GroKo „Ja“ oder „Nein“? Auch hier wurde abgestimmt. klartext fragte rum. Viele schauen seit einiger Zeit sprachlos auf die SPD. Horst Baier fand Worte für die Lage und Probleme seiner Partei.
Will die SPD regieren? Am Sonntag, 4. März, wird klar sein, ob das „Ja“ gewonnen hat oder das „Nein“. Von Alfhausen bis Rieste konnten in der Samtgemeinde 115 SPD-Mitglieder an der Abstimmung über eine neue GroKo teilnehmen.
Wer stimmte wie? Hier die Statements von 8 Ortsvereinsvorsitzenden und Mandatsträgern, mit denen klartext sprach – der jüngste 21 Jahre, der älteste 69 Jahre. 6 der Befragten haben mit Ja votiert, 2 sagten Nein. Mit Ja stimmte auch Dr. Horst Baier, der hiesige Samtgemeindebürgermeister.
Was ist bloß mit der SPD los, fragten sich viele Bürger im Vorfeld dieser Abstimmung – und sind fassungslos ob der Querelen der letzten Wochen rund um Schulz, Gabriel und Co. Was los ist mit der SPD? Im Interview mit klartext spricht Horst Baier Klartext und spart nicht mit Kritik an seiner Partei.
klartext: Herr Dr. Baier, Sie haben mit Ja gestimmt. Haben Sie Verständnis für die Nein-Sager?
Baier: Ich habe der Koalitionsvereinbarung zugestimmt. Nicht vom Herzen, aber vom Verstand. Sie ist kein großer Wurf, enthält aber viele Verbesserungen und auch wichtige Ansätze zur Lösung von Zukunftsthemen.
Die Kritik an der Vereinbarung speist sich nach den Gesprächen, die ich mit vielen SPD-Mitgliedern geführt habe, in erster Linie aus einer emotionalen Ablehnung einer Koalition und aus einer gewissen Sehnsucht nach radikaleren Politikansätzen. Das Thema Emotion kann ich gut nachvollziehen, da die Kulturen zwischen SPD und CDU, insbesondere auch der CSU, sehr unterschiedlich sind. Zusammen mit Populisten wie Dobrindt, Spahn oder Scheuer zu regieren, erfordert schon viel Selbstbeherrschung.
Die Kampagne der GroKo-Gegner – vor allem von den Jusos – finde ich vom Grundsatz her gut, da keine Partei ohne Diskussion mit der Basis einfach der Parteiführung folgen sollte, wie das nach meinem Eindruck in der CDU der Fall ist. Diskussionen schärfen nochmal den Blick auf die Vor- und Nachteile einer Vereinbarung.
NEIN zur Groko sagte Besian Krasniq (21), der dem Finanz-Ausschuss des Stadtrats Bersenbrück vorsteht. Ein „triftiger“ Grund für eine GroKo wäre für ihn „ein großes Projekt oder eine große Idee“. Trotz guter Verhandlung sei mit einer Angela Merkel aber nur ein „weiter so“ drin gewesen. Nicht mittragen kann er auch die restriktive Flüchtlingspolitik. Die SPD müsse in der Opposition „eine wahre politische Alternative zum inhaltslosen, verwaltenden Politikstil von Angela Merkels CDU schaffen“.
klartext: Was spricht gegen die Parteimitglieder, die die SPD auf die Oppositionsbänke schicken möchten?
Baier: Bei den GroKo-Gegnern in der SPD ist keine Alternative erkennbar. Es wird ein großer Wurf, ein Politikwechsel, eine Erneuerung gefordert. Konturen eines neuen großen Entwurfes sind aber nicht erkennbar.
Wenn ich in die Nachkriegsgeschichte schaue, gibt es durchaus ,große Würfe‘, z.B. die Einführung der sozialen Marktwirtschaft, die Demokratisierung unter Willy Brandt, Europa und den Euro, die Energiewende, aber auch die Agenda 2010, wie immer man letztere bewertet. Derzeit sehe ich aber keinen Ansatz für einen radikalen Politikwechsel, schon gar nicht eine Mehrheit dafür.
Ich glaube, wir müssen uns verstärkt klar machen, dass Politik in Deutschland immer mehr in kleinen Schritten von Verbesserungen erfolgt, weil bei jedem Thema gegen Widerstände und Lobbyisten gearbeitet werden muss. Politik ist ein mühsames Handwerk und Veränderungen brauchen Zeit und Geduld. Ich warne sogar vor großen Würfen, weil die oft zu Verwerfungen führen und nur in eher autoritären Strukturen umsetzbar sind.
