Eggermühlen: Mehr als ein Mittagstisch

Nach dem Essen eine Planwagenfahrt: In Eggermühlen war zu erleben, dass sich die Mittagstisch-Runde für Seniorinnen und Senioren zu einer eingespielten und unternehmungslustigen Gemeinschaft entwickelt hat.

Bereitmachen zum Aussteigen, signalisiert der Kettenkamper Franz Küthe (links) seinen Planwagen-Gästen erstmalig am Brinkberg in Eggermühlen-Besten.

Kaum ist der Planwagen gegen 15 Uhr vor dem Pfarramt in Eggermühlen zum Stehen gekommen, nach einer fast 2-stündigen Tour, wird beim Aussteigen schon ein neuer Plan geschmiedet: „Das müssen wir noch einmal machen“. „Vielleicht im Herbst“. „Dann auf der anderen Seite von Eggermühlen“.

Gruppenbild vor dem Start mit von links: Günther, davor Franz, dahinter Ruth Schmitz und Ruth Gerdes, davor Edith sowie Franz, Marianne, Marlies, Hilde, Bürgermeister Markus Frerker und Reinhold.

Die Fahrt durch Wald und Flur hat den Seniorinnen und Senioren sichtbar Spaß gemacht. Zu Ende ist das Tagesprogramm der Ausflügler an diesem Freitag, dem 28. Juni, aber noch nicht, denn drinnen ist alles vorbereitet für eine Runde Kaffee und Kuchen.

 

Jeder Freitag ist Mittagstisch-Tag.

Vorbereitet war ein Tisch auch schon um 11.45 Uhr. Gemeinderätin Ruth Gerdes hatte ihn am Abend zuvor fürs Mittagessen gedeckt. So wie sie es Woche für Woche fast immer macht, denn seit dem 14. Dezember 2017 ist jeder Freitag in Eggermühlen Mittagstisch-Tag. Und wie an jedem Freitag, bekommt der gedeckte Tisch auch an diesem seinen letzten Schliff durch eine kleine Blumen-Dekoration.

11 Personen kamen am 28. Juni zum allwöchentlichen Mittagstisch in Eggermühlen zusammen.

Freudige Begrüßungen, ein kurzer Plausch vor der Tür, als die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Mittagsrunde nach und nach eintrudeln. „Mit 8 Leuten haben wir angefangen“, sagt Ruth Gerdes, „und inzwischen ist die Runde auf 11 gewachsen“. Die Mittagstisch-Organisatorin hatte einige Tage zuvor Geburtstag, und so gab es für sie erst einmal ein „Happy-Birthday-Ständchen“ der 10, die an diesem Tag mit ihr am Tisch sitzen.

Kartoffeln, Möhren, eine Sauce gab es als Beilagen zur Scholle.

Es flutscht beim Mittagstisch, zeigte der weitere Ablauf. Günther hatte das Essen aus dem Marienhospital in Ankum abgeholt, das für eine gute Küche bekannt ist. An diesem Freitag kommt für die 5,50 € Essenspreis Scholle samt Beilagen plus ein Creme-Dessert mit Erdbeeren und Heidelbeeren auf den Tisch. Mitgebracht wurde auch der Speiseplan für die kommende Woche.

In größerer Runde zu Mittag zu essen ist vergnüglicher, als alleine vor dem Essen zu sitzen.

Welches Gericht für den nachfolgenden Freitag bestellt werden soll, darauf muss sich die Runde einigen. Bislang ist man da, so Ruth Gerdes, immer gut auf einen Nenner gekommen – weil jeder auch man seine Vorlieben hintanstellt, zeigte sich im Gespräch. Auch Scholle ist nicht Jedermanns Lieblingsgericht, aber es war die gemeinsame Entscheidung, und an anderen Freitagen schmeckt einem dann das, was auf den Tisch kommt, umso besser.

 

Hier ist Abwasch auch Männersache.

Erfolgsgeschichte Mittagstisch.

Vom Essen auftragen bis zum Abräumen und dem Abwasch, erlebt die Beobachterin, packt jeder und jede beim Mittagstisch mit an. Und wenn Ruth Gerdes einmal keine Zeit hat, nehmen die Mittagstischler die Dinge selbst in die Hand. An diesem Freitag ist es mit dem gemeinsamen Mittagessen aber nicht getan, denn um 13.15 Uhr startet die Planwagenfahrt.

Zu so einer Tour, und das vor allem bei sommerwarmem Wetter, gehören natürlich Getränke. Man sorgt mit- und untereinander dafür, dass es an nichts fehlt, gilt auch für diese Fahrt. Getränke, die von einigen mitgebracht wurden, kommen aus dem Kühlschrank im Pfarrheim mit an Bord und los geht’s.

