung „in 7 Gebäuden auf einer Nutzfläche von ca. 2.240 qm vier unterschiedliche Boardinghaus-Gebäudetypen mit insgesamt 110 Betten entstehen sollen“. Damit wird die Bettenkapazität des See- und Sporthotels deutlich erweitert.
Darüber hinaus soll „ein separates achtes Gebäude mit insgesamt ca. 240 qm Nutzfläche Platz für zwei Konferenzräume mit Nebenräumen bieten“. Erlaubt sind im Gebiet dieses B-Plans „das Wohnen nicht wesentlich störende Nutzungen“.
„Die Planung wird beibehalten“.
Dass bebaut wird, was vorher eine Freifläche war, erfreut naturgemäß nicht jeden, vor allem nicht jeden in der direkten Nachbarschaft. Zu den Einwänden, die von privater Seite vorgebracht wurden, gehörte eine „telefonische Stellungnahme“ und die Stellungnahme einer „Interessengemeinschaft Ankumer See“. Bei dieser Interessengemeinschaft handelt es sich laut Abwägung um „Eigentümer von Grundstücken in unmittelbarer Nähe zum überplanten Bereich“.
Auf 29 der 55 Seiten befasst sich die Abwägung ausführlich und inhaltsreich mit den von privater Seite vorgebrachten Punkten. Erfolg war den Einwänden im Rahmen dieser Abwägung nicht beschieden. Das Papier endet mit den Worten: „Nach Auffassung der Gemeinde wird mit der vorliegenden Planung der Freizeit- und Tourismussektor in Ankum gestärkt. Dies ist ein Beitrag zur nachhaltigen Einwicklung der Gemeinde Ankum. Die Planung wird beibehalten.“
Freiwillig eingebracht: „Gut 3.000 qm Hecken, Sträucher, Krautsäume“.
Der Abwägung ist ebenfalls zu entnehmen, dass sich Georg Dobelmann freiwillig bereit erklärte, einen ökologischen Ausgleich für das Bauvorhaben zu leisten. Eine Verpflichtung dazu bestand nicht.
Und so soll der Ausgleich laut Abwägung aussehen: Auf einer „im Ortsteil Druchhorn gelegenen 3.079 qm großen Teilfläche einer größeren ackerbaulich genutzten Fläche soll ein insgesamt rund 21,5 m breiter Heckenstreifen mit einer naturnahen,15,5 m breiten Strauchhecke und vorgelagerten, mindestens 3 m breiten Krautsäumen angelegt werden.“
Die Fläche, um die es da geht, gehört Georg Dobelmann. Das freiwillige Angebot ist inzwischen verpflichtend, denn es ist Teil des B-Plans. Außerdem wurde – wie es von Gesetzes wegen vor dem Abwägungs- und Satzungsbeschluss sein muss – beim Notar ein „Durchführungsvertrag“ zwischen der Gemeinde und dem „Vorhabenträger“ (Georg Dobelmann) abgeschlossen, der u.a. die mit dem „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ verbundenen Festlegungen umfasst. Dieser Vertrag wurde vor wenigen Tagen unterzeichnet.
Mit einem Fahrstuhl zum See. Begrünte Dächer.
Barrierefreiheit ist ebenfalls ein Thema beim Projekt „Boardinghaus“. Weil das Grundstück zum See hin abfällt, sorgt ein Fahrstuhl für einen barrierefreien Bewegungsraum. Im Blick hatte Georg Dobelmann da auch das nicht weit entfernte Marienhospital und das Niels-Stensen-Pflegezentrum. Auch von dort aus können Menschen künftig den See barrierefrei erreichen.
Begrünte Dächer haben hier noch Seltenheitswert. Das Naturschutz- und Bildungszentrum Alfsee, wo es vor der Brandkatastrophe ein grünes Dach gab, wollte die Dachbegrünung gerade im Rahmen eines Vortrags zum Thema machen, denn begrünte Dächer sind ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.
Sie filtern z. B. Feinstaub, kühlen die Luft, wenn das gespeicherte Wasser verdunstet, und wirken im Sommer wie eine natürliche Klimaanlage. Im Boardinghaus-Komplex wird es begrünte Dächer geben, die über den ökologischen Wert hinaus auch noch einen weiteren Vorteil bieten: Sie tragen zur optisch zurückhaltenden Einbettung der Anlage bei – ebenso wie die Farbwahl Grün.
„Ausdrücklich begrüßt“.
So intensiv wie dieser sei noch kein anderer Bebauungsplan abgewogen wurden, sagte Bürgermeister Detert Brummer-Bange (UWG) nach Abschluss der Ausführungen von Matthias Twisselmann. Gemeinde wie Planungsbüro ereilte da auch eine Überraschung. So brachte die Untere Wasserbehörde Bedenken vor, die vorher noch nie vorgebracht wurden, und die weit über das konkrete Projekt hinausgehen, denn sie beziehen sich auch auf „die Erschließung neuer Baugebiete“. Die Untere Wasserbehörde verweist auf eine trockenheitsbedingte Trinkwasserknappheit. Dagegen teilte der Wasserverband Bersenbrück jedoch mit, dass das gesamte Plangebiet an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen sei und „ausreichend mit Trinkwasser versorgt werden kann“.
Keine neuen Baugebiete mehr? Auf die Tagesordnung gesetzt wurde mit den Trinkwasser-Bedenken der Unteren Wasserbehörde ein Thema, das auch weit über eine einzelne Kommune hinausreicht. Man sei in dieser Sache mit dem Landkreis Osnabrück und mit dem Wasserverband im Gespräch, so Detert Brummer-Bange.
In der linken Spalte im Abwägungspapier jeweils die Stellungnahmen, in der rechten Spalte die Abwägung: Bei der großen Zahl der Aspekte, die zur Sprache kamen, gab es ein Füllhorn an Informationen bis hin zu den Jagd- und Nahrungshabitaten von Fledermäusen und Gartengrasmücken. Zu den von Matthias Twisselmann herausgehobenen Aussagen gehörte, dass die Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim das Projekt „ausdrücklich begrüßt“ – als Beitrag „zur Verbesserung der regionalen Freizeit- und Tourismusinfrastruktur“.
„Was Klimafreundlichkeit angeht ein Zukunftsprojekt“.
Redebeiträge gab es nach Abschluss des Twisselmann-Vortrags kaum. Von den vier Fraktionsvorsitzenden meldete sich niemand zu Wort. Ratsherr André Campe (CDU) problematisierte, dass der Müll zur Entsorgung an der Tütinger Straße abgestellt werden muss.
Ratsfrau Dr. Wortmann, Mitglied der UWG-Fraktion, beschäftigte die Frage, ob die Stromversorgung gesichert werden könne, auch unter Berücksichtigung zukünftiger Elektro-Mobilität. Matthias Twisselmann verwies da u.a. auf „das super Stromnetz“, das wir in Deutschland haben.
Wie die Ansichten des See-Projekts zeigen, wird man beim Strom auch ein Selbstversorger sein, denn es wird auf mehreren Dächern Photovoltaik-Anlagen geben. „Was Klimafreundlichkeit angeht, ist das ein Zukunftsprojekt“, resümierte der stellv. Bürgermeister Klaus Menke (UWG).