Sagte JA zur GroKo: Manfred Krusche (69), Vorsitzender der SPD-Fraktion im Samtgemeinderat und designierter Fraktionschef im Stadtrat Bersenbrück. Für Manfred Krusche gab den Ausschlag, dass die Koalitionsvereinbarung in vielen Bereichen deutliche Verbesserungen für die Menschen bringen wird. „Aus der Opposition heraus“, sagt er, „könnten wir nichts bewirken und zur Politik gehört die Bereitschaft zum Kompromiss“.
klartext: Viele Menschen sind sprach- und fassungslos ob des Schauspiels, das die „Chaostruppe“ SPD in jüngster Zeit geboten hat. Haben Sie noch Worte für das, was in der SPD vorgeht?
Baier: Ja. Wir haben es mit einem beginnenden Erneuerungsprozess zu tun, der beim Führungspersonal anfängt und in der nächsten Zeit auch inhaltlich weitergehen wird. Verstörend für die Wähler sind immer Streitigkeiten und persönliche Eitelkeiten von Politikern, die in ihrem Raumschiff Berlin die Bodenhaftung verlieren. Bei den Rahmenbedingungen und dem mörderischen Druck in Berlin, begleitet durch aggressive Medien, ist das erklärbar.
Bei einem Nein zerlegt sich die Partei – mit negativen Auswirkungen auf das politische System in Deutschland.
Politiker sind auch nur Menschen, in die oft viel zu hohe Erwartungen hineinprojiziert werden, die niemand erfüllen kann. Siehe den für alle unerklärbaren Schulz-Hype im März. Nach dem Ende der GroKo-Verhandlungen hat sich Herr Schulz wahrscheinlich gedacht, ich habe soviel geackert im Wahlkampf und ein tolles Verhandlungsergebnis erzielt, jetzt will ich auch persönlich die Früchte mit meinem Traumjob Außenminister ernten. Da fehlte es an kritischem Feedback innerhalb der Spitzengenossen.
Gabriel hat sich dann selbst noch ungeschickt ins Aus geschossen. Ich glaube, nach einem Ja zur GroKo und nach der Benennung der Minister beruhigt sich die Lage. Bei einem Nein zerlegt sich die Partei – mit negativen Auswirkungen auf das politische System in Deutschland.
Ein JA auch von Ingrid Thesing (63). Sie ist die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Gehrde und Mitglied im Gemeinderat. Für Ingrid Thesing wäre es schlimm, wenn Deutschland jetzt keine Regierung bekäme, und sie verweist darauf, dass auch ganz Europa derzeit auf die SPD-Mitglieder und deren Votum schaut. Für ein Ja zur GroKo spricht für sie, dass die SPD Anliegen durchsetzen konnte, die für sozial schwächere Menschen und auch für eine breite Mittelschicht eine Verbesserung bedeuten.
klartext: Sind die teils giftig ausgetragenen Personalquerelen nicht ein Symptom, das auf ein schon seit Jahren gärendes Problem verweist – auf die große Unzufriedenheit vieler Mitglieder mit dem Kurs ihrer Partei?
Baier: Das Problem der negativen Stimmung in der SPD geht in der Tat tiefer und hat schon vor langer Zeit begonnen. Aus meiner Sicht hat die SPD ihren Status als Volkspartei durch vier große Themen aufs Spiel gesetzt: durch die Aufrüstungspolitik nach der Brandt-Ära, die Umweltpolitik, die Sozialpolitik mit der Agenda 2010 und durch die Flüchtlingspolitik.
Durch Helmut Schmidt und den NATO-Doppelbeschluss von 1979 haben die friedensbewegten Menschen die Grünen gegründet. Die Atomkraftwerke haben die SPD ebenfalls Wähler gekostet. Auch ich habe in jungen Jahren gegen Atomkraftwerke demonstriert.
Und was den Umweltschutz angeht: Willy Brandt hatte in den 1960-er Jahren noch die Vision eines blauen Himmels über der Ruhr. Auch dieses Thema hat die SPD unter Schmidt nicht mehr besetzt und dadurch die Grünen gestärkt.
