Thema im Ausschuss: Fairtrade-Town Ankum?

Was ist eigentlich eine „Fairtrade-Town“ und warum sollte Ankum möglicherweise eine werden? Mit diesen Fragen befasste sich der Wirtschaftsausschuss der Gemeinde. 

Fairtrade-Town: Viele sind schon dabei. Eines Tages auch Ankum? Eine erste Beratung dazu gab es im Wirtschaftsausschuss.

Lingen ist eine Fairtrade-Town, Bad Essen auch – und Bramsche hat sich in diesen Tagen zu den vielen Fairtrade-Städten in Deutschland hinzugesellt. Dort wird am 7. September auf dem Bramscher Kirchplatz die Auszeichnungsfeier veranstaltet.

In Ankum stand am 8. August in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses auf der Tagesordnung: „Beratung über eine Bewerbung als Fairtrade-Town“. Ratsfrau Dr. Wortmann hatte angeregt, dass sich Ankum auf den Weg macht, „Fairtrade-Town“ zu werden.

 

Wenn ja, würde sich Ankum einreihen in eine starke Bewegung.

Karte Fairtrade-Towns. © fairetrade-towns.de

Über 500 Fairtraide-Towns gibt es inzwischen in Deutschland. Aber nicht nur Städte und Gemeinden sind Teil der Fairtrade-Bewegung, sondern auch Schulen, Universitäten und Kirchengemeinden.

Die 500. Fairtrade-Schule war eine Schule in Köln. Und in Ankums Nachbarschaft gibt es bereits 2 faire Kirchengemeinden: St. Johannes in Lage-Rieste und St. Paulus in Vörden. 100 „Faire Gemeinden“ verzeichnet die Diözese Osnabrück. Ob Stadt, Schule, Kirchengemeinde – alle verbindet ein und dasselbe Ziel. Worum geht es da?

 

Für bessere Lebensbedingungen und den Schutz der Natur.

Kaffee, Schokolade, Kakao, Tee, Orangensaft, Bananen und vieles mehr werden tagtäglich in großen Mengen verkauft. Muss es den Käufer kümmern, ob die Menschen, die solche Produkte erzeugen, zu Hungerlöhnen schuften, in bitterer Armut leben, ohne jede Aussicht auf ein besseres Leben, und dass Tag für Tag immer mehr Raubbau an der Natur betrieben wird? Ja, sagt die Fairtrade-Bewegung – und setzt sich für den Kauf anderer, fair erzeugter und gehandelter Produkte ein.

Papst Franziskus drückte es (im Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium) mit Blick auf die Kirchengemeinden so aus: „Mit dem Kauf- und Konsumverhalten in unseren Pfarreien und den dazu gehörenden Einrichtungen können wir wichtige Beiträge leisten: zum Schutz unserer Umwelt und für gerechtere globale Lebensbedingungen.“

Fairtrade-Towns fördern gezielt den fairen Handel auf kommunaler Ebene und sind das Ergebnis einer erfolgreichen Vernetzung von Personen aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft, die sich für den fairen Handel in ihrer Heimat stark machen.

 

„Achtsamkeit und Gemeinschaft.“

Mechthild Wortmann geht es, wie sie sagt, um „Achtsamkeit und Gemeinschaft“. Darum, dass wir achtsamer werden beim Einkauf, uns gemeinschaftlich für eine bessere Welt und die Zukunft unseres Planeten engagieren. Ihr geht es nicht nur um eine bessere Zukunft von Mensch & Natur in fernen Ländern. Wichtig ist ihr auch, auf die regionalen Erzeuger zu orientieren, auf den Kauf von Produkten aus der Region. Seine Einkaufsgewohnheiten komplett umkrempeln muss dafür niemand. Erste Schritte gehen möchte Mechthild Wortmann – und andere motivieren, die mitzugehen.

Es gibt schon Fairtrade-Produkte in Ankum. klartext hat sich noch kein umfassendes Bild verschafft, aber was den normalen Lebensmittel-Einzelhandel angeht, gibt es z. B. im Edeka-Markt ein Regal mit Fairtrade-Produkten.

 

Ein Fairtrade-Produkt aus dem Edeka-Markt. Die Tafel Schokolade (100 g) kostete 1,39 €.

 

Kann sich Ankum für die Fairtrade-Idee begeistern?

Menschen in Ankum für ein Fairtrade-Engagement zu begeistern – nur wenn das gelingt, zeigte die Sitzung, würde es Sinn machen, dass sich die Gemeinde als Fairtrade-Town bewirbt. Ob Einzelhandel, Schulen, Vereine: In einer Fairtrade-Gemeinde sollte der Fairtrade-Gedanke aktiv gelebt werden. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigen Beispiele aus anderen Gemeinden.

Für Rieste und Vörden werden 2 Flyer mit Infos zum Fairen Handel auch online zur Verfügung gestellt.

In Rieste haben sich zum Beispiel Jugendliche aufgemacht, um herauszufinden, in welchen Geschäften im Ort es überhaupt fair gehandelte Produkte zu kaufen gibt. Das Ergebnis war ein Flyer als Einkaufsführer.