2 Stunden durch Flur und Wald und hinter jeder Kurve ein anderer Ausblick auf die Landschaft.

Kurz vor der Abfahrt schaute Bürgermeister Markus Frerker vorbei und konnte aus eigenem Augenschein erleben, dass der Mittagstisch eine Erfolgsgeschichte ist. Sich einmal in der Woche nicht selbst ums Mittagessen kümmern zu müssen und nicht alleine vor der Mahlzeit zu sitzen, ist einer der Gründe für die gute Akzeptanz. Und dann ist da natürlich der Austausch in einer Runde, in der man sich füreinander interessiert wie auch für die Neuigkeiten der Woche.

Viel trinken, das war an diesem warmen Ausflugstag besonders wichtig.

Dass der Mittagstisch eingerichtet wurde, geht auf eine Umfrage bei Seniorinnen und Senioren zurück, die unter Federführung der Seniorenbeauftragen Gabriele Linster 2017 in allen Orten der Samtgemeinde durchgeführt wurde. In Eggermühlen, zeigte sich da, bestand der Wunsch nach einem Mittagstisch, gedacht vor allem als Treffpunkt für alleinlebende Senioren. Eine gute Idee, fand auch die Gemeinde – und half dem Projekt auf die Sprünge. Die Kirchengemeinde stellte dann den Raum zur Verfügung.

Auf dem Weg zum Brinkberg in Besten. Das Planwagen-„Zufpferd“ war ein Oldtimer-Trecker.

 

Auf ins Eggermühlener Land.

Pastoralreferentin Ruth Schmitz freut sich besonders auf die Ausflugsfahrt. Sie arbeitet zwar schon seit über 4 Jahren in der Pfarreiengemeinschaft Ankum-Eggermühlen-Kettenkamp, ist aber noch nicht dazu gekommen, Eggermühlen ausgiebig zu entdecken. Wie sehr diese Entdeckung lohnt, zeigte sich schon auf dem Weg zur und bei der ersten Station in Besten. Natur so weit das Auge reicht, und vor allem Stille, wunderbare Stille, wie Ruth Schmitz hinterher schwärmt, so gut wie keine Autos auf den Straßen und Wegen.

Weitblicke der unterschiedlichsten Art: Hier über ein Rapsfeld auf ein Gehöft.

Durch den Südwesten wird die Tour führen, und die erste Station ist der Brinkberg in Eggermühlens ältester Bauernschaft Besten. Dort, auf einer der höchsten Erhebungen der Gemeinde, wurde 1933 ein Holzkreuz zum Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs errichtet. Die Teilnehmer der Planwagen-Tour genossen nach dem Ausstieg bei der am Weg gelegenen Schutzhütte erst einmal die schöne frische Schattenluft.

Am Brinkberg auf dem Weg zum Gedenkkreuz für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.

 

Geschichte & Geschichten rund um Eggermühlen.

Zu den weiteren Highlights gehörte der höchste Punkt in der Bauernschaft Sussum. Dort wurden gerade von Mitgliedern des Heimatvereins Eggermühlen tonnenschwere Findlinge zusammengetragen – als Begrenzung des „Sussumer Steinplateaus“, eines neuen touristischen Highlight auf dem Osterboll. Bei bester Sicht reicht der Blick von dort aus bis nach Cloppenburg.

Für die ganz weite und klare Fernsicht war es an diesem warmen Ausflugstag etwas zu diesig. Schön war’s dennoch. Wer schon so lange in Eggermühlen lebt wie die Mittagstisch-Senioren, für den verbinden sich mit so einer Tour auch viele Erinnerungen, und es kommt viel Wissen über die Entwicklung der Heimat zusammen.

Im Pfarramt dann Kaffee und Butterkuchen als Abschluss der Planwagen-Tour.

 

Eine gute Idee: Über die bisherigen Aktivitäten hinauswachsen.

Wie so eine Tour mit anschließender Kaffeetafel finanziert wird? Der Planwagenfahrer Franz Küthe, erklärt Ruth Gerdes, hat eine Spendenbox an Bord, und in die haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Scherflein eingeworfen. Und was den Kuchen angeht, da ist Marianne vom Planwagen gleich ins Auto umgestiegen, um den von ihr selbst gebackenen Butterkuchen zu holen, natürlich mit richtig schön guter Butter obendrauf. Als Marlies dann den Kaffee einschenkte, wurde beim Butterkuchen nur zu gerne zugegriffen.

Franz Küthe fährt, wie das Schild signalisiert, für eine „Spende für Trecker & Fahrer“.

Jeder bringt sich ein und trägt je nach Gelegenheit und Fähigkeit zum Gelingen bei; Gemeinschaft leben und erleben, gemeinsam Schönes genießen: Mit der Planwagen-Tour reichte der Eggermühlener Mittagstisch über seinen angestammten Platz im Pfarrhaus hinaus. Dass bereits über eine zweite Tour gesprochen wird, zeigt, dass es eine gute Idee war, über die bisherigen Aktivitäten hinauszuwachsen. Auch das Interesse am Mittagstisch kann gerne weiter wachsen. Wer mit dabei sein möchte, kann über die Gemeinde Kontakt aufnehmen.

 

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