Gehrde feiert! „Eine Schule bringt Dynamik in den Ort“

Akrobatik-gruppe-gehrde„Eine Schule bringt Dynamik in den Ort“, sagt der Gehrder Bürgermeister Günther Voskamp im klartext-Interview (siehe unten). Zu wieviel Schwung und Dynamik Kinder in der Lage sind, davon konnten sich die vielen Gäste überzeugen, die mit dabei waren bei der Einweihung der neuen Turnhalle der Grundschule in Gehrde: Sie sahen großartige Show-, Akrobatik- und Gesangseinlagen der Kinder.

In ländlich-schöner Lage: Die neue, moderne Gerde Turnhalle. Sie könnte auch für Veranstaltungen genutzt werden.

In ländlich-schöner Lage: Die neue, moderne Gerde Turnhalle. Sie könnte auch für Veranstaltungen genutzt werden.

Eine Turnhalle, die weit über Gehrde hinaus Aufsehen erregt, ein sensibel saniertes hundertjähriges Schulgebäude: Gehrde, Perle des Artlandes genannt, feierte aus gutem Grund ein großes Fest, mit feierlicher und vor allem fröhlicher Note.
Gehrdes Schulvergangenheit wird an diesem 20. Juni 2015 in einer Ausstellung lebendig, die Gegenwart dominiert an diesem Freudentag das Maßstäbe setzende Turnhallengebäude. Die Zukunft der Grundschule liegt, was weitere Baumaßnahmen angeht, noch in Gestalt von Plänen in der Schublade.
Unter den Gästen, die Elisabeth Middelschulte, die Rektorin der Gehrder Grundschule, begrüßen konnte, war auch Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier. Die Samtgemeinde Bersenbrück ist der Träger der Halle, die auch dem Vereinssport zur Verfügung steht.

Dip.-Ing. Martin Ferner (Architekturbüro Hüdepohl – Ferner) überreichte Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier den Schlüssel. Rechts: Grundschul-Rektorin Elisabeth Middelschulte.

Dip.-Ing. Martin Ferner (Architekturbüro Hüdepohl – Ferner) überreichte Samtgemeindebürgermeister Dr. Horst Baier den Schlüssel. Rechts: Grundschul-Rektorin Elisabeth Middelschulte.

Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des neuen Gehrder Schmuckstücks in Passivhaus-Bauweise sagte Horst Baier: „Mir war eine zur Perle des Artlandes passende Architektur sehr wichtig und ein geringer Energieverbrauch.“ Und er verwies auf den kommenden Sonntag (28. Juni), den bundesweiten Tag der Architektur, an dem besonders gelungene Gebäude für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. „Wir haben uns mit der Turnhalle in Gehrde beworben und den Zuschlag bekommen! Darauf können wir stolz sein.“
Das Herz der Gehrder Grundschule aber sind die Kinder. Ihnen optimale Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten, ist das Ziel aller für die Schule Verantwortlichen. Gebäude tragen dazu bei, aber vor allem das pädagogische Konzept der Schule, das Engagement der Lehrkräfte, der Schulförderer und das der Eltern.

Baier versprach den Gehrdern, dass der Umbau der alten Turnhalle – die übergangsweise als Pausenhalle der Schule genutzt wird – „nicht die letzte Baumaßnahme an der Grundschule Gehrde sein wird. Die Schaffung eines Ganztagsangebotes liegt mir sehr am Herzen.“

 

Grundschul-Rektorin Elisabeth Middelschulte und Bürgermeister Günther Voskamp konnten sich über eine gelungene Einweihungsfeier freuen.

Grundschul-Rektorin Elisabeth Middelschulte und Bürgermeister Günther Voskamp konnten sich über eine gelungene Einweihungsfeier freuen.

Interview mit Bürgermeister Günther Voskamp und Rektorin Elisabeth Middelschulte

klartext: Herr Bürgermeister Voskamp, Gehrde feiert die neue Turnhalle und den 100. Geburtstag des Schulgebäudes mit einem großen Schul- und Dorffest. In den 1980er Jahren lief Gehrde noch Gefahr, seine Schule zu verlieren. In den 1990ger Jahren stiegen die Schülerzahlen stark an. Wie wichtig ist eine Grundschule für den gesamten Ort?