Mit NEIN stimmte Franz Wiewel (67), Mitglied im Samtgemeinderat und im Stadtrat Bersenbrück. Die Partei, sagt er, hätte zu dem stehen müssen, was sie nach der Wahl gesagt hat – dass sie in die Opposition geht. Unter Erneuerung der SPD versteht der Gewerkschafter Franz Wiewel, dass die SPD „klare Kante“ zeigt. „Klare Kante“ bei wichtigen Themen wie zum Beispiel Werksverträge, Leiharbeit, kalte Progression, zu wenig Rente.
klartext: Vor allem seit Schröders Agenda-Politik kritisiert niemand das politische Handeln der SPD schärfer als Teile der Mitgliedschaft der SPD…
Baier: In der Schröder-Ära führte die Agenda 2010 zur Stärkung der Linken und zu weiter erodierenden Stammwählerzahlen für die SPD. Der Ruf der Agenda 2010 ist übrigens in der SPD sehr viel schlechter als die Realität. Damals gab es eine extrem hohe Arbeitslosigkeit und kaum Vermittlungs- und Qualifizierungsangebote. Durch die Trennung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe wurden die Menschen von einem Kostenträger zum anderen geschoben. Hier konnte ein großer Fortschritt erzielt werden. Es wird auch vergessen, dass im Vergleich zu früher die Anzahl der Anspruchsberechtigten auf Hilfe stark gestiegen ist.
Ich halte das Ziel einer Begrenzung der Zuwanderung für gerechtfertigt.
Die Hartz-Gesetze waren auch kein Sparmodell. Es wurde erheblich mehr Geld für Hilfsbedürftige aufgewandt, was mir als ehemaligem Kämmerer Sorgen bereitet hat. Es gab negative Aspekte, aber da sind viele Schritt für Schritt entschärft worden. Auch im Koalitionsvertrag werden einige Dinge abgeräumt wie z.B. der Zwang zum Umzug in eine kleinere Wohnung und der Verzehr von Vermögen vor einem Sozialhilfebezug.
Was viele Gegner von Hartz IV stark kritisieren, ist das Prinzip der Mitwirkungspflicht: Staatliche Leistungen gibt es nur, wenn jeder auch die in seinem Rahmen möglichen Anstrengungen unternimmt, aus dem Hilfebezug zu kommen. Dieses Prinzip halte ich nach wie vor für richtig.
Mit JA und damit für eine neue GroKo stimmte Siegfried Hüls (49), der Vorsitzende des SPD-Ortsververeins Alfhausen. Er habe, sagt er „das kleinere Übel gewählt“. Für die GroKo-Vereinbarung spreche für ihn z.B. – aus seiner Sicht als Gewerkschafter –, dass für Arbeitnehmer „deutliche Verbesserungen“ drin sind. Für eine von so manchem favorisierte Minderheitenregierung sieht Siegfried Hüls bei den Mitte-Rechts-Verhältnissen im Bundestag keine Chance.
klartext: Geht nicht auch beim Thema Flüchtlinge ein Riss durch die SPD?
Baier: Beim Thema Flüchtlinge haben auch viele SPD-Stammwähler kein Verständnis für völlig offene Grenzen. Gerade Menschen mit kleinem Einkommen und Sozialtransfers fürchten sich vor neuer Konkurrenz. Von daher halte ich das Ziel einer Begrenzung der Zuwanderung für gerechtfertigt. Alles andere würde die Kommunen vor Ort überfordern. Da sind die meisten Bürgermeister einer Meinung. Dringend erforderlich ist auch ein Einwanderungsgesetz, damit diejenigen, die sich um Integration bemühen, auch bleiben können.
Wir wissen im Landkreis Osnabrück schon jetzt nicht, wie wir die vielen Ausländer integrieren können. Es geht ja nicht nur um die Flüchtlinge der letzten beiden Jahre. Ca. 25 % der Menschen im Landkreis haben keinen deutschen Pass! Die Anzahl z.B. der Rumänien, Bulgaren und Polen ist stark angestiegen. Hier müssen wir uns noch extrem anstrengen, um eine Integration zu erreichen.