In Bad Essen wurde als eine der Aktionen ein mobiler Verkaufsstand gebaut. Der wird mit Produkten aus fairem Handel bestückt und damit sind Bad Essener bei Veranstaltungen unterwegs, so z. B. beim Tourismustag, um für Fairtrade zu werben.

In Lingen wird zum 1. September zum 4. Fairen Frühstück geladen. © www.lingen.de

Lingen startete im letzten Jahr verschiedene Aktivitäten. So wurden Fairtrade-Fußbälle im Rahmen der Lingener Fußballstadtmeisterschaft verteilt, es wurden ein Fairer Kochabend veranstaltet und drei Faire Frühstückstreffen. Bis Ende 2017 wurden in Lingen 17 Einzelhändler, 9 Gastronomiebetriebe, 3 Schulen, 3 Vereine bzw. Verbände sowie 4 Kirchengemeinden fürs Mitmachen gewonnen.

 

Der Weg zur Fairtrade-Town.

Wie wird man Fairtrade-Town? Das erläuterte Michael Wübben, der Verwaltungsvertreter des Bürgermeisters. Eine zentrale Rolle kommt dabei einer „Steuerungsgruppe“ zu. Deren Aufgabe wäre es, fürs Mitmachen zu begeistern und die Voraussetzungen für eine Bewerbung zu schaffen. Die 5 Bewerbungskriterien sind (nachzulesen auf www.fairtrade-towns.de):

  1. Die Gemeinde fasst einen Ratsbeschluss zur Unterstützung des fairen Handels. Bei allen öffentlichen Sitzungen sowie im Büro des Bürgermeisters wird fair gehandelter Kaffee und ein weiteres Produkt ausgeschenkt.
  2. Es wird eine lokale Steuerungsgruppe gebildet, die auf dem Weg zur Fairtrade-Town die Aktivitäten vor Ort koordiniert. Die muss aus mindestens 3 Personen bestehen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft.
  3. In lokalen Einzelhandelsgeschäften und bei Floristen sowie in Cafés und Restaurants werden mindestens 2 Produkte aus fairem Handel angeboten. Es hängt von der Einwohnerzahl ab, wie viele das sein müssen.
  4. Produkte aus fairem Handel werden in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Vereinen und Kirchen verwendet. Darüber hinaus werden Bildungsaktivitäten zum Thema fairer Handel umgesetzt.
  5. Die örtlichen Medien berichten über alle Aktivitäten auf dem Weg zur Fairtrade-Town.

 

Das Fairtrade-System, die Fairtade-Labels.

Gegenstand der Debatte im Ausschuss war auch, dass es zahlreiche Fairtrade-Labels gibt und es schwierig ist für den Verbraucher, sich zu orientieren. Auch da besteht noch Aufklärungssbedarf.

Das Fairtrade-Label.

Eines der bekanntesten Siegel ist das Fairtrade-Siegel, das von Transfer e. V. vergeben wird. Dieses Siegel steht für:

  • Einen festen Mindestpreis, der die Kosten einer nachhaltigen Produktion deckt. • Eine Fairtrade-Prämie, die von den Bauern-Kooperativen für Gemeinschaftsprojekte verwendet wird. • Das Verbot von Zwangsarbeit und illegaler Kinderarbeit. • Das Verbot von Diskriminierung • Umweltstandards, die den Gebrauch von Pestiziden und Chemikalien einschränken und gentechnisch veränderte Saaten verbieten.

 

Der Ausschuss stand der Idee „Fairtrade-Town“ positiv gegenüber.

Die Ausschussmitglieder waren einstimmig der Meinung, die Idee „Fairtrade-Town“ weiter zu verfolgen. Was genau es in der Praxis bedeutet, den Weg zur Fairtrade-Town zu gehen und Fairtrade-Town zu werden, wird Gegenstand der weiteren Beratung sein.

 

Kommentar: Erfahrungsaustausch als Chance.

Fairtrade-Einkaufsfürer für Rieste.

Soll Ankum eine Fairtrade-Town werden? Interessant und aufschlussreich könnte es sein, sich mit Menschen auszutauschen, die bereits mit der Sache vertraut sind und die praktische Erfahrungen gesammelt haben. So stieß klartext auf Maria Stuckenberg aus Rieste. Sie hat den Weg der Kirchengemeinde St. Johannis/Lage-Rieste begleitet und ist dort engagiert. Erfahrungen gesammelt hat sie in dieser Sache auch als Ehrenamtskoordinatorin der Stadt Bramsche. Dort ist sie Mitglied in der Steuerungsgruppe und begleitete den Weg der Stadt zur Fairtrade-Town, der am 7. September mit der Auszeichnungsfeier gekrönt wird.

Was Fairtrade-Towns angeht, so Maria Stuckenberg, war die Karte in der hiesigen Gegend recht lange ziemlich leer. Aber sie hat sich gefüllt – was für Ankum den Vorteil bietet, sich mit nicht allzu weit entfernten Nachbarn austauschen zu können und gegebenenfalls von deren Erfahrungen zu profitieren.

 

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