Auf Steinzeit-Tour

Ob sportlich per Rad oder per Auto plus Spaziergang: Die Großstein-Gräber in Ankum-Westerholte, nahe Kettenkamp, in Eggermühlen-Döthen sind ideale Ausflugsziele – plus einkehren & genießen.

Ein Tour-Bericht von Rita Stiens.

Jede Formation aus gewaltigen Findlingen ist anders. Hier: Eine der großen Stätten in Hekese.

9 a-i, 10 a + 10b: 11 imposante Formationen aus tonnenschweren Findlings-Brocken verbergen sich südlich und nordwestlich von Ankum hinter diesen nüchternen Angaben. Attraktive Ausflugsziele? Unbedingt!

Für jüngere Kinder, zeigen meine Tour-Erlebnisse, sind die Stein-Giganten ein Magnet. Da haben Mama und Papa schon mal alle Hände voll zu tun, um die Kletterer abzustützen und zu viel Übermut zu bremsen. Auf meinem Tour-Plan standen das Giersfeld in Ankum-Westerholte und zwei weitere Findlingsstätten. Leicht zu finden war nur eine nicht  – weil auch ein Hofhund mit im Spiel war.

 

Mit Golfplatz-Blick: Ein 1-km-Rundweg-Spaziergang.

Der Parkplatz des Golfplatzes in Ankum-Westerholte ist der Ausgangspunkt für die 1-km-Runde zur Erkundung des Giersfelds. Der gut ausgeschilderte Weg beginnt schräg gegenüber dem Clubhaus. Einfach herrlich, die 1.000 Meter durch den Wald zu spazieren. Vier Hünengräber liegen da im Unterholz. Über ein besonders imposantes „stolpert“ man gleich am Anfang. Nur wenige Meter davon entfernt holen Golfspieler zum Schlag aus.

Die Stätte Grumfeld West (9 h) am 1 km langen Rundweg beim Golfplatz.

Grumfeld West (9 h) heißt diese Stätte. Die Einfassung von 32,5 x 3,8 m umschließt gleich zwei Grabkammern, von denen eine fast vollständig erhalten ist. Hier soll ein König begraben gewesen sein. Weiter geht’s durch den Wald.

Faszinierend, wie unterschiedlich der auf dieser kurzen Strecke ist: Mal Nadelbäume mit meterhohen kahlen Stämmen und null Unterholz. Dann ein ganz anderer Anblick: viel Grün unter hohen Bäumen, Farne, Laubbäume, sattgrünes Moos, das Baumstümpfe überzieht. Bei der Stätte 9 f kann man wieder Golfern zuschauen. Der letzte Grabhügel auf diesem Weg (9 g) hat eine sogenannte Gipfelmulde. Für die Wissenschaftler ein sicherer Hinweis darauf, dass hier vor sehr langer Zeit Grabräuber am Werk waren.

Golf-Restaurant und „Grüner Wald“. Auf der Terrasse des Golf-Restaurants lässt es sich in legerem Rahmen bei einem Kaffee oder anderem bestens entspannen (www.am-golfplatz.de). Hier sind nicht nur Golfer willkommen. Eine weitere kulinarische Oase in schönster Natur ist das Gasthaus „Grüner Wald“ (Tütingen 22, www.gruener-wald-ankum.de). Gegenüber liegt ein Aussichtspunkt. Er bietet einen schönen Weitblick – auf Ankum und reichlich Landschaft.

Am 3-km-Weg: Die Stätte „Reincke“. Alle Hünengräber sind mit erläuternden Tafeln versehen.

 

Verstreuter gelegen: 5 weitere Giersfeld-Stätten.

Außer der kompakten 1-km-Strecke gibt es im Giersfeld einen 3 km langen Wanderweg. An dem liegen 5 weitere Hünengräber. Wie kommt man hin? Vom Parkplatz des Golfplatzes die Straße zurück Richtung Ankum. Da liegt dann rechts der Straße eine Hütte an einem Heidelbeefeld (zum Selberflücken). Den Weg raufgehen, und dann dem Schild folgen (am Zaun entlang). Dort liegt, etwas durch Gebüsch verdeckt, das Hünengrab Rickelmann I (9 i).

Eine Schutzhütte in lauschiger Waldrand-Lage.

Da kein Weg, dem man folgen könnte, erkennbar ist: zurück zur Straße, ein Stück weiter Richtung Ankum und dann (am Ende des Heidelbeerfelds) rechts rein. Rickelmann II (9 a) liegt da rechts des Wegs. Einige Schritte weiter eine Schutzhütte. Weiter geht’s auf guten und breiten Forstwegen in den Wald hinein, immer den Hinweisschildern nach. Romantisch gelegen: die Stätte Reincke (9 b). Das Grab Meyer (9 c) soll einst eines der größten und schönsten der Region gewesen sein.

Straße der Megalithkultur: Die hier beschriebenen Stationen sind Teil der Straße der Megalithkultur. Sie ist insgesamt 330 Kilometer lang und führt zu 33 Stationen durch Nordwestdeutschland. Auf diesem Weg liegen mehr als 70 Großsteingräber aus der Jungsteinzeit (ca. 3500-2800 v. Chr.). www.strassedermegalithkultur.de.

Stimmungsvolle Waldlandschaft: Auf Giganten-Tour an einem sonnigen Sommertag.

 

Ausflug Nr. 2: Zu den Großsteingräbern Hekese.