Mit JA stimmte Oliver Krause (47), der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Ankum-Eggermühlen-Kettenkamp, und zwar „schweren Herzens“. Er hätte es „gut und mutig“ gefunden, wenn es bei dem geblieben wäre, was direkt nach der Wahl gesagt wurde – dass die SPD in die Opposition geht. Aber nach all‘ dem Ja-Nein-Ja-Nein, das es danach bei der SPD gab, nun auch noch Nein zur GroKo sagen – diese weitere Umdrehung sollte sich die SPD, meint Oliver Krause, nun wirklich nicht leisten.
klartext: Hat die SPD nicht ein doppeltes Problem: Sie hat einmal die Erwartung gefüttert, viel Parteiprogramm pur durchzusetzen, Beispiel Bürgerversicherung, und zum anderen scheinen Teile der Partei mit dem Parteiprogramm selbst unzufrieden zu sein. Warum sonst die Rufe nach „Erneuerung“?
Baier: Die Sehnsucht nach Erneuerung ist wieder sehr emotional. Es gibt ein Gefühl der Unsicherheit angesichts der rasanten Veränderungen in der Welt mit Kriegen, autoritären Regierungen, Globalisierung in Verbindung mit Abstiegsängsten und diffusen Sorgen beim Klimawandel. Kein Politiker ist in der Lage, hier Lösungen anzubieten. Die Erwartungen nach ,großen Würfen‘ und nach welterklärenden Politikern ist dennoch sehr groß. Diese Erwartungen werden wahrscheinlich wieder enttäuscht.
Zur Bürgerversicherung: Die SPD kann froh sein, dass dieses unausgegorene Konzept in einer Arbeitsgruppe landet und dort kleingeraspelt wird.
Und was bedeutet eigentlich Erneuerung? Neue Köpfe vermitteln schnell den Anschein von Erneuerung. Der Abnutzungseffekt wird hier aber immer groß sein. Gut finde ich eine Frau an der Spitze der SPD.
Interessanter als personelle Veränderung sind m. E. jedoch strukturelle Veränderungen, z.B. die direkte Kommunikation mit der Basis mit elektronischen Medien. Lars Klingbeil hat vor den Verhandlungen seine Handynummer bekannt gemacht mit der Bitte um Anregungen für das Wahlprogramm. Ich habe das mal ausprobiert und tatsächlich Sprachnachrichten von ihm bekommen. Erneuerungen braucht es aber auch an der Basis. Die angestaubten Ortsvereine mit ihren Regularien schrecken viele Menschen ab. Hier braucht es offene Diskussionsforen mit der Beteiligung breiter Schichten. Die SPD in Rieste und in Bersenbrück hat z.B. offene Stammtische eingeführt.
Zum Thema Bürgerversicherung noch eine Bemerkung: Die SPD kann froh sein, dass dieses unausgegorene Konzept in einer Arbeitsgruppe landet und dort kleingeraspelt wird. Gleiche Beiträge bei konstanten Einnahmen für das Gesundheitssystem – das hätte nur funktioniert, wenn die Kassenversicherten erheblich höhere Beiträge gezahlt hätten. Und mit der Idee, den Ärzten mehr Honorar zu zahlen, wäre die SPD auch nicht groß rausgekommen.
Die Probleme liegen ganz woanders. Auf der Leistungsseite gibt es zu hohe Anreize für die Ausweitung von Leistungsmengen. Durch die Budgetierung der Ausgaben von niedergelassenen Ärzten werden Termine für Kassenpatienten tendenziell nach hinten geschoben und Behandlungen nicht verschrieben.
Wenn die Budgetierung aufgehoben wird, gäbe es sofort mehr Termine und Behandlungen für Kassenpatienten. Allerdings würden die hohen Überschüsse der Krankenkassen abschmelzen. Zweiklassenmedizin gibt es auch im gesetzlichen System mit Zusatzversicherungen z.B. für die Chefarztbehandlung. Ich habe als Privatversicherter übrigens kein Einbettzimmer und keine Chefarztbehandlung versichert.
Mit Ja stimmte auch Christian Scholüke, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Rieste und Mitglied im Riester Gemeinderat. Es sei, sagt er, eine „Kopfentscheidung“ gewesen – nach intensivem Nachdenken über die Vor- und Nachteile der Alternativen Neuwahlen oder Minderheitenregierung. Er wünscht sich, dass die SPD „jetzt auch neue Leute ins Rennen schickt“.
klartext: Haben SPD-Genossen nicht recht, die einen tiefen Graben zwischen der realen SPD-Politik und großen SPD-Wahlkampf-Worten wie mehr „Gerechtigkeit“ erkennen?