Seit Jahren ist die Politik sich schon darin einig, dass kleine Schulen, wo immer möglich, erhalten werden sollen. Es heißt ja nicht umsonst ‚stirbt die Schule, stirbt der Ort’. Eine Schule bringt Dynamik und Leben ins Dorf. In kleinen Orten sind generell viele Infrastruktur-Einrichtungen gefährdet oder schon nicht mehr vorhanden. Ich bin froh darüber, dass Konsens in dem Punkt besteht, Schüler vor langen Schulwegen zu bewahren und ihnen Mammutschulen zu ersparen.

klartext: Frau Middelschulte, wie wird Schule in der Verlässlichen Grundschule (VGS) in Gehrde gelebt?

Der Schulchor der VGS stimmte die Gäste schwungvoll auf die Feierstunde ein.

Der Schulchor der VGS stimmte die Gäste schwungvoll auf die Feierstunde ein.

Das Schuljahr hat natürlich einen wiederkehrenden Turnus. Dazu gehören als Besonderheiten Projektwochen. In diesem Jahr z. B. die Projektwoche 100 Jahre Schulgebäude. Da haben unsere Schüler eine Zeitreise gemacht. Außerdem nimmt die Schule an einer Vielzahl von Wettbewerben teil in den Bereichen Sport, Kunst, Mathematik, Plattdeutsch usw. Das ist eine bunte Palette.
Zu Beginn des Advents haben wir immer einen Projekttag Advent. Es gibt es einen Milchtag, den Tag des gesunden Frühstücks, den Fahrradführerschein, ein Vorleseprojekt für die Kindergartenkinder, das Projekt „Mein Körper gehört mir“ und das E-Team, das sich als Freiwilligen-AG um die Umweltthemen kümmert. Alljährlich wird auch eine Aktion „zu Fuß zur Schule“ gestartet.
Mit dem Kindergarten haben wir eine enge Kooperation, die wir über einen Kooperationskalender steuern. Die Schule ist – wie alle Grundschulen der Samtgemeinde Bersenbrück, Mitglied im Bund für Begabungsförderung und bietet z. B. Mathe-AGs an für Kinder aus der ganzen Samtgemeinde.

Mit dabei bei der Feier waren auch Gäste aus der polnischen Partnerstadt der Schule.

Mit dabei bei der Feier waren auch Gäste aus der polnischen Partnerstadt der Schule.

Ein wichtiges alljährliches Projekt ist z.B. unsere Austauschwoche im Herbst, in der Schüler aus unserer polnischen Partnerschule bei uns in Gehrde sind. In wenigen Wochen werden unsere Viertklässler für eine Woche nach Polen fahren. Das ist natürlich ein ganz besonderes Erlebnis.
Zu der Art, wie wir Schule leben, gehört auch, dass alle, die an der Schule arbeiten, ein gutes Team sind. Der Krankenstand ist verschwindend gering. Im Eingang zum Lehrerzimmer hängt das Motto: Be a teacher, be a hero or be a TEAM. Wir alle als Mitglieder unserer Schulgemeinschaft sind da je nach Bedarf das eine oder das andere. Aber immer ein gutes Team!

78 Schülerinnen und Schüler hatte die Grundschule Gehrde im Schuljahr 1987/88, 133 sind es heute. Vor 25 Jahren, im Schuljahr 1990/1991, wurde das erste Kind – es war damals das einzige – mit Migrationshintergrund eingeschult. 10 Jahre (1999/2000) später stammten 48% der Kinder aus zugewanderten Familien und im laufenden Schuljahr sind es 56%.

klartext: Herr Voskamp, Gehrde ist stark von Zuwanderung geprägt. Wie gut ist es gelungen, Zuwanderer zu integrieren?

In Gehrde leben schon seit Jahrzehnten Menschen aus erstaunlich vielen Staaten. Vor so 15, 20 Jahren hat ein Gehrder Bürgermeister mal ermittelt, dass in Gehrde Menschen aus 21 Nationen lebten. An erster Stelle der Zuwanderung aus jüngerer Zeit stehen die Aussiedler aus Russland.
Integration dauert ihre Zeit und lässt sich nicht erzwingen, höchstens begleiten. In der Regel dominiert lange Zurückhaltung. Da sagen dann die einen, ‚die kommen ja auch nicht zu uns in unseren Schützenverein’. Die neu hinzugekommenen Gehrder bleiben zunächst oft lieber unter sich und warten erst einmal ab, wie sich ihr Leben in der neuen Umgebung entwickelt.
Die Bereitschaft, zu einer Dorfgemeinschaft zusammenzuwachsen, muss von beiden Seiten kommen. Eine wirkliche Annäherung ist, das gilt zumindest für die 1. Generation, noch immer nicht selbstverständlich. In der zweiten Generation sieht das – dank Kinderkrippe und Kindergarten – schon ganz anders aus.

klartext: Frau Middelschulte, an Ihrer Schule liegt der Anteil der Kinder aus Einwandererfamilien in diesem Schuljahr bei 56 %. Was bedeutet das für die Arbeit der Schule?

Das bedeutet vor allem, dass wir MitarbeiterInnen sehr flexibel sein müssen. Kinder aus einem anderen Kulturkreis, in deren Elternhäusern nicht durchgehend Deutsch gesprochen wird, benötigen in jeder Unterrichtsstunde wesentlich mehr Zugewandtheit des Lehrers.

In Gehrde werden Traditionen gelebt: Hier wird für die Turnhallen-Einweihung gekränzt.

In Gehrde werden Traditionen gelebt: Hier wird für die Turnhallen-Einweihung gekränzt.

In den Jahren ab 1990 wuchs die Schülerzahl sehr stark. Inzwischen ist die Schule dank der zugewanderten Familien stabil zweizügig. Das ist die ideale Größe für eine Grundschule, weil eine Parallelklasse immer ein Korrektiv sein kann für die tägliche Unterrichtsarbeit. Es erhöht auch die Teamarbeit unter den Lehrern.
Wir Lehrer gehen in unserer Unterrichtsplanung auf Dinge ein, die wir früher nicht berücksichtigt haben. Unser Religionsunterricht ist z. B. inzwischen konfessionsübergreifend. Damit haben wir erreicht, dass kein Kind vom Religionsunterricht abgemeldet wird. Die Schule kann so allen Kindern Werte und Normen vermitteln und sie zu Toleranz gegenüber anderen Konfessionen erziehen.
Natürlich ist uns „Einheimischen“ manches, das die Zuwanderer mitbringen, zunächst fremd. Gute, von Vertrauen geprägte Gespräche, gelebte Transparenz und Vereinbarungen helfen uns als Schulgemeinschaft dabei immer wieder, voneinander und miteinander zu lernen. Das haben wir auch in unserem Leitbild verankert. Darüber gelingt es häufig, auch die Elternhäuser mit einzubinden.
Fast alle unsere Schüler sind inzwischen in Deutschland geboren und schaffen später gute Bildungsabschlüsse. Eine meine MitarbeiterInnen hat auch einen Migrationshintergrund. Sie ist damit eine gute Mittlerin. Das alles gehört zum Weg der VGS in der Aufgabe Zuwanderung und Integration. Zuwanderung ist also nicht nur Herausforderung, sondern auch Bereicherung.

Die Akrobatikgruppe „High School Musical“ bot sportliche Showeinlagen.

Die Akrobatikgruppe „High School Musical“ bot sportliche Showeinlagen.

klartext: Herr Voskamp, wie beurteilen Sie, was den Nachwuchs angeht, die Situation in Gehrde?

2014 hatte Gehrde eine der höchsten Geburtenzahlen der letzten Jahrzehnte. Die bislang vorliegenden Zahlen für 2015 sind ebenfalls positiv. Auf längere Sicht gesehen werden die Zahlen sicher schwankend sein.
Unsere beiden Kinderkrippen, die private und die kommunale, sind derzeit sehr gut ausgelastet. Kindergartengruppen hatten wir bislang vier. Da wird eine Gruppe wegfallen. Wie sich das weiter entwickelt, müssen die nächsten Anmeldezahlen zeigen. Es wird in Gehrde übrigens mindestens 11 neue Bauplätze geben. Da haben sich zu 100% junge Gehrder beworben. Das stimmt mich für die Zukunft, was Kinder angeht, optimistisch.

klartext: Frau Middelschulte, wenn Sie auf die Anmeldezahlen schauen: Wie ist es um die Zukunft der Grundschule bestellt?

Gut. Nach einem kleinen Down im letzten Jahr werden die Anmeldezahlen in den nächsten Jahren wieder steigen. Die Zweizügigkeit ist stabil. Leider reicht die Schülerzahl nicht für eine Konrektorenstelle.

Hier mehr zu den Erweiterungsplänen der VGS Gehrde.

Nach der Feierstunde freuten sich Kinder aller Altersgruppen über ein buntes Spiel- und Spaßangebot.

Nach der Feierstunde freuten sich Kinder aller Altersgruppen über ein buntes Spiel- und Spaßangebot.

Autor

*

Top