Ausflug Nr. 2: Mit dem Fahrrad von Ankum nach Kettenkamp und von dort Richtung Berge, immer den Schildern „Straße der Megalithkultur“ nach. Das Ziel: 10 a – die Großsteingräber Hekese. Unter den Bäumen liegt, im Abstand von etwa 50 m, eine ungewöhnliche Stein-Konstellation mit gigantischen Findlingen. Verbunden sind die beiden Stätten durch eine Reihe von kleineren Steinen. Eine Mutter mit 2 Kindern ist hier gerade unterwegs, und für die Kleinen ist die Stätte ein Abenteuer-Revier, das sie im Sauseschritt von allen Seiten, von oben wie von unten, erkunden wollen.

Seit 2008 ausgebaut. Durch die Bewilligung von Fördermitteln aus dem Europäischen Fond für Regionale Entwicklung (EFRE) wurde die „Straße der Megalithkultur“ 2011 bis 2014 ausgebaut. 2013 erhielt sie die Auszeichnung „Kulturweg des Europarates“.

Drei Holländer beim „Teufelsstein“. Hierher geht’s nur über ein privates Grundstück.

 

Ausflug Nr. 3: Der „Teufelsstein“.

Irgendwo hier muss er sein, der so genannte „Teufelsstein“ bzw. die Stätte 10 b. Gefahren bin ich von Ankum nach Eggermühlen bis zum Kreisel an der Kirche und von dort weiter – auf dem von Bürgern gebauten Radweg – Richtung Döthen und Bippen. Wo genau ist dieser „Teufelsstein“? Ich sehe rechts ein Straßenschild „Ankumer Straße 15“ und die Zufahrt zu einem Haus. Wäsche hängt auf der Leine, der frei laufende Hofhund tut, was er tun soll: Er beschützt sein Terrain und bellt.

In Hekese: Kinder wollen gerne hoch hinaus.

Einfach auf das private Grundstück fahren? Hier kann, denke ich, der „Teufelsstein“  nicht sein. Ist er aber doch, wie ich später erfahre. Beim 2. Versuch treffe ich draußen auf den Hausherrn. Der gibt freundlich Auskunft, legt den Hund an die Kette und weist den Weg zur Baumgruppe hinter der Wäscheleine. Da liegt er dann, der „Näpfchenstein“, auch „Duevelsteen“ (Teufelsstein) genannt. Der 175 x 115 x 110 cm große Granitblock weist 66 Schälchen (Näpfchen) auf. Die Wissenschaft kann sich keinen Reim darauf machen. Der Sage nach soll der Teufel nachts auf dem Stein gesessen und bösartige Pläne ausgeheckt haben. Dabei drückte er mit seinem Daumen Löcher in den Stein. Hinter diesem Teufelsstein liegt noch ein Hünengrab.

Stopp im „Vox Reiterhof“. Vom Hünengrab 10 b zurück nach Eggermühlen – da geht’s links ab zum idyllisch gelegenen Reiterhof Vox mit Restaurant und Terrasse (www.reiterhotel-vox.de). Ein Tipp: Wandern und Radwandern entlang des „Eggertaler Entdeckerwegs“ durch die Gemeinde Eggermühlen. Dieser Rundweg mit 12 Stationen führt auch zur Stätte 10 b und zum Reiterhotel (www.eggermühlen-erleben.de).

 

Bernsteinkette, gefunden 1926.

Inklusive Räuber-Geschichten.

Im Vergleich zu den Pharaonen, die die Pyramiden errichten ließen, waren der Erbauer der Gräber aus der Jungsteinzeit arme Schlucker. Aber auch in den hiesigen Zeugnissen der frühen Bauernkultur gab es in den Gräbern was zu holen. Da waren auch vor einigen Tausend Jahren Räuber nicht weit. Zu finden waren Grab-Beigaben wie Tongefäße mit Nahrung, Waffen, Werkzeuge und Schmuck (z. B. Bernsteinperlen, Tierzähne, Kupferanhänger). So manches hat jedoch die Jahrtausende überlebt und ist heute in Museen zu sehen. In der Stätte 10 b fand man z.B. 1926 eine Bernsteinkette und Keramik.

Tonnenschwerer Gigant.

Technisch waren nicht nur die Pyramiden, sondern auch die Steingräber eine gewaltige Herausforderung. Verschiedene Versuche haben gezeigt, dass die bis zu 50 Tonnen schweren Megalithen (Megalith = großer Stein) von den Steinzeit-Menschen mit einfachen Mitteln wie hölzernen Rollen, Hebebäumen, Tauwerk und Zugtieren bewegt und zu Grabkammern zusammengesetzt wurden. Ein enormer Kraftakt! Davon konnten man sich in diesem Jahr am „Europäischen Tag der Megalithkultur“ am 30. April 2017 in dem Bissendorfer Ortsteil Jeggen überzeugen.

Foto: Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück.

Beim dortigen Steinzeitfest „Moving Stones“ fand ein archäologisches Experiment statt. Alle an einem Strang ziehen, hieß es, um am Ende mit Schlitten und einer Schienenkonstruktion einen 2 Tonnen schweren Findling zu bewegen. Die Autorinnen Hannah Sennhenn (links auf dem Foto) und Judith Franzen von der Stadt- und Kreisarchäologie haben, was da geschah, in einer Broschüre festgehalten. 2 Tonnen als Herausforderung? Die Steinzeit-Menschen haben noch ganz andere Kaliber geschafft. Als hier die Steingräber-Zeit um 2800 v. Chr. zu Ende ging, hatte die Zeit des Pyramiden-Baus gerade begonnen (um 2700 v. Chr.).

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