Baier: Das Thema Gerechtigkeit hat den Wahlkampf zu sehr verengt. Die SPD hat hier den Fehler gemacht, nur auf die Frage der Einkommensverteilung zu setzen und weniger auf Zukunftsthemen und Innovation. Es gibt sogar im Bereich Gerechtigkeit noch andere Themen, die man hätte besetzen können. Z.B. die Gerechtigkeit vor der Justiz. Für Menschen ohne gute Kenntnisse und Geld für Rechtsanwälte ist es schwer, in verträglicher Zeit oder überhaupt Recht zu bekommen. Oder das Thema innere Sicherheit mit der Ohnmacht vor Einbruchszahlen, die über Jahre immer weiter angestiegen sind, und der (nicht gerechten) fehlenden Bestrafung von Tätern. Mir hat so einiges im Wahlprogramm gefehlt.
Stimmte mit Ja: Werner Lager (60), Vorsitzender des SPD-Kreisverbands Osnabrück-Land, stellv. Bürgermeister in Kettenkamp, stellv. Landrat. Wo immer in jüngster Zeit Parteimitglieder aufeinander trafen, gab es „äußerst lebhafte Debatten“ übers Ja oder Nein, so Werner Lager. Nebeneinander sitzen könne man aber trotz aller gegensätzlichen Meinung noch. Im Landkreis Osnabrück seien 80 Personen neu in die Partei eingetreten.
klartext: Was hat Ihnen im Wahlprogramm gefehlt? Was müsste Ihrer Meinung nach verstärkt thematisiert werden?
Baier: Mir fehlten einige knackige Forderungen zur Eindämmung des „Turbo-Kapitalismus“, zum Breitbandausbau und zur Energiewende. Nach meiner Auffassung hätte man die Rücknahme des von Schröder eingeführten steuerfreien Verkaufs von Unternehmen fordern müssen. Heutzutage ist jeder Konzernchef dabei, ständig Unternehmensteile zu kaufen und zu verkaufen. Die großen Hedgefonds – die „Heuschrecken“ – verdienen großes Geld damit und müssen kaum Steuern zahlen.
Interessant wäre auch die Anhebung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel auf 19 %.
Ich würde auch einen Vorstoß machen, das große Kasino an den Börsen zu bändigen. Eine Idee wäre das Verbot aller Finanzderivate ohne reales Grundgeschäft. Warum ist es sinnvoll, wenn Investoren in London oder Frankfurt, die noch nie auf einem Bauernhof waren, auf sinkende Preise für Schweinehälften wetten und Leerverkäufe tätigen? Darunter leiden nur unsere Landwirte.
Interessant wäre auch die Anhebung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel auf 19 %. Damit könnten wir die Landwirte für gute Tierhaltung und die Anlegung von Biotopen bezahlen. Teurere Lebensmittel führen vielleicht auch dazu, das nicht 30 % weggeschmissen werden.
Ich würde auch die privaten Übertragungsnetzbetreiber in staatliche Hand übernehmen. Warum sollen Netzmonopole die Kassen privater internationaler Fonds füttern und damit die Energiepreise nach oben treiben? Das Bahnnetz liegt auch in staatlicher Hand.
Die SPD muss sich deutlich zu einem Kohleausstieg positionieren und einen für die Energieunternehmen, darunter viele Stadtwerke, wirtschaftlich tragbaren und abgefederten Stilllegungsplan einsetzen. Die Großkraftwerke werden bald Geschichte sein.
Am meisten regen mich die Milliardenförderungen mit Steuergeldern im Bereich Breitband auf. Der Gesetzgeber sollte einen Rechtsanspruch auf mindestens 100 MB Breitbandleistung einführen. Die Netzbetreiber haben dies dann umzusetzen und müssen intern die hohen Renditen in Ballungsräumen dazu verwenden, um den ländlichen Raum zu finanzieren. Bei der Post funktioniert das immer noch so. Früher wurde auch ein Telefonkabel ohne öffentliche Subventionen zu jedem Gebäude im Außenbereich gelegt.
Flankierend müssen die Kommunen das Recht bekommen, Konzessionen für ein Telekommunikationsnetz auf ihrem Gebiet zu vergeben. In vielen Straßen liegen mittlerweile drei Kabel von drei Netzanbietern. Diesen Unsinn kann man keinem Bürger mehr erklären.
Ich hoffe, dass die SPD mit ihrem Finanzminister, Außenminister, Justizminister und Umweltminister in der Lage ist, diese Politikfelder wieder stärker zu besetzen. Dann geht es mit der SPD auch wieder aufwärts.