Überalterung: Wo ist sie die größte Aufgabe?

In Eggermühlen und Rieste werden nach der neusten Prognose des Landkreises am wenigsten junge Menschen leben und Eggermühlen wird den höchsten Anteil älterer Menschen haben.

Der Landkreis Osnabrück veröffentlich regelmäßig Prognosen zur Altersentwicklung in unseren Orten. Kaffeesatzleserei ist das nicht. Die Zahlen lassen sehr deutlich Trends erkennen. Das zeigt z. B. der Vergleich mit den Zahlen vor 2 Jahren (Prognose 2014-2030, mehr dazu hier).

Ingesamt ist der Trend stabil: Überall steigt die Zahl der älteren Menschen stark an und die der jüngeren sinkt. Aber: Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden.

Die Grafik: Wie sieht’s hier in 18 Jahren aus?

Nach der Landkreis-Prognose 2016 bis 2035 werden – bis auf Eggermühlen und Gehrde – alle Orte wachsen (mehr dazu hier). Danach beträgt die Zahl der Einwohner in 18 Jahren z. B. in Ankum, Bersenbrück und Rieste 8.214 bzw. 9.875 und 4.271. Wie viele dieser Menschen werden ältere (über 60 Jahre) und jüngere (bis 19 Jahre) sein? Das zeigt die obige Grafik. Rot: der Anteil der über 60-Jährigen. Grün: der Anteil der jungen Menschen (bis 19 Jahre).

Einige Gemeinden liegen beim Verhältnis zwischen Alt + Jung relativ nahe beieinander. Es gibt aber Gemeinden, die mit positiveren Zahlen auffallen: Gehrde und Bersenbrück. Und es gibt Gemeinden, die mit negativeren Zahlen auffallen: Eggermühlen und Rieste.

Eggermühlen & Rieste: Die wenigsten jüngeren Menschen.

Das schlechteste Verhältnis zwischen Alt und Jung wird für Eggermühlen prognostiziert. Für Eggermühlen verfestigen sich insgesamt die Trends: Die Bevölkerung wird nicht steigen, und die Überalterung ist so stark ausgeprägt wie in keiner anderen Gemeinde.

  • Nach den neusten Zahlen werden in Eggermühlen auf 100 Einwohner gut 38 über 60-Jährige kommen und nur knapp 18 jüngere Menschen (bis 19 Jahre).
  • Für Rieste sieht es bei den jüngeren Einwohnern sogar noch etwas schlechter aus: Auf 100 Einwohner sollen nur knapp 17 Jüngere kommen (bis 19 Jahre) und gut 33 über 60-Jährige.

Unterschiede bei den Geburtenraten.

Wichtig: die Geburtenrate. Foto Samtgemeinde.

An realen, harten Zahlen sind in die Prognose die Einwohner- und Geburtenzahlen bis zum Stand Ende Dezember 2015 eingeflossen. Die Geburtenzahlen in der Samtgemeinde liegen deutlich über dem deutschen Durchschnitt. Es gab aber auch bei der Geburtenrate deutliche Unterschiede. Bersenbrück lag z. B. 2014 mit fast 13 Kindern pro 1.000 Einwohnern an der Spitze. Auf Rieste (um 3.400 Einwohner) entfielen 26 Geburten, aufs 1.000 Einwohner kleinere Gehrde dagegen 32 Geburten (mehr dazu hier).

Das spiegelt auch die Prognose wider: Vor 2 Jahren ging man z. B. noch davon aus, dass im Jahr 2015 in Rieste 735 junge Menschen (bis 19 Jahre) leben werden. Tatsächlich waren es nur 723. In Gehrde ein anderes Bild: statt wie für 2015 erwartet waren es nicht 610 Jüngere (bis 19 Jahre), sondern deutlich mehr: 666. Rieste hat sich also, was die jüngeren Menschen angeht, schon 2015 schlechter entwickelt als erwartet, und Gehrde hat sich bei den jungen Menschen deutlich besser entwickelt. Die folgende Grafik zeigt, wie die Zahlen bei der Altersgruppe bis 19 Jahre aussehen.

