„Ende des Jahres Vorschläge zur Haushalts-Konsolidierung“

Dr. Horst Baier bei der Einweihung der neuen Turnhalle in Gehrde.

Dr. Horst Baier bei der Einweihung der neuen Turnhalle in Gehrde.

Gerät die Samtgemeinde durch den hohen Schuldenstand in Bedrängnis? klartext sprach darüber mit Bürgermeister Dr. Horst Baier. Er kündigt an, Endes dieses Jahres Karten auf den Tisch zu legen sprich Vorschläge zur Haushalts-Konsolidierung zu machen. Baier äußert sich auch zur Kritik des Landkreises am Haushalt, räumt Haushaltsrisiken ein und kritisiert seinerseits den Landkreis.
Die Samtgemeinde ist für wichtige Bereiche zuständig, die jede Gemeinde und ihre Bürger berühren: Für Grundschulen, für den Betrieb der KiTas – sie finanziert auch größtenteils das KiTa-Personal –, für das Gros der Sportstätten der Samtgemeinde, von Hallen bis zu Bädern, für die Feuerwehr und vieles mehr. Wäre die Samtgemeinde durch eine zu hohe Verschuldung in ihrer Gestaltungsfähigkeit eingeschränkt, schlüge das voll auf die Gemeinden durch.

 

Der Haushalt 2015: Vom Landkreis kritisiert, aber genehmigt.

Der Haushalt 2015: Vom Landkreis kritisiert, aber genehmigt.

klartext: Herr Samtgemeindebürgermeister, liegt bereits eine Haushaltsgenehmigung des Landkreises vor? Wenn ja, wurde die Genehmigung erteilt?

Ja, wir haben am 15.06. die Haushaltsgenehmigung erhalten. Die Kommunalaufsicht zur Genehmigung von Haushalten ist für kreisangehörige Gemeinden beim Landkreis angesiedelt. Der Landkreis hat die Aufgabe nach der Kommunalverfassung, die Haushaltssatzung, die Kreditermächtigung und den Höchstbetrag für Liquiditätskredite unter Berücksichtigung der finanziellen Lage zu genehmigen. Wir haben eine vollumfängliche Genehmigung ohne Auflagen oder Kürzungen erhalten.

 

klartext: Kritik wurde doch sicher auch laut. Wie kritisch geht der Landkreis mit dem Haushalt der Samtgemeinde ins Gericht?

Der Landkreis sieht eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Samtgemeinde. Ich teile die Einschätzung jedoch nicht. Von daher nehme ich das Schreiben – wie in den Jahren zuvor – mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und mit Gelassenheit zur Kenntnis. In der Gemeindehaushalts- und Kassenverordnung ist im § 23 klar geregelt, wann eine Kommune als leistungsfähig gilt. Alle diese Bedingungen sind bei uns erfüllt. Unser Haushalt weist dieses Jahr und in den nächsten Jahren ein positives Ergebnis aus. Unser Vermögen ist höher als unsere Schulden. Von daher sind wir nach den geltenden Regeln in keiner bedenklichen finanziellen Situation.
Während meiner früheren Tätigkeiten in der Finanzverwaltung der Städte Braunschweig, Salzgitter und Osnabrück war immer direkt das Innenministerium für die Haushaltsgenehmigung zuständig, die bei weit schlechteren Zahlen als bei uns in der Samtgemeinde immer die Genehmigungen erteilt hat, z.B. in Salzgitter oder Osnabrück.
Letztes Jahr habe ich meinen Haushalt zur Gegenprüfung an das Innenministerium geschickt und die Antwort erhalten, dass nach der dortigen Praxis keine eingeschränkte Leistungsfähigkeit bescheinigt worden wäre. Der Landkreis Osnabrück ist hier – aus welchen Gründen auch immer – sehr eng in seiner Beurteilung. Darüber klagen auch viele andere Gemeinden. Weiterhin fordert der Landkreis die Samtgemeinde auf, Altfehlbeträge zurückzuführen und die Verschuldung zu senken.

 

Der Niedersachsenpark mit adidas: Horst Baier erwartet gute Steuereinnahmen.

Der Niedersachsenpark mit adidas: Horst Baier erwartet gute Steuereinnahmen.

klartext: Altfehlbeträge zurückführen, die Verschuldung senken: Warum ist das noch nicht geschehen?

In den letzten Jahren konnten wir die Altfehlbeträge, die vor meiner Amtszeit entstanden sind, durch Überschüsse kontinuierlich abbauen. Anfang 2010 waren aus den Vorjahren Verluste von 6,4 Mio. € aufgelaufen, die ich bei meinem Amtsantritt übernommen habe und seitdem jedes Jahr abbauen konnte.
Leider liegen die genauen Jahresabschlüsse noch nicht vor, da der im Jahr 2012 ausgeschiedene Kämmereileiter das Thema nicht vorangetrieben hatte. Er hat in Bezug auf die Umstellung auf die kaufmännische Buchführung viel unerledigte Arbeit zurückgelassen. Diese Rückstände arbeiten wir bereits seit einiger Zeit auf. Das war und ist für den Fachdienst Finanzen mit viel Arbeit verbunden, denn die Aufarbeitung der Rückstände erfolgt ja parallel zur laufenden Arbeit.
Eine Absenkung der Verschuldung, wie vom Kreis gefordert, ist derzeit angesichts des Sanierungsstaus aus der Vergangenheit und der vielen Investitionserfordernisse nicht möglich. Außerdem halte ich es für falsch, in einer Niedrigzinsphase notwendige Investitionen zurückzustellen, die wir in der Zukunft sowieso tätigen müssen.

 

Ein für Baier wichtiger, aber teurer Schwerpunkt: Gute Schulen und Sportstätten für Kinder.

Ein für Baier wichtiger, aber teurer Schwerpunkt: Gute Schulen und Sportstätten für Kinder.

klartext: Ist die hohe Verschuldung für Sie keinerlei Grund zur Besorgnis?

Mir wäre auch lieber, wenn wir zur Finanzierung unserer notwendigen Investitionen nicht auf Kredite angewiesen wären. Man kann aber nicht per se sagen, ob eine Verschuldung hoch oder niedrig ist. Die Betrachtung einer Zahl zur Kredithöhe oder Kennzahl wie Schulden pro Einwohner ist für sich genommen sinnfrei.
Es muss als erstes die Frage gestellt werden, wieviel Vermögen den Schulden gegenübersteht. Die Samtgemeinde hat eine positive Eigenkapitalquote und damit mehr Vermögen als Schulden. Die Mitgliedsgemeinden stehen hier systembedingt sogar besser da als die Samtgemeinde, weil dort viele Straßen und Grundstücke zum Vermögen gehören.
Die zweite Frage ist immer, ob man sich Schulden auch leisten kann. Bislang haben wir im Haushalt der Samtgemeinde Überschüsse geplant und eine steigende Steuerkraft. Die wird durch den Niedersachsenpark und eine wachsende Bevölkerung auch noch weiter steigen. Daher denke ich, dass wir uns die Schulden auch leisten können.
Die dritte Frage ist, wofür die Schulden gemacht werden, und ob damit positive Effekte erzielt werden. Bei der energetischen Sanierung sparen wir Heizkosten, beim Ausbau von Kinderbetreuung und Ganztagsschulen können mehr Menschen, insbesondere Frauen, einer Erwerbstätigkeit nachgehen und Steuern zahlen. Letztlich sorgen wir damit für ein gutes Angebot an Arbeitskräften, was den Wirtschaftsstandort attraktiv macht. Es gibt viele Gemeinden, die auf notwendige Investitionen verzichten oder durch Auflagen gezwungen sind, freiwillige Leistungen zu streichen. Das führt auf Dauer in einen Teufelskreislauf nach unten und raubt Zukunftsperspektiven.

 

klartext: Über die Frage, was der Niedersachsenpark einbringt, sollten wir vielleicht einmal gesondert sprechen… Sie haben in Gehrde gerade um Verständnis für eine Verschiebung des Ausbaus der Grundschule gebeten, weil die Kosten derzeit nicht zu stemmen sind. Sie haben sich besorgt gezeigt mit Blick auf die anstehen Tarifverhandlungen für das KiTa-Personal. Auf dauerhaft niedrige Zinsen ist auch kein Verlass. Das sind doch Hinweise darauf, dass der Himmel nicht voller Geigen hängt.

Was den Niedersachsenpark angeht, darüber können wir gerne ausführlicher reden, aber ich kann Ihnen versichern, dass der Park steigende Steuereinnahmen verspricht. Was die Samtgemeinde angeht: Die Samtgemeinde wird immer ihren Verpflichtungen nachkommen, auch wenn schon mal die Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit an die Wand gemalt wurde. Solche Äußerungen sind schädlich für unsere Gemeinde. Allerdings gibt es durchaus Risiken in der Zukunft. Wenn die Konjunktur nicht mehr so läuft oder die Zinsen stark ansteigen, könnten wir Probleme bekommen.
Sorgen macht mir in der Tat der ungebremste Anstieg der Kosten im Kindertagesstättenbereich. Durch eine steigende Kinderzahl und eine höhere Nachfrage werden wir in den nächsten zwei Jahren drei neue Kindergärten bauen müssen. Der Zuschussbedarf eines Kindergartens liegt bei ca. 500.000 € im Jahr. Wenn sich die Forderungen von Verdi von 10 % mehr Lohn beim Tarifabschluss durchsetzen, können wir die Mehrbelastung nicht alleine schultern. Da müssen der Landkreis, das Land und der Bund mithelfen. Mit der Bauunterhaltung und energetischen Sanierung alter Gebäude sind wir auch noch nicht durch. In der Vergangenheit hat man hier gespart. Das holt uns derzeit wieder ein.
Die Liquiditätsüberschüsse aus dem laufenden Haushalt reichen auch noch nicht aus, um die Tilgung vollständig zu erwirtschaften. Wir müssen uns also sehr anstrengen, alle Möglichkeiten zur Haushaltskonsolidierung und Einnahmeerhöhung auszuschöpfen. Hier wird es Ende des Jahres Vorschläge von mir geben. Wünschenswerte Projekte müssen wir auch in die Zukunft verlagern. Das gefällt den Bürgern in den Gemeinden nicht, ist aber manchmal nicht zu vermeiden.

 

klartext: Hat sich die Samtgemeinde mit HaseEnergie nicht zuviel vorgenommen, auch wenn mit der Gründung eine Chance genutzt wurde, die so schnell nicht wiederkommt? Hatte HaseEnergie für Sie von Anfang an eine so hohe Priorität, dass  Sie dafür mögliche Engpässe in anderen Bereichen in Kauf genommen haben?

Ein großes Vorhaben: Das Gemeindewerk HaseEnergie.

Ein großes Vorhaben: Das Gemeindewerk HaseEnergie.

Durch die Neuvergabe der Gaskonzessionen hat sich eine günstige Situation ergeben, um mit einer eigenen Energiegesellschaft zu starten. Andere Gemeinden im Landkreis wie Bissendorf oder Wallenhorst gehen ähnliche Wege. Die Städte Bramsche und Georgsmarienhütte haben schon länger eigene Stadtwerke. Im Südkreis halten viele Gemeinden eine Beteiligung an der TEN eG. Wir sind aber die erste Samtgemeinde, die ein Gemeindewerk gründet.
Der Kaufpreis für die Netze wird über Kredite bei der HaseEnergie GmbH finanziert und nicht über den Haushalt der Samtgemeinde. Die geplanten Erträge werden einen Beitrag zur Haushaltsentlastung leisten. Engpässe in anderen Bereichen sehe ich nicht.

 

klartext: Der Kaufpreis für die Netze beträgt sechs Millionen Euro. Brauchen Sie für die Kreditaufnahme nicht die Hilfe der Samtgemeinde, und wie lange wird es Ihrer Meinung nach dauern, bis HaseEnergie Gewinne an die Samtgemeinde ausschütten kann?

HaseEnergie aufzubauen und in die Gewinnzone zu führen, nimmt einige Jahre in Anspruch. Wir befinden uns derzeit noch in der Phase, die Voraussetzungen für den Geschäftsbetrieb zu schaffen. Anfang 2016 erfolgt der Kauf der Netze dann wird auch damit begonnen, Strom- und Gasprodukte zu verkaufen. Die Samtgemeinde könnte für die Kredite bürgen und erhält dafür eine Gebühr. Zur Finanzierung der Anlaufkosten könnte auch noch eine Kapitalhilfe notwendig werden, die später wieder zurückgeführt werden kann. Mit einem ersten positiven Ergebnis HaseEnergie rechne ich in 2017.

 

Grundsteinlegung Mensa-Neubau in Bersenbrück: Der Landkreis ist aus der Finanzierung der Schulen ausgestiegen. Foto Samtgemeinde.

Grundsteinlegung Mensa-Neubau in Bersenbrück: Der Landkreis ist aus der Finanzierung der Schulen ausgestiegen. Foto Samtgemeinde.

klartext: Im Vergleich zur Samtgemeinde steht der Landkreis, was die Verschuldung angeht, gut da. Was läuft da besser als in den Gemeinden?

Das lässt sich leicht beantworten. Die von den Gemeinden gezahlte Kreisumlage ist stärker angestiegen als die Ausgaben des Landkreises. Darüber hinaus hat der Landkreis Aufgaben wie den Bau von Kindergärten oder die Investitionen bei weiterführenden Schulen im SEK I-Bereich auf die Gemeinden verlagert. Vor fast 10 Jahren wurde zudem die Kreisschulbaukasse abgeschafft, bei der sich früher der Landkreis an allen Investitionen im Schulbereich, wie eigentlich immer noch gesetzlich vorgeschrieben, mit 66 % beteiligt hat. Das Argument damals war, dass es wohl keine neuen Schulbauten geben wird. Das war weit gefehlt. Wir müssen Mensen bauen, Barrierefreiheit umsetzen und Gruppenräume für den Ganztagsbetrieb schaffen.
Der Landkreis zahlt auch keinen Cent Zuschuss für die Investitionen in Kindergärten. Da haben sich die Gemeinden über den Tisch ziehen lassen. Der Landkreis konnte dadurch seine Schulden durch Überschüsse im Haushalt abbauen und hält den Gemeinden jetzt die hohe Verschuldung vor. Das ist nicht sachgerecht, um es vorsichtig auszudrücken. Immerhin gab es auf Initiative der SPD-Kreistagsfraktion höhere Zuschüsse zu den laufenden Kosten der Kindertagesstätten, worüber wir uns gefreut haben. Damit wurde ein Teil der zu viel gezahlten Kreisumlage zurückgegeben.

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Ein Kommentar

  1. Elisabeth Middelschulte

    Mich wundert, dass die CDU Bersenbrück auf einer Weiterbeschäftigung des ehemaligen Kämmerers besteht. Wollen die noch mehr Schaden für das Gemeinwesen verursachen lassen? Falls es um Nachsitzen geht, muss man die Besoldung einstellen!
    Ich halte das Szenario wirklich für verantwortungslos!

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