Altersgruppe bis 19 Jahre
20152035Veränderung
Alfhausen956848- 11,3 %
Ankum1.6301.637+ 0,4 %
Bersenbrück 2.0152.186+ 8,5 %
Eggermühlen 403301- 25,3 %
Gehrde 666544- 18,3 %
Kettenkamp 420371- 11,7 %
Rieste723706- 2,4 %

Gehrde & Bersenbrück haben die besten Alters-Aussichten.

Was das Verhältnis zwischen Alt und Jung angeht, sehen die Zahlen für Gehrde und Bersenbrück am besten aus.

  • Für Gehrde lauten die Prognose-Zahlen für 2035: Auf 100 Einwohner sollen 28,2 über 60-Jährige kommen und 22,3 jüngere Menschen (bis 19 Jahre). Zwar soll die Bevölkerung in Gehrde leicht sinken, aber beim Verhältnis Alt zu Jung sehen die Zahlen für Gehrde gut aus.
  • Für Bersenbrück sind die Zahlen ähnlich: Auf 100 Einwohner sollen 28,3 über 60-Jährige kommen und 22,3 jüngere (bis 19 Jahre).

Alfhausen & Kettenkamp: Auf fast gleichem Niveau.

Bei Alfhausen steht, ähnlich wie bei Kettenkamp, bei der für 2035 prognostizierten Zahl für die Altersgruppe der bis 19-Jährigen ein Minus von gut 11%. Unter dem Strich soll die Verteilung zwischen Alt + Jung bei diesen beiden Orten ebenfalls ähnlich aussehen.

  • In Alfhausen sollen auf 100 Einwohner knapp 32 über 60-Jährige kommen und knapp 21 jüngere Menschen (bis 19 Jahre).
  • Für Kettenkamp sagen die Zahlen: auf 100 Einwohner 33 über 60-Jährige und knapp 21 jüngere Menschen (bis 19 Jahre).

Rieste: + 94,6 %. Wie die folgende Grafik zeigt, steigt die Anzahl der 60- bis 79-Jährigen stark an. Am stärksten in Rieste, am wenigsten stark in Bersenbrück und Ankum.

Altersgruppe 60 – 79 Jahre
20152035Veränderung
Alfhausen6281.019+ 62,3 %
Ankum1.3382.001+ 49,6 %
Bersenbrück 1.4782.174+ 47,1 %
Eggermühlen 327497+ 52,0 %
Gehrde 380580+ 52,6 %
Kettenkamp 294466+ 58,5 %
Rieste5971.162+ 94,6 %

Ankum: Ein leichter Anstieg bei den Jungen (bis 19 Jahre).

Ankum gehört zu den beiden Gemeinden, bei denen bis 2035 ein Pluszeichen vor der Zahl der bis 19-Jährigen steht: + 0,4 %. Bei Bersenbrück steht jedoch ein deutlich größeres Plus: + 8,5 %. Unter dem Strich ist die Schere zwischen Alt + Jung – vor allem beim Anteil der Älteren – größer als beim Nachbarn Bersenbrück. Die Zahlen:

  • In Ankum sollen auf 100 Einwohner 32 über 60-Jährige kommen (BSB: gut 28) und knapp 20 jüngere Menschen (bis 19 Jahre). In Bersenbrück sind es gut 22 Jüngere.

Rieste und Eggermühlen mit dem höchsten Durchschnittsalter, Gehrde und Bersenbrück mit dem niedrigsten.

Vergleicht man die vor 2 Jahren veröffentlichten Zahlen zum Durchschnittsalter für das Jahr 2030 mit den Zahlen für 2030 aus der neusten Prognose, dann zeigt sich: Verbesserungen beim Durchschnittsalter gibt es in Alfhausen (von 43,9 auf 43,5 Jahre), Ankum (von 45 auf 44,1) Bersenbrück (von 44,3 auf 42,3) und Gehrde (von 44,2 auf 41,5). Gleichstand bei Rieste (45,1 Jahre).

In Eggermühlen ist die Zahl Durchschnittsalter dagegen deutlich gestiegen: von 44,2 auf 46,4. In fünf weiteren Jahren (2035), so die Prognose, hat Eggermühlen mit 47,5 Jahren das höchste Durchschnittsalter aller 7 Orte in der Samtgemeinde. Gefolgt von Rieste mit 46,3 Jahren. Positiver Spitzenreiter soll Gehrde sein (42,7 Jahre), gefolgt von Bersenbrück (43,1 Jahre), Alfhausen (44,6), Ankum (45,2) und Kettenkamp (45,3). Wie stark die Zahlen bei der Altersgruppe über 80 Jahre ansteigen sollen, zeigt die folgende Grafik.

Altersgruppe über 80 Jahre
20152035Veränderung
Alfhausen173279+ 61,3 %
Ankum319627+ 96,6 %
Bersenbrück 385622+ 61,6 %
Eggermühlen 59146+ 147 %
Gehrde 92107+ 16,3 %
Kettenkamp 67118+ 76,1 %
Rieste126221+ 75,4 %

Die Jungen nicht aus dem Blick verlieren.

Eine signifikante Veränderung bei der Prognose, gar eine Trendumkehr, hat es über die letzten Jahre für keinen Ort gegeben. Auch nicht für die Orte mit guten Geburtenraten. Es gibt für einige Orte aber Verbesserungen, die sich durchaus verstärken könnten. Mancherorts ist aber keine Veränderung auszumachen.

Auf welche Entwicklung müssen sich die Gemeinden realistischerweise einstellen? Auf sehr unterschiedliche. Für die Bürgermeister und Gemeinderäte ist die Beschäftigung mit der Entwicklung, die die Prognose-Trends ausdrücken, eine wichtige Aufgabe – um zu beraten, welche Konsequenzen für die eigene Gemeinde daraus zu ziehen sind.

Wie groß die Spielräume sind, hängt auch von der Größe der jeweiligen Gemeinde ab, aber auch vom Problembewusstsein der Politiker. Im Fokus stehen derzeit z. B. – in Ankum wie andernorts – verstärkt die älteren Menschen und ihre Bedürfnisse. So nötig es ist, sich damit zu beschäftigen, so nötig ist es aber auch, die Säule junge Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren.

 

Ich bin nicht die Zukunft Ankums

Ein Kommentar von Rita Stiens.

Ich bin Ankumerin, aber mit meinen inzwischen gut 66 Jahren eines sicher nicht: Ankums Zukunft. Natürlich wünsche ich mir auch für mich, wie sicher jeder ältere Mensch, ein aktives Leben in Ankum und bis zum letzten Atemzug möglichst viel Lebensqualität. Wo ist mein Platz in der Gesellschaft? Nicht abgedrängt am Rande. Aber auch nicht in der ersten Reihe. Die gehört meines Erachtens den Jungen, denn die sind die Zukunft.

In allen Orten der Samtgemeinde wurden mehr Kinder geboren als Todesfälle zu beklagen waren. Und die Bevölkerung wächst fast überall.

Es braucht den Mut zu Veränderungen, um Zukunft zu gestalten.

Zwischen der Generation meiner Mutter und den meisten jungen Frauen von heute liegen Welten. Ihr Lebensweg war ein anderer, ihre Ansprüche sind andere, die Lebens- und Berufswelt der meisten Menschen hat sich signifikant verändert, wie Familie gelebt wird, hat sich verändert.  Das Dorf muss dem gerecht werden, u.a. durch eine stetige Verbesserung und auch Ausweitung der Kinderbetreuung.

Mein Heimatort Ankum hat viele Voraussetzungen für eine gute Zukunft. Wie sie gestalten? Nein, vergessen werden möchte ich als Alte nicht. Aber Zukunft muss vor allem aus der Perspektive der Jüngeren heraus gedacht und dynamisch gestaltet werden – damit mein Ankum auch noch für meiner Generation Enkelkinder und deren Kinder ein lebendiges und attraktives Lebensumfeld ist und bleibt. Und das, denke ich, gilt nicht nur für Ankum, sondern für alle Orte der Samtgemeinde.